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Leuna Benzin war der Markenname fur einen von der I G Farben synthetisch hergestellten Ottokraftstoff Die Produktion wurde vor dem Hintergrund der deutschen Autarkiebestrebungen in der Weimarer Republik und verstarkt wahrend der NS Zeit staatlich gefordert Die Herstellung begann ab 1927 in den Leunawerken Der Vertrieb erfolgte uber die I G Tochtergesellschaft Gasolin die 1939 uber rund 4000 Tankstellen in ganz Deutschland verfugte Markenzeichen Leuna Benzin der I G FarbenWie andere Benzinmarken verschiedener deutscher Hersteller in den 1920er und 1930er Jahren auch wurde das Leuna Benzin zeitweise als Deutsches Benzin oder Deutsches synthetisches Benzin beworben Mit der Umstellung auf die Kriegswirtschaft im Zweiten Weltkrieg verschwanden alle Markennamen und die deutschen Tankstellen gaben gegen Tankausweis oder Bezugsschein nur noch markenlose Kraftstoffe ab Inhaltsverzeichnis 1 Ersatzstoff 2 Kohleverflussigung 3 Vertrieb 4 Preisentwicklung 5 Wirtschaftlichkeit 6 Expansion 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseErsatzstoff Bearbeiten nbsp Leuna Benzin Werbung von 1931Die systematische Forschung nach aquivalenten Ersatzstoffen fur die Herstellung von Benzin begann in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg Zum einen wurden von verschiedenen Reichsregierungen der Weimarer Republik die Importe von Erdol aufgrund der wirtschaftlichen Situation standig in Frage gestellt und zunehmend eine autarke Versorgung angestrebt Zum anderen prognostizierten US Wissenschaftler in einer weltweit ernstgenommenen Studie dass die globalen Erdolvorrate in kurzer Zeit erschopft seien wahrend die Motorisierung unaufhaltsam zunehme 1 2 Mit staatlicher Unterstutzung wandten sich vor diesem Hintergrund Forscher und Unternehmen mit grosser Intensitat dem Energietrager zu den Deutschland in Menge besass Kohle Dass sich aus Kohle Benzol gewinnen lasst war schon zu Anfang des 19 Jahrhunderts bekannt lange vor dem Erdolbenzin Das erste Patent zur Kohlehydrierung meldete im Jahr 1913 der deutsche Chemiker Friedrich Bergius an fur das er zusammen mit Carl Bosch den Nobelpreis erhielt 3 1925 verkaufte Bergius seine Patente an die I G Farben die sofort die Forschung uber Kohleverflussigung in grosstechnischem Stil aufnahm Schon 1926 brachte das Unternehmen in seinem Werk Leuna den ersten Grossversuch im industriellen Massstab hinter sich und ging am 1 April 1927 mit einem Durchsatz von 100 000 Tonnen synthetischen Benzins pro Jahr in Produktion 4 Kohle war allerdings nicht der einzige Ersatzstoff fur Erdol Bereits Nikolaus August Otto verwendete 1860 Ethanol als Kraftstoff in den Prototypen in dem nach ihm benannten Ottomotor Auch der Automobilhersteller Henry Ford konzipierte sein ab 1908 in Serienproduktion gebautes T Modell auf der Kraftstoffgrundlage von Agraralkohol Er ging fest davon aus dass Ethanol Kraftstoff der Treibstoff der Zukunft sei 5 1925 wurde in Deutschland die Reichskraftsprit GmbH RKS gegrundet die ihren Kraftstoff mit einem bis zu 25 prozentigen Anteil Ethanol als Monopolin vertrieb Infolge der deutschen Autarkiebestrebungen trat 1930 eine Bezugsverordnung von Agraralkohol fur alle Treibstoffunternehmen in Kraft Jeweils 2 5 Gewichtsprozente der produzierten oder eingefuhrten Treibstoffmenge waren von der RKS zu beziehen und dem Benzin beizumischen Diese Quote erhohte sich vor dem Hintergrund der Devisenverkehrsbeschrankungen bis Oktober 1932 schrittweise auf 10 Prozent 3 Was damals als Agraralkohol staatlich gefordert wurde ist heute als Biokraftstoff unter