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Die Pflanzenphysiologie ist die Wissenschaft von den Lebensvorgangen Physiologie der Pflanzen Ein zentraler Vorgang ist die Photosynthese an die sich die Bildung anderer Substanzen von der Glucose uber Polysaccharide bis zu Lipiden Proteinen und Nukleinsauren anschliesst Ausserdem werden Wachstumsprozesse die Differenzierung von Organen Reaktionen auf Umweltreize Stofftransporte und die Kommunikation zwischen Zellen Geweben und Organen untersucht Inhaltsverzeichnis 1 Teilbereiche 2 Geschichte 2 1 Antike bis 18 Jahrhundert 2 2 19 und 20 Jahrhundert 3 Siehe auch 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseTeilbereiche BearbeitenDas Strasburger Lehrbuch der Pflanzenwissenschaften unterscheidet funf einander vielfach uberschneidende Teilbereiche der Physiologie 1 Stoffwechselphysiologie die chemischen und physikalischen Vorgange des Stoff und Energiewechsels Entwicklungsphysiologie Wachstum Differenzierung und Fortpflanzung Bewegungs oder Reizphysiologie Reaktionen auf Reize aus der Umgebung Allelophysiologie Interaktion mit anderen Organismen Okophysiologie Einbettung in den Lebensraum Geschichte BearbeitenAntike bis 18 Jahrhundert Bearbeiten Die fruhesten Beobachtungen zur Physiologie der Pflanzen sind uns aus der Antike uberliefert Die botanischen Schriften des Aristoteles dessen zoologische Arbeiten 1800 Jahre lang massgeblich waren sind verloren gegangen Erhalten blieben jedoch die seines Schulers Theophrast 371 285 v Chr uber die Ursachen des Pflanzenwuchses in denen die Wirkungen des Klimas und der Bodenbeschaffenheit auf das Wachstum beschrieben sind und auch die Blattbewegungen bei der Mimose und bei der Tamarinde dargestellt werden 2 nbsp Stephen HalesAristoteles nahm an dass die Pflanze ihre Nahrung aus der Erde entnimmt und dass diese vollkommen ist da im Unterschied zu Tieren und zum Menschen keine Exkremente ausgeschieden werden Diese und andere Auffassungen von Aristoteles und Theophrast wurden uber eine sehr lange Zeit nur weitergegeben Erst 1671 unterzog Marcello Malpighi die auf Aristoteles zuruckgehende Lehre einer Prufung wobei er aufgrund von Experimenten zu dem Ergebnis kam dass der Nahrungssaft in den Blattern durch die Kraft des Sonnenlichts verarbeitet ausgekocht wird und erst dadurch das Wachstum bewirken kann Einen weiteren wichtigen Gedanken steuerte der Physiker Edme Mariotte 1679 bei indem er den Saftdruck der etwa beim Ausfliessen von Milchsaft zu beobachten ist als physikalische Ursache des Wachstums ansah Als eigentlicher Begrunder der experimentellen Pflanzenphysiologie kann Stephen Hales ein Schuler Isaac Newtons mit seinen Vegetable Staticks 1727 deutsch Statick der Gewachse 1748 gelten Er stellte als Erster systematische Versuchsreihen zum Wasserhaushalt der Pflanzen und zur Verdunstung Transpiration an und konstatierte dass nicht der von der Wurzel ausgehende Saftdruck sondern die Transpiration der Blatter hauptsachlich den Saftstrom bewirkt 3 nbsp Jan IngenhouszWeitere Fortschritte auf diesem Gebiet wurden erst moglich nachdem in den 1770er Jahren Joseph Priestley und Antoine Laurent de Lavoisier entdeckt hatten dass die Luft Sauerstoff Lebensluft und Kohlensaure Kohlendioxid enthalt und dass letztere aus Kohlenstoff und Sauerstoff besteht Priestley hatte beobachtet dass eine brennende Kerze in einem geschlossenen Gefass die Luft zum Atmen untauglich macht und dass eine eingebrachte Pflanze sie wieder zum Atmen und zum Verbrennen geeignet macht Dem stand aber das ebenfalls auf Experimente gestutzte Postulat Carl Wilhelm Scheeles gegenuber dass Pflanzen die Luft verschlechtern Diesen Widerspruch konnte der Arzt Jan Ingenhousz 1779 auflosen Nicht das Wachstum der Pflanze sondern ihre grunen Blatter bilden Sauerstoff und nicht im Dunkeln sondern nur im Licht Damit hatte Ingenhousz den Zusammenhang von