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Die Geschichte der Okologie als wissenschaftlicher Disziplin innerhalb der Biologie setzt im fruhen 19 Jahrhunderts ein als durch Forscher unterschiedlicher Ausrichtung wie den Naturreisenden Alexander von Humboldt den Chemiker Justus von Liebig oder den Biologen Charles Darwin zahlreiche neue Erkenntnisse und Zusammenhange in der Natur erarbeitet wurden Die Okologie als Wissenschaft entwickelte sich daraufhin zunehmend weiter blieb allerdings bis in die 1960er Jahre eine nur speziellen Akademikerkreisen vertraute Disziplin Dies anderte sich in den 1970er Jahren als die Beschaftigung mit der durch die Menschen uberlasteten Natur und Umwelt zu einer zentralen Menschheitsaufgabe erklart wurde Inhaltsverzeichnis 1 Fruhe Verwendungen des Terminus Okologie 2 Von Einzelbeobachtungen zur okologischen Wissenschaft 3 Naturgeschichte im 19 Jahrhundert 4 Ernst Haeckels Begriffsdefinition und die Folgen 5 Entwicklung der wissenschaftlichen Tierokologie 6 Pflanzenokologie Forstwirtschaft und Vegetationskunde 7 Entwicklung der Hydrobiologie und Limnologie 8 Forschungsvertiefungen zwischen etwa 1920 und 1970 9 Politisierung und Popularisierung der Okologie ab etwa 1970 10 Literatur zur Geschichte der Okologie 11 EinzelnachweiseFruhe Verwendungen des Terminus Okologie Bearbeiten nbsp Einblick in das Okosystem Great Barrier Reef AustralienLange Zeit ging man davon aus dass der deutsche Biologe Ernst Haeckel das Wort Okologie 1866 gepragt und als erster verwendet und in die Wissenschaftssprache eingefuhrt hat Wortgeschichtliche Forschungen 1 2 zeigen jedoch dass der Begriff in den Jahren von 1838 bis 1850 bereits mindestens in drei bedeutenden deutschsprachigen Enzyklopadien auftrat wenngleich in anderer Bedeutung Es steht in einem humanmedizinisch kulturellen Zusammenhang und lehnt sich an die eigentliche Bedeutung des ursprunglich altgriechischen Wortes fur Haus oἶkos an Unter Oecologie wurde die Lehre von der Anlage von Wohnungen naturlich ebenfalls nur in Rucksicht auf Hygiene verstanden Die Aufnahme des Fachworts Okologie in drei Allgemein und Fachlexika lasst weitere und zeitlich parallele oder sogar fruhere Verwendungen des Wortes in anderen wissenschaftlichen Publikationen vermuten da lexikalische Begriffe meist erst dann aufgenommen werden wenn sie eine gewisse Gebrauchlichkeit erfahren haben Auch wenn ein solcher Nachweis bisher nicht gelungen ist legen die genannten Zitate den Schluss nahe es habe sich in den dreissiger bis funfziger Jahren des 19 Jahrhunderts bei Oecologie in der hier genannten Bedeutung um einen zumindest in entsprechenden Fachkreisen eingefuhrten und in seiner Bedeutung einigermassen klar umrissenen Begriff gehandelt noch bevor die Haeckelsche Definition in den naturwissenschaftlichen Sprachgebrauch Eingang fand Unklar ist ob Haeckel die damalige Verwendung des Begriffs gekannt hat als er ihn fur seine Zwecke neu definierte Von Einzelbeobachtungen zur okologischen Wissenschaft Bearbeiten nbsp Malerei einer Wanderheuschrecke in der Grabkammer des Horemhab Agypten 15 Jh v Chr Forschungen und Ausfuhrungen die man aus heutiger Sicht als okologisch bezeichnen kann gab es seit dem Altertum So handelte es sich bei den historischen Beschreibungen von Massenvermehrungen von Wanderheuschrecken und deren Auswirkungen