der Bezeichnung Bioethanol in die politische Debatte zuruckgekehrt 6 Kohleverflussigung Bearbeiten Hauptartikel Kohleverflussigung Hergestellt wurde das Leuna Benzin im Bergius Pier Verfahren auch I G Verfahren genannt Der Grundrohstoff bestand anfangs aus Braunkohle die durch Kohlevergasung sowohl den zur Hydrierung notwendigen Wasserstoff lieferte als auch die Kohlenstoffbasis bildete Spater erweiterten Steinkohle Teere und Teerole die Rohstoffpalette Wahrend der Braunkohle Additive zugesetzt werden mussten ergab ohne jeden Zusatz vor allem die Steinkohle aufgrund ihrer aromatischen Kohlenwasserstoffe von Anbeginn ein Benzin mit guter Klopffestigkeit Die Oktanzahl betrug 66 68 und konnte bei entsprechender technischer Behandlung allerdings mit Einbussen in der Ausbeute noch weiter gesteigert werden 7 Nach umfangreichen Erprobungen liess sich mit einem Zusatz von Ethyl Fluid die Oktanzahl 82 8 erhalten 8 Im Jahr 1935 erwarb die I G Farben eine Lizenz zur Herstellung von Tetraethylblei als Antiklopfmittel 9 Durch die Zugabe von Tetraethylblei konnte Leuna Benzin spater mit einer Oktanzahl von 100 und hoher erzeugt werden 10 Nur der synthetisch hergestellte Ottokraftstoff der I G Farben ergo das Fahrbenzin wurde als Leuna Benzin vermarktet Insbesondere das spater produzierte synthetische Flugbenzin trug nicht diese Bezeichnung Auf den steigenden Bedarf von Flugbenzin gingen alle Betreiber von Hydrierwerken erst ab Ende 1940 ein 11 Vertrieb Bearbeiten nbsp Leuna Benzin Tankstelle 1936Der Verkauf des neuen Ottokraftstoffs der I G Farben erfolgte ab Ende 1927 unter dem Markennamen Leuna Benzin an Tankstellen der Deutschen Gasolin AG einem Tochterunternehmen der I G Farben 12 Die Gasolin vertrieb nicht nur Leuna Benzin sondern auch andere Fahrbenzine der I G Farben insbesondere Motalin und Motorin sowie weitere carbochemische Produkte beispielsweise Schmierol Montanwachs und Kerzen 13 Im Jahr 1939 verfugte die Gasolin uber rund 4000 Leuna Benzin Tankstellen in ganz Deutschland Einheitlicher Wiedererkennungseffekt waren die weiss roten Zapfsaulen 14 nbsp Spur 0 Modellbahn Kesselwagen mit Aufschrift Leuna Deutsches Benzin Beworben wurde das Leuna Benzin von der I G Farben schon lange vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten auch als Deutsches synthetisches Benzin Deutsches I G Benzin oder kurz Deutsches Benzin 15 Diese Werbeaktionen stiessen bei der in und auslandischen Konkurrenz auf Gegenwehr Wenig erbaut waren auslandische Kooperationspartner im Jahr 1931 uber eine nationalistische Marketingkampagne der I G Farben nach dem Motto Kauft deutsches Benzin In einem Prospekt der Gasolin hiess es Jeder der importierte Betriebsstoffe kauft versundigt sich an der deutschen Volkswirtschaft und nimmt einer deutschen Familie dadurch das Brot Solche schrillen Tone missfielen den international verknupften Olkonzernen Die I G Farben wollte keinen Eklat riskieren und lenkte ein Sie reduzierte ihre Leuna Benzinverkaufe zeitweilig liess die von der Gasolin vertriebenen Kraftstoffe aber weiterhin als Deutsches Benzin vermarkten 3 Die Gasolin bewarb nicht nur das Leuna Benzin als Deutsches Benzin Das hauptsachlich aus der Provinz Hannover stammende und in der Gasolin Raffinerie Dollbergen verarbeitete Erdol wurde von ihr bereits ab 1926 als Deutsches Benzin verkauft 16 17 Ebenso vermarktete die Reichskraftsprit Gesellschaft ihren Ethanol Kraftstoff und nach Einfuhrung der Zwangs Ethanol Beimischung ab 1930 unter anderem der deutsche Benzol Verband sein Benzin Benzol Gemisch als Deutsches Benzin Die Unstimmigkeiten gipfelten 1935 1936 