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Das Edictum Rothari war eine Gesetzessammlung des Langobardenkonigs Rothari Es wurde am 22 November 643 vom gairethinx Thing beschlossen und in Kraft gesetzt Abbildung aus einem Manuscript des Edictum Rothari Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Geltungsbereich 3 Inhalt 3 1 Praambel 3 2 I XXV Kapitalverbrechen und Straftaten gegen Konig und Staat 3 3 XXVI XXXIV Strassenraub Einbruch 3 4 XXXV XLII scandalum 3 5 Korperverletzung und Mord 3 5 1 XLIII LXXVI Korperverletzung unter Freien 3 5 2 LXXVII CXXVI Korperverletzung an einem Unfreien 3 5 3 CXXIX CXXXVII Totung eines Unfreien 3 5 4 CXXXVIII CLII Haftung Giftmord Blutrache Brandstiftung 3 6 CLIII CLXXVII Erbrecht und Schenkungen 3 7 Eherecht und Sexualstraftaten 3 7 1 CLXXVIII CCIV Heirat 3 7 2 CCV CCXV Verfuhrung Vergewaltigung Inzest Sexualstraftaten 3 7 3 CCXVI CCXXIII Heirat zwischen Unfreien 3 8 CCXXIV CCXXVI Freilassung 3 9 CCXXVII CCXXXVI Handel und Eigentum 3 10 CCXXXVII CCXLI Grenzverschiebung 3 11 CCXLII CCXLIV Munz und Urkundenfalschung Eindringen in eine Stadt 3 12 CCXLV CCXLVII Pfandrecht 3 13 CCXLVIII CCLXVI Diebstahl 3 14 CCLXVII CCLXXXI Fluchtlinge 3 15 CCLXXXII CCLXXXV Offentliche Ordnung 3 16 CCLXXXVI CCCLVIII Land und Forstwirtschaft 3 17 CCCLIX CCCLXV Prozessordnung 3 18 CCCLXVI CCCLXXXVIII Verschiedenes 4 Quellen 5 Literatur 6 Weblinks 7 Anmerkungen 8 EinzelnachweiseEntstehung BearbeitenDas Edictum Rothari 643 entstand deutlich spater als andere germanische Rechtscodices wie der westgotische Codex Euricianus um 475 das ostgotische Edictum Theoderici um 500 die frankische Lex Salica um 510 und die Lex Burgundionum um 510 doch war es anders als diese kaum von Einflussen der romischen Rechtstradition beeinflusst Das langobardische Stammesrecht war vorher mundlich tradiert worden Rothari liess die Gesetze der Langobarden die nur im Gedachtnis und durch den Gebrauch uberliefert wurden 1 cadarfida von dem Notar Ansoald sammeln und in einem Edikt niederschreiben 2 Der Rechtsinhalt des Ediktes war uberwiegend langobardischen Ursprunges doch zeigte sich auch in diesem Gesetzeswerk deutlich die Einwirkung der romischen Kultur auf das germanische Gesetz Das edictum wurde in spat bzw vulgarlateinischer Sprache geschrieben enthalt aber zahlreiche unubersetzbare juristische Begriffe in langobardischer Sprache 3 Die Feststellung eines Reichsrechtes das lokalen Besonderheiten und der Willkur Einzelner entgegentrat brachte die uberragende Stellung die dem Konige durch das Gesetz eingeraumt wurde zum Ausdruck Aussenpolitisch konnte das Edikt als Zeichen an Byzanz verstanden werden dass sich nun keine Barbarenhorde mehr vorubergehend in Italien aufhielt sondern sich ein dauerhaftes Staatswesen konstituierte 3 Geltungsbereich BearbeitenDem Edictum Rothari unterstanden alle freien mannlichen Langobarden im koniglichen Einflussbereich Frauen Kinder Sklaven Leibeigene und Halbfreie standen in der Munt und waren keine selbstandigen Rechtssubjekte Die nichtlangobardischen Germanen die mit den Langobarden nach Italien gekommen waren mussten wahrscheinlich das langobardische Recht annehmen Die freien Romer waren im Zuge der langobardischen Eroberung als Feinde getotet oder versklavt worden und deren Abhangige gehorten nun Langobarden Einwanderer konnten vom Konig das Privileg erhalten nach eigenem Recht zu leben 4 Konig Grimoald fuhrte 668 einige Reformen durch Unter Konig Liutprand 712 744 wurde das langobardische Recht durch Jahressatzungen stark erweitert und naherte sich einem Fallrecht Das weiterentwickelte Edictum Rothari behielt seine Geltung auch nach der frankischen Unterwerfung durch Karl den Grossen im Jahr 774 Inhalt BearbeitenPraambel