auf die Landwirtschaft in fruhen Hochkulturen um okologische Beobachtungen deren Ursachen allerdings meist in uberirdischen gottlichen Phanomenen gesehen wurde 3 Aristoteles 384 322 v Chr und sein Schuler Theophrastos um 371 287 v Chr beobachteten und beschrieben Organismen in direktem Zusammenhang mit ihrem Lebensraum und auch mit anderen Arten Plinius der Altere 23 24 79 beschrieb biologisch okologische Naturbeobachtungen wie jene uber den Sommerschlaf der Schnecken im Mittelmeergebiet sowie uber das Zusammenleben der Muschelwachter Nepinnotheres einer Krebsgattung und der Steckmuschel Pinna nobilis Albertus Magnus um 1200 1280 rezipierte im Mittelalter die Werke Aristoteles mit eigenen Anmerkungen zur Lebensweise der Tiere In der Neuzeit mehrte sich die Zahl der uns bekannten Naturbeobachter merklich Antoni van Leeuwenhoek 1632 1723 August Johann Rosel von Rosenhof 1705 1759 Jacob Christian Schaffer 1718 1790 sowie vor allem der als Taxonom bekannt gewordene Carl von Linne 1707 1778 sowie Georges Louis Leclerc de Buffon 1727 1775 fugten in ihre Werke Angaben zur Okologie der Pflanzen und Tiere ein Die Allgemeine Naturgeschichte von Lorenz Oken 1779 1851 und auf mehr popularwissenschaftlicher Ebene Das Thierleben von Alfred Brehm 1829 1884 enthielten zahlreiche okologische Beschreibungen der behandelten Organismen 3 Naturgeschichte im 19 Jahrhundert BearbeitenDer Geograph und Naturforscher Alexander von Humboldt 1769 1859 analysierte die raumliche Verbreitung von Gesteinsformationen Pflanzen und Tieren und versuchte Zusammenhange herzustellen vielfach auch auf statistischer Grundlage Seine funfjahrige Exkursion 1799 bis 1804 auf den sudamerikanischen Kontinent trug dazu bei aufzuzeigen wie Menschen und andere Organismen an die jeweiligen Umweltbedingungen angepasst sind und diese wechselseitig beeinflussen Damit erarbeitete er auch Erkenntnisse die den heutigen Disziplinen der Okologie oder Biogeographie zuzuordnen sind 4 nbsp On the origin of speciesEinen grossen Einfluss auf okologisches Denken und okologische Forschung hatte Charles Darwin 1809 1882 der in seiner Reisebeschreibung The Zoology of the Voyage of H M S Beagle 5 und weiteren Schriften eine Fulle von okologischen Beschreibungen veroffentlichte und vieles auch in seiner 1859 erschienenen Evolutionstheorie in On the origin of species einfliessen liess 6 Das Konzept der naturlichen Zuchtwahl natural selection das im Kampf ums Dasein struggle for life von standiger Interaktion mit der Umwelt gepragt ist wurde durch das Buch einer breiten Offentlichkeit vorgestellt und als Darwinismus popular Weitere seiner okologischen Werke betrafen die Bestaubung von Pflanzen durch Insekten 7 fleischfressende Pflanzen 8 und die Bodenbildung durch die Aktivitat von Regenwurmern 9 Das naturgeschichtliche Werk Man and Nature 1864 von George Perkins Marsh in dem er die Folgen historischer und aktueller menschlicher Eingriffe durch Landwirtschaft und Industrie in die Natur behandelt hatte grossen Einfluss auf die okologische Forschung und den Naturschutzgedanken in den USA Ernst Haeckels Begriffsdefinition und die Folgen BearbeitenDie erste Definition des Begriffes Okologie in heutigem Verstandnis stammt von Ernst Haeckel 1834 1919 der selber allerdings nicht okologisch arbeitete sondern ein fuhrender Zoologe und Vertreter des