in einer Gegenkampagne der Deutsch Amerikanischen Petroleum Gesellschaft Esso Dapol Standard deren Antwort in Anzeigen und auf Flugblattern war Deutsche Kraftstoffe Aral enthalt 45 deutsches Benzol und deutschen Spiritus sowie 55 Benzin auslandischer Herkunft Esso enthalt 45 deutsches Benzol und deutschen Spiritus sowie 55 Benzin auslandischer Herkunft Welcher Betriebsstoff ist nun nationaler 17 Preisentwicklung BearbeitenAls das Unternehmen im Jahr 1925 mit der grosstechnischen Hydrierung begann lagen die Weltmarktpreise fur einen Liter Erdolbenzin inklusive der Transportkosten bei 16 bis 17 Pfennig was heute der Kaufkraft von 66 3 Cent entspricht Fur das Leuna Benzin errechneten die Controller der I G Farben einen Gestehungspreis von 20 Pfennig womit auf langere Sicht eine Konkurrenzfahigkeit des synthetischen Benzins moglich erschien Speziell fur die britische und US amerikanische Mineralolindustrie stellte das Leuna Benzin von Anbeginn eine Bedrohung ihrer eigenen Interessen dar In den Jahren 1927 28 war fur sie nicht abzuschatzen inwieweit die Produktion der I G Farben wirtschaftlich sein wurde somit eine entsprechende Konkurrenz vorhanden ware 3 Obwohl die Anlagen zur Herstellung des synthetischen Treibstoffs in Leuna bis 1931 immer wieder von Kinderkrankheiten geplagt wurden stieg der Ausstoss schon zwischen 1927 und 1929 aus Sicht der Konkurrenz dramatisch an Gleichzeitig stiegen die Erlose von einem geringen Betrag im Jahr 1927 auf 6 Millionen RM im Jahr 1928 und 14 Millionen RM im Jahr 1929 12 Danach verlief die Entwicklung fur die I G Farben vorerst anders als erhofft Nach Ausbruch der Weltwirtschaftskrise sanken die Weltmarktpreise fur Erdolbenzin bis 1931 auf 5 2 Pfennig wohingegen die Produktion von einem Liter Leuna Benzin 23 Pfennig kostete Selbst staatliche Hilfen wie die Mineralolzollerhohung von 1929 30 oder die Mineralolsteuersenkung fur die I G Farben von 3 80 RM auf 1 00 RM je 100 kg verhalfen dem Leuna Benzin nicht zur Wirtschaftlichkeit 3 Vor diesem Hintergrund pladierte ein nicht geringer Teil der I G Geschaftsleitung fur den Abbruch des auf absehbare Zeit unrentablen Leuna Grossprojekts Die Auseinandersetzung erreichte 1932 ihren Hohepunkt als der Preis fur einen Liter Erdolbenzin zeitweise auf 4 Pfennig fiel 1 Preisbildung fur Erdolbenzin Ende 1932 3 Faktor RM je 100 LiterBenzinpreis cif Hamburg 6 00Mineralolzoll 16 23Ethanol Zwangsbeimischung 2 60Umsatzsteuer 0 46Frachtkosten 1 50Lager und Tankstellenzufuhr 2 20Tankstellengebuhren 0 60Tankstellenunterhaltung 1 90Vergutung der Tankstellen 4 00Verkaufspreis 35 48Dennoch bot das I G Verfahren fur die Aufarbeitung naturlicher Mineralolprodukte vollig neue Perspektiven und war daher weltweit nicht nur fur Olkonzerne sondern auch fur Regierungen hochinteressant 3 Bereits 1927 erzielten die I G Farben und die Standard Oil eine Vereinbarung das Bergius Pier Verfahren auch in den USA anzuwenden 1929 wurde die Zusammenarbeit weiter ausgebaut und die Standard Oil erwarb von der I G Farben die Lizenz zur weltweiten Vermarktung des Verfahrens 12 1931 grundeten die I G Farben mit der Standard Oil und der Royal Dutch Shell sowie dem britischen Staatsunternehmen Imperial Chemical Industries ICI die International Hydrogenation Patents Company um die Ressourcen und das Know how fur die Herstellung synthetischen Benzins zu bundeln und um die Veroffentlichung von Entdeckungen einzuschranken 18 Letztlich konnten 1932 in Leuna die operativen Schwierigkeiten der Hydrierung beseitigt und eine Leistungssteigerung der Anlage um das Dreifache ermoglicht werden Dennoch war