www.wikidata.de-de.nina.az
Die Zweite Lautverschiebung in der Literatur auch deutsche hochdeutsche althochdeutsche und zweite germanische Lautverschiebung genannt ist die sprachwissenschaftliche Beschreibung eines regelhaften Lautwandels im Bereich des Konsonantismus durch den sich die nachmaligen hochdeutschen Dialekte von den ubrigen altgermanischen Varietaten fortentwickelten Zwei Konsonantenverschiebungen haben geschichtlich vom Indogermanischen uber das Germanische zum Hochdeutschen gefuhrt die erste und die zweite Lautverschiebung 1 Durch die zweite Lautverschiebung wurde aus den sudlichen westgermanischen Dialekten die althochdeutsche Sprache Die Grenze dieser Lautverschiebung verlauft von West nach Ost heute mehr oder weniger am Mittelgebirgsrand sie wird als Benrather Linie bezeichnet Der Beginn dieser Veranderung wurde traditionell etwa mit Hilfe von ehemals lateinischen Ortsnamen bei denen die Grundung der Orte archaologisch datierbar ist auf das fruhe 6 Jahrhundert n Chr datiert Nach mehreren neu gefundenen Inschriften wie etwa der Runenschnalle von Pforzen begann sie jedoch erst ab ca 600 falls nicht die Schreibung konservativ ist und die neuen Laute noch nicht wiedergibt Bei der zweiten Lautverschiebung handelte es sich um einen langerfristigen und mehrphasigen Prozess der zu Beginn der Uberlieferung des Althochdeutschen im 8 Jahrhundert n Chr noch nicht ganz abgeschlossen war Die Ursachen fur diese Lautverschiebung werden in der Forschung seit langem kontrovers diskutiert 2 Inhaltsverzeichnis 1 Mogliche Ursachen 2 Betroffene Konsonanten und Phasen 2 1 Ubersichtstabelle 3 Das Kerngeschehen im Detail 3 1 Phase 1 3 2 Phase 2 3 3 Phase 3 4 Andere Veranderungen im Detail 4 1 Phase 4 th d d 4 2 ɣ g 4 3 v b 4 4 s ʃ 5 Auslautverhartung 6 Chronologie 7 Geographische Verteilung 8 Langobardisch 9 Beispieltexte 10 Unverschobene Formen im Hochdeutschen 11 Siehe auch 12 Literatur 13 Weblinks 14 EinzelnachweiseMogliche Ursachen BearbeitenFur die Ursachen des Lautwandels gibt es verschiedene Hypothesen 3 4 Jacob Grimm vermutete dass die Zweite Lautverschiebung vom physiologischen Stress der Volkerwanderungszeit verursacht wurde Er hielt es fur unmoglich dass ein so heftiger Aufbruch des Volkes nicht auch seine Sprache erregt hatte sie zugleich aus hergebrachter Fuge ruckend und erhohend 5 Julius Pokorny behauptete dass der Lautwandel von einem Klimawandel verursacht worden sei 6 Er meinte es habe um die Mitte des 1 Jahrtausends vor Christus in Europa einen Klimasturz gegeben Die Menschen in den Hohenzugen Suddeutschlands und im Alpenraum seien deshalb gezwungen gewesen mit festem Mundverschluss zu artikulieren was eine Verstarkung der Aspiration zur Folge hatte 7 Sigmund Feist Autor der germanischen Substrathypothese vermutete die Anderungen im Hochdeutschen seien von einem nicht indogermanischen Substrat verursacht worden spezifisch der moglicherweise dem Etruskischen verwandten ratischen Sprache 8 Fur all diese Hypothesen gibt es jedoch kaum oder keine empirischen Belege Im Jahr 1949 postulierte der deutsche Sprachforscher Karl Meisen die hochdeutschen Dialekte hatten sich erst in der Zeit der Volkerwanderung im ehemals germanischen Kolonialgebiet Suddeutschlands auf hauptsachlich keltischer Grundlage d h auf einem Substrat entwickelt 9 Stefan Sonderegger hielt es fur denkbar dass die Hochdeutsche Lautverschiebung als Folge germanischer Superstratsiedlung auf galloromanischem Substrat nordlich der Alpen entstanden sei 10 Norbert Richard Wolf war der Meinung dass ein unspezifiziertes sprachliches Substrat am wahrscheinlichsten sei 11 Betroffene Konsonanten und Phasen BearbeitenVon der zweiten Lautverschiebung betroffen sind die stimmlosen Plosive p bilabial t alveolar und k velar sowie in Teilen die stimmhaften Gegenstucke b d und g Steht ein p im Anlaut eines Wortes im Inlaut nach den Sonoranten m n l r oder tritt es als Geminate