www.wikidata.de-de.nina.az
Unternehmen Wuste war der Deckname fur ein Projekt des NS Regimes im heutigen Zollernalbkreis im sudlichen Baden Wurttemberg um im Rahmen des Geilenberg Programms Treibstoff aus Olschiefer zu gewinnen Inhaltsverzeichnis 1 Uberblick 2 Versuchsanlagen 3 Unternehmen Wuste 4 Nachkriegszeit 5 Das verwendete Olgewinnungsverfahren der zehn Wuste Werke 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 FussnotenUberblick BearbeitenGegen Ende des Zweiten Weltkriegs brauchte die deutsche Kriegswirtschaft Mineralole dringender als irgendeinen anderen Rohstoff So war die deutsche Fuhrung ab Ende 1943 gezwungen neue Olquellen zu erschliessen Die von der Wehrmacht eroberten sowjetischen Olfelder waren nach der Niederlage bei Stalingrad 1943 verloren gegangen Die kriegswichtigen rumanischen Roholquellen im Gebiet von Ploiești wurden durch das Vorrucken der Roten Armee sowie durch die alliierten Luftangriffe auf Ploiești bedroht nach der alliierten Landung in Italien veranderte sich der Einsatzradius der alliierten Luftflotten durch die Gewinnung italienischer Stutzpunkte Ab Mai 1944 begann die grosse alliierte Luftoffensive mit dem Teilziel durch die Bombardierung der Energieversorgungszentren die Olproduktion in Deutschland entscheidend zu treffen und die Benzinvorrate stark zu dezimieren Die USAAF und die Royal Air Force flogen zentrierte Luftangriffe gegen alle Hydrierwerke und Raffinerien im deutschen Einflussbereich wie die Leunawerke die Brabag Werke in Bohlen bei Leipzig oder die Hydrierwerke Politz bei Stettin Immer mehr motorisierte Truppenteile waren aus Treibstoffmangel nicht mehr voll einsatzfahig Im Mai 1944 wurden 156 000 Tonnen Flugbenzin produziert im Juli waren es nur 29 000 Tonnen Die teilweise Umrustung der Fahrzeuge auf Holzvergaser brachte keine zufriedenstellende Losung Die Holzvergaseranlagen eigneten sich wegen ihres schlechten Wirkungsgrades nur fur PKW und Lastwagen nicht aber fur Motorrader oder Kampffahrzeuge wie Panzer und Schutzenwagen Entlastung bringen sollte das bereits bekannte Verfahren aus dem Lias Olschiefer Treibstoff zu gewinnen Dabei waren mit den damals bekannten Verfahren nur sehr geringe Schieferolmengen zu erwarten die man in Dieselmotoren mit Gluhkopf verwenden konnte Das Deutsche Reich befand sich jedoch in einer sehr prekaren kriegswirtschaftlichen Notlage so dass auch ineffiziente Produktionsverfahren zum Einsatz gelangten Versuchsanlagen BearbeitenUm den gefahrdeten Treibstoffnachschub zu sichern plante das Naziregime aus dem Olschiefer des Lias epsilon Mineralol fur Panzer und Kampfflugzeuge zu gewinnen Das Olschiefervorkommen am Rand der Schwabischen Alb erstreckt sich oberflachennah auf etwa 150 Kilometer Lange Wegen seiner Reichhaltigkeit an Fossilien der Muschel Posidonomya bronni Bositra buchii wird er auch als Posidonienschiefer bezeichnet Sein Abbau und seine Nutzung haben im Bereich der Westalb eine lange Geschichte Zur Erprobung einer industriellen Olgewinnung wurden drei Versuchsanlagen mit drei verschiedenen Verfahren errichtet Im September 1942 wurde die LIAS Olschiefer Forschungsgesellschaft mbH gegrundet Sie begann im Fruhjahr 1943 mit dem Bau eines Werkes in Frommern Es nutzte ein an der Universitat Stuttgart entwickeltes und erstmals in Metzingen erprobtes Schwelverfahren im sogenannten Schweizer Ofen und damit das am weitesten entwickelte Verfahren Das KZ Frommern wurde am 1 Marz 1944 errichtet 1 erste Erwahnung im Verzeichnis des Internationalen Suchdiensts am 22 Mai 1944 2 Ihr folgte am 30 Juli 1943 die vom Kohlewertstoff Verband der Grossdeutschen Schachtbau GmbH ein Konzernunternehmen der AG Reichswerke Hermann Goring und der Mannesmannrohren Werke AG gegrundete Kohle Ol Union von Busse KG KOU mit Sitz in Berlin Sie errichteten am Ortsausgang von Schorzingen ein Untertagewerk zur Erprobung des Verfahrens und der Vorrichtung zum Untertageschwelen und vergasen von brennbaren Stoffen Der Olschiefer wurde hier unterirdisch abgebaut