Darwinismus in Deutschland war Unter Oecologie verstehen wir die gesamte Wissenschaft von den Beziehungen des Organismus zur umgebenden Aussenwelt wohin wir im weiteren Sinne alle Existenz Bedingungen rechnen konnen Diese sind teils organischer teils anorganischer Natur Ernst Haeckel 1866 10 nbsp Ernst Haeckel im Jahre 1874 Professor der Universitat JenaHaeckel griff die Definition der Okologie in diesem und mehreren nachfolgenden Werken immer wieder auf und modifizierte sie mehrfach vor allem vor dem Hintergrund der Evolutionstheorie womit er die Grundsatze der im 20 Jahrhundert entwickelten Evolutionsokologie teilweise bereits vorwegnahm 11 Bereits in den Darstellungen Haeckels lassen sich zwei wesentliche Bestandteile der Okologie erkennen fur die von Carl Schroeter 1902 in einem Werk uber Die Vegetation des Bodensees die Begriffe Autokologie Okologie der Organismen und Synokologie Okologie der Lebensgemeinschaften eingefuhrt wurden 11 Obwohl der Begriff 1866 gepragt wurde etablierte sich die Okologie als umfassende Disziplin allerdings erst sehr viel spater Anfanglich wurde sie vor allem aufgrund der strengen akademischen Trennung zwischen Zoologie und Botanik vielmehr als wissenschaftliche Naturgeschichte der Tiere Tierokologie verstanden und hatte als solche in den etablierten Wissenschaften nur einen sehr schlechten Status Obwohl eine Reihe von Wissenschaftlern die Bedeutung der Okologie als Wissenschaft erkannten und entsprechend hoch einschatzten wurde sie von der Mehrheit der etablierten Disziplinen der Naturwissenschaften als rein beschreibende Naturgeschichte abgewertet Charles Sutherland Elton definierte die Tierokologie in seinem Werk Animal Ecology 1927 entsprechend als scientific natural history wodurch er diese Sichtweise noch verstarkte 3 Die Pflanzenokologie und die daraus abgeleitete Richtung der Geobotanik entwickelten sich weitgehend getrennt hiervon Ein sich ebenfalls bereits im 19 Jahrhundert entwickelnder Zweig war ferner die Hydrobiologie die sich mit den Lebensumstanden von wasserlebenden Organismen in ihrer Umwelt beschaftigte wahrend Tier und Pflanzenokologie sich vor allem auf den terrestrischen Lebensraum also okologische Probleme auf dem Festland beschrankten Entwicklung der wissenschaftlichen Tierokologie Bearbeiten nbsp Uber die Lebensweise der Kieferneule Panolis flammea veroffentlichte Schwerdtfeger 1932 und 1935 zwei grosse Untersuchungen Der Okologiebegriff Haeckels wurde in der Anfangszeit fast ausschliesslich auf die Okologie der Tiere angewendet Diese fruhe Tierokologie beschaftigte sich primar mit der beschreibenden Darstellung der Lebensanspruche einzelner Arten Autokologie und wurde fur terrestrische Gemeinschaften erst in den 1920er Jahren auf die Betrachtung von Lebensgemeinschaften im Sinne einer Synokologie ausgedehnt 3 Letztere entwickelte sich gemeinsam mit den Ansatzen der Populationsokologie von Schwerdtfeger Demokologie genannt die in dieser Zeit ihre Wurzeln hat und in den 1960ern vor allem durch die Lehrbucher des Forstokologen Fritz Schwerdtfeger bekannt wurde und sich weiter entwickelte Viele Populationsokologen beschaftigten sich mit praktisch anwendbaren Erkenntnissen vor allem im Bereich der Schadlingsbekampfung in der Land und Forstwirtschaft in der Fischereiwirtschaft sowie in der Medizin hier vor allem in der Parasitologie