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Die Goldhorner von Gallehus waren zwei aus Gold gefertigte Trink oder Blashorner die 1639 bzw 1734 in Gallehus nordlich von Mogeltondern in Suderjutland gefunden wurden Sie werden in die Zeit um 400 n Chr germanische Eisenzeit datiert und gehoren zu den beruhmtesten archaologischen Funden Danemarks Auf ihnen befand sich eine fruhe Runeninschrift in nordwestgermanischer Sprache Rekonstruktion der Horner im Nationalmuseum DanemarksDie Horner erlangten wegen der ratselhaften Bildmotive und der fur die germanische Sprachwissenschaft wertvollen Runeninschrift auf dem kurzeren Horn grosse Bekanntheit 1802 wurden die Horner von dem Goldschmied Niels Heidenreich gestohlen und eingeschmolzen Sie sind heute nur durch Zeichnungen Stiche und Beschreibungen aus dem 17 und 18 Jahrhundert bekannt Bereits kurz nach dem Diebstahl entstanden Nachbildungen der Horner allerdings nicht aus Massivgold wie die Originale sondern aus vergoldetem Silber Diese Kopien wurden im September 2007 aus dem Nationalmuseum in Jelling ebenfalls entwendet 1 zwei Tage nach dem Diebstahl aber wiedergefunden Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte des Fundes 2 Bildmotive 3 Runeninschrift 4 Bedeutung 5 Rezeption 6 Gedenksteine in Gallehus 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Anmerkungen 10 WeblinksGeschichte des Fundes BearbeitenDas langere Horn wurde am 20 Juli 1639 zufallig von einer Frau namens Kristine Svendsdatter in Gallehus bei Mogeltonder entdeckt Spater schenkte Konig Christian IV es seinem Sohn Christian Es wurde restauriert und gelangte in die konigliche Kunstkammer Die wichtigste Beschreibung des langeren Horns liefert der universalgelehrte Altertumsforscher Olaus Wormius 1641 in einer Abhandlung mit dem Titel De aureo cornu die auch einen Kupferstich von Simon de Passe beinhaltet Das Horn mass ca 52 cm in der Lange ca 71 cm den Unterlauf entlang hatte einen Durchmesser von ca 10 cm bei der Offnung und wog ca 3 1 kg Das kurzere Horn fand der Bauer Erik Lassen am 21 April 1734 in der unmittelbaren Nahe des ersten Fundortes Die Forschung stutzt sich hier auf den Bericht des Archivars Joachim Richard Paulli von 1734 Die genauen Masse des kurzen Horns sind unbekannt man weiss aber dass es mit ca 3 7 kg mehr gewogen hat als sein langeres Pendant Das zweite kurze Horn tragt die im alteren Futhark verfasste langere Runeninschrift Beide Goldobjekte sind aus einem inneren Horn und mehreren darubergestulpten mit Tier und Menschenfiguren verzierten Ringen gefertigt Nur die ausseren Ringe hatten einen hohen Goldgehalt nbsp Ole Worms Zeichnung des ersten Horns von 1641Bildmotive BearbeitenDie Goldhorner sind mit gepunzten und plastisch ausgearbeiteten Bildmotiven ausgestattet Es finden sich Tier Menschen und Sternfiguren von denen einige auf beiden Hornern abgebildet sind Manche Motive sind aus dem Mittelmeerraum entlehnt Die ratselhaften Abbildungen haben eine grosse Zahl an allesamt unsicheren Deutungen hervorgerufen Viele Forscher versuchten eine Verbindung zur nordischen Mythologie herzustellen und verschiedene menschliche Figuren auf den Hornern als Tyr Odin Thor rsp Freyr zu identifizieren Andere