die Benzinhydrierung der I G Farben teuer und auf staatliche Unterstutzung zumindest in Form von Zollen angewiesen 19 So wurden 1930 erstmals in Deutschland eine Mineralolsteuer eingefuhrt sowie zwischen April 1930 und Juni 1931 die Mineralolzolle mehrfach erhoht was nicht nur der I G Farben sondern allen deutschen Mineralolgesellschaften einen Gewinn verschaffte da sie an der Preiserhohung ohne Steigerung ihrer Gesamtkosten teilnahmen 3 Der Verkaufspreis von Erdolbenzin lag in Deutschland ab 1932 infolge der zunehmenden Belastungen durch Zolle Steuern und den Ethanol Beimischungszwang fast das Sechsfache uber dem ursprunglichen Einkaufspreis vgl nebenstehende Tabelle 3 Ein Liter Erdolbenzin kostete in Deutschland von 1932 bis 1934 zwischen 35 und 39 Pfennig von 1935 bis 1938 zwischen 38 und 42 Pfennig und ab 1939 staatlich festgelegt einheitlich 39 Pfennig 20 21 Insofern ist die vor allem in der Nachkriegszeit getroffene Aussage dass die Herstellung des synthetischen Benzins unrentabel gewesen sei differenziert zu betrachten Der Verkaufspreis des Leuna Benzins an den Tankstellen lag ab 1931 zwischen 30 und 35 Pfennig 22 Damit war es fur die Verbraucher ab 1932 nicht teurer als Erdolbenzin und seine Produktion durchaus kostendeckend Denn fur das heimisch hergestellte synthetische Benzin fielen kein Mineralolzoll und keine Ethanol Abgabe an Losgelost von den Weltmarktpreisen erzielte die I G Farben spatestens ab 1935 mit dem Leuna Benzin Gewinne da die Gestehungskosten durch verbesserte Produktion noch weiter gesunken und die Weltmarktpreise fur Erdol enorm gestiegen waren 4 Die Einfuhrung der Mineralolsteuer war von der Regierung Bruning fiskalpolitisch motiviert Hingegen erfolgte die Erhohung der Treibstoffzolle im Schutzinteresse der deutschen Mineralolgesellschaften und vor dem Hintergrund der Deviseneinsparung Der Kraftstoffverbrauch lag 1931 in Deutschland bei insgesamt 1 860 000 Tonnen In einem Land mit aktiver Handelsbilanz ware es kein Problem gewesen den Mineralolbedarf uberwiegend durch Importe zu decken Nach Einfuhrung der Devisenzwangswirtschaft im Juli 1931 bestand in Deutschland jedoch ein chronischer Mangel an auslandischen Valuten und die Denominierung erfolgte genauso wie heute in US Dollar pro Barrel 3 Wirtschaftlichkeit Bearbeiten nbsp Werbung fur Leuna Benzin von 1932Spatestens nach Ausbruch der Weltwirtschaftskrise war das Thema Autarkie in Deutschland allgegenwartig Dabei waren antiliberale Wirtschaftstheorien und der Ruf nach Abschottung vom Welthandelssystem keineswegs ureigene Domanen nationalsozialistischer Programmatik 23 Die Beschaffung ausreichender Devisen erwies sich infolge der handelspolitischen Beschrankungen als nahezu unmoglich so dass bereits zur Zeit der Weimarer Republik das Erreichen einer grosstmoglichen Autarkie eine der wichtigsten okonomischen und politischen Herausforderungen darstellte 24 25 Fakt ist obwohl sich wahrend der Weltwirtschaftskrise die Nachfrage nach Erdol verringerte und der Olpreis auf seinen historischen Tiefststand sank subventionierten insbesondere Deutschland und Grossbritannien den Bau von Hydrierwerken um der Importabhangigkeit von Erdol entgegenzuwirken 26 27 Die Grunde der staatlichen Unterstutzung in Deutschland lassen sich in funf Punkten zusammenfassen Weltweit wurde zu damaliger Zeit davon ausgegangen dass die Erdolreserven der Erde sehr gering seien technische Moglichkeiten den knappen Rohstoff besser zu nutzen erschienen daher sehr sinnvoll Das Leuna Benzin konnte dem Deutschen Reich zumindest rohstofftechnisch im internationalen Wettbewerb eine bessere