Die Bereiche Forstokologie Agrarokologie und Fischereibiologie wurden hierdurch auch zu eigenen Wissenschaftsgebieten Die Verbindung von Okologie mit der Verhaltensbiologie Ethologie fuhrte zudem zur Verhaltensokologie die spater ab den 1970er Jahren einsetzende Verbindung mit der Evolutionsbiologie zur Evolutionsokologie 3 Pflanzenokologie Forstwirtschaft und Vegetationskunde BearbeitenParallel zur Tierokologie entwickelte sich die Pflanzenokologie als eigenstandiges Forschungsgebiet wobei ihre Ursprunge in Form okologischer Standortangaben ebenfalls bis in die Antike zuruckreichen Auch hier standen die Umweltanspruche der einzelnen Arten also die Autokologie im Vordergrund Diese waren vielfach mit Fragestellungen der Verbreitung und damit der Pflanzengeographie verbunden deren Anfange allerdings schon auf Carl von Linne Alexander von Humboldt und Georg Forster Ende des 18 und Anfang des 19 Jahrhunderts zuruckgehen 3 Alphonse de Candolle begrundete 1855 bereits die physiologische Ausrichtung der Pflanzenokologie in seinem Werk Geographie botanique raisonnee 12 Bereits im fruhen 18 Jahrhundert war im Zuge des traditionellen forstlichen Nachhaltigkeit Prinzips der Zusammenhang zwischen der praktischen Forstwirtschaft und der Biologie der Pflanzen so die fruhere Bezeichnung der Pflanzenokologie vor allem von Heinrich Cotta erforscht worden 12 der sich intensiv mit der Okologie der Walder auseinandersetzte und massgeblich die Forstwissenschaft als Wissenschaftsdisziplin etablierte und den modernen Waldbau begrundete Wilhelm Pfeil entwickelte die Maxime vom Einfluss des Ortlichen Er betonte dass es nicht moglich ist alle Walder starr nach den gleichen Generalregeln zu bewirtschaften sondern dass jeweils der Standort also die Boden und Klimaverhaltnisse und ihre Folgen bei den forstlichen Entscheidungen zu berucksichtigen seien Daraus entwickelte sich die von der so genannten Eberswalder Schule vertretene standortgerechte Forstwirtschaft 13 14 Gottlob Konig der als Erster den Begriff Waldstandortkunde pragte war ein dezidierter Verfechter der Verbindung von Okonomie und Okologie 15 Der Erste der ausfuhrlich auf den Einfluss der Walder auf das Wohlbefinden und den Wohlstand der Menschen einging war Carl Heinrich Edmund Freiherr von Berg In seinem Handbuch Staatsforstwirtschaftslehre von 1850 kam fur ihn die rein okonomische Betrachtung des Waldes wie etwa eine nachhaltige Holzerzeugung erst zweitrangig nach dessen Wohlfahrtswirkungen Die Staatsregierung muss nach von Berg daher an erster Stelle dieses Ziel verfolgen Die Erhaltung der Waldungen in einem solchen Umfange in einer solchen Vertheilung im Lande und an den Orten dass dadurch ihre wohlthatigen Einflusse auf das Klima die Fruchtbarkeit Gesundheit und Schonheit des Landes gesichert erscheinen 16 Etwa um die Mitte des 19 Jahrhunderts bildete sich die Wissenschaft von den Pflanzengemeinschaften mit den Vorstellungen des wechselseitigen Einflusses zwischen den Arten sowie der Vegetation mit dem Boden heraus Die hierauf begrundete Vegetationskunde wurde dabei im Sud und Mitteleuropa massgeblich von den Arbeiten von Oswald Heer Otto Sendtner Joseph Roman Lorenz und Anton Kerner von Marilaun beeinflusst 12 3 In Nordeuropa haben Hampus von Post Ragnar Hult Rutger Sernander oder Aimo Kaarlo Cajander wesentliche methodische