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Bruno Liebrucks 12 Oktober 1911 in Buduponen Kreis Ragnit Ostpreussen 15 Januar 1986 in Frankfurt am Main war ein deutscher Philosoph Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Lehre 3 Werke Auswahl 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenLiebrucks war der Sohn eines Volksschullehrers Er besuchte das humanistische Gymnasium in Tilsit und Insterburg 1 Im Anschluss studierte er an der Albertina in Konigsberg Germanistik Geschichte Theologie und Philosophie Wahrend des Studiums verbrachte er ein Semester in Munchen wo er unter anderem bei dem Rassenhygieniker Fritz Lenz aber auch Meereskunde uber Thomas Mann und bei Kurt Huber zur Kritik der Urteilskraft horte sowie eine Italienexkursion unternahm Am 7 Juli 1933 promovierte Liebrucks in Konigsberg bei Albert Goedeckemeyer uber Probleme der Subjekt Objekt Relation u a bei Kant die mit dem Kant Preis ausgezeichnet wurde Von Mai 1933 bis 1936 war er in Konigsberg Assistent bei Hans Heyse der als Nachfolger von Georg Misch nach Gottingen ging und dem er 1937 folgte Liebrucks trat am 28 Juni 1933 in die SA ein wo er als Rottenfuhrer der SA Standarte 1 Sturm 54 1 tatig war Zudem war er in Konigsberg in Fachschaftslagern des NSDStB aktiv Als Assistent arbeitete er an einem von Heyse veranstalteten Wissenschaftslager an der Albertina Ein Bruch in seiner Karriere entstand 1936 als er einen Aufruf zugunsten des Germanisten Paul Hankamer unterzeichnete dessen Vorlesungen immer wieder durch nationalsozialistische Studenten gestort wurden weil sie Hankamer der Katholischen Aktion zurechneten Die NSDAP reagierte indem sie ihn aus der SA ausschloss und sein Stipendium strich 1936 37 leistete Liebrucks seinen Militardienst Im Mai 1937 gab der Stabschef der SA Viktor Lutze der Beschwerde Liebrucks statt mit der Auflage sich voll und ganz zu den Auffassungen des NSDStB zu bekennen und danach zu handeln 2 In der Folge trat Liebrucks mit Wirkung zum 1 Mai 1937 der NSDAP bei Mitgliedsnummer 4 860 585 1938 wechselte Liebrucks zu Alfred Baeumler nach Berlin wo er seinen Unterhalt teilweise mit Lateinstunden verdiente Uber den Grund des Wechsels liegen keine Informationen vor Seine Arbeiten fur die Habilitation hatte Liebrucks mit einer Untersuchung uber den Unterschied des antiken und modernen Wirklichkeitsbewusstseins mit dem Titel Das Problem der Seele in der Zeit von Plato bis Augustinus bei Heyse begonnen In seinem DFG Antrag fur ein neues Stipendium veranderte er das Thema als eine Untersuchung zur Klarung des Unterschiedes des nordisch griechischen Welt und Wirklichkeitsverstandnisses wobei er durch die geistige Manifestation einer uns rassisch verwandten Haltung zur Auseinandersetzung des Nationalsozialismus mit den uberstaatlichen und internationalen Machten beitragen wolle 2 Neben Baeumler befurworteten die Forderung auch der Rassenideologe Hans F K Gunther sowie der Historiker Wilhelm Weber der ihm bescheinigte dass ein junger Philosoph sich fur die anthropologisch rassische Fundierung seiner Gedanken interessiert 3 Trotzdem wurde der Antrag zunachst abgelehnt bis Liebrucks auch noch eine positive Stellungnahme des Dozentenbundes erhielt Im Marz 1939 wurde er von Baeumler zur Tagung der NS Philosophen auf Schloss Buderose bei Guben eingeladen Das neue 1939 zugesagte Stipendium konnte er nur kurze Zeit nutzen da er mit Beginn des Krieges