Doppelkonsonant auf so wird es zu der Affrikate p f verschoben dementsprechend t zu t s lt z gt und k zu k x Ungeminiertes einfaches p t k nach Vokal wird zu Doppelfrikativ verschoben f f s s x x Diese Doppelfrikative werden allerdings im Auslaut vor Konsonant und auch nach Langvokal zu f s x vereinfacht 12 Ubersichtstabelle Bearbeiten Die Auswirkungen der Lautverschiebung werden besonders offensichtlich wenn neuhochdeutsche Lexeme die verschobene Konsonanten enthalten mit ihren Entsprechungen im Niederdeutschen und modernen Englischen verglichen werden wo die zweite Lautverschiebung nicht bzw im Niederdeutschen nur teilweise nicht durchgefuhrt wurde Die folgende Ubersichtstabelle ist im Bezug zu den entsprechenden Wortern der indogermanischen Ursprache G Grimmsches Gesetz V Vernersches Gesetz Erste Lautverschiebung Indoeuropaisch Germanisch Phase Zweite Lautverschiebung Germanisch Althochdeutsch Beispiele Neuhochdeutsch Jahrhundert DialektgebieteG b p 1 p ff f nd slapen engl sleep schlafen nd Schipp engl ship Schiff 4 5 Ober und Mitteldeutsch2 p pf nd Peper engl pepper Pfeffer nd Ploog engl plough Pflug nd scherp engl sharp obd md scharpf dt scharf 6 7 OberdeutschG d t 1 t ss s nd dat wat eten engl that what eat das was essen 4 5 Ober und Mitteldeutsch 12 t ts nd Tied engl tide Zeit nd tellen engl tell zahlen nd Timmer engl timber Zimmer 13 5 6 Ober und MitteldeutschG g k 1 k xx x nd nl ik aengl ic ich nd maken engl make machen nd nl ook wfri ek auch 4 5 Ober und Mitteldeutsch 22 k kx und x dt Kind sudbair Kchind hoch und hochstalem Chind 7 8 Sudbairisch Hoch und HochstalemannischG b ʰ b V p b 3 b p dt Berg bist zimbr Perg pist 8 9 teilweise Bairisch und AlemannischG d ʰ đ d V t đ d 3 d t nd Dag engl day Tag nd Vader nfri faader Vater 8 9 OberdeutschG g ʰ g V k g 3 g k dt Gott bair Kott 8 9 teilweise Bairisch und AlemannischG t th d 4 th d d d engl thorn thistle through brother Dorn Distel durch Bruder 9 10 gesamtes kontinentalwestgermanisches Dialektkontinuum1 Im Ripuarischen und Moselfrankischen bleiben einige Worter unverschoben das sind dat wat it dit z T allet und die Adjektivendung des Neutrums z B schonet 14 2 Die Uerdinger Linie und die Benrather Linie uberschneiden sich es gibt daher Dialekte in denen ik zu ich verschoben ist wie das Limburgische die jedoch zum Niederfrankischen gezahlt werden Das Kerngeschehen im Detail BearbeitenPhase 1 Bearbeiten Die erste Phase die sich auf das ganze hochdeutsche Gebiet auswirkte lasst sich vermutlich auf das 6 oder 7 Jahrhundert zuruckdatieren Die altesten uberlieferten Belege der Tenuesverschiebung stammen aus der Zeit nach 650 aus dem Edictus Rothari Den Aussagen der Forschung zufolge liefern die vor althochdeutschen Runen ungefahr 600 n Chr keinen uberzeugenden Hinweis auf eine Tenuesverschiebung In dieser Phase wurden die stimmlosen Verschlusslaute zwischenvokalisch zu Frikativgeminaten oder im Auslaut nach Vokal zu einzelnen Frikativen p f fː f geschrieben lt ff f gt t s sː s geschrieben lt ss s ss gt k x xː x geschrieben lt ch gt Anmerkung In althochdeutschen Wortern steht z wahrscheinlich oft fur den stimmlosen alveolaren Frikativ s s dagegen wohl regelmassig fur den alveopalatalen Frikativ ɕ Die Schreibung h steht im Althochdeutschen fur die Spirans x und den Hauchlaut h Beispiele asachs slapan nd nl slapen ahd slafan nhd schlafen asachs strata nd Straat nl straat ahd strazza nhd Strasse asachs riki nd riek nl rijk ahd rihhi nhd Reich Es ist zu beachten dass Phase 1 keinen Einfluss auf geminierte Verschlusslaute in Wortern hatte wie appul Apfel oder katta Katze Auch waren die Verschlusslaute nach anderen Konsonanten nicht betroffen in Wortern wie scarp scharf oder hert Herz wo ein weiterer Konsonant zwischen den Vokal und den Verschlusslaut tritt Diese Worter blieben bis zur Phase 2 unverschoben Phase 2 Bearbeiten In der zweiten Phase die im 8 Jahrhundert abgeschlossen war wurden