Bearbeiten Den Zweck des Gesetzes und die Grunde fur dessen Erlass gab Konig Rothari selber an Er erliess es in koniglicher Fursorge fur die Untertanen Es sollte die Armen gegen die Ausbeutung der Machtigen schutzen Es sollte kein neues Recht durch das Edikt geschaffen sondern das Geltende festgestellt werden Einige Gebrauche sollten abgestellt einige Bestimmungen hinzugefugt werden damit ein jeder nach dem Gesetz in Ruhe leben und seinen Besitz schutzen konne Eine lange Liste langobardischer Konige wies auf das Alter des unabhangigen langobardischen Staates und seiner Rechtstradition hin I XXV Kapitalverbrechen und Straftaten gegen Konig und Staat Bearbeiten Wer sich gegen den Konig verschwor Feinde in das Land liess scamarae Rauber A 1 beherbergte als Offizier desertierte oder zur Meuterei aufrief wurde mit dem Tode bestraft Es war jedoch moglich den Konig um Gnade zu bitten Ein Mord wurde durch guidrigild wergild Wergeld gesuhnt von dem eine Halfte dem Opfer bzw dessen Erben die andere Halfte dem Konig zufiel Fur die Hohe des Wergeldes war angargathungi Landbesitz 5 des Opfers massgebend Der Beklagte konnte ein camphio camfio Gottesurteil durch Zweikampf 5 verlangen um seine Unschuld zu beweisen Wurde der Ermordete beraubt so kam fur diesen ploderaub Blutraub Raubmord 5 eine Busse von 80 solidi A 2 hinzu XXVI XXXIV Strassenraub Einbruch Bearbeiten wegworin Wegelagerei 5 gegenuber einem freien Mann Sklaven Dienstmagd aldius Horiger Leibeigener Halbfreier oder Freigelassenem zog ohne Standesunterschied eine Busse von 20 solidi A 2 nach sich Wurde einer freien Frau eine iniuria lat Unrecht zugefugt betrug die Strafe 900 solidi Die Halfte der Busse fiel dem Konig die andere dem Opfer bzw deren dessen mundoald Vormund zu marhworf jmd vom Pferd stossen 5 und walapauz Vermummung Verkleidung bei einer Straftat 5 standen mit 80 solidi unter Strafe Einbrecher durften nachts straflos getotet werden oder sich fur 80 solidi freikaufen XXXV XLII scandalum Bearbeiten Mit dem lateinischen Wort scandalum bezeichnete das langobardische Recht ein nicht naher definiertes Argernis in einer Kirche im Palast des Konigs und auch in der Stadt in der der Konig sich aufhielt Korperverletzung und Mord Bearbeiten XLIII LXXVI Korperverletzung unter Freien Bearbeiten Korperverletzung wurde mit einer Geldbusse an das Opfer gesuhnt Diese Busse war von Rothari hoher angesetzt worden als bei den Vorfahren ublich damit die faida Fehde ausbleibe Die Busse war in 32 Paragraphen detailliert gestaffelt Beispielhaft sei genannt das Abschlagen einer Hand entsprach dem halben wergilt bei Lahmung einer Hand ein Viertel des wergilt Verlust des Daumens ein Sechstel Verlust des Zeigefingers 17 solidi A 2 des Mittelfingers 6 solidi des Ringfingers 8 solidi des kleinen Fingers 16 solidi Ahnlich war der Verlust eines Fusses bzw Zehen geregelt Der Verlust eines Auges und das Abschneiden der Nase kosteten das halbe das Abschneiden eines Ohres ein Viertel des wergilt Bei Schlagen ins Gesicht wurde zwischen solchen mit der Faust und der flachen Hand unterschieden wobei das zweite offenbar als entehrend empfunden wurde und mit der doppelten Busse belegt war Andere ebenfalls einzeln genannte Verletzungen waren mit festen Geldbussen belegt Starb der Verletzte innerhalb eines Jahres an den Wunden so war die Busse angargathungi nach dem Wert des Opfers 5 das volle Wergeld Das unbeabsichtigte Toten eines Ungeborenen wurde mit dem halben Wert der freien Mutter gebusst wenn diese uberlebte Starb auch diese betrug die Busse deren Wert fur das Ungeborene erfolgte keine Zahlung 6 LXXVII CXXVI Korperverletzung an einem Unfreien Bearbeiten Das langobardische Recht kannte verschiedene Arten und Grade der Unfreiheit servus