zum Militardienst eingezogen wurde Baeumler kundigte zwar 1940 eine neue Interpretation Platons an doch die Fertigstellung der Arbeit verzogerte sich Nach Angaben Liebrucks waren seine samtlichen Unterlagen einschliesslich umfangreicher Ubersetzungen zu Platons Dialogen wahrend des Krieges vollstandig verloren gegangen 4 Im Jahr 1943 erhielt er einen dreimonatigen Habilitationsurlaub in dem er eine wesentlich verkurzte Fassung seiner ursprunglich geplanten Arbeit mit dem Titel Uber das Problem des Eleatismus bei Platon erstellte Erstgutachter zu dieser Arbeit uber die Dialoge Parmenides und Sophistes war Nicolai Hartmann zu dem er schnell einen guten Zugang fand 5 Zur Prufungskommission die ihm die Venia legendi erteilte gehorten Hermann Grapow und Wolfgang Schadewaldt Nach einer schweren Verletzung endete die Militarzeit im Mai 1944 Von 1945 bis 1950 lehrte Liebrucks als Privatdozent in Gottingen Nach dem Tode Hartmanns holte ihn Heinz Heimsoeth als nichtbeamteten ao Professor 1950 nach Koln Ab 1952 hatte er einen besoldeten Lehrauftrag Diatendozentur Im Jahr 1959 erhielt er ein Ordinariat fur Philosophie an der Goethe Universitat Frankfurt und war bis zu seiner Emeritierung Direktor des philosophischen Seminars Zu seinen Schulern gehoren der bekannte Bonner Sprachphilosoph Josef Simon Heinz Rottges und die Asthetikspezialistin Brigitte Scheer Sein Sohn Edgar Liebrucks ist Strafverteidiger in Frankfurt am Main 6 Lehre BearbeitenBruno Liebrucks hat in seiner Habilitation eine Entwicklung in Platons Denken von der eleatischen Starre in den fruhen Schriften zu einer dialektischen Vorgehensweise im Spatwerk postuliert Die Dialektik und die in ihr liegende Logik ist auch ein wichtiger methodischer Ansatz in Liebrucks Nachkriegsphilosophie in der er sich stark an Hegel anlehnte In seiner Philosophie entwickelte er kein eigenes System hat aber in der Sprache einen eigenen systematischen Ansatz gefunden 7 Liebrucks versuchte entlang der Sprache den menschlichen Weltumgang und die Wirklichkeit in philosophische Gedanken zu fassen Der Rahmen seiner Untersuchungen reicht dabei vom Mythos bis zur modernen analytischen Philosophie 8 In seinem mehrbandigen Hauptwerk Sprache und Bewusstsein 1964 bis 1979 hat er das Problem der Sprache und der dialektischen Logik auf breiter Basis unter systematischen und historischen Aspekten untersucht Er kommentierte zunachst im Einleitungsband eine Reihe von Sprachphilosophen wie Vico Herder Hamann Cassirer und Gehlen bis hin zu Karl Buhler dann in einem einzelnen Band Wilhelm von Humboldt Es folgte die Auseinandersetzung mit Kants Kritik der praktischen Vernunft und der Kritik der Urteilskraft sowie der Rechtsphilosophie Hegels Die Frage der transzendentalen Logik Kants steht im Mittelpunkt des vierten Bandes Bei Kant sah Liebrucks eine erste Revolution der Denkart die in einer zweiten Revolution in Hegels Philosophie fortgesetzt wurde der der funfte Band gewidmet ist Hegels Logik kommentierte Liebrucks in drei Teilbanden die den sechsten Band des Hauptwerks bilden Der Abschlussband stellt das Wort und sowie Holderlin in den Fokus Sprache ist das Medium durch dessen Vermittlung der Mensch der Welt begegnet Eine unmittelbare von der Sprache abgeloste Begegnung mit der Wirklichkeit gibt es nicht Sprache ist ein dialektisches Phanomen Im taglichen Sprachgebrauch haben wir nicht auf der einen Seite das Phanomen der deutschen Sprache