wollten die Ursprunge der Bildmotive auf die byzantinische Welt beziehen Lars Ivar Ringbom 2 auf dem langen Horn eine kryptische Runeninschrift entdecken Willy Hartner oder in der Ornamentik eine raffinierte Zahlensymbolik die um die Zahl 13 die Fibonacci Folge und den Goldenen Schnitt kreist beobachten Heinz Klingenberg 3 Die Interpretationen werden zusatzlich durch die ungewisse Genauigkeit der zur Verfugung stehenden Abbildungen und Beschreibungen erschwert Runeninschrift BearbeitenDie Runeninschrift in nord oder westgermanischer Sprache befand sich auf dem kurzeren der zwei Horner Von den 32 Runenzeichen sind die ersten 26 schraffiert die restlichen einfach angebracht An drei Stellen finden sich Worttrenner die aus vier ubereinandergesetzten Punkten bestehen Die Runenzeichen lauten nbsp ᛖᚲᚺᛚᛖᚹᚨᚷᚨᛊᛏᛁᛉ ᚺᛟᛚᛏᛁᛃᚨᛉ ᚺᛟᚱᚾᚨ ᛏᚨᚹᛁᛞᛟ Transliteration ek hlewagastiz holtijaz horna tawido Transkription ek xleu aǥastiz xoltii az xorna tau iđō ŏ Ubersetzung Ich Hlewagastiz wohl der beruhmte Gaste hat Holtijaz der zu Holt Gehorige machte das Horn nbsp Joachim Richard Paullis Zeichnung des zweiten kurzen Hornes und seiner RuneninschriftDie Inschrift zeigt weder spezifisch nordgermanische noch spezifisch westgermanische Charakteristika Man zahlt sie darum zusammen mit den anderen Inschriften im alteren Futhark zur noch ungetrennten Vorstufe Nordwestgermanisch Diese Sichtweise wurde zuletzt 2013 insofern prazisiert als die Trennung von Urnordisch und Proto Westgermanisch zwar bereits ab etwa dem 3 Jahrhundert begonnen hat dass jedoch die Inschrift von Gallehus aus dem damals noch bestehenden Ubergangsgebiet der beiden noch eng verwandten Varianten des Germanischen stammt und deswegen keiner der beiden Sprachformen eindeutig zugeordnet werden kann 4 ek Nominativ Singular des Personalpronomens der 1 Person ich lt urgerm ek fortgesetzt in aisl ek vielleicht auch in got ik Daneben steht im Germanischen noch die Variante urgerm ik mit e gt i entweder im Schwachton oder analogisch nach akk sg urgerm meki gt spaturgerm miki die vorliegt in run ik ahd ih as ik ae ic afries ik vielleicht auch in got ik 5 Die Form wurde als nordgermanische Eigenschaft der Inschrift bewertet da sie lediglich im Nordgermanischen sicher fortgesetzt ist hlewagastiz Personenname Nominativ Singular eines maskulinen i St Es handelt sich um einen dithematischen Personennamen der zu segmentieren ist in hlewa und gastiz Der Erhalt des Fugenvokals a ist fur die Zeit der Inschrift ublich Das Erstglied hlewa lt urgerm xleu a wird ublicherweise als Adjektiv beruhmt aufgefasst zu dieser Wurzel gehoren im Germanischen ebenfalls noch got hliuma Gehor aisl hljomr Laut Ton lt xleu man aisl hljod Gehor lt xleu th đa andl PN Chlodo ahd Hludu ae Hloth lt urgerm xluthu a was sich zu uridg ḱlewos n Ruhm stellt Nicht ganz ausgeschlossen ist jedoch dass in hlewa das Wort urgerm xleu a schutzender Ort Schutz gt run nom dat sg hli Ruckenknopffibel von Strand ca 700 vl akk sg hḷe Stein v Stentoften ca 650 mhd lie as hleo ae hleo w afries akk sg hli aisl hle vorliegt 6 Das Hinterglied gastiz lt urgerm ǥasti Gast gt got gasts ahd as gast ae gaest giest afries jest aisl gestr setzt uridg ghosti Fremder fort gt lat