Grundlagen zur modernen Vegetationsokologie beigetragen 17 nbsp Borstgrasweide mit ArnikaVon Simon Schwendener der sich vor allem mit den physikalischen Grundlagen des Pflanzenaufbaus beschaftigte und die Flechten erstmals als Symbiose zwischen Pilz und Alge erkannte stammen grundlegende Beschreibungen zum Verstandnis der histologischen Struktur der Pflanzen und den Zusammenhang mit den Lebensbedingungen der Pflanzen Seine Arbeiten wurden vertieft und weitergefuhrt von Alexander Tschirch Emil Heinricher Georg Volkens Heinrich Schenck und insbesondere Gottlieb Haberlandt als Begrunder der physiologische Pflanzenanatomie deren Forschungen sich vor allem auf Pflanzen in Extremlebensraumen wie Wasserpflanzen und Xerophyten konzentrierten 12 Ernst Stahl begann etwa zeitgleich mit der Aufklarung der physiologischen Aspekte und fuhrte experimentelle Arbeitsweisen in die Okologie ein Experimentelle Okologie Er untersuchte auf diese Weise den Einfluss des Lichts auf die Pflanze und spater die Verteidigungsmechanismen der Pflanzen gegenuber tierischen Konsumenten Im Jahr 1900 deckte er die Symbiose zwischen der Mycorrhiza einem Pilzgeflecht im Wurzelbereich der Baume und den Waldbaumen auf 12 Grundlegende Erkenntnisse zur Mykorrhizabildung bei Waldbaumen steuerte auch Robert Hartig bei nach dem spater das Hartigsche Netz benannt wurde Die Zusammenfassung der anatomisch histologischen und physiologischen Ergebnisse mit den weiteren Erkenntnissen zur Okologie der Pflanzen z B Blutenokologie Frucht und Samenverbreitung fasste Anton Kerner von Marilaun im Jahr 1890 in seinem Hauptwerk Pflanzenleben zusammen 12 Um die Jahrhundertwende zum 20 Jahrhundert tauchte der Begriff der Pflanzenokologie auch erstmals in Veroffentlichungen auf wobei insbesondere Johannes Eugenius Bulow Warming Andreas Franz Wilhelm Schimper Frederic Edward Clements und Oscar Drude nennenswert sind Die Werke von Schimper stellen zudem einen Ausgangspunkt zur Entwicklung der modernen Physiologischen Okologie dar wahrend Josias Braun Blanquet die Pflanzensoziologie zu einer eigenen Forschungsrichtung der Vegetationskunde entwickelte Auch innerhalb der Geobotanik die die Pflanze als Teil der Lebensgemeinschaften der Erde betrachtet kam es zu einer weiteren Aufsplitterung in die Phytogeographie die Allgemeine und die Spezielle Geobotanik 3 In der zweiten Halfte des 20 Jahrhunderts hatte Heinz Ellenberg einen wesentlichen Anteil an der Fortentwicklung der Pflanzenokologie in Mitteleuropa und daruber hinaus indem er zu fast allen Teilgebieten dieser Forschungsrichtung Beitrage geliefert hat Entwicklung der Hydrobiologie und Limnologie Bearbeiten nbsp Weinfelder Maar in der EifelWichtige Erkenntnisse fur die Okologie ergaben sich durch Forscher an Gewassersystemen Zu ihnen zahlten Karl August Mobius 1825 1908 Francois Alphonse Forel 1841 1912 und August Thienemann 1882 1960 Der erste arbeitete an der Nordsee der zweite am Genfersee und der dritte an den Maaren der Vulkaneifel spater auch an den holsteinischen Seen Wahrend Untersuchungen die gleichsam die aquatischen Organismen ins Zentrum der Betrachtung stellten weiterhin Hydrobiologie hiessen waren insbesondere Forel und Thienemann Pioniere in der aquatischen Okosystemforschung die nun Limnologie genannt wurde Aquatische Systeme vor allem in Form von Susswasserseen sind