www.wikidata.de-de.nina.az
Der Posidonienschiefer oder Schwabischer Olschiefer ist ein asphaltgrauer bis tiefschwarzer bituminoser Tonstein aus dem Unterjura der sich uber weite Gebiete Mittel und Nordwesteuropas erstreckt Das Gestein ist fur seine aussergewohnlich gute Fossilerhaltung bekannt die den Posidonienschiefer zu einer Konservatlagerstatte von Weltrang gemacht hat Die Posidonienschiefer Formation aus der Zeit des fruhen Toarciums 183 0 bis 175 6 mya wird uberwiegend aus Posidonienschiefer aufgebaut Posidonienschiefer am Beginn des geologischen Lehrpfads auf den HesselbergFossiler Abdruck von Harpoceras falcifer im Posidonienschiefer von Holzmaden Inhaltsverzeichnis 1 Benennung 2 Entstehung 3 Fossilien 3 1 Fauna 3 1 1 Ichthyosaurier 3 1 2 Plesiosaurier und Krokodile 3 1 3 Pterosaurier und Dinosaurier 3 1 4 Fische 3 1 5 Cephalopoden 3 1 6 Seelilien 3 1 7 Muscheln 3 2 Pflanzen 3 3 Spurenfossilien 4 Verwendung 5 Literatur 6 Medien 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseBenennung BearbeitenDie Bezeichnung Posidonienschiefer ist etwas irrefuhrend da das Gestein im petrographischen Sinne kein Schiefer ist Die scheinbare Schieferung ist eine sehr fein laminierte Schichtung des Sediments Der andere Namensteil des Gesteins geht auf eine haufig darin vorkommenden Muschelart aus der Familie Posidoniidae zuruck die zu der Zeit als das Gestein benannt wurde den Namen Posidonia bronni trug Spater wurde sie mit einer anderen Art zusammengefasst synonymisiert und einer anderen Gattung zugewiesen und tragt daher heute den Namen Bositra buchii Der Gattungsname Posidonia wird nunmehr nur noch fur Posidoniiden aus deutlich alteren Schichten des Karbons genutzt Daher werden ahnlich aussehende Gesteine dieses Alters ebenfalls als Posidonienschiefer bezeichnet Entstehung BearbeitenVor ca 175 Millionen Jahren 1 2 im Erdmittelalter Mesozoikum genauer im Lias Epsilon des Unterjura nach den Olschiefern auch Schwarzer Jura erstreckte sich uber ein weites Gebiet das Jurameer auch Liasmeer oder Posidonienschiefer Meer genannt ein Nebenmeer der grossen Tethys Es entstand im Toarcium bei der Trennung Amerikas inklusive Gronland Laurentia von Europa Baltica und Afrika aus dem vormaligen Superkontinent Pangaea wohl ab etwa 183 Mio Jahren denn durch diese Bewegungen sanken Bereiche Mittel und Westeuropas ab und gerieten unter Flachwasserbedeckung Dieses Jura Flachmeer mit etlichen Inseln dem europaischen Archipel war anfangs brackig Das Klima war gepragt von Sommermonsun und Wintertrockenheit durch Passatwind was fur starke jahreszeitliche Schwankungen des Sauerstoffgehalts im Meerwasser sorgte 1 Deshalb zersetzte sich totes Gewebe nur sehr langsam Durch die eingeschwemmten Tone und Kalke wurden die toten Tiere bald uberdeckt und konserviert Im Laufe von Jahrmillionen verfestigte sich der Schlamm So wurde aus dem Jahreszeitenwechsel im Jurameer eine versteinerte Schichtenfolge Der Posidonienschiefer wird vom alteren Lias Tonschiefer des Pliensbachiums 189 6 183 0 mya unterlagert und vom jungeren Dogger Tonschiefer des Mitteljuras Brauner Jura ab 175 6 mya uberlagert 2 Diese beiden angrenzenden Sedimentationsphasen Fazies zeigen deutlich weniger Feinschichtung Warven Die vier Hauptvorkommen der verwandten Gesteinsarten decken sich mit den vier alten Schelfbecken des Jurameeres dem Pariser Becken dem suddeutschen Becken dem norddeutschen Becken 1 niedersachsisches Becken 2 und dem Yorkshire Becken Das suddeutsche Vorkommen ist das bestaufgeschlossene weil dieses Becken im Unterschied zu den anderen durch die Auffaltung der Alpen angehoben wurde und heute das sudwestdeutsche Schichtstufenland bildet In der Hilsmulde in Niedersachsen liegt der Posidonienschiefer in 6 km Tiefe 2 Daneben sind auch die Vorkommen in York und Yorkshire im ausseren Nordwesten des Jurameeres erwahnenswert die mit den Britischen Inseln gehoben wurden Der europaische Archipel baut noch heute einen Teil der Mittelgebirge dieses Raums auf Der Posidonienschiefer ist Erdolmuttergestein mancher der franzosischen und niedersachsischen Olvorkommen 2 3 Fossilien BearbeitenDas Gestein ist bekannt fur seine herausragende