Photosynthese und Atmung auf der Ebene des Gasautauschs aufgeklart In einer weiteren Publikation 1796 stellte er fest dass die Pflanze der aufgenommenen Kohlensaure den Kohlenstoff als Nahrung entnimmt und den Sauerstoff aushaucht 4 19 und 20 Jahrhundert Bearbeiten An Ingenhousz schloss Anfang des 19 Jahrhunderts Nicolas Theodore de Saussure mit Untersuchungen an bei denen es vor allem um quantitative also messbare Verhaltnisse ging So stellte er fest dass die Zunahme der Trockensubstanz der Pflanze hoher ist als die Aufnahme von Kohlenstoff aus der Luft und schloss daraus dass auch Bestandteile des Wassers gebunden werden Nach heutiger Kenntnis das Wasser selbst das mit Kohlenstoff Kohlenhydrate bildet Dagegen stammt nur ein geringer Teil der Trockensubstanz aus dem Erdboden Dieser ist dennoch notwendig denn in destilliertem Wasser konnen Pflanzen nicht normal wachsen Und weiter wies de Saussure nach dass Pflanzen den Stickstoff in der Luft nicht nutzen konnen sondern ihn aus dem Erdboden aufnehmen mussen 5 Viele neue Erkenntnisse steuerte im fruhen 19 Jahrhundert Henri Dutrochet bei Dazu gehoren seine Untersuchungen zur Bedeutung der Osmose und zur Funktion der Spaltoffnungen an der Unterseite der Blatter Er zeigte dass der Interzellularraum mancher pflanzlicher Gewebe fur Luft durchlassig ist und dass bei Teichrosen ein Gasaustausch von den Spaltoffnungen bis in die Wurzel erfolgt wobei hier die Spaltoffnungen ausnahmsweise an der Oberseite der Schwimmblatter sitzen Auch unterschied er zwischen der durch Osmose bedingten Saftstromung die Mariotte untersucht hatte und dem von Hales untersuchten Aufstieg des Saftes Ebenso machte er klar dass die Plasmastromung innerhalb der Zellen mit dem Saftaufstieg nichts zu tun hat 6 Diesen experimentellen Untersuchungen standen bis in die Mitte des 19 Jahrhunderts vorwiegend spekulative Anschauungen gegenuber wonach die Lebensprozesse auf einer Lebenskraft beruhen Vitalismus und Lebendes nur aus Lebendem hervorgehen kann Dazu gehorte die auf Aristoteles zuruckgehende Humustheorie die besonders von Albrecht Thaer vertreten wurde und postulierte dass die Pflanze sich vom Humus ernahrt Derartige Vorstellungen blieben trotz der Untersuchungen von de Saussure und Anderen noch jahrzehntelang vorherrschend Die Wende brachte eine Arbeit von Justus von Liebig 1840 in der er eine Mineraltheorie formulierte und diese durch die Verwendung mineralischen Dungers in landwirtschaftlichen Versuchen untermauerte Liebig nahm allerdings falschlich an dass die Pflanze den Stickstoff aus der Atmosphare entnehme was Jean Baptiste Boussingault 1843 44 widerlegte Nachdem ihm aufgefallen war dass Pflanzen besonders gut auf Parzellen wachsen die im Jahr zuvor mit Hulsenfruchtlern Leguminosen bestellt waren wies Boussingault nach dass diese anders als Getreide Luftstickstoff assimilieren konnen Erst 1888 wurde klar dass dies eine Leistung von Bakterien in den Wurzelknollchen der Leguminosen ist 7 nbsp Julius SachsDer bedeutendste Pflanzenphysiologe in der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts war Julius Sachs Er fuhrte die Hydrokultur ein um die Funktion der Wurzel zu untersuchen und zu ermitteln welche chemischen Elemente fur das Pflanzenwachstum im Wurzelraum notwendig sind Dabei entdeckte er dass das Wasser und die Nahrstoffe durch die feinen Wurzelhaare aufgenommen werden Weiter identifizierte er die Starke als Produkt der Photosynthese und fand heraus dass sie am Tag im Licht in den Chloroplasten angereichert und in der Nacht im Dunkeln wieder abgebaut wird Bei der Keimung starkehaltiger Samen untersuchte er den Abbau der Starke und er wies nach dass Schliesszellen und Wurzelspitzen auch dann Starke enthalten wenn sie in anderen Teilen der Pflanze verschwunden ist Grosse Bedeutung erlangten seine Lehrbucher der Botanik und der Pflanzenphysiologie auch als englische