und sogleich erhitzt und verschwelt Fur den Bau sollten ab Mitte Januar 1944 200 bis 300 KZ Haftlinge in Zwangsarbeit herangezogen werden Der Haftlingstransport verzogerte sich bis Februar 1944 Das KZ Schorzingen wurde zum ersten Mal schriftlich in einer Anlage zum Schutzhaftlagerrapport des KZ Natzweiler vom 29 Februar 1944 erwahnt Im vorausgegangenen Bericht vom 31 Januar 1944 wird es nicht genannt 3 Am 20 September 1943 wurde durch das Reichsamt fur Wirtschaftsausbau RWA die Deutsche Olschiefer Forschungsgesellschaft mbH DOLF gegrundet um in Schomberg eine Versuchsanlage zu betreiben und das neue Meilerschwelverfahren zu erproben Es sollte spater in den untenstehenden Werken eingesetzt werden Das KZ Schomberg auch Bahnhofs KZ genannt weil es in der Nahe des Bahnhofs gegenuber der Versuchsanlage der DOLF an der Wellendinger Strasse errichtet wurde war das erste der sieben Wuste Lager Am 16 Dezember 1943 trafen die ersten Haftlinge ein Unternehmen Wuste BearbeitenTrotz der unbefriedigenden Ergebnisse der bis dahin durchgefuhrten Versuche zur Olgewinnung aus Olschiefer ordnete Albert Speer Reichsminister fur Rustung und Kriegsproduktion im Rahmen des Geilenberg Programms benannt nach Edmund Geilenberg Generalkommissar fur die Sofortmassnahmen beim Reichsministerium fur Rustung und Kriegsproduktion im Juli 1944 die Nutzung des Olschiefervorkommens am Rande der Schwabischen Alb an Das Deutsche Reich trieb unter dem Decknamen Unternehmen Wuste in kurzester Zeit den Bau von zehn Olschieferwerken in Wurttemberg und den Hohenzollerischen Landen voran und plante den Olschiefer auf einer Flache von rund 110 Quadratkilometer ausschliesslich von KZ Haftlingen gewinnen zu lassen An dem gross angelegten Projekt waren mehrere miteinander konkurrierende Organisationen Ministerien eigens gegrundete Forschungsinstitute und Firmen beteiligt zum Beispiel die IG Farben in Leuna die Deutsche Olschieferforschungs Gesellschaft DOLF in Berlin und Schomberg die Kohle Ol Union in Schorzingen die LIAS Forschungsgesellschaft mbH in Frommern die Deutsche Schieferol GmbH in Erzingen ein SS eigener Betrieb die Organisation Todt OT die SS und die Deutsche Bergwerks und Huttenbaugesellschaft DBHG eine Tochtergesellschaft der Reichswerke Hermann Goring nbsp Abbruchkante des ehemaligen Olschieferabbaugelandes im Kuhloch bei Bisingen 2022 Die SS liess an der Zollernalb entlang der Bahnlinie Tubingen Aulendorf und der Nebenstrecke Balingen Rottweil sieben KZ Aussenlager des KZ Natzweiler Struthof zum Abbau des Olschiefervorkommens und Gewinnung von Ol durch KZ Haftlinge aufbauen Die Lager lagen zwischen Hechingen und Rottweil entlang dem Nordtrauf der Schwabischen Alb Die Olschieferwerke wurden ausserhalb der Konzentrationslager errichtet dort wo die Olschieferschicht der Lias epsilon des Suddeutschen Juras moglichst dicht unter der Erdoberflache lag Die Werke und Lager wurden als Eigenbetrieb der SS betrieben Fur das Unternehmen Wuste stellte die SS in sieben Konzentrationslagern insgesamt uber 10 000 Haftlinge zur Verfugung die als Arbeitskrafte in den Olschieferwerken ausgebeutet wurden und von denen mindestens 3 480 starben Die SS bekam pro Haftling und Arbeitstag zwischen vier und sechs Reichsmark Tagesmiete Die KZ Haftlinge sollten nicht nur in den eigentlichen Steinbruchen Zwangsarbeit fur die Olgewinnung leisten sie mussten auch die gesamte Infrastruktur aufbauen Die zwischen September 1944 bis April 1945 in einer festen Bauzeit von zwei bis vier Monaten errichteten zehn Olgewinnungswerke waren Werk 1 Dusslingen Nehren Werk 2 Bisingen in Betrieb KZ Bisingen Werk 3 Engstlatt Werk 4 Erzingen in Betrieb KZ Erzingen Werke 5 8 Dormettingen Nord West Mitte und Sud einzig Werk 8 in Betrieb KZs Dautmergen und Dormettingen Werk 9 Schomberg in Betrieb KZs Dautmergen und Schomberg auch Bahnhofs KZ genannt Werk 10 Zepfenhan KZ Schorzingen Die hochgesteckten Erwartungen des NS Regimes erfullten sich nicht nur in vier von zehn Olschieferwerken