erkennbar und messbar weit starker abgeschlossene Lebensraume und Okosysteme als Landsysteme oder Meeressysteme Daher wurden sie auch als erste ganzheitlich unter Einbezug physikalischer chemischer und biologischer Charakterisierung untersucht 18 Karl August Mobius pragte in seiner Arbeit Die Auster und die Austernwirtschaft 1877 erstmals den Begriff der Lebensgemeinschaft als Lebensgemeinde oder Biozonose und stellte den Zusammenhang zwischen den Organismen und den ausseren Bedingungen dar Er setzte damit zugleich den Grundstein fur die meeresbiologische Forschung 1885 erfolgte die Charakterisierung des Dorfteichs als abgeschlossene Lebensgemeinschaft durch den Padagogen Friedrich Junge wahrend davon unabhangig in den USA Stephen A Forbes 1887 den See als Mikrokosmos beschrieb Francois Alphonse Forel schuf 1892 1901 eine grosse limnologisch ausgerichtete Monographie uber den Genfersee im schweizerisch franzosischen Grenzgebiet und stellte dabei auch erstmals umfangreich die physikalischen Eigenschaften eines Sees sowie Aspekte zum Stoffhaushalt dar 3 18 nbsp Ein Korbnetz eine der Erfindungen Hensens um Plankton zu sammelnAuch August Thienemann erarbeitete an den Maaren der Vulkaneifel physikalische und chemische Messungen und setzte die Befunde in Beziehung zur Seecharakteristik und zu den im See lebenden Organismen vor allem den verschiedenen Arten der Zuckmucken Larven Spater war er Leiter am Max Planck Institut fur Limnologie in Plon In Osterreich forschte gleichzeitig zu Thienemann Franz Ruttner 1882 1961 an der Biologischen Station in Lunz am See er war bis in die zweite Halfte des 20 Jahrhunderts durch seinen Grundriss der Limnologie 1 Aufl 1940 letzte Aufl 1962 zahlreichen Studenten ein Begriff Parallel zur Susswasserbiologie entwickelte sich auch die Meeresbiologie die sich anfanglich vor allem auf die Untersuchung des kustennahen Meeresbodens Benthal konzentrierte Die Erforschung der Freiwasserbereiche Pelagial wurde ab 1845 vor allem durch Johannes Muller eingefuhrt der fur den Fang der im Freiwasser treibenden Organismen Auftrieb heute Plankton eigens Fanggerate in Form von Planktonnetzen entwickelte Die daraus 1846 entstandene wissenschaftliche Disziplin der Planktonforschung auf der damals britischen Insel Helgoland mundete mit einer Schule von faunistisch arbeitenden Meeresbiologen und deren Arbeit 1892 in der Grundung der Koniglich Preussischen Biologischen Anstalt auf Helgoland der heutigen Biologischen Anstalt Helgoland Die Netzfangtechnik wurde nachfolgend auch im limnischen Bereich eingesetzt Victor Hensen pragte fur die Kleinorganismen die mit Hilfe des Netzes gefangen werden konnen den Begriff Plankton 3 Forschungsvertiefungen zwischen etwa 1920 und 1970 BearbeitenIn Deutschland versuchte sich die Okologie bereits in den 1920er Jahren als wissenschaftliches Forschungsfeld zu etablieren und im Rahmen einer Anlehnung an die Blut und Boden Rhetorik der NS Zeit vermehrt Forschungsmittel zu akquirieren 19 Wissenschaftlich entwickelten sich teilweise unterschiedliche Ansatze in der Okologie zwischen der mitteleuropaischen und deutschen Forschung die stark auf Inventarisierung und Klassifizierung ausgerichtet war und Ansatzen im angelsachsischen Bereich wo starker nach funktionalen Zusammenhangen gesucht wurde Die spatere moderne Okologie bildete sich als