Ubersetzungen 8 nbsp Wilhelm PfefferIm spaten 19 Jahrhundert verlagerte sich das Interesse der Pflanzenphysiologen zunehmend auf die Ebene der Zelle vor allem dank der Arbeiten Wilhelm Pfeffers der den Protoplasten das Innere der Pflanzenzelle ohne die Zellwand als den pflanzlichen Elementarorganismus bezeichnete und von diesem und seinen Teilen her die Physiologie erforschen wollte Parallel dazu ging die bislang nur beschreibende und vergleichende Morphologie teils in eine kausale Morphologie uber die auf experimentellem Weg nach den Ursachen pflanzlicher Formbildung suchte Hier wurde Karl von Goebel der bedeutendste Vertreter Ebenso traten in der Anatomie der Untersuchung der Gewebe kausale Fragestellungen in den Vordergrund vor allem durch Gottlieb Haberlandt 9 In der durch Pfeffer angestossenen Richtung erlebte die pflanzenphysiologische Forschung im 20 Jahrhundert einen enormen Aufschwung die Zahl der jahrlich erscheinenden Publikationen vervielfachte sich Im Kontext der neuen Konzepte der Quantenphysik kam in den 1930er Jahren eine Diskussion uber mogliche Grenzen der kausalen Erklarbarkeit der Lebensprozesse auf die namentlich durch die theoretischen Physiker Pascual Jordan und Niels Bohr angeregt wurde Jordan formulierte eine Verstarkertheorie der Organismen wonach das unvorhersehbare Verhalten von Elektronen wie es bei quantenphysikalischen Experimenten auftritt in den Zellen wie in einem Verstarker eine Unbestimmtheit makrophysikalischer Ereignisse und somit der Lebensprozesse bedinge Bohr ubertrug mit ahnlichen Konsequenzen das von ihm aufgestellte Komplementaritatsprinzip auf die Biologie Dem traten besonders Erwin Bunning und Erwin Schrodinger entgegen Durch die Fortschritte der Biochemie und die Begrundung der Molekularbiologie in den 1950er Jahren verloren diese Spekulationen ihre Plausibilitat Ausschlaggebend waren dabei nicht theoretische Erwagungen oder neue Konzepte sondern zahlreiche neue experimentelle Techniken 10 Siehe auch BearbeitenPflanzenernahrung Wassertransport in Pflanzen Transpiration Pflanzenchemie Phytohormon Pflanzliche Abwehr von HerbivorenLiteratur BearbeitenDieter Hess Pflanzenphysiologie 11 Aufl Ulmer Stuttgart 2008 Ulrich Kutschera Prinzipien der Pflanzenphysiologie 2 Auflage Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg Berlin 2002 ISBN 3 8274 1121 1 Gerhard Richter Stoffwechselphysiologie der Pflanzen Thieme Verlag 6 neubearbeitete Auflage Stuttgart New York 1998 ISBN 3 13 442006 6 Peter Schopfer amp Axel Brennicke Pflanzenphysiologie Spektrum Springer 7 Auflage Heidelberg 2010 Nachdruck 2016 ISBN 978 3 8274 2351 1 Inhaltsverzeichnis Lincoln Taiz Eduardo Zeiger Ian Max Moller Angus Murphy Fundamentals of Plant Physiology Sinauer 2018 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Pflanzenphysiologie Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Joachim W Kadereit Christian Korner Benedikt Kost Uwe Sonnewald Strasburger Lehrbuch der Pflanzenwissenschaften 37 Aufl Springer Spektrum Berlin Heidelberg 2014 S 334 Karl Magdefrau Geschichte der Botanik Gustav Fischer Stuttgart 1973 S 5 7 Karl Magdefrau Geschichte der Botanik Gustav Fischer Stuttgart 1973 S 80 84 Karl Magdefrau Geschichte der Botanik Gustav Fischer Stuttgart 1973 S 84 86 Karl Magdefrau Geschichte der Botanik Gustav Fischer Stuttgart 1973 S 86f Karl Magdefrau Geschichte der Botanik Gustav Fischer Stuttgart 1973 S 87 89 Ilse Jahn Hrsg Geschichte der Biologie 3 Aufl Sonderausgabe Nikol Hamburg 2004 S 319f Karl Magdefrau Geschichte der Botanik Gustav Fischer Stuttgart 1973 S 206 211 Ilse Jahn Hrsg Geschichte der Biologie 3 Aufl Sonderausgabe Nikol Hamburg 2004 S 499 501 Ilse Jahn Hrsg Geschichte der Biologie 3 Aufl Sonderausgabe Nikol Hamburg 2004 S 502 508 Normdaten Sachbegriff GND 4045580 4 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Pflanzenphysiologie amp oldid 225916193