konnte bis Kriegsende die Produktion notdurftig anlaufen Deren kriegswirtschaftlicher Nutzen kann als sehr gering angesehen werden Das angewendete Meilerschwelverfahren war ineffektiv und durch den geringen Bitumen Anteil etwa funf Prozent des Olschiefers war die Ausbeute sehr gering Um eine Tonne Mineralol zu gewinnen mussten 35 Tonnen Olschiefer verschwelt werden Das Mineralol war so minderwertig dass es nur in speziellen Motoren verbrannt werden konnte Bis Kriegsende wurden trotzdem rund 1500 Tonnen Mineralol gewonnen Nachkriegszeit BearbeitenNach dem Krieg ubernahm die franzosische Besatzungsmacht das LIAS Werk Frommern in dem Internierte 500 Tonnen Ol pro Monat produzierten Nach Beendigung der Zwangsverwaltung stellte der Wurttembergische Staat dort medizinische Salben her Da die Erlose nicht die Kosten deckten wurde die Anlage 1949 zum Verkauf ausgeschrieben Heute werden etwa 1000 Tonnen Olschiefer pro Tag im Zollernalbkreis abgebaut 4 In Schorzingen erinnert seit 1989 die Gedenkstatte Eckerwald an das Unternehmen Wuste Das verwendete Olgewinnungsverfahren der zehn Wuste Werke Bearbeiten nbsp Olbehalter des Werks 2 im KZ Bisingen 2022 Zunachst wurde der Lias Olschiefer im Tagebau handisch mit Schaufel und Eimer durch die KZ Haftlinge abgebaut Anschliessend wurde je nach Standort das abgebaute Gestein mit Feldbahnen oder Seilbahnen abtransportiert Die Extraktion des Ols fand im Meilerverfahren statt Hierbei wird zunachst das Gestein aufgeschichtet mit brennbaren Materialien und mit einer abschliessenden Erdschicht abgedeckt Durch Verschwelung verdampft das im Gestein gebundene Schwerol und wird in Destillationsanlagen kondensiert Die gewonnenen Mengen sind ausserst gering und das Ol ist von sehr schlechter Qualitat Siehe auch BearbeitenKZ Aussenlager Schandelah weiteres Lager zur Treibstoffgewinnung aus Olschiefer im heutigen Landkreis WolfenbuttelLiteratur BearbeitenMichael Grandt Unternehmen Wuste Hitlers letzte Hoffnung Das NS Olschieferprogramm auf der Schwabischen Alb 2002 Silberburg Verlag Tubingen ISBN 978 3 87407 508 4 Christine Glauning Entgrenzung und KZ System Das Unternehmen Wuste und das Konzentrationslager in Bisingen 1944 45 Reihe Geschichte der Konzentrationslager 1933 1945 Bd 7 Metropol Verlag Berlin 2006 ISBN 978 3 938690 30 7 Wolfgang Benz Barbara Distel Hrsg Der Ort des Terrors Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager Band 6 Natzweiler Gross Rosen Stutthof C H Beck Munchen 2007 ISBN 978 3 406 52966 5 Michael Walther Schieferolprojekt und Unternehmen Wuste Polykratisches Kompetenzchaos oder flexibles Netzwerk In Zeitschrift fur Hohenzollerische Geschichte Bd 53 54 2017 2018 S 295 373 Weblinks BearbeitenJurgen Ruggaber Biotop des Dritten Reiches Das Unternehmen Wuste in Freitag 7 Juni 2002 abgerufen am 29 Juni 2012 www planet schule de Nutzung des Olschiefers im Dritten Reich Gerhard Lempp Gedenkstatte Eckerwalde Geschichtliche Aufarbeitung 2005 Christine Glauning Das Unternehmen Wuste Olschieferwerke und Konzentrationslager in Wurttemberg und Hohenzollern 1943 1945 In Moglichkeiten des Erinnerns Orte judischen Lebens und nationalsozialistischen Unrechts im Zollernalbkreis und im Kreis Rottweil Archivnachrichten Sondernummer September 2005 PDF 1 4 MB S 27 abgerufen am 29 Juni 2012Fussnoten Bearbeiten Marsch des Lebens Memento des Originals vom 26 Juni 2015 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www tos info PDF 1 7 MB Vgl Holoch 1978 Vgl Rudi Holoch Das Lager Schorzingen in der Gruppe Wuste In Herwart Vorlander Hrsg Nationalsozialistische Konzentrationslager im Dienste der totalen Kriegsfuhrung Sieben wurttembergische Aussenkommandos des Konzentrationslagers Natzweiler Elsass Stuttgart 1978 S 232 Olschiefer nach 1945 Memento des Originals vom 18 Mai 2014 imInternet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www planet schule deNormdaten Sachbegriff GND 4661935 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Unternehmen Wuste amp oldid 236280127