als eines objektiven Gebildes und dann eines zweiten Phanomen des sich in dieser Sprache bewegenden Subjekts sondern indem der horende Partner im inneren Sprechen das Gesagte miterzeugt ist das Phanomen des Sprachgeschehens aller nur im Begriff und nicht in der Wirklichkeit getrennten Seiten 9 Die Erlebnisseite der Sprache ist Gegenstand der Sprachpsychologie die lexikalisch grammatische Struktur der Linguistik und die kunstlerischen Ausdrucksformen der Literaturwissenschaft Die Philosophie fragt hingegen nach der Rolle und dem Einfluss der Sprache auf das Wesen des Menschen Indem der Mensch sich intentional mit der Sprache auf die Welt bezieht stellt er eine Beziehung zu sich selbst her das heisst er kann uber die Welt nichts ohne Bezug zu sich selbst aussprechen Und insoweit der Mensch die Sprache selbst zum Gegenstand seines Sprechens macht stellt er einen Selbstbezug der Sprache zu ihr selbst her In dem Masse in dem Sprache und Bewusstsein sich als Ineinander beider Seiten begreifen konnen sie wir sagen nicht mit Hegel den Massstab aber den Aufweis ihrer lebendigen und geschichtlichen Struktur in sich finden 10 Der vermittelte Zugang zur Wirklichkeit durch die Sprache bedeutet dass menschliche Erkenntnis durch die Sprache bestimmt ist Das strukturbildende Movens aller menschlichen Erkenntnis heisst Sprache Diese hat ihre Bewegung in dem was Kant Subreption Erschleichung genannt hat 11 Sprache ist Medium der Kommunikation und enthalt jeweils etwas von dem Aussagenden etwas von dem Angesprochenen und etwas von der besprochenen Sache dreifache Relation von Sender Empfanger und Sachverhalt nach Buhler Nur im Zusammenerfassen dieser dreifachen Beziehung ist die Struktur von Sprache erfassbar Baume und Regen konnen den Menschen nichts lehren Sokrates im Kratylos Bedeutung uber das Zeichenhafte hinaus entsteht erst in der Dreistrahligkeit der semantischen Sprachrelation Es gehort zum Wesen der Sprache dass man dieses nicht direkt aussprechen sondern nur muhsam umschreiben kann Dies beinhaltet dass man das einzelne Konkrete nur umschreiben und durch die Abstraktion im Begriff ansprechen kann Ohne das universale Moment der Sprache das in der Abstraktion liegt ware eine Verstandigung nicht moglich da der Versuch einer Darstellung eines Augenblicks der Wirklichkeit nicht die Beschrankung durch die Wirklichkeit uberwinden konnte Die Zeichenhaftigkeit der Sprache bedeutet zugleich dass alles Reden metaphorisch ist und dies ist der Grund fur die Fruchtbarkeit von Sprache 12 Werke Auswahl BearbeitenProbleme der Subjekt Objektrelation Phil Diss Konigsberg 1933 Platons Entwicklung zur Dialektik Untersuchungen zum Problem des Eleatismus Klostermann Frankfurt a M 1949 Habil Schr Berlin 1943 Sprache und Bewusstsein Bde 1 bis 5 Bde 6 1 6 3 u Bd 7 Akad Verl Ges Frankfurt Bande 1 5 und Lang Bande 6 und 7 1964 1979 Erkenntnis und Dialektik Nijhoff Den Haag 1972 Aufsatzsammlung Bruno Liebrucks In Ludwig Pongratz Hrsg Philosophie in Selbstdarstellungen 3 Bde Band 2 Meiner Hamburg 1975 77 Irrationaler Logos und rationaler Mythos Konigshausen und Neumann Wurzburg 1982 Aufsatzsammlung Literatur BearbeitenBruno Liebrucks Selbstdarstellung in Philosophie in Selbstdarstellungen Band II hrsg Von Ludwig Pongratz Meiner Hamburg 1975 170 223 Heinz Rottges Brigitte Scheer und Josef Simon Hrsg Sprache und Begriff Festschrift fur Bruno Liebrucks Anton Hain Meisenheim am Glan 1974 