dieselben Laute zu Affrikaten d h einem Verschlusslaut folgt eine Spirans Dieses geschah in drei Umgebungen im Anlaut in der Verdopplung und nach einem Liquid l oder r oder Nasal m oder n p pf im Althochdeutschen auch lt ph gt geschrieben t ts geschrieben lt z gt oder lt tz gt k kx kx k im Althochdeutschen lt k gt oder lt ck gt geschrieben Beispiele asachs appul nd Appel ahd aphul nhd Apfel asachs skarp nd scharp ahd scarph nhd scharf asachs catt nd Katt ahd kazza nhd Katze asachs tam nd tamm ahd zam nhd zahm dt lecken ahd lecchōn alem lekche schlekche schlakche ʃlekxә ʃlaekxә asachs und ahd werk nhd Werk ahd alem bair werch alem Werch Warch Die Tenuesverschiebung fand nicht statt wo eine Spirans dem Verschlusslaut vorausgegangen war d h in den Lautfolgen sp st sk ft ht t blieb auch in der Lautung tr unverschoben asachs spra sprea nd Spree Sprai Star ahd sparo schweiz Spar Sperling asachs ahd mast nd und nhd Mast Mastbaum asachs ahd naht nd und nhd Nacht asachs ahd gi triuwi nd tru nhd treu Die spater folgende Anderung von sk ʃ geschrieben sch fand im fruhen Mittelhochdeutschen statt und ist nicht Teil der Tenuesverschiebung Diese Affrikaten besonders pf haben sich in einigen Dialekten zu Spiranten vereinfacht Somit wurde pf in bestimmten Fallen zu f Im Jiddischen und in einigen ostmitteldeutschen Dialekten geschah dies im Anlaut z B nd Peerd dt Pferd jidd ferd Es gab eine starke Tendenz zur Vereinfachung nach r und l z B werfen ahd werpfan helfen ahd helpfan aber einige Formen mit pf bleiben erhalten z B Karpfen Die Affrikatisierung von t ts erscheint im ganzen hochdeutschen Gebiet Die Affrikatisierung von p pf erscheint im gesamten Oberdeutschen aber es gibt eine breite Variationen im Mitteldeutschen Je nordlicher der Dialekt desto weniger weisen westmitteldeutsche Dialekte Konsonantenverschiebungen auf Die Affrikatisierung von k kx ist geografisch stark eingegrenzt und fand nur in den sudlichsten oberdeutschen Dialekten statt Das Tirolerische sudbairische Dialekte aus Tirol ist der einzige Dialekt in dem die Affrikata kx sich in allen Stellungen durchgesetzt hat Im Hochalemannischen ist hingegen in den anderen Stellungen k zu x umgeformt worden etwa bei Chuchichaschte Kuchenschrank ˈxʊxːɪˌxɑʃte Dennoch gibt es kx auch anlautend im modernen Hochalemannischen das fur jegliches k in Lehnwortern benutzt wird z B Karibik kxɑˈriːbikx Phase 3 Bearbeiten Die Phase 3 hat einen geografisch begrenzteren Radius als die Phase 2 Hier wurden die stimmhaften zu stimmlosen Verschlusslauten b p d t g k Lediglich die Verschiebung der Dentale d t fand ihren Weg in das Gegenwartsdeutsch Die anderen Medienverschiebungen sind begrenzt auf das Hochalemannische der Schweiz und das Sudbairische in Osterreich Diese Medienverschiebung begann vermutlich im 8 oder 9 Jahrhundert nachdem Phase 1 und Phase 2 sich nicht mehr weiter entwickelten Andernfalls waren auch die daraus resultierenden stimmlosen Verschlusslaute weiter zu Frikativen und Affrikaten verschoben worden Dem Zufall der verschiedenen Lautgesetze und entwicklungen ist geschuldet dass in jenen Wortern in denen urindogermanische stimmlose Verschlusslaute gemass dem Vernerschen Gesetz zu stimmhaften wurden die dritte Phase den Laut zu seinem Ursprung zuruckfuhrte t d t indogermanisch meh tḗr fruh urgerm mathḗr Grimms Gesetz spat urgerm mōđer Vernersches Gesetz westgerm mōdar ahd muotar Beispiele asachs dōn nd doon ahd tuon nhd tun asachs mōdar nd Moder ahd muotar nhd Mutter asachs rōd nd root ahd rōt nhd rot asachs biddian nd beden ahd bitten pitten nhd bitten sudbair pitten Andere Veranderungen im Detail BearbeitenPhase 4 th d d Bearbeiten Was gelegentlich als Phase 4 begegnet verschob die dentalen Spiranten zu d Charakteristisch hierfur ist dass sie ebenfalls das Niederdeutsche Niederlandische und teilweise Friesische erfasst Im Germanischen standen die stimmlosen und stimmhaften dentalen Spiranten