Verschmelzung der Tierokologie der Pflanzenokologie und der Hydrobiologie Limnologie in den 1930er bis 1950er Jahren zwischen der Einfuhrung des Okosystemkonzepts durch Arthur George Tansley in seinem Zeitschriftenaufsatz The Use and Abuse of Vegetational Concepts and Terms und der etablierenden Verbreitung des Begriffs durch Eugene P Odum in dessen Fundamentals of ecology 1953 Kern dieses Konzept ist die Annahme von abgrenzbaren funktionellen Einheiten der Biosphare die durch die Interaktion darin enthaltener Organismen und der unbelebten Umwelt bestimmt sind Okosysteme Die einzelnen Okosysteme treten untereinander in Kontakt und bilden entsprechend ein globales Okosystem 3 Da dieses Konzept sowohl Pflanzen wie Tiere betrifft durchbrach es die Trennung der ursprunglichen Disziplinen und fuhrte zu einer ganzheitlichen und interdisziplinaren Naturbetrachtung Entsprechend diesem Anspruch begann nach 1960 die Untersuchung von Landlebensraumen Binnengewassern und Meeren in interdisziplinaren Teams die neben Tier und Pflanzenokologen auch Populationsokologen Mikrobiologen Klimatologen Bodenkundler Physiker und Chemiker sowie Informatiker zur Datenverarbeitung umfassen Die modernen Entwicklungen der Okologie konzentrieren sich darauf die ursprunglich deskriptive Okologie zunehmend durch Modelle und Gesetze zu ersetzen und setzen dabei auf den Bereich der Theoretischen Okologie Diese versucht uber Modellierungen die okologischen Zusammenhange zu erklaren und greifbar zu machen Ein weiteres recht neues Feld stellt die Humanokologie dar die die Wechselwirkungen der Menschen untereinander und mit der sie umgebenden Natur betrachtet und entsprechend in Teilen eng an die Soziologie angelehnt ist Politisierung und Popularisierung der Okologie ab etwa 1970 BearbeitenAb etwa 1970 wurde die okologische Forschung teilweise stark gefordert und ausgebaut Neuere Forschungsfelder waren unter anderem die Wechselwirkung von Umweltbelastung und okologischen Gemeinschaften die Anwendung okologischer Erkenntnisse im praktischen Natur und Artenschutz die Bedeutung der biologischen Vielfalt und des Klimawandels fur Okosysteme Auch wechselseitige Befruchtungen mit anderen Forschungszweigen darunter Biochemie und Evolutionsbiologie wurden nun zu zentralen Forschungsthemen nbsp Das historische Blue Marble Foto das half Umweltschutz der breiteren Offentlichkeit naher zu bringenParallel aber wurde Okologie als Wissenschaft und mit einer gewissen Bedeutungsanderung auch als Maxime einer nachhaltigen Vorsorge fur die Umwelt und Gesundheit des Menschen gefordert Bezuglich der damit verbundenen Veranderung der Bedeutung okologischer Erkenntnisse und der Anderung in der Verwendung des Begriffs Okologie und okologisch in der Alltagssprache und in der Politik steht naheres unter Okologie Literatur zur Geschichte der Okologie BearbeitenHartmut Bick Grundzuge der Okologie 3 Auflage Gustav Fischer Verlag Stuttgart 1998 ISBN 3 437 25910 5 C J van der Klaauw Zur Geschichte der Definitionen der Okologie besonders auf Grund der Systeme der zoologischen Disziplinen In Sudhoffs Archiv 29 1936 S 136 177 Okologische Studien und Kritiken 2 Gunther Leps Okologie und Okosystemforschung In Ilse Jahn Hrsg Geschichte der Biologie 3 Auflage Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2000 ISBN 3 8274 1023 1 S 601 619 Nikol