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Die sogenannte Runenschnalle von Pforzen SG 97 PFORZEN I ist ein archaologisches Fundstuck einer silbernen alemannischen Gurtelschnalle aus dem spaten 6 Jahrhundert mit einer Runeninschrift die 1992 in Pforzen im Landkreis Ostallgau in Bayerisch Schwaben gefunden wurde Bei der Inschrift handelt es sich bisher um den umfangreichsten kontinentalen Runentext ausserhalb Skandinaviens Die Deutung der Inschrift in ihrer Lautung und inhaltlichen Aussage ist nicht eindeutig geklart und Objekt abweichender Annahmen auf der Basis von Indizien Wiedergabe der Runeninschrift auf der GurtelschnalleDer Fund dem durch die Inschrift eine hohe Bedeutung in der Sprach und Literaturgeschichte zukommt ist Objekt zahlreicher mediavistischer Arbeiten Unter sprachwissenschaftlichen Aspekten gilt die Inschrift in der Forschung als ein Zeugnis der westgermanisch voralthochdeutschen Sprache vor der Durchfuhrung der zweiten Lautverschiebung mit moglichem gotischen Spracheinfluss Unter literaturwissenschaftlichen Aspekten nach Deutung einiger Forscher durch die Nennung der Personennamen des Egil und der Olrun aus dem Kontext der Wieland Sagen als ein Zeugnis der historischen Entwicklung der germanischen Heldendichtung 1 Inhaltsverzeichnis 1 Archaologischer Befund 2 Inschrift 3 Literatur 4 Weblinks 5 AnmerkungenArchaologischer Befund BearbeitenPforzen liegt funf Kilometer nordlich von Kaufbeuren auf einer Niederterrasse ostlich des Lechzuflusses der Wertach Seit dem 19 Jahrhundert ist ein Reihengraberfeld am Nordostrand der Ortschaft bekannt 1991 wurde im Rahmen von Bauarbeiten an zwei neuen Doppelhausanlagen eine archaologische Ausgrabung notwendig in deren Verlauf in den Jahren 1991 92 und 1996 insgesamt 442 Bestattungen ergraben wurden Die Gesamtzahl aller Grabstatten wird auf 600 700 Graber geschatzt Die Anlage des Friedhofes deutet auf eine in der Nahe liegende fruhmittelalterliche Vorgangersiedlung der heutigen Ortschaft Nach der Fundauswertung lasst sich die Anlegung des Friedhofes und der Siedlung ins 5 Jahrhundert datieren Die Siedlung wird unweit einer Furt sudwestlich am Muhlbach vermutet Pforzen gilt somit fur das 5 Jahrhundert als der sudlichste Auslaufer der germanischen Besiedlung durch die Alemannen aus ihren nordwestlichen Siedlungssitzen des schwabischen Raums in den Alpenvorraum der romischen Provinz Raetia secunda 2 Das alemannische Grab Nr 239 in dem die Gurtelschnalle gefunden wurde stammt aus dem letzten Drittel des 6 Jahrhunderts und war vermutlich das eines Kriegers aus der hoheren sozialen Schicht der Siedlungsgemeinschaft Die vollstandige Bewaffnung mit einer Lanze einem Schild Spatha und Schmalsax sowie Beigaben zeigen die Gruppenzugehorigkeit an Die Schnalle selbst ist vermutlich romisch mediterraner Herkunft moglicherweise stammt sie aus einer langobardischen oder gepidischen Werkstatt Obwohl die Schnalle funktionell an Ose und Dorn beschadigt ist blieb sie in Nutzung dies zeigt fur den Besitzer einen hohen materiellen oder ideellen Wert der Gurtelschnalle an Inschrift BearbeitenDie Schnalle enthalt eine in Runen verfasste Inschrift auf ihrer Vorderseite die nach ihrer Herstellung eingeritzt wurde aigil andi ailrun Ornament oder Binderune ltahu oder elahu gasokunDie intensive linguistische Erforschung der Inschrift ergab dass diese in einer Vorform des Althochdeutschen verfasst wurde namlich in einer Variante des Proto Westgermanischen Den aktuellen Forschungsstand 2017 hat Wolfgang Beck nach Auswertung der bis dahin publizierten Arbeiten uber diese Inschrift u a Edith Marold 1996 2004 und Robert Nedoma 1999 2004a so zusammengefasst All that can be said with any certainty is that the Pforzen inscription contains two pre Old High German personal names in a context that cannot be further elucidated Mit Sicherheit lasst sich nur sagen dass die Pforzener Inschrift zwei voralthochdeutsche Personennamen in einem nicht naher zu bestimmenden Zusammenhang enthalt 3 Dass die Sprache der Inschrift noch nicht althochdeutsch war ist durch den o g Parallelfund gesichert Da die Inschrift offenbar im Versmass abgefasst ist stellt sie zugleich den bis heute altesten uberlieferten Stabreim in einer westgermanischen Sprache genauer in proto westgermanischer Sprache dar Sie steht damit neben der Inschrift auf einem der Goldhorner von Gallehus als altestem Beispiel in eines Stabreims in einer nordgermanischen Sprache Urnordisch Im Unterschied zu dieser Inschrift fehlt im Falle der Pforzener Inschrift aber Klarheit uber die Bedeutung des kurzen Textes Unter anderem wurde vermutet dass es sich um ein Fragment der Wieland Sage handelt da der Name Egil erwahnt wird Literatur BearbeitenVolker Babucke Klaus Duwel Pforzen In Heinrich Beck Dieter Geuenich Heiko Steuer Hrsg Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Bd 23 de Gruyter Berlin New York 2003 ISBN 3 11 017535 5 S 114 118 Alfred Bammesberger Gaby Waxenberger Hrsg Pforzen und Bergakker Neue Untersuchungen zu Runeninschriften Historische Sprachforschung Erganzungsheft 41 V amp R Gottingen 1999 ISBN 3 525 26231 0 Darin Volker Babuke Die Runenschnalle von Pforzen Allgau Aspekte der Deutung 1 Zur Herkunft und Datierung Archaologischer Befund S 15 24 Klaus Duwel Die Runenschnalle von Pforzen Allgau Aspekte der Deutung 3 Lesung und Deutung S 36 54 Klaus Duwel Runenkunde J B Metzler Stuttgart Weimar 2008 ISBN 978 3 476 14072 2 S 19 20 Anna Helene Feulner Metrisches zur Runenschnalle von Pforzen In Die Sprache 40 1 1998 2001 S 26 42 Tineke Looijenga Texts amp Contexts of the Oldest Runic Inscriptions Brill Leiden Boston 2003 ISBN 90 04 12396 2 S 253 255 The Northern World 4 Robert Nedoma Die Runenschrift auf der Gurtelschnalle von Pforzen ein Zeugnis der germanische Heldensage S 98 109 Ute Schwab Die Runenschnalle von Pforzen Allgau Aspekte der Deutung 4 Diskussion S 55 79 Norbert Wagner Zur Runenschrift von Pforzen S 91 97 Wolfgang Beck Die Runeninschrift auf der Gurtelschnalle von Pforzen als Zeugnis der germanischen Heldensage In Futhark International Journal of Runic Studies 7 2016 2017 S 29 45 Klaus Duwel Robert Nedoma Sigmund Oehrl Die sudgermanischen Runeninschriften Erganzungsbande zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Band 119 Walter de Gruyter Berlin Boston 2020 ISBN 978 3 11 053099 5 Wolfram Euler Das Westgermanische von der Herausbildung im 3 bis zur Aufgliederung im 7 Jahrhundert Analyse und Rekonstruktion 268 S Verlag Inspiration Unlimited 2 Auflage Berlin 2022 ISBN 978 3 945127 41 4 Edith Marold Die Schnalle von Pforzen und die altnordische Heldensage In Verschrankung der Kulturen der Sprach und Literaturaustausch zwischen Skandinavien und den deutschsprachigen Landern zum 65 Geburtstag von Hans Peter Naumann Franke Tubingen 2004 ISBN 3 7720 8030 8 S 217 238 Bernard Mees Egill and Ǫlrun in Early High German in Futhark 8 2017 151 56 Robert Nedoma Noch einmal zur Runeninschrift auf der Gurtelschnalle von Pforzen In Hans Peter Naumann unter Mitwirkung von Franziska Lanter Oliver Szokody Hrsg Alemannien und der Norden Internationales Symposium vom 18 20 Oktober 2001 in Zurich de Gruyter Berlin New York 2004 ISBN 978 3 11 091019 3 S 340 370 Erganzungsbande zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 43 Norbert Wagner Zu den Runeninschriften von Pforzen und Nordendorf in Historische Sprachforschung 108 1995 S 104 112 Weblinks BearbeitenRunenprojekt der Universitat Kiel Deutungen und Literaturangaben zur Inschrift Austin Simmons The Cipherment of the Franks Casket PDF Archaologische Tour Wertachtal PDF Mit dem Fahrrad auf ZeitreiseAnmerkungen Bearbeiten Klaus Duwel Runenkunde S 19f Volker Babucke Zur Herkunft und Datierung S 15f Zitiert nach Bernhard Mees 2017 151 der Beck zustimmend zitiert das dt Zitat ist ruckubersetzt aus dem Englischen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Runenschnalle von Pforzen amp oldid 232377899