th und d in allophonischem Zusammenhang th im Anlaut und d im Wortinnern Diese verschmolzen in ein einziges d Diese Verschiebung trat so spat auf dass noch unverschobene Formen in den fruhesten althochdeutschen Texten zu finden sind und kann daher auf das 9 oder 10 Jh datiert werden fruhes ahd thaz klassisches ahd daz engl that island thad nd dat dt das fruhahd thenken ahd denken engl think wfries tinke nl dt denken fruhahd thegan ahd degan asachs thegan engl thane nd dt Degen Krieger Held fruhahd thurstag ahd durstag engl thirsty saterfries toarstich nl dorstig dt durstig fruhahd bruothar bruodhar ahd bruodar engl brother island brodir nd Broder dt Bruder fruhahd munth ahd mund asachs mud engl mouth nl mond dt Mund fruhahd thu ahd du asachs anl thu engl thou nd du dt du In Dialekten die von Phase 4 aber nicht von der Verschiebung des Dentals der Phase 3 erfasst wurden Niederdeutsch Hochdeutsch und Niederlandisch verschmolzen zwei germanische Laute th wird d aber das ursprungliche d bleibt unverandert Lautwechsel Deutsch Niederdeutsch Niederl Engl original th d in Deutsch Niederdeutsch und Niederlandisch Tode Dood dood deathoriginal d t in Deutsch tote doode weibl dode dead Zum besseren Vergleich werden die deutschen Formen hier mit e angefuhrt um die Auswirkungen der Auslautverhartung auszuschliessen Die Nominative sind Tod und tot beide ausgesprochen toːt Eine Konsequenz daraus ist dass der grammatische Wechsel beim Dental d t im Mittelniederlandischen entfallt ɣ g Bearbeiten Der westgermanische stimmhafte velare Frikativ ɣ wurde im Althochdeutschen in allen Stellungen zu g verschoben Man glaubt dass dieser fruhe Lautwandel spatestens im 8 Jahrhundert abgeschlossen war Da die Existenz von einem g in der Sprache eine Voraussetzung fur die suddeutsche Verschiebung von g k war muss dies der Phase 3 der Kerngruppe der Hochdeutschen Konsonantenverschiebung vorausgehen Die gleiche Veranderung ereignete sich unabhangig davon im Altenglischen um das 10 Jahrhundert sich verandernde Muster von Alliterationen lassen diese Datierung als zulassig erscheinen aber mit der wichtigen Ausnahme dass vor einem hellen Vokal e i die anglofriesische auch nordseegermanische Palatisierung eintrat und sich stattdessen ein j ergab Das Niederlandische hat sich das ursprungliche germanische ɣ bewahrt obwohl im Niederlandischen dies mit der Graphie g wiedergegeben wird Der Unterschied zwischen diesem dem niederlandischen und dem englischen bzw deutschen Konsonanten ist in der geschriebenen Form nicht sichtbar nl goed ɣuːt dt gut nd goot engl good saterfries goud g nl gisteren ɣɪsterә n nd gistern dt gestern g engl yesterday wfries juster j v b Bearbeiten Das Westgermanische ƀ vermutlich gesprochen v ein Allophon von f wurde im Althochdeutschen zwischen Vokalen und ebenfalls nach l zu b asachs liof nd leev ahd liob liup dt lieb asachs haƀoro nd Haver ahd habaro schweiz bair schwab Haber Hafer asachs half nd halv ahd dt halbmnd levere nd Lever ahd lebara dt Leber asachs self nd sulv ahd dt selbasachs salƀa nd Salve ahd salba dt Salbe Bei starken Verben wie dem deutschen heben nd heven und geben nd gaven geven trug die Verschiebung dazu bei die v Formen im Deutschen zu eliminieren Aber eine genaue Beschreibung dieser Verben wird erschwert aufgrund der Auswirkungen des grammatischen Wechsels in dem v und b innerhalb einzelner fruher Formen desselben Verbs miteinander wechseln Im Falle von schwachen Verben wie z B haben nd nl hebben engl have und leben nd nl leven engl live haben die Konsonantenunterschiede einen unterschiedlichen Ursprung sie sind Resultat des Primarberuhrungseffekts germanische Spirantenregel und einem darauf folgenden Prozess von Angleichung s ʃ Bearbeiten Das Hochdeutsche erfuhr die Verschiebung sp st sk ʃp ʃt ʃ im Anlaut Die Verschiebung sk zu ʃ vollzog sich auch in den meisten anderen westgermanischen Sprachen vgl ahd scif nhd Schiff asachs