Fossilerhaltung Man findet aufgrund des sauerstoffarmen und teilweise anoxischen sogenannten euxinischen Milieus zur Zeit der Ablagerung sehr gut erhaltene Seelilien Ammoniten Fische und Ichthyosaurier 1 Die bekanntesten Fundstellen liegen dabei in der Umgebung von Holzmaden Das Urwelt Museum Hauff in Holzmaden zeigt Exponate auf 1000 m 4 Fauna Bearbeiten Ichthyosaurier Bearbeiten nbsp Stenopterygius FossilDas Posidonienschiefer ist bekannt fur die sehr gute Erhaltung von Skeletten Am spektakularsten sind die Ichthyosaurier erhalten Bei der Gattung Stenopterygius kann man die am meisten beobachten Der Praparator Bernhard Hauff konnte zeigen dass Ichthyosaurier eine Ruckenflosse hatten und ihre Schwanzflosse einen oberen Lappen aufwies Beide Korperteile wurden nicht durch Skelettmaterial abgestutzt sodass sie deswegen normalerweise nicht erhalten bleiben Bei Stenopterygius wurden Mageninhalte gefunden die wohl nicht verdaut werden konnten Bemerkenswert sind ausserdem die zahlreichen Weibchen die wahrend eines Geburtsvorgang oder mit Embryos im Bauch fossilisiert wurden Dies belegt dass der Posidonienschiefer ein Ort war um ihre Jungen zu gebaren Hauff 1921 registrierte uber 350 Tiere Plesiosaurier und Krokodile Bearbeiten nbsp Macrospondylus FossilPlesiosaurier sind viel seltener Nur 13 vollstandige Skelette wurden gefunden darunter der langhalsige Seeleyosaurus und die kurzhalsigen Pliosaurier Hauffiosaurus und Meyerasaurus Krokodile Teleosaurier waren zwar auch selten aber zahlreicher als die Plesiosaurier Hauff 1921 listete 70 Exemplare Das haufigste ist Macrospondylus er hatte eine lange schmale Schnauze mit vielen Zahnen und fing so ahnlich wie die heutigen Gaviale Fische Die Augen waren nach oben und aussen gerichtet Beim viel kleineren Pelagosaurus sassen die Augen seitlich am Schadel Der gepanzerte Platysuchus ist sehr selten nur 4 Exemplare sind bekannt Pterosaurier und Dinosaurier Bearbeiten Die Flugsaurier Dorygnathus und Campylognathoides Es gibt von beiden komplette Skelette Hauff 1921 listete zehn auf Das einzige Dinosaurierfossil ist ein Schienbein des Sauropoden Ohmdenosaurus Fische Bearbeiten nbsp Dapedium FossilHolostei Knochenganoiden sind mit den Gattungen Lepidotes Dapedium und Caturus vertreten Zu den Teleostei gehort Leptolepis Haie sind vor allem durch Hybodus und Palaeospinax vertreten Die grossten Fische waren die Store darunter Chondrosteus er wurde bis zu 3 Meter lang Daneben fand man den Quastenflosser Trachymetopon Cephalopoden Bearbeiten nbsp DactyliocerasAmmoniten sind sehr haufig darunter die Arten Harpoceras Hildoceras und Dactylioceras Am spektakularsten sind Kalmare wie Phragmoteuthis und Belemniten wie Passaloteuthis bei denen die weichen Gewebe erhalten sind Seelilien Bearbeiten nbsp Das 18 6 Meter messende Praparat einer Seirocrinus KolonieBesonders haufig sind die Gattungen Seirocrinus mit der Art Seirocrinus subangularis und Pentacrinites Im Urwelt Museum Hauff ist eine Kolonie von Seirocrinus subangularis ausgestellt die an einen 12 Meter langen Stuck Treibholz angeheftet lebte Das gesamte Praparat ist 18 Meter lang 5 Muscheln Bearbeiten Muscheln waren unter anderem von den Gattungen Gervilla Oxytoma Exogyra Liostrea Bositra und Goniomya vertreten Pflanzen Bearbeiten Von den Pflanzen sind Schachtelhalme sowie Samenpflanzen Nacktsamige Pflanzen Ginkgopflanzen Koniferen und Palmfarne uberliefert Spurenfossilien Bearbeiten Die haufigsten Spurenfossilien sind Chondrites und Fucoides Die Fauna und Flora wurde von den Hauff und Hauff 1981 grundlich dokumentiert und illustriert Verwendung BearbeitenUnterhalb des Mutterbodens beginnt der sogenannte Wildschiefer Er ist relativ stark angewittert und zerfallt an der Luft nach kurzer Zeit zu Mergel Je tiefer man grabt desto weniger verwittert ist das Gestein Als Leithorizont von grosser Regelmassigkeit in Ausbildung und Machtigkeit ca 17 cm folgt der Obere Stein Im nachstalteren Schichtstoss dem Schieferklotz finden sich Steneosaurier Darunter lagert der Untere Stein ein ca 17 cm machtiger wetterfester Kalk und guter Baustein fur Kellergewolbe Es folgt der Untere Schiefer das sogenannte