rusticanus Feldsklave aldius Horiger Leibeigener Halbfreier 5 servus ministerialis Haussklave Dienstmann ancilla Haussklavin Dienstmagd sowie Freigelassene die dennoch in Abhangigkeit ihres alten Herren blieben A 3 Das Edictum Rothari unterschied zwischen aldius Horiger Leibeigener Halbfreier und servus ministerialis Haussklave Dienstmann Ein aldius war wahrscheinlich meist ein Angehoriger der ortsansassigen romanischen Bevolkerung wahrend ein servus ministerialis ortsfremd z B Kriegsgefangener war Die Busse betrug meist ein Drittel von der eines Freien und wurde an den Herrn gezahlt Der servus rusticanus Feldsklave stand auf der untersten Stufe der Gesellschaft Die Busse betrug meist ein Sechstel bis ein Achtel von der eines Freien Der Tater war verpflichtet einen Arzt zu holen War die Schwere der Verletzung nicht abzusehen so erfolgte eine Abschlagzahlung die nach der Heilung spatestens nach Jahresfrist bei der Endabrechnung angerechnet wurde Fur Arbeitsausfall und Arztkosten hatte der Tater bei vielen der schwereren Verletzungen ebenfalls aufzukommen 7 CXXIX CXXXVII Totung eines Unfreien Bearbeiten Die Entschadigung an den Herrn eines getoteten Unfreien war nach dem Rechtsstatus und der wirtschaftlichen Funktion des Opfers gestaffelt Status Funktion Busse in solidi A 2 aldius 60servus ministerialis vertrauenswurdig und erfahren 50servus ministerialis untergeordnete Tatigkeiten 25Schweinehirt mit mindestens zwei Untergebenen 50einfacher Schweinehirt 25Aufseher der Servum massarium Landarbeiter Servum bubulcum de sala Rinderhirte pecorario Schafhirte Ziegenhirte 20servus rusticanus einfache Hirten und Feldsklaven 16CXXXVIII CLII Haftung Giftmord Blutrache Brandstiftung Bearbeiten Baumfaller und Maurer hafteten fur verursachte Personenschaden selbst nicht deren Auftraggeber Das Zubereiten von Gift wurde mit 20 solidi A 2 versuchter Giftmord mit dem halben gelungener Giftmord mit dem vollen angargathungi Wert des Opfers geahndet Das Konzept der Blutrache war offenbar noch nicht aus dem Rechtsempfinden der Langobarden verschwunden denn Rothari verfugte dass eine Sippe die ein Wergeld angenommen und dabei den Frieden beschworen hatte im Falle einer Blutrache innerhalb eines Jahres nicht nur fur ihr Opfer Wergeld zahlen sondern das erhaltene Wergeld doppelt zuruckgeben musste Als das eigentliche Verbrechen wurde dabei offenbar der Eidbruch und nicht der Mord betrachtet 8 Bei versehentlich verursachten Branden war der Schaden zu ersetzen Im Falle von absichtlicher Brandstiftung war der Schaden dreifach zu ersetzen CLIII CLXXVII Erbrecht und Schenkungen Bearbeiten Erbberechtigt waren grundsatzlich die Kinder Dabei unterschied das Edictum Rothari zwischen ehelichen und unehelichen Nachkommen und nach deren Geschlecht Hatte ein Mann einen ehelichen mannlichen Erben waren die Tochter von der Erbfolge ausgeschlossen Es war moglich uneheliche Sohne den ehelichen gleichzustellen doch war deren Einverstandnis im rechtsfahigen Alter von 12 Jahren erforderlich Enterbungen waren nur bei schweren Vergehen wie Mordversuch am Vater oder Unzucht mit der Stiefmutter moglich Eine freie testamentarische Verfugung war nicht moglich sogar Schenkungen zu Lebzeiten waren reglementiert 9 Bei bis zu sieben ehelichen Sohnen regelte das Edictum die Teilung ausdrucklich in der Weise dass jeder eheliche Sohn doppelt so viel erbte wie die unehelichen zusammen Hinterliess ein Mann einen ehelichen Sohn so erbte dieser zwei Drittel und ein Drittel fiel an alle unehelichen Sohne Zwei eheliche Sohne erbten je zwei Funftel alle unehelichen Sohne zusammen ein Funftel Drei eheliche Sohne erbten je zwei Siebtel alle unehelichen Sohne zusammen ein Siebtel usw Hatte der Erblasser eine eheliche Tochter und