skip nd Schipp aengl scip engl ship Die englischen Worter mit sc sind gewohnlich Lehnworter aus dem Lateinischen z B lat scriptum engl script Franzosischen anormann escren screen oder Nordischen anorw skraema scream vgl aengl scriccettan engl shriek schreien kreischen neben anord skraekja engl screak dt spinnen ʃp nd nl spinnen engl spindt Strasse ʃt nd Straat engl streetdt Schiff schwed skeppAuslautverhartung BearbeitenAndere Veranderungen schliessen eine allgemeine Tendenz zur Auslautverhartung im Deutschen im Niederlandischen im Friesischen und in weitaus begrenzterem Ausmass im Englischen ein So werden im Deutschen b d und g am Ende eines Wortes als p t und k ausgesprochen im Niederlandischen b und d als p und t und im Friesischen d als t 15 Die ursprunglich stimmhaften Konsonanten werden fur gewohnlich in der modernen deutschen und niederlandischen Rechtschreibung verwendet Wahrscheinlich weil zugehorige gebeugte Formen bei denen wie beim Plural Tage das Wort nicht mit dem Verschlusslaut endet die stimmhafte Form haben Wegen dieser gebeugten Formen sind sich Muttersprachler auch in Bezug auf die Grundform der zugrundeliegenden stimmhaften Phoneme bewusst und schreiben das Wort analog Allerdings wurden im Mittelhochdeutschen diese Laute oft phonetisch geschrieben Singular tac Plural tage Chronologie BearbeitenAbgesehen von th d war die Hochdeutsche Lautverschiebung vor den Anfangen der Schriftlichkeit des Althochdeutschen im 9 Jahrhundert eingetreten Eine Datierung der verschiedenen Phasen ist daher nur annaherungsweise moglich 16 Unterschiedliche Schatzungen erscheinen gelegentlich z B bei Waterman der behauptete dass die ersten drei Phasen ziemlich nahe aufeinander folgten und auf alemannischem Gebiet um 600 n Chr abgeschlossen waren aber noch zwei oder drei Jahrhunderte brauchten um sich nach Norden auszubreiten Manchmal helfen historische Konstellationen bei der Datierung z B wird durch den Fakt dass Attila im Deutschen Etzel genannt wird bewiesen dass die Phase 2 nach der Hunneninvasion im 5 Jahrhundert produktiv gewesen sein muss Die Tatsache dass viele lateinische Lehnworter im Deutschen verschoben erscheinen z B lateinisch strata deutsch Strasse hingegen andere nicht z B lat poena dt Pein erlaubt die Datierung des Lautwandels vor oder nach der entsprechenden Periode der Entlehnung Jedoch sind die nutzlichsten chronologischen Datenquellen deutsche Worter die in lateinischen Texten der spatantiken und fruhmittelalterlichen Periode zitiert werden Eine relative Chronologie fur die Phasen 2 3 und 4 kann ziemlich einfach dadurch festgestellt werden dass t tz der Verschiebung von d t vorausging und diese muss th d vorausgegangen sein Andernfalls hatten alle Worter mit einem ursprunglichen th alle drei Verschiebungen durchlaufen und als tz enden mussen Da die Form kepan fur geben im Altbayrischen belegt ist zeigt sie dass ɣ g k und v b p verschoben wurde Daraus ist zu folgern dass ɣ g und v b vor Phase 3 erfolgte Geographische Verteilung Bearbeiten Die Benrather Linie trennt das Gebiet der niederdeutschen und niederfrankischen Dialekte gelb vom mittel turkis und oberdeutschen Dialektraum Im Grossen und Ganzen lasst sich sagen dass Phase 1 im nachmaligen ober und mitteldeutschen Sprachraum wirksam war Phase 2 und 3 jedoch nur im nachmaligen oberdeutschen Sprachraum inklusive Schweiz Osterreich Sudtirol und Phase 4 die ganze deutsche und niederlandisch sprechende Region betraf Die allgemein akzeptierte Grenze zwischen Mittel und Niederdeutschland die maken machen Linie wird die Benrather Linie genannt da sie in der Nahe der Dusseldorfer Vorstadt Benrath den Rhein quert Demgegenuber wird die Hauptgrenze zwischen Mittel und Oberdeutschland Speyerer Linie genannt Diese Isoglosse quert den Rhein nahe der Stadt Speyer und ist damit etwa 200 km weiter sudlich zu verorten als die Benrather Linie Mitunter wird diese Linie auch die Appel