Brigitte Scheer Gunter Wohlfahrt Hrsg Dimensionen der Sprache in der Philosophie des Deutschen Idealismus Festschrift fur Bruno Liebrucks Konigshausen amp Neumann Wurzburg 1982 Franz Ungler Bruno Liebrucks Sprache und Bewusstsein Vorlesung vom WS 1988 mit einem Geleitwort von Josef Simon aus dem Nachlass herausgegeben und eingeleitet von Max Gottschlich Alber Freiburg Munchen 2014 Max Gottschlich Hrsg Die drei Revolutionen der Denkart Systematische Beitrage zum Denken von Bruno Liebrucks Alber Freiburg Munchen 2013 Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich Akademie Berlin 2002 RezensionWeblinks BearbeitenLiteratur von und uber Bruno Liebrucks im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und uber Bruno Liebrucks bei Open Library Nachlass Bruno Liebrucks an der Uni Frankfurt bruno liebrucks de Webseite Leben Werk und Wirkung von Bruno Liebrucks von Max Gottschlich http www bruno liebrucks de mediapool 113 1135270 data Leben1 Werk und Wirkung Text fuer Homepage 27 1 13 pdf Bruno Liebrucks im O Ton im Online Archiv der Osterreichischen Mediathek Liebrucks Bruno Hessische Biografie Stand 12 Januar 2020 In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Liebrucks Bruno im Frankfurter PersonenlexikonEinzelnachweise Bearbeiten Die Angaben zur Entwicklung bis 1945 stammen weitgehend aus Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich Akademie Berlin 2002 da die entsprechenden Informationen in der Selbstdarstellung und in den Nachrufen fehlen Eine anders akzentuierte die Verbindung mit dem Nationalsozialismus relativierende Darstellung findet sich in Max Gottschlich Leben Werk und Wirkung von Bruno Liebrucks PDF Datei a b Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich Akademie Berlin 2002 870 Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich Akademie Berlin 2002 S 871 Bruno Liebrucks Selbstdarstellung In Philosophie in Selbstdarstellungen II hrsg von Ludwig Pongratz Hamburg 1975 S 170 223 hier 200 201 Bruno Liebrucks Philosophische Freundschaft Zum Briefwechsel zwischen N Hartmann und H Heimsoeth In Kant Studien 73 1982 S 82 86 Egmont R Koch Nina Svensson Unfassbar In sueddeutsche de 11 Mai 2010 abgerufen am 13 Oktober 2018 Erstmals in Form von 15 Thesen vorgetragen auf dem Bremer Philosophiekongress 1950 abgedruckt in Zeitschrift fur philosophische Forschung V Heft 4 465 484 Brigitte Scheer Zum Gedachtnis an Bruno Liebrucks In Zeitschrift fur philosophische Forschung 41 2 1987 299 305 Bruno Liebrucks Erkenntnis und Dialektik Zur Einfuhrung in eine Philosophie von der Sprache Den Haag 1972 7 Bruno Liebrucks Erkenntnis und Dialektik Zur Einfuhrung in eine Philosophie von der Sprache Den Haag 1972 8 9 Bruno Liebrucks Sprache und Bewusstsein Band 1 Einleitung Spannweite des Problems von den undialektischen Gebilden zur dialektischen Bewegung Akademie Frankfurt 1964 15 Bruno Liebrucks Sprache und Bewusstsein Band 1 Einleitung Spannweite des Problems von den undialektischen Gebilden zur dialektischen Bewegung Akademie Frankfurt 1964 481 Normdaten Person GND 118728202 lobid OGND AKS LCCN n83036188 VIAF 54943452 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Liebrucks BrunoKURZBESCHREIBUNG deutscher PhilosophGEBURTSDATUM 12 Oktober 1911GEBURTSORT Buduponen OstpreussenSTERBEDATUM 15 Januar 1986STERBEORT Frankfurt am Main Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bruno Liebrucks amp oldid 233052258