uneheliche Sohne so erbte die Tochter ein Drittel die Sohne ein Drittel und der nachste mannliche Verwandte ein Drittel Zwei eheliche Tochter erbten je ein Viertel die uneheliche Sohne gemeinsam ein Drittel und der nachste Verwandte ein Sechstel Als verwandt galten Personen bis in das siebte Glied War kein Verwandter zu ermitteln trat der curtis regia koniglicher Hof an dessen Stelle Thinx oder gairethinx Geschenke 5 mussten offentlich auf dem Thing gemacht werden ut nulla in posterum oriatur intentio damit kunftig kein Streit entsteht Bekam ein kinderloser Schenker spater doch noch einen Erben so wurde die Schenkung nichtig Mit dem Begriff lidinlaib wurde eine Uberlassung auf Lebenszeit bezeichnet die mit dem Tod des Gebers endete 5 aber in Notlagen von diesem auch zuruckgefordert werden konnte 9 Eherecht und Sexualstraftaten Bearbeiten Von grundlegender Bedeutung fur das Eherecht ist die Stellung der Frau in der langobardischen Gesellschaft Die Frau stand grundsatzlich im mundium Munt Vormundschaft Obhut eines Mannes ihres Vaters ihres Gatten Muntehe eines sonstigen Verwandten oder des Konigs wenn kein Verwandter mehr lebte Eine selpmundia Freiheit von Vormundschaft 5 war gesetzlich ausgeschlossen Eine Frau war nicht berechtigt ohne Zustimmung ihres munduald Vormund 5 Besitz zu verschenken oder zu verkaufen obwohl sie eigenen Besitz Aussteuer Morgengabe haben konnte Dieser Ausschluss der Frauen von Rechtshandlungen stand im Einklang mit der hohen Wertschatzung siehe XXVI XXXIV Strassenraub Einbruch die man ihnen entgegenbrachte Die Vormundschaft bot in einer Gesellschaft in der die Wahrheitsfindung vor Gericht durch einen Zweikampf erfolgen konnte Schutz Ein munduald Vormund wurde als unbedingt erforderlich angesehen 10 CLXXVIII CCIV Heirat Bearbeiten Die Verlobung wurde zwischen dem Brautigam und dem Brautvater ausgehandelt und in einer fabula Vertrag fixiert Der Brautigam entrichtete die meta Miete Brautpreis 5 an den Vater Von diesem erhielt die Braut faderfio Vatergeld Mitgift 5 und von ihrem Gatten nach vollzogener Ehe die morgincap Morgengabe 5 Ausfuhrlich ging das Edictum Rothari auf Ausnahmen vom ublichen Ablauf ein Kam die Ehe zwei Jahre nach der Verlobung durch Saumen des Brautigams nicht zustande durfte der Vormund die meta behalten und die Braut einem Anderen verloben Versprach der Vormund die Braut vor dieser Frist einem Anderen musste er die doppelte meta als Busse zahlen Warf der Brautigam der Braut Unkeuschheit vor konnte deren Vormund mit 12 sacramentali Eideshelfer ihre Unschuld beschworen in diesem Falle musste er die Braut heiraten oder die doppelte meta als Busse zahlen Im Falle von Lepra Besessenheit oder Erblindung der Braut konnte die Verlobung gelost werden und der Brautigam erhielt die meta zuruck Nach dem Tode ihres Mannes ubernahm einer von dessen Angehorigen das mundium uber die Witwe in manchen Fallen ihr eigener Sohn Doch hatte die Witwe auch das ausdruckliche Recht sich einen neuen Ehemann zu nehmen Lehnte ihr munduald diesen ab konnte sie die Herausgabe ihres faderfio Mitgift und der morgincap Morgengabe verlangen und in das mundium ihres Vaters zuruckkehren dem es freistand sie erneut zu vermahlen Schutzlos war die Frau ihrem Mann nicht ausgeliefert Totete ein Mann seine Frau quod per legem non sit merita mori die nach dem Gesetz den Tod nicht verdient hatte busste er dieses mit 1200 solidi A 2 der hochsten Geldstrafe die das Edikt kannte Die Busse war zur Halfte an die Sippe der Frau zur Halfte an den Konig zu entrichten Ihr faderfio Mitgift und die morgincap Morgengabe erbten ihre Sohne nachrangig ihre Eltern oder der Konig Hatte die Frau versucht ihren Gatten zu ermorden konnte dieser sie nach eigenem Ermessen bestrafen