Apfel Linie genannt Jedoch ist eine genaue Beschreibung der geographischen Verteilung des Wandels viel komplexer Im Rheinland und in der Pfalz gibt es keine scharfe Trennlinie zwischen einem Gebiet mit verschobenen Lauten und einem Gebiet ohne verschobene Laute Vielmehr ist die Gultigkeit der potenziell moglichen Verschiebungen abhangig vom jeweiligen Laut p t k und teilweise sogar nur von dessen Position im Wort in gewissen Fallen sind selbst nur Einzelworter betroffen So liegt beispielsweise die ik ich Linie weiter nordlich als die maken machen Linie in Westdeutschland stimmt mit ihr in Mitteldeutschland uberein und liegt an ihrem ostlichen Ende weiter sudlich obwohl beide die gleiche Verschiebung k x anzeigen Diese sich besonders deutlich im Westen facherartig zergliedernden Isoglossen zwischen niederdeutscher beziehungsweise niederfrankischer Lautung und hochdeutscher Lautung nennt man den rheinischen Facher 17 Dialekte und Isoglossen des Rheinischen Fachers Absteigend von Norden nach Suden Dialekte in den grau unterlegten Feldern Isoglossen in den weissen Feldern 18 Isoglosse Norden SudenNiederfrankisch Niederlandisch Niederrheinisch Uerdinger Linie Uerdingen ik ichLimburgischBenrather Linie Grenze Niederfrankisch Mitteldeutsch maken machenRipuarisch Kolsch Bonnsch Ocher Platt Bad Honnefer Linie Staatsgrenze NRW RP Eifel Schranke Dorp DorfWestmoselfrankisch Eifler Mundart Luxemburgisch Trierisch Linzer Linie Linz am Rhein teschen tescht zweschen zwescht zwischen Bad Honninger Linie op of auf Ostmoselfrankisch Koblenzer Platt Bopparder Linie Boppard Korf KorbSankt Goarer Linie Sankt Goar Hunsruck Schranke dat dasRheinfrankisch Hessisch Pfalzisch Speyerer Linie Fluss Main Grenze Mitteldeutsch Oberdeutsch Appel ApfelOberdeutschLangobardisch BearbeitenManche aus Phase 2 und 3 hervorgegangenen Konsonantenverschiebungen konnen auch im Langobardischen beobachtet werden Die fruhmittelalterliche germanische Sprache Norditaliens ist allerdings nur durch Runenfragmente sowie einzelne Namen und Worter in lateinischen Texten aus dem spaten 6 und 7 Jahrhundert bezeugt Deshalb erlauben die langobardischen Quellen keine ausreichenden Nachweise Daher ist es unsicher ob diese Sprache die komplette Verschiebung oder nur sporadische Reflexe der Verschiebung aufwies Doch ist die aus dem benachbarten Altbairischen bekannte Verschiebung b p deutlich erkennbar Dies konnte darauf hinweisen dass die Verschiebung in Italien begonnen oder aber dass sie sich nach Suden wie nach Norden gleichermassen ausgebreitet hat Ernst Schwarz und andere sind der Auffassung dass die Verschiebung im Althochdeutschen aus dem Sprachkontakt mit dem Langobardischen hervorging Wenn es wirklich eine Verbindung gibt wurde der Nachweis im Langobardischen darauf schliessen lassen dass die Phase 3 bereits im spaten 6 Jahrhundert begonnen haben muss also viel fruher als bisher angenommen Hingegen bedeutet dies nicht zwingend dass sie sich schon damals im heutigen Deutschland verbreitet hatte Wenn wie manche Wissenschaftler annehmen das Langobardische eine ostgermanische Sprache und nicht Teil des deutschsprachigen Dialektraums war ist es moglich dass parallele Verschiebungen unabhangig im Deutschen und im Langobardischen stattgefunden haben Die noch erhaltenen Worter des Langobardischen zeigen jedoch klare Ahnlichkeiten zum Bairischen Deshalb sind Werner Benz und andere der Auffassung dass das Langobardische ein althochdeutscher Dialekt ist Es bestanden enge Verbindungen zwischen den Langobarden und den Proto Bayern Die Langobarden waren bis 568 im Tullnerfeld angesiedelt etwa 50 km westlich von Wien einige Graber der Langobarden sind nach 568 angelegt worden offenbar sind nicht alle Langobarden im Jahre 568 nach Italien gezogen Die Verbliebenen scheinen Teil der sich neu formenden Gruppe der Bajuwaren geworden zu sein Als Columban Missionar der Lombarden kurz nach 600 zu den Alemannen