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Ein Hydrierwerk ist eine Fabrikanlage fur die Hydrierung chemischer Stoffe Inhaltsverzeichnis 1 Carbochemie 2 Oleochemie 3 Literatur 4 EinzelnachweiseCarbochemie Bearbeiten Hauptartikel Kohleverflussigung nbsp Hydrieranlage in den Leunawerken 1959 nbsp Moderne CtL Anlage der Shenhua Group in der Inneren Mongolei 2012Carbochemische Hydrierwerke heute uberwiegend CtL Anlagen Coal to Liquid genannt in welchen Braun oder Steinkohle in synthetische Olfertig und Halbprodukte umgewandelt werden sind grosstechnische Anlagen zur Kohleverflussigung Zu den Produkten dieser Chemiewerke zahlen unter anderem Kraftstoffe Schmierole Brenn und Treibgase PVC Kunststoffe Paraffine Kunstgummi 1 Die zu Beginn des 20 Jahrhunderts von deutschen Chemikern entwickelte Technologie der Kohlehydrierung wurde ab Mitte der 1920er Jahre besonders in Deutschland und Grossbritannien staatlich gefordert um der Importabhangigkeit von Erdol entgegenzuwirken Der weltweit erstmals im industriellen Massstab in Hydrierwerken hergestellte synthetische Kraftstoff war ab 1927 das Leuna Benzin 2 Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs betrieben unter anderem Deutschland und Grossbritannien grosstechnische Kohlehydrieranlagen die eine Gesamtkapazitat von rund 4 5 Millionen Jato Tonne pro Jahr synthetischer Kraftstoffe aufwiesen 3 Im deutschen Einflussbereich entstanden bis 1943 insgesamt 23 Werke Davon kam in 14 Anlagen die direkte Hydrierung nach dem Bergius Pier Verfahren und in neun Werken die indirekte Hydrierung nach dem Fischer Tropsch Verfahren zur Anwendung 4 Das grosste synthetische Benzinwerk betrieb die Hydrierwerke Politz AG in der Nahe von Stettin 5 Von besonderer Bedeutung waren die Hydrierwerke fur die angestrebte Autarkie in der NS Zeit und deren konsequente Fortsetzung in der DDR 6 In den USA wurden carbochemische Hydrierverfahren nach dem Zweiten Weltkrieg unter der Bezeichnung CtL von Kellogg und in Sudafrika von Sasol weiterentwickelt Heute nutzt beispielsweise die United States Air Force synthetisch hergestelltes Kerosin um die Abhangigkeit der Landesverteidigung von Olimporten zu verringern Als unbestrittener Marktfuhrer der Fischer Tropsch Technologie gilt gegenwartig Sasol deren CtL Anlagen unter anderem einen grossen Teil des sudafrikanischen Kraftstoffbedarfs decken 7 8 9 Infolge stark schwankender Erdolpreise gewinnen Hydrierwerke zur Kohleverflussigung unter Anwendung verschiedener Technologien weltweit wieder an Bedeutung 10 Vor allem im asiatisch pazifischen Raum entstehen seit Beginn des 21 Jahrhunderts neue CtL Fabriken 11 Oleochemie Bearbeiten nbsp Waschmittelfabrik mit Hydrieranlage der Henkel AG im polnischen Ratibor 2009In der technischen Fettchemie Oleochemie gibt es verschiedene Verfahren bei denen in Anlagen und Werken beispielsweise der Lebensmittel oder Farbindustrie der Kosmetik der Pharmazie durch Hydrierung aus pflanzlichen oder tierischen Olen ungesattigte Fettsauren in gesattigte Fettsauren Fetthartung Fettsauren in Fettalkohole Kohlenwasserstoffe zu Fettsauren Paraffinoxidation umgewandelt werden konnen 12 13 Fettsauren und alkohole sind wichtige Ausgangsstoffe in vielen Industriezweigen Die Herstellung erfolgt durch katalytische Hydrierung oder alternativ durch petrochemische Prozesse wie der Ziegler Synthesen oder der Hydroformylierung von Alkenen 14 Die Forschung und Entwicklung sowie die grosstechnische Herstellung von preiswerteren und leicht verfugbaren Ersatzstoffen war ebenfalls eng mit den Autarkiebestrebungen in Deutschland verknupft 15 Anfang des 20 Jahrhunderts gelang dem deutschen Chemiker Wilhelm Normann die katalytische Hydrierung pflanzlicher Fette Er gilt als Erfinder der Fetthartung und Wegbereiter der grossindustriellen Margarineherstellung 16 Durch dieses Verfahren veranderte sich der Weltmarkt fur Fette grundlegend Der Bedarf der Fettchemie verschob sich zu grossen Teilen nicht nur von Erdol sondern vor allem von tierischen Rohstoffen zu pflanzlichen Rohstoffen Die grosse wirtschaftliche