ohne belangt zu werden Ermordete eine Frau ihren Mann so wurde sie mit dem Tode bestraft Ihr Eigentum erbten ihre Kinder oder nachrangig andere Erben ihres Mannes CCV CCXV Verfuhrung Vergewaltigung Inzest Sexualstraftaten Bearbeiten Unter anagrip Anfassen unsittliche Beruhrung 5 verstand das Edictum vor bzw ausserehelichen Verkehr mit einer freien Frau Verfuhrte ein Mann eine freie Frau musste er 20 solidi A 2 Busse zahlen und sie heiraten Verweigerte er die Heirat waren 100 solidi Busse fallig Die Verfuhrung einer Braut wurde mit 40 solidi an den munduald Vormund und der doppelten meta Brautpreis an den Brautigam gebusst Eine erzwungene Heirat ohne Einverstandnis des munduald und der Braut zog eine Busse von 900 solidi nach sich die je zur Halfte an den munduald und den Konig zu zahlen war Der Frau stand es frei ihren Mann zu verlassen und sich in das mundium eines Verwandten oder des Konigs zu stellen Als Inzest galt die Heirat seiner Stiefmutter oder der Witwe eines Bruders Das Paar musste sich trennen und eine Busse von 100 solidi entrichten Verkehr mit der ancilla Dienstmagd eines Anderen musste diesem mit 20 solidi gebusst werden wenn sie Langobardin war der Verkehr mit einer Romanin wurde mit 12 solidi angesetzt CCXVI CCXXIII Heirat zwischen Unfreien Bearbeiten Heiraten zwischen Sklaven Halbfreien und Freigelassenen waren im Edictum vorgesehen Die Frau nahm wahrend der Ehe den Stand ihres Mannes an konnte aber als Witwe in ihren alten Stand zuruckkehren Die Kinder aus solchen Ehen hatten den Stand der Mutter wessen Herrn sie gehorten war unterschiedlich geregelt Ein aldius konnte eine fulcfrea vollfreie Frau 5 heiraten einem Sklaven war das bei Todesstrafe verboten Die vollfreie Frau eines Sklaven sollte von ihren Verwandten getotet oder als Sklavin ins Ausland verkauft werden geschah das nicht wurde die Frau vom gastaldus regis Gastalde leitender koniglicher Beamter in einer Stadt 5 oder sculdhais Schultheiss dem iudex provinciae unterstellter koniglicher Beamter 5 als Sklavin an den koniglichen Hof gebracht Einem Mann war es moglich seine Sklavin zu heiraten nachdem er sie durch libera thingare Schenken der Freiheit wirdibora wurdetragend ehrbar gemacht hatte Sohne aus dieser Verbindung waren vollfrei und erbberechtigt CCXXIV CCXXVI Freilassung Bearbeiten Im Edictum Rothari waren vier Grade von Freilassung vorgesehen fulcfree Volkfrei gemeinfrei bezeichnete den hochsten Freiheitsgrad des langobardischen Rechts Die Verleihung dieser Freiheit war ritualisiert Der Sklave wurde von seinem Herrn an einen zweiten Freien ubergeben dieser ubergab ihn an einen Dritten und dieser an einen Vierten Dieser fuhrte den Sklaven an eine Wegkreuzung gab ihm vor gisil Zeugen einen gaida Speer mit den Worten De quattuor vias ubi volueris ambulare liberam habeas potestatem Uber vier Strassen hast du das Recht zu gehen wohin du willst Damit war er vollstandig frei und seinem alten Herrn gleichgestellt Dieser hatte keinerlei Anspruche mehr gegen ihn Eine zweite Moglichkeit war durch in pans konigliche Gunst gegeben die einen Unfreien amund ohne Vormund machte moglicherweise aber nicht die Gemeinfreiheit einschloss Eine dritte Art der Freilassung gewahrte zwar die Freiheit der vier Wege doch stand der Freigelassene noch unter dem mundium des alten Herrn Hatte er Kinder so waren diese fulcfree starb er kinderlos so beerbte ihn sein ehemaliger Herr Als viertes war eine unvollstandige Freilassung vorgesehen die einen Sklaven zum aldius Halbfreier machte Alle Freigelassenen unterstanden dem langobardischen Recht CCXXVII CCXXXVI Handel und Eigentum Bearbeiten Hielt jemand funf Jahre lang einen Gegenstand oder ein Grundstuck in Besitz so galt er als dessen rechtmassiger Eigentumer