am Bodensee kam liess er Fasser zerschlagen die cupa genannt wurden englisch cup deutsch Kufe So berichtet es Jonas von Bobbio vor 650 in der Lombardei Dies zeigt dass zur Zeit Columbans die Verschiebung von p zu f weder im Alemannischen noch im Langobardischen stattgefunden hatte Der Edictus Rothari 643 erhaltene Handschrift nach 650 siehe oben aber belegt die Formen grabworf einen Korper aus dem Grab werfen deutsch Wurf und Grab marhworf ein Pferd ahd marh wirft den Reiter ab und viele andere Verschiebungsbeispiele Demnach ist es also am wahrscheinlichsten die Konsonantenverschiebung als eine gemeinsame langobardisch bairisch alemannische Verschiebung der Jahre 620 640 anzusehen als die drei Stamme enge Kontakte zueinander hatten Beispieltexte BearbeitenAls Beispiel fur die Folgen der Verschiebung kann man die folgenden Texte aus dem spaten Mittelalter vergleichen Die linke Seite zeigt einen mittelniederdeutschen Ausschnitt aus dem Sachsenspiegel 1220 ohne Lautverschiebung die rechte Seite zeigt den Text aus dem mittelhochdeutschen Deutschenspiegel 1274 in dem die verschobenen Konsonanten zu erkennen sind Beides sind verbreitete Rechtstexte dieser Periode Sachsenspiegel II 45 3 Deutschenspiegel Landrecht 283 De man is ok vormunde sines wives to hant alse se eme getruwet is Dat wif is ok des mannes notinneto hant alse se in sin bedde trit na des mannes dode is se ledich van des mannes rechte Der man ist auch vormunt sines wibeszehant als si im getriuwet ist Daz wip ist auch des mannes genozinnezehant als si an sin bette tritnach des mannes rechte Unverschobene Formen im Hochdeutschen BearbeitenDie hochdeutsche Konsonantenverschiebung ist ein Beispiel einer Lautveranderung die keine Ausnahmen zulasst und wird daher haufig von den Junggrammatikern als solche angefuhrt Jedoch bezieht das moderne Standarddeutsch obwohl auf dem Mitteldeutschen basierend sein Vokabular aus allen deutschen Dialekten Wenn ein ursprungliches deutsches Wort im Gegensatz zu einem Lehnwort von der Verschiebung nicht betroffene Konsonanten enthalt werden sie gewohnlicherweise als niederdeutsche Formen erklart Entweder kam die verschobene Form ausser Gebrauch wie bei Hafen Anker und Liegeplatz fur Schiffe Mittelhochdeutsch gab es die verschobene Form habe ne aber die niederdeutsche Form ersetzt es in der Neuzeit Ein ahnlicher Fall ist der niederdt Hafer die lautgerechte Form Haber wurde in der Fruhen Neuzeit verdrangt und ist heute nur noch in suddeutschen Dialekten schweizerisch schwabisch osterreichisch bairisch gebrauchlich oder die zwei Formen existierten Seite an Seite wie in Lippe gegenuber obd Lefze v a die Bibelubersetzung Martin Luthers sorgte hier fur die Ausbreitung der niederdeutschen Form Pocke fruhnhd md poche obd pfoche schnappen obd schnapfen Ein komplexerer Fall ist backen obd bachen wo erstere Lautung wohl auf ein schon vordeutsch vorhandenes geminiertes Intensivum bakk zuruckgeht und nicht wie Letzteres auf vordeutsch bakan 19 Jedoch ist hierbei eine weitere Gruppe von Wortern mit anlautendem p zu beachten die nicht etwa aus dem Niederdeutschen sondern dem Oberdeutschen stammen bzw eine Schreibkonvention der oberdeutschen Schreibsprache bewahren das ist auch der Grund warum viele Orts und Personennamen in Bayern und Osterreich anlautendes p haben z B Pichler Pointner Kreuzpaintner Puchheim Penning Ruhpolding Pilz fruhnhd bulz oder bilz letztlich aus lat bōletus Pracht fruhnhd bracht Polster vgl ahd bolstar Pleuelstange vgl bleuen schlagen Pranke aus spatlat branca Pfote picken neben bicken Pickel i S v Spitzhacke neben Bicke l mhd bicke 20 Die uberwiegende Mehrheit von Wortern im Gegenwartsdeutsch die bestimmte Muster von Konsonanten enthalten die bei der Verschiebung beseitigt worden waren sind jedoch aus dem Lateinischen den romanischen Sprachen dem Englischen oder den slawischen Sprachen entlehnt Paar aus mittellateinisch par Peitsche