Ausgangsposition verschaffen Mit dem heimisch hergestellten Benzin konnte der Importabhangigkeit von Erdol und dem Devisenmangel entgegengetreten werden Die neuen Technologien konnten Arbeitsplatze schaffen Das neue Gebiet der Carbochemie ermoglichte nicht nur die Erzeugung von Mineralol sondern auch Erkenntnisse uber wichtige aliphatische Verbindungen was dem Wohlstand in einer modernen Gesellschaft dienen konnte 19 Die Revolutionierung der Explorationswissenschaften und die damit verbundene Entdeckung neuer Erdolfelder vor allem in Texas und im Nahen Osten fuhrten dazu dass sich ab etwa 1929 die dusteren Prognosen uber eine weltweite Erschopfung der globalen Erdolvorrate in ihr Gegenteil verwandelten Dies war nicht nur fur die I G Farben die sich mit ihrer Kohleverflussigung auf diese Prognosen und den hohen Olpreis verlassen hatte eine okonomische Katastrophe sondern fur alle weltweit agierenden Mineralolkonzerne siehe Achnacarry Kartell 28 Dennoch forderten neben Deutschland andere Staaten insbesondere Grossbritannien und die USA die Moglichkeiten der Umwandlung fossiler Brennstoffe in flussige Kraft und Schmierstoffe weiter Unter den Bedingungen einer weltweiten Erdolknappheit die bis zum Beginn der Weltwirtschaftskrise andauerte errichtete die Standard Oil ab 1929 sieben Hydrieranlagen in den USA fur die Herstellung synthetischer Kraftstoffe 28 Das seinerzeit grosste Steinkohle Hydrierwerk der Welt ging 1935 in Billingham im Nordosten Englands in Betrieb Die Planungen fur das Werk begannen 1931 und waren offiziellen britischen Angaben zufolge auf einen kunftigen Krieg ausgerichtet um bei einer Seeblockade auf einheimische Ol Ressourcen zuruckgreifen zu konnen 29 30 Das technische Knowhow lieferte die I G Farben die zu dieser Zeit in mehreren Landern sogenannte Engineer Agreements vereinbarte 31 32 Die Idee die Produktion von synthetischem Benzin in Deutschland noch umfangreicher staatlich zu fordern kam nicht von den Nationalsozialisten sondern wie die uberwiegende Mehrheit wirtschaftspolitischer Vorstellungen der NSDAP von aussen und entsprach alteren Forderungen 28 So rechnete die I G Farben im Juni 1933 in einer Denkschrift vor dass fur Benzin der inlandische Versorgungsgrad von 25 Prozent im Jahr 1933 auf rund 67 Prozent im Jahr 1937 gesteigerte werden konne 3 Zum einen wurden damit Hunderte von Millionen an Devisen eingespart zum anderen die Arbeitskonjunktur angekurbelt Diese Argumentation nicht die wehrokonomische fuhrte im Dezember 1933 zum Feder Bosch Abkommen 28 Darin verpflichtete sich die I G Farben gegenuber dem Reichswirtschaftsministerium ihre Produktion in Leuna auf jahrlich mindestens 300 000 Tonnen hochstens 350 000 Tonnen zu steigern wahrend der Staat einen festen Gestehungspreis fur Leuna Benzin von 18 5 Pfennig pro Liter garantierte Eine militarstrategische Komponente besass der Vertrag nicht da die garantierte Jahreserzeugung schon im Vergleich zum regularen Jahresverbrauch des Deutschen Reiches nur ein unbedeutender Bruchteil war 33 Bis Ende Dezember 1935 kostete dieser Vertrag den deutschen Steuerzahler 4 8 Millionen RM Danach erwies sich die Garantie fur die I G Farben und fur den Staat als Gewinn da die Gestehungskosten unter den Verkaufserlos gesunken waren 28 Allerdings erlangte ab 1935 die Erdolforderung in Deutschland ein viel starkeres Gewicht als die im Vergleich langsamer voranschreitende Syntheseproduktion 28 Durch das Reichsbohrprogramm erfolgte erstmals eine grundliche und systematische Untersuchung Deutschlands auf Erdollagerstatten Innerhalb kurzer Zeit wurden zahlreiche neue Erdolfelder