Bedeutung der Hydrierung in der Lebensmittelindustrie ging auch aus den besseren technischen Eigenschaften der Fetthartung hervor wie langere Haltbarkeit erhohter Rauchpunkt bessere Lagerfahigkeit als Butter oder Schmalz Ebenso konnten erst und nur durch partielle Hydrierung die bis dahin uberwiegend verwendeten und geschmacklich kaum haltbaren Wal und Fischole in grossem Umfang fur die Ernahrung nutzbar gemacht werden 17 Ab Beginn der 1930er Jahre gewannen Hydrierwerke und anlagen auch in der Kosmetik Seifen und Waschmittelindustrie eine immense Bedeutung Erstmals gelang es 1928 der Deutschen Hydrierwerke AG Rodleben kurz damals Dehydag heute DHW pflanzliche Fettsauren in Fettalkohole zu hydrieren 18 1931 patentierte und realisierte die Deutsche Hydrierwerke AG die weltweit erste industrielle Produktionsanlage fur die Herstellung von Fettalkoholen spater auch Fettaminen und Sorbit durch katalytische Hochdruckhydrierung 19 Weitere Pioniere bei der industriellen Herstellung von oleochemischen Produkten in grosstechnischen Hydrieranlagen waren zu dieser Zeit in Deutschland die Bohme Fettchemie AG in Chemnitz und Henkel in Dusseldorf 20 Heutzutage ist die Oleochemie in vielen Bereichen des Lebens vertreten beispielsweise bei der Herstellung von Nahrungsmitteln Haut und Korperpflegeprodukten Arzneimitteln Farben Tinten Pflanzenschutzmittel Kunstdunger Wasch und Reinigungsmitteln Synthesegarnen Schmiermitteln Insektizidzubereitungen Futtermitteladditiven Vor dem Hintergrund der Verknappung von Mineralolen sowie eines sich standig entwickelnden Umweltbewusstseins der Menschen gewinnen oleochemische Technologien und die Verwendung erneuerbarer Ressourcen immer mehr an Bedeutung Im Regelfall werden Fettalkohole seit Beginn des 21 Jahrhunderts uberwiegend aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt Dabei ist die Hydrierung von Fettsauren aus pflanzlichen Olen in entsprechenden Werken und Anlagen von zunehmender industrieller Relevanz 14 21 Literatur BearbeitenDeutsche Gesellschaft fur Mineralolwissenschaft und Kohlechemie Hrsg Erdol amp Kohle Erdgas Petrochemie Band 40 Industrieverlag von Hernhaussen 1987 James T Bartis Frank Camm David S Ortiz Producing liquid fuels from coal Rand Corporation 2008 Walter Kronig Die katalytische Druckhydrierung von Kohlen Teeren und Mineralolen Springer Verlag 2013 G M Schwab Hrsg Katalyse in der organischen Chemie Springer Verlag 1943 Neuauflage 2019 Arno Behr Thomas Seidensticker Einfuhrung in die Chemie nachwachsender Rohstoffe Springer Verlag 2017 Einzelnachweise Bearbeiten Aus strategischen Grunden Der Spiegel vom 23 Juni 1949 abgerufen am 18 Mai 2021 Titus Kockel Deutsche Olpolitik 1928 1938 Walter de Gruyter 2019 S 34 f Heinz Gerhard Franck Jurgen W Stadelhofer Industrielle Aromatenchemie Rohstoffe Verfahren Produkte Springer Verlag 2013 S 47 f Sabine Brinkmann Das Dritte Reich und der synthetische Treibstoff Akkumulation 15 2001 S 16 Ruhr Universitat Bochum abgerufen am 8 Juni 2022 Rainer Karlsch Raymond G Stokes Faktor Ol Die Mineralolwirtschaft in Deutschland 1859 1974 Beck Munchen 2003 S 193 197 Gunter Bayerl Braunkohleveredelung im Niederlausitzer Revier Waxmann Verlag 2009 S 70 Billiges Benzin aus Bottrop Welt am Sonntag vom 1 Juni 2008 abgerufen am 18 Mai 2021 Ein wahres Wunder Der Spiegel abgerufen am 18 Mai 2021 Der heimliche Olkonzern aus Sudafrika Handelsblatt abgerufen am 18 Mai 2021 Lexikon der Chemie Kohlehydrierung Spektrum Wissen abgerufen am 18 Mai 2021 Coal to Liquid CTL Market GlobeNewswire abgerufen am 18 Mai 2021 G M Schwab Hrsg Katalyse in der organischen Chemie Springer Verlag 1943 Neuauflage 2019 S 635 f Markus Fischer Marcus A Glomb Moderne Lebensmittelchemie Behr s Verlag 2015 S 124 a b Fette und Ole als nachwachsende Rohstoffe in der Chemie Carl von Ossietzky Universitat Oldenburg abgerufen am 22 Mai 2021 Werner Abelshauser Stefan Fisch Dierk Hoffmann Carl Ludwig Holtfrerich Albrecht Ritschl Wirtschaftspolitik in Deutschland 1917 1990 Walter de Gruyter 2016 S 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