aus altsorbisch bic Geissel vgl obersorbisch bic niedersorbisch bic auch Schlegel Dreschflegel Siehe auch BearbeitenErste Lautverschiebung GlottaltheorieLiteratur BearbeitenFausto Cercignani The Consonants of German Synchrony and Diachrony Milano Cisalpino 1979 2 besonders S 26 48 Kurt Gustav Goblirsch Lautverschiebungen in den germanischen Sprachen Winter Heidelberg 2005 Werner Konig dtv Atlas der deutsche Sprache dtv Munchen 1978 mit zahlreichen Neuauflagen Wilhelm Schmidt Helmut Langner Geschichte der deutschen Sprache Ein Lehrbuch fur das germanistische Studium 10 Aufl Stuttgart 2007 ISBN 978 3 7776 1432 8 Judith Schwerdt Die 2 Lautverschiebung Wege zu ihrer Erforschung Winter Heidelberg 2000 ISBN 3 8253 1018 3 Judith Schwerdt Hrsg Die Kontroverse um die 2 Lautverschiebung Peter Lang Frankfurt M Berlin Bern Bruxelles New York Oxford Wien 2002 ISBN 978 3 631 38264 6 Stefan Sonderegger Grundzuge deutscher Sprachgeschichte Diachronie des Sprachsystems Band 1 Einfuhrung Genealogie Konstanten Walter de Gruyter Berlin New York 1979 ISBN 3 11 003570 7 besonders S 124 140 Johan C Waterman A History of the German Language Rev ed Waveland Press Long Grove IL 1976 ISBN 0 88133 590 8 Weblinks Bearbeiten Wiktionary zweite Lautverschiebung Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Literatur von und uber Zweite Lautverschiebung im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten Astrid Stedje Deutsche Sprache gestern und heute Einfuhrung in Sprachgeschichte und Sprachkunde Fink Munchen 1989 ISBN 3 7705 2514 0 S 41 59 Johannes Venema Zum Stand der zweiten Lautverschiebung im Rheinland Diatopische diachrone und diastratische Untersuchungen am Beispiel der dentalen Tenuis voralthochdeutsch t Franz Steiner Verlag Stuttgart 1997 S 9 Heinz Stolte Kurze deutsche Grammatik Walter de Gruyter Berlin 2017 S 13 Wilhelm Braune Hans Eggers Althochdeutsche Grammatik Band I De Gruyter Berlin 1987 Jacob Grimm Geschichte der deutschen Sprache Leipzig 1848 S 306 Julius Pokorny Substrattheorie und Urheimat der Indogermanen Selbstverlag der Anthropologischen Gesellschaft Wien 1936 S 69 ff 86 f Muttersprache Band 90 91 hrsg von der Gesellschaft fur deutsche Sprache 1980 S 273 Siegmund Feist Die germanische und hochdeutsche Lautverschiebung In Neophilologus 2 1917 S 20 Karl Meisen Altdeutsche Grammatik Band I Lautlehre Springer 1949 2017 S 5 Stefan Sonderegger Grundzuge deutscher Sprachgeschichte Diachronie des Sprachsystems Band 1 Einfuhrung Genealogie Konstanten Walter de Gruyter Berlin 1979 S 199 Norbert Richard Wolf Althochdeutsch Mittelhochdeutsch Hans Moser Hans Wellmann Norbert Richard Wolf Geschichte der deutschen Sprache Band 1 zugleich Uni Taschenbucher Band 1139 Heidelberg 1981 ISBN 3 494 02133 3 S 38 f PDF Vgl Braune Wilhelm 200415 Althochdeutsche Grammatik Tubingen Niemeyer S 84 Eintrag Zimmer in Deutsches Worterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm Bd 31 Sp 1285 ff Hermann Niebaum Jurgen Macha Einfuhrung in die Dialektologie des Deutschen Zweite neubearbeitete Auflage Tubingen 2006 S 222 Bo Sjolin Einfuhrung in das Friesische Sammlung Metzler Band 86 Springer Verlag Luxemburg 2016 S 28 Werner Konig dtv Atlas Deutsche Sprache 12 Aufl Deutscher Taschenbuchverlag Munchen 1998 S 63 Werner Konig DTV Atlas zur deutschen Sprache 1 Auflage Munchen 1978 ISBN 3 423 03025 9 S 64 Ruckubersetzt aus der englischen Fassung von Rheinischer Facher Etymologisches Worterbuch des Deutschen Erarbeitet im Zentralinstitut fur Sprachwissenschaft Berlin unter der Leitung von Wolfgang Pfeifer dtv Munchen 1995 S 86 Albert L Lloyd Otto Springer Rosemarie Luhr Etymologisches Worterbuch des Althochdeutschen Band 2 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1998 ISBN 3 525 20768 9 S 19 google de Stichwort bicken Normdaten Sachbegriff GND 4160088 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Zweite Lautverschiebung amp oldid 233016343