im Raum Hannover im Emsland in Schleswig Holstein und im Oberrheintal entdeckt Von 1928 bis 1935 stieg die deutsche Erdolforderung von 103 000 auf 427 000 Tonnen jahrlich an und erreichte 1940 mit 1 1 Millionen Tonnen zunachst ihren Hohenpunkt 34 35 Nach Grundung der Bundesrepublik Deutschland wurde die Forderung von Erdol im Inland erhoht und lag Ende der 1950er Jahre bei einem Jahresmaximum von 8 2 Millionen Tonnen 36 Danach ging die Forderung in Deutschland zuruck und lag 2020 bei annahernd 1 9 Millionen Tonnen jahrlich 37 Begrundet wird die heimische Erdolforderung auch heute damit dass jede Tonne Erdol die im Inland gefordert wird nicht importiert werden muss und damit zur Entlastung der Leistungsbilanz der Bundesrepublik Deutschland beitragt 38 Expansion Bearbeiten nbsp Anzeige der Gasolin von 1937Ab Mitte 1934 zogen die Weltmarktpreise fur Mineralol derart an so dass die synthetische Treibstoffindustrie schlagartig konkurrenzfahig wurde Die Ursache fur den rapiden Anstieg der Roholpreise war der privatwirtschaftliche vor allem aber weltweit steigende militarische Motorisierungsgrad Unter anderem ubernahm die APOC deren Mehrheitseigentumer der britische Staat war dem Volkerbundembargo zum Trotz die Treibstoffversorgung fur Mussolinis Abessinienkrieg 39 Zu diesem Zeitpunkt hing Deutschland bei einem Jahresverbrauch von 3 7 Millionen Tonnen Mineralol zu 65 bis 70 Prozent von Olimporten ab die zu 75 Prozent von britischen und US amerikanischen Firmen kamen 40 Ein Jahr spater fielen 50 Prozent der Olimporte fur das Deutsche Reich aus Damit war der erste Olschock in der deutschen Geschichte eingetreten 39 Diese Entwicklung sprach aus deutscher Sicht eindeutig fur den Auf und Ausbau von Hydrierwerken 41 Im Oktober 1934 erfolgte die Grundung der Braunkohle Benzin AG Brabag die unter Lizenz im I G Verfahren in ihren Hydrierwerken Magdeburg und Bohlen ab 1936 sowie in Zeitz ab 1939 etwa 740 000 Tonnen synthetische Kraftstoffe pro Jahr herstellen sollte Parallel erhohte die I G Farben ihre Produktion in den Leuna Werken immer mehr und baute weitere eigene Hydrierwerke an verschiedenen Standorten Die staatliche Bergwerksgesellschaft Hibernia schloss ebenfalls einen Lizenzvertrag mit der I G Farben und nahm 1936 in Scholven die erste deutsche Hydrieranlage zur Kohleverflussigung von Steinkohle in Betrieb Das dort hergestellte synthetische Benzin vertrieb der Benzol Verband sowohl als Leuna Benzin als auch unter dem Markennamen Bevaulin spater Aralin 42 Zudem begannen ab 1936 in Konkurrenz zur I G Farben die ersten nach dem Fischer Tropsch Verfahren unter Lizenz der Ruhrchemie arbeitenden Grossanlagen mit der Produktion synthetischer Kraftstoffe Faktisch bauten in der Folgezeit fast alle grossen deutschen Energieversorger eigene Hydrier und Synthesewerke 3 Im Zuge des Spanischen Burgerkriegs 1936 1939 explodierten die Erdolpreise weltweit Die Sowjetunion lieferte Treibstoffe an die Republikaner und britische sowie US amerikanische Olkonzerne sicherten wahrend des gesamten Kriegsverlaufs den Treibstoffnachschub der Nationalspanier Letzteren raumten die Regierungen in London und Washington zugleich umfangreiche Kredite zum Kauf von Benzin ein was im Widerspruch zu den Neutralitatsresolutionen beider Lander stand 43 44 Fuhrende britische und US amerikanische Mineralolkonzerne hatten auch keinerlei Bedenken ihre Geschaftsbeziehungen zu Hitler Deutschland auszubauen zum Teil bis weit in die Kriegszeit hinein So wurde etwa die Grundung der Hydrierwerke Politz AG 1937 gemeinsam von Shell Standard Oil und der I G Farben geplant und die