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Das Reichsbohrprogramm war ein gross angelegtes staatlich finanziertes Explorationsprogramm das in den Jahren von 1934 bis 1945 darauf ausgerichtet war das Gebiet des Deutschen Reiches systematisch auf Erdollagerstatten zu durchsuchen Es diente damit dem Ziel des NS Regimes im Rahmen seiner Autarkiebestrebungen die heimische Erdolforderung deutlich zu erhohen um so eine ausreichende Olversorgung fur die deutsche Kriegswirtschaft sicherzustellen Das Reichsbohrprogramm wurde 1938 auf Osterreich und spater auch auf andere besetzte Lander ausgedehnt Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrunde 2 Entwicklung 3 Ergebnisse 4 LiteraturHintergrunde BearbeitenNach den Blockadeerfahrungen des Ersten Weltkriegs bestimmten Autarkiebestrebungen auch in Bezug auf den kriegsentscheidenden Rohstoff Erdol weitgehend die rustungswirtschaftlichen Weichenstellungen des NS Regimes Neben dem forcierten Ausbau der Kohlenwasserstoffsynthese in Hydrierwerken insbes betrieben durch die IG Farben spielten Uberlegungen zur Steigerung der heimischen Erdolproduktion uber die Erschliessung weiterer Lagerstatten in den Kriegsvorbereitungen eine entscheidende Rolle Das im Wesentlichen auf den Vorschlagen des an der Preussischen Geologischen Landesanstalt PGLA tatigen Erdolgeologen Alfred Bentz beruhende Reichsbohrprogramm aus dem Jahr 1934 forderte mit Darlehen an Unternehmen die systematische Exploration unerschlossener Gebiete im Deutschen Reich Nur im Erfolgsfall mussten die Unternehmen das Geld an den Staat zuruckzahlen Mit Hilfe des Reichsbohrprogramms erschlossen deutsche Mineralolproduzenten erfolgreich die heimischen Reserven so dass sie auch ohne den zeitgleich betriebenen Ausbau der Hydrierwerke zu Kriegsbeginn mehr als die Halfte des Autobenzins knapp ein Drittel des Motorenols und jeweils rund ein Funftel der Versorgung mit Flugbenzin Dieselkraftstoff und Heizol aus eigenen Quellen decken konnten Entwicklung BearbeitenUm die Importabhangigkeit des Deutschen Reiches beim Erdol zu reduzieren forcierte die Reichsregierung schon in den 1920er Jahren die inlandische Produktion und vergab Konzessionen um weitere Felder auszubeuten Als deutsche Bohrungen 1932 bei Hannover fundig wurden brach eine Oleuphorie aus Die PGLA mit Alfred Bentz setzte sich fur eine generelle und systematische Suche nach Ol im Deutschen Reich ein Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten fielen diese Forderungen auf fruchtbaren Boden Da die zu dieser Zeit wenig entwickelte deutsche Erdolindustrie die fur eine systematische Erkundung in grossem Umfang erforderlichen finanziellen Mittel wirtschaftlich nicht selbst aufbringen konnte entschloss sich der NS Staat durch Subventionen einen Teil des Risikos zu tragen Am 10 Januar 1934 gab die Reichsregierung im Reichswirtschaftsministerium auf einer Sitzung mit den wichtigsten deutschen Erdolunternehmen bekannt dass sie Darlehen fur die Aufschliessung neuer Erdolgebiete zur Verfugung stellen werde Sie erklarte sich bereit im Rahmen eines von der PGLA auszuarbeitenden Plans spater Reichsbohrprogramm genannt die Halfte der reinen Bohrkosten zu ubernehmen Nur bei erfolgreichen Bohrungen hatte das verantwortliche Unternehmen aus den Gewinnen das Reichsdarlehen zuruckzahlen Das Reichswirtschaftsministerium ubertrug Alfred Bentz die Gesamtleitung des Programms Eine Schlusselfunktion fur die Verteilung der Bohrdarlehen fiel damit der PGLA zu Sie hatte solche Bohrungen auszuwahlen die die grossten Chancen auf Fundigkeit besassen Im Rahmen des Reichsbohrprogramms entwickelten die Gewerkschaft Elwerath die Deutsche Erdol AG die Preussag die Wintershall AG und die ITAG die grossten Aktivitaten Auf sie entfielen ca drei Viertel aller Bohrleistungen und der grosste Teil der ausgegebenen Bohrdarlehen Der Gesamtaufwand fur die durchgefuhrten Bohrungen belief sich im Reichsgebiet auf ca 44 Mio RM Ergebnisse BearbeitenDie Ergebnisse des Reichsbohrprogramms waren durchaus bemerkenswert So wurden zwischen 1934 und 1945 insgesamt 643 Bohrungen niedergebracht Davon ergaben 504 Bohrungen Olfunde und es wurden 19 neue Felder erschlossen zu den bedeutendsten Aufschlussen gehorte das Erdgasfeld sudlich von Bentheim Die heimische Fordermenge stieg von 214 000 t im Jahre 1932 auf das Spitzenvolumen von 1 06 Millionen t im Jahr 1940 Dennoch wurde sehr schnell klar dass trotz dieser Erfolge die Olautarkie also die Unabhangigkeit Deutschlands von Erdolimporten nicht zu erreichen war Auf technischer Seite gelangen ebenfalls beachtliche Fortschritte Dauerte 1930 eine Bohrung auf 900 m Tiefe noch 200 Tage reduzierte sich die Zeit in nur acht Jahren auf 25 Tage Mit dem Umstieg auf das Drehbohrverfahren konnten uberdies grossere Tiefen erreicht werden Insgesamt schloss die im internationalen Vergleich eher kleine deutsche Bohrindustrie in dieser Zeit technisch zur auslandischen Konkurrenz auf Das Reichsbohrprogramm lieferte den Anlass fur einschneidende Veranderungen der Rechtsgrundlagen bei der Erdolgewinnung in Deutschland Die neuen Bestimmungen ermoglichten es dem Staat einheitliche meist auf funf Jahre befristete Konzessionen zu vergeben Das Lagerstattengesetz vom 4 Dezember 1934 verpflichtete alle Firmen und geologischen Landesanstalten ihre geologischen und geophysikalischen Unterlagen der PGLA zuzuleiten Bisher geheimgehaltenes Material wurde zur Zusammenstellung von Karten und fur die weitere Erkundung nutzbar gemacht Ausserdem wurden Grundeigentumer verpflichtet geophysikalische Messungen auf ihrem Grund und Boden zu gestatten Literatur BearbeitenTitus Kockel Deutsche Olpolitik 1928 1938 In Jahrbuch fur Wirtschaftsgeschichte Beiheft 7 Akademieverlag Berlin 2005 ISBN 978 3 05 004071 4 Rainer Karlsch Raymond G Stokes Faktor Ol Die Mineralolwirtschaft in Deutschland 1859 1974 C H Beck Munchen 2003 ISBN 3 406 50276 8 Vom Satansspeck zum schwarzen Gold 150 Jahre Ol und Gas aus Deutschland In Brennstoffspiegel Nr 08 2009 S 2 3 1 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reichsbohrprogramm amp oldid 215726296