Verlagsgesellschaft Hamburg 2004 ISBN 3 937872 01 9 Joachim Radkau Die Ara der Okologie Eine Weltgeschichte Beck Munchen 2011 ISBN 978 3 406 61372 2 Ludwig Trepl Geschichte der Okologie Vom 17 Jahrhundert bis zur Gegenwart Athenaum Frankfurt am Main 1987 ISBN 3 610 04070 X Einzelnachweise Bearbeiten Hachmann Gerhard amp Koch Rainer 150 Jahre Okologie eine Naturwissenschaft pragt den Naturschutz Anmerkungen zur Geschichte und Verwendung der Begriffe Okologie und Artenschutz In Natur und Landschaft Band 91 Nr 12 Stuttgart 2016 ISSN 0028 0615 S 587 589 https haferklee wordpress com 2017 01 16 naturschutzgeschichte 3 Postprint Stichwort ecology In biological concepts com Abgerufen am 17 Januar 2017 a b c d e f g h i j k Geschichte der Okologie In Hartmut Bick Grundzuge der Okologie 1998 S 1 7 Hans Gebhard u a Hrsg Geographie physische Geographie und Humangeographie Spektrum Akad Verlag Munchen 2007 ISBN 978 3 8274 1543 1 S 72f Charles Darwin Hrsg The Zoology of the Voyage of H M S Beagle Smith Elder amp Co London 1838 1843 digitalisierte Fassung Charles Darwin On the origin of species by means of natural selection or the preservation of favoured races in the struggle for life John Murray London 1859 digitalisierte Fassung Charles Darwin On the various contrivances by which British and foreign orchids are fertilised by insects and on the good effects of intercrossing John Murray London 1862 digitalisierte Fassung Charles Darwin Insectivorous Plants John Murray London 1875 digitalisierte Fassung Charles Darwin The formation of vegetable mould through the action of worms with observations on their habits John Murray London 1881 digitalisierte Fassung Ernst Haeckel Generelle Morphologie der Organismen Allgemeine Grundzuge der organischen Formen Wissenschaft mechanisch begrundet durch die von Charles Darwin reformirte Descendenz Theorie Bd 2 Berlin 1866 S 286 Download in der Biodiversity Heritage Library a b Gunther Leps Okologie und Okosystemforschung 2000 S 601 a b c d e f Vera Eisnerova Evolutionstheorie und Okologie in der Botanik In Ilse Jahn Hrsg Geschichte der Biologie 3 Auflage Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2000 S 322 323 Ausgabe Nikol Verlagsgesellschaft Hamburg 2004 ISBN 3 937872 01 9 Karl Hasel Ekkehard Schwartz Forstgeschichte Ein Grundriss fur Studium und Praxis Kessel Remagen 2002 ISBN 3 935638 26 4 S 344 345 Karl Hasel Wilhelm Pfeil im Spiegel der Kritischen Blatter fur Forst und Jagdwissenschaft In Allgemeine Forst und Jagdzeitung 149 Jahrgang Heft 5 1978 S 126 127 Karl Hasel Ekkehard Schwartz Forstgeschichte Ein Grundriss fur Studium und Praxis Kessel Remagen 2002 ISBN 3 935638 26 4 S 348 zitiert nach Walter Kremser Niedersachsische Forstgeschichte Eine integrierte Kulturgeschichte des nordwestdeutschen Forstwesens Rotenburger Schriften Sonderband 32 Heimatbund Rotenburg Wumme Rotenburg Wumme 1990 S 491 492 Klaus Dierssen Einfuhrung in die Pflanzensoziologie Vegetationskunde Wiss Buchges Darmstadt 1990 a b Astrid Schwarz Wasserwuste Mikrokosmos Okosystem Eine Geschichte der Eroberung des Wasserraumes Rombach Verlag Freiburg 2003 Joachim Radkau Frank Uekotter Hrsg Naturschutz und Nationalsozialismus Campus Verlag Frankfurt am Main 2003 ISBN 3 593 37354 8 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Geschichte der Okologie amp oldid 214610450