Olfloz Es hat mit bis 8 den hochsten Bitumengehalt und enthalt die am besten erhaltenen Fossilien wie Ichthyosaurier in Weichteilerhaltung Der Abbau endet in der Sohle mit dem Fleins zu seiner Gewinnung sind alle Schieferbruche in Betrieb Er ist ca 18 cm machtig und spaltet regelmassig in 4 ungefahr gleich starke Platten Seine bruchrauhe Flache und Festigkeit machen ihn zu einem innenarchitektonisch begehrten Naturstein Er wird unter der Handelsbezeichnung Holzmadener Olschiefer oder Jura Olschiefer zu Tisch Abdeckplatten Wand und Kaminverkleidungen Treppenstufen und Bodenplatten etc verarbeitet Dazu wird das im Steinbruch grob zugeschnittene Material im Schieferwerk gesagt und in Handarbeit mehrmals gespalten 6 Gestein aus Schichten mit geringem Kalziumkarbonat und hohem Kohlenstoffgehalt ist brennbar und schwitzt beim Erhitzen mit einem Brenner Schieferol aus 7 Aus diesem Olschiefer kann unter anderem Ichthyol gewonnen werden ein medizinischer Wirkstoff in Hautsalben Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurden im Rahmen des Unternehmens Wuste Anstrengungen unternommen im Raum Balingen aus dem Posidonienschiefer dem Olfloz Treibstoffe fur die deutsche Kriegsmaschinerie zu synthetisieren Es wurden zehn Versuchsanlagen gebaut und sieben Konzentrationslager fur Arbeitskrafte Geschatzt kamen insgesamt etwa 3500 Haftlinge bei dieser Unternehmung zu Tode Heute erinnern mehrere Gedenkstatten z B der Gedenkweg Eckerwald an diese unruhmliche Episode der Nutzung des Schwabischen Olschiefers 8 In Dotternhausen wird der Posidonienschiefer in einem Zementwerk sowohl als Energiequelle zum Brennen des Zements genutzt als auch der gemahlene und ausgebrannte Olschiefer als Zuschlagsstoff fur den Zement verwendet 9 Literatur BearbeitenPeter Maisenbacher Saurier SS und Schwermetalle Posidonienschiefer eine Herausforderung zum Entwurf facherubergreifender Unterrichtsmodelle In Lehren und Lernen Bd 19 Nr 5 1993 ISSN 0341 8294 S 1 26 Bernhard Hauff Rolf Bernhard Hauff Das Holzmadenbuch Eigenverlag Holzmaden Teck 1981 Adolf Seilacher Die Holzmadener Posidonienschiefer Entstehung der Fossillagerstatte und eines Erdolmuttergesteines In Werner K Weidert Hrsg Klassische Fundstellen der Palaontologie Band 2 23 Fundgebiete und Aufschlusse in Danemark Deutschland England Frankreich Osterreich Schweiz und Tschechoslowakei Goldschneck Verlag Korb 1990 ISBN 3 926129 05 0 S 107 131 Paul A Selden John R Nudds Fenster zur Evolution Beruhmte Fossilfundstellen der Welt Elsevier Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2007 ISBN 978 3 8274 1771 8 S 79 87 Wolfgang Riegraf Gunther Werner amp Fritz Lorcher Der Posidonienschiefer Biostratigraphie Fauna und Fazies des sudwestdeutschen Untertoarciums Lias epsilon Enke Verlag Stuttgart 1984 ISBN 978 3 4329 4361 9 S 1 123 Medien BearbeitenJurassic Alb Der schwabische Olschiefer SWR Schulfernsehen multimedial 1998 Zeitschrift 1 98 99 Mediennummer VHS 4283098 D Online auf Planet Schule Begleittext Literaturliste zur gesamten Sendereihe Geomorphologie Weblinks BearbeitenDer Posidonienschiefer Toarcium Unterer Jura von Dotternhausen Wolfgang Oschmann Goethe Universitat Frankfurt a M mit Kartenmaterial Urweltmuseum Hauff Holzmaden Fossilien Christoph Leins Dipl Geol Tubingen Einzelnachweise Bearbeiten a b c d nach Weblinks Oschmann a b c d e nach Lit ICBM Lit Seilacher 1986 Bd 2 23 Fundorte und Aufschlusse nach SWR Jurassic Alb Literaturliste urweltmuseum de Seelilien Internetprasenz des Urweltmuseums Hauff abgerufen am 6 Januar 2020 Jurgen Fischer Schieferwerk Holzmaden Jurassic Alb Der Schwabische Olschiefer siehe Medien gesamter Absatz nach Hanne Grunert Uta Hentsch Gerhard Lempp Brigitta Marquart Schad Ursula Montag Renate Schelling Daniel Strasdeit Wir sind gezeichnet furs Leben an Leib und Seele Unternehmen Wuste das sudwurttembergische Olschieferprojekt und seine sieben Konzentrationslager Landeszentrale fur politische Bildung Baden Wurttemberg Stuttgart 2012 PDF 231 kB 70 Jahre Zementwerk Dotternhausen Normdaten Sachbegriff GND 4175417 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Posidonienschiefer Jura amp oldid 230040920