hostis Fremdling Feind Bei der ersten Deutung ware der gesamte Personenname mit gr Kleo3enos zu vergleichen bei der zweiten kann dagegen auf die altenglische Fugung Juliana 49 gaesta hleo Schutz der Gaste verwiesen werden Der Personenname ist bei der Bedeutung beruhmt Gast ein Possessivkompositum bei Schutz Gast dagegen ein Determinativkompositum holtijaz Nominativ Singular eines maskulinen a St lt urgerm xultii a der zum Holt Gehorige eine Ableitung mit dem Zugehorigkeitsbezeichnungen bildenden Suffix i i a von xulta Holz gt ahd holz as andl ae afries aisl holt Erstaunlich ist dass das u trotz der dazwischen stehenden ij Verbindung durch das nachfolgende a zu o umgelautet wurde Die Unregelmassigkeit lasst sich durch eine Ubernahme des o aus regular umgelauteten Formen etwa Holta erklaren Gedeutet wird das Wort entweder als Sohn eines Mannes Holt oder aus der Ortschaft Holt herstammend horna Dies ist ein neutraler a Stamm im Akkusativ Singular Wie bei holtijaz ist a Umlaut eingetreten germanisch xurnan n Es wurde auch schon vorgeschlagen dass horna der Akkusativ Dual eines neutralen a oder u Stammes sei Theo Vennemann tawido 1 Person Singular Indikativ Prateritum eines schwachen Verbs der 1 Klasse und setzt urgerm tau iđōm n fort Das Verb urgerm tau i e a tun machen ist fortgesetzt in got taujan ahd zouwen mndd touwen das Verb ist runeninschriftlich mehrmals belegt 7 Die Personalendung auf ō zeigt einen archaischen Stand an denn die westgermanischen Sprachen kennen nur noch a Althochdeutsch Altsachsisch oder e Altenglisch Altfriesisch Die drei Worter hlewagastiz holtijaz und horna bilden durch ihre gleichen Anlaute einen Stabreim Die Inschrift ist also metrisch und stellt den altesten Beleg einer germanischen Langzeile dar ek xleu aǥastiz xoltii az xorna tau iđō ŏ Bedeutung BearbeitenNach Hartner dessen Theorie allerdings angezweifelt wird 8 wurden die Goldhorner wahrscheinlich aufgrund der totalen Sonnenfinsternis vom 16 April des Jahres 413 angefertigt 9 Es wird ein magischer Zweck vermutet Offenbar sollten zukunftige Ereignisse etwa ein drohender Weltuntergang der sich nach damaligem Verstandnis durch eine Sonnenfinsternis ankundigte damit gebannt werden 8 Rezeption BearbeitenDa diese Funde schon vor mehreren hundert Jahren bekannt waren sind sie in der Literatur oft erwahnt worden Das bekannteste Gedicht Die Goldhorner Guldhornene stammt wohl von Adam Oehlenschlager aus dem Jahre 1802 Auch Hans Christian Andersen verewigte sie in seinem Gedicht von 1850 In Danemark bin ich geboren 1931 wurde der Roman Die Horner von Gallehus des Pastors und Schriftstellers Gustav Frenssen veroffentlicht Gedenksteine in Gallehus Bearbeiten nbsp nbsp 1907 als Suderjutland Nordschleswig deutsch war wurden in Gallehus zwei Gedenksteine aufgestellt Der Historiker Peter Lauridsen hatte die genauen Fundstellen lokalisiert und Otto Didrik von Schack kontaktiert auf dessen Gutsbesitz Schackenborg der Fundort lag Zweck der Gedenksteine war durch den Verweis auf die nordgermanischen Prunkobjekte den danischen Anspruch auf ein urdanisches Territorium festzuschreiben 10 Ware eine danische Inschrift von den preussischen Behorden nicht genehmigt worden hatten auch die