Errichtung der Anlagen ab 1939 realisiert Dieses Werk hatte eine Jahresleistung von 700 000 Tonnen und ubertraf damit die Kapazitaten aller anderen Hydrierwerke Die Initiative hierfur ging von den auslandischen Partnern der I G Farben aus Daneben beteiligten sich die Standard Oil und Shell noch an sechs weiteren deutschen Hydrierwerken 12 Ferner befand sich im Jahr 1939 ein Drittel aller Tankstellen in Deutschland im Besitz der Standard Oil die somit am Verkauf des synthetischen Benzins kraftig mitverdiente 45 Insgesamt entstanden bis 1943 im deutschen Einflussbereich 23 Hydrier und Synthesewerke davon neun die mit der Fischer Tropsch Technologie der Ruhrchemie arbeiteten und 14 nach dem Hochdruck Hydrierungsverfahren der I G Farben 41 Obwohl die NS Autarkie und Rustungspolitik damit einen enormen Ausbau der industriellen Kohlechemie in Deutschland erreichte konnte zu Kriegsbeginn und in der Folgezeit die synthetische Treibstoffproduktion nicht annahernd die Unabhangigkeit von Olimporten sichern 46 Ab Mitte 1944 kurz vor der Invasion in der Normandie sturzte die Produktion infolge gezielter Luftangriffe der Alliierten gegen deutsche Erdolzentren Raffinerien und synthetische Hydrieranlagen ab und fiel bis Kriegsende auf den Stand der 1920er Jahre zuruck 47 48 Synthetische Ottokraftstoffe mit der Bezeichnung Leuna Benzin gab es zu diesem Zeitpunkt schon langst nicht mehr An den deutschen Tankstellen waren bereits ab September 1939 alle Markennamen verschwunden Mit der Umstellung auf die Kriegswirtschaft im Zweiten Weltkrieg und der damit einhergehenden staatlich zentralen Lenkung wurden alle Mineralolvertriebsgesellschaften in der Arbeitsgemeinschaft Mineralolverteilung AMV zusammengefasst und nur noch markenloses Benzin gegen Tankausweis oder Bezugsschein verkauft 3 49 Siehe auch BearbeitenMineralolsicherungsplanLiteratur BearbeitenWalter Kronig Die katalytische Druckhydrierung von Kohlen Teeren und Mineralolen Das I G Verfahren von Matthias Pier Springer Verlag 1950 ISBN 978 3 642 50104 3 Rainer Karlsch Raymond G Stokes Faktor Ol Die Mineralolwirtschaft in Deutschland 1859 1974 C H Beck 2003 ISBN 978 3 406 50276 7 Titus Kockel Deutsche Olpolitik 1928 1938 Walter de Gruyter 2015 ISBN 978 3 05 008399 5 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Leuna Benzin Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten a b Frank Baumann Die Geschichte der Benzinsynthese in den Leunawerken und ihre okologischen Folgeerscheinungen am Anfang des 20 Jahrhunderts In Mitteilungen Gesellschaft Deutscher Chemiker Fachgruppe Geschichte der Chemie Frankfurt Main 1996 Band 12 S 63 68 Moneir Nasr Mineralolwirtschaft im Nahen Osten Verlag fur Literatur und Zeitgeschehen 1967 S 29 a b c d e f g h i j k l m Rainer Karlsch Raymond G Stokes Faktor Ol Die Mineralolwirtschaft in Deutschland 1859 1974 Verlag C H Beck 2003 S 128 136 140 333 339 a b Titus Kockel Deutsche Olpolitik 1928 1938 Walter de Gruyter 2019 S 34 f Bill Kovarik Henry Ford Charles Kettering and the Fuel of the Future In Automotive History Review Nr 32 1998 Seiten 7 27 Environmental history abgerufen am 11 Juni 2021 Uwe Fraunholz Ralf Pulla Treibstoff fur Magen und Motoren In Wissenschaftliche Zeitschrift der Technischen Universitat Dresden Nr 57 2008 Heft 3 4 S 65 TU Dresden abgerufen am 15 Juni 2021 Wolfgang Birkenfeld Der synthetische Treibstoff 1933 1945 Musterschmidt Verlag 1964 S 48 Automobiltechnische Zeitschrift Band 43 Automobiltechnischer Verlag 1940 S 64 67 Joseph Borkin Die unheilige Allianz der I G Farben Eine Interessengemeinschaft im Dritten Reich Campus 1990 S 76 Jacques R Pauwels Profits Uber Alles American Corporations and Hitler In Labour Le Travail 51 2003 S 223 249 Entwicklung und Produktion von synthetischem Benzin Wollheim Memorial abgerufen am 15 Juni 2021 a b c d Werner Abelshauser Die BASF Eine Unternehmensgeschichte C H Beck 2002 S 352 238 242 284 Der Deutsche Okonomist Jahrgang 50 Ausgaben 26 52 Berlin 1932 S 1443 Jana Lehmann Marion Schatz Leuna Leben zwischen Werk und Gartenstadt 1916 1945 Sutton Verlag GmbH 2004 S 45 US Department of Commerce Hrsg Trade Information Bulletin Ausgabe 805 U S Government Printing Office 1932 S 15 Wissenschaftliche Gesellschaft zum Studium Niedersachsens e V Hrsg Erdol und Erdgas in Niedersachsen Ursprunge Entwicklungen und Perspektiven in Neues Archiv fur Niedersachsen Wachholtz Ausgabe 1 2020 Seite 105 112 a b Joachim Kleinmanns Super voll Kleine 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Walter Wetzel Geschichte der deutschen Chemie in der ersten Halfte des 20 Jahrhunderts Band 19 Mitteilungen Fachgruppe Geschichte der Chemie Frankfurt a M 2007 S 189 Gesellschaft Deutscher Chemiker abgerufen am 16 Juni 2021 a b c d e f Titus Kockel Geologie und deutsche Olpolitik 1928 bis 1938 Die fruhe Karriere des Erdolgeologen Alfred Theodor Bentz Dissertation TU Berlin 2003 S 36 211 254 628 James Ramsay MacDonald M P Billingham Wharf and Official Opening of the Coal Hydrogenation Petrol Plant ICI Billingham British Film Institute abgerufen am 19 Juni 2021 Michael Stratton Barrie Trinder Twentieth Century Industrial Archaeology Taylor amp Francis 2014 S 84 Walter Wetzel Geschichte der deutschen Chemie in der ersten Halfte des 20 Jahrhunderts Band 19 Mitteilungen Fachgruppe Geschichte der Chemie Frankfurt a M 2007 S 198 Gesellschaft Deutscher Chemiker abgerufen am 19 Juni 2021 Bruno Riediger Die Verarbeitung des Erdoles Springer Verlag 2013 S 806 Gunter Bayerl Braunkohleveredelung im Niederlausitzer Revier Waxmann Verlag 2009 S 63 Hans Joachim Bartmuss Deutsche Geschichte in drei Banden Band 3 Deutscher Verlag der Wissenschaften 1968 S 208 Heinz Flieger Unter der gelben Muschel Die Geschichte der Deutschen Shell Verlag fur Deutsche Wirtschaftsbiographien 1961 S 144 Erdolgewinnung in Deutschland eine uber 150 jahrige Tradition Neptune Energy Deutschland abgerufen am 27 Juni 2021 Erdol und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland Jahresbericht 2020 Erdol aus Deutschland Bundesverband Erdgas Erdol und Geoenergie abgerufen am 27 Juni 2021 a b Titus Kockel Deutsche Olpolitik 1928 1938 Walter de Gruyter 2015 S 209 Dietrich Eichholtz Krieg um Ol Leipziger Universitatsverlag 2006 S 8 a b Sabine Brinkmann Das Dritte Reich und der synthetische Treibstoff Akkumulation 15 2001 S 20 Ruhr Universitat Bochum abgerufen am 20 Juni 2021 Joachim Kleinmanns Super voll Kleine Kulturgeschichte der Tankstelle Jonas Verlag Marburg 2002 S 26 Hans Kristian Kirsch Der Spanische Burgerkrieg in Augenzeugenberichten Karl Rauch Verlag 1967 S 354 Carlos Collado Seidel Der Spanische Burgerkrieg Geschichte eines europaischen Konflikts C H Beck 2010 S 155 f Sowjetischer Informationsdienst Hrsg Der Amerikanische Imperialismus Wien 1951 S 19 Lebenssaft der Wehrmacht Der Spiegel vom 28 Juni 2010 abgerufen am 10 Juli 2019 Auch wenn die Front gehalten hatte Die Zeit vom 24 Dezember 1953 abgerufen am 20 Juni 2021 Der lange Kampf ums Ol Der Spiegel 1 Juni 2010 abgerufen am 20 Juni 2021 Joachim Kleinmanns Super voll Kleine Kulturgeschichte der Tankstelle Jonas Verlag Marburg 2002 S 116 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Leuna Benzin amp oldid 235399406