Namen der Finder allein Kristine Svensdatter und Erik Lassen die gewunschte nationale Aussage ermoglicht so die Meinung der Initiatoren Jedoch konnte das Projekt auch in danischer Sprache verwirklicht werden nachdem Nordschleswig 1920 wieder zu Danemark gekommen war Ironischerweise mussten die Steine aus dem Harz herangeschafft werden weil das Marschland der Umgebung keine Findlinge aufweist und der Import von Granit aus Bornholm zu kostspielig geworden ware Siehe auch BearbeitenUrnordische SpracheLiteratur BearbeitenArthur Beer Hartner and the Riddle of the Golden Horns Journal for the History of Astronomy Vol 1 S 139 1970 bibcode 1970JHA 1 139B Wolfram Euler Das Westgermanische von der Herausbildung im 3 bis zur Aufgliederung im 7 Jahrhundert Analyse und Rekonstruktion Verlag Inspiration Un Limited London Berlin 2013 ISBN 978 3 9812110 7 8 S 27 37 und S 205 Ottar Gronvik Runinskriften pa gullhornet fra Gallehus In Maal og minne 1999 1 ISSN 0024 855X S 1 18 Willy Hartner Die Goldhorner von Gallehus In Bild der Wissenschaft 1972 11 ISSN 0006 2375 S 1210 1216 Willy Hartner Die Goldhorner von Gallehus F Steiner Stuttgart 1998 ISBN 3 515 00078 X zuerst 1969 Heinz Klingenberg Runenschrift Schriftdenken Runeninschriften Carl Winter Heidelberg 1973 ISBN 3 533 02181 5 Wolfgang Krause Herbert Jankuhn Die Runeninschriften im alteren Futhark I Text II Tafeln Vandenhoeck und Ruprecht Gottingen 1966 Morten Axboe Wilhelm Heizmann Hans Frede Nielsen Gallehus In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 10 Walter de Gruyter Berlin New York 1998 ISBN 3 11 015102 2 S 330 344 Anmerkungen Bearbeiten Dreister Kunstraub Diebe stehlen Nationalsymbole In Spiegel Online 17 September 2007 abgerufen am 9 Juni 2018 Lars Ivar Ringbom Gallehushornens bilder Acta Academia Aboensis Humaniora 18 Abo Akademi 1949 Klingenberg Runenschrift Schriftdenken Runeninschriften Carl Winter Heidelberg 1973 Wolfram Euler Das Westgermanische von der Herausbildung im 3 bis zur Aufgliederung im 7 Jahrhundert Analyse und Rekonstruktion London Berlin 2013 S 205 R Luhr Die Gedichte des Skalden Egill Dettelbach 2000 S 9 10 G Darms Schwaher und Schwager Hahn und Huhn Die Vrddhi Ableitung im Germanischen Munchen 1978 S 459 R Luhr Die Gedichte des Skalden Egill Dettelbach 2000 S 307 a b Franz Krojer Sterne uber Gallehus In Astronomie der Spatantike die Null und Aryabhata Differenz Verlag Munchen 2009 S 133 ff PDF Wolfram Euler Konrad Badenheuer Sprache und Herkunft der Germanen London Hamburg 2009 S 208 Inge Adriansen Erindringssteder i Danmark Monumenter mindesmaerker og modesteder Museum Tusculanum Kopenhagen 2011 ISBN 978 87 635 3173 3 S 160 f Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Goldhorner von Gallehus Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Danisches Nationalmuseum Goldhorner von Gallehus englisch Nachzeichnung des kurzeren Horns und der Inschrift Titus Uni Frankfurt Deutungen und Literatur beim Runenprojekt Uni Kiel nbsp Dieser Artikel wurde am 26 Juli 2005 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen 54 95876 8 81251 Koordinaten 54 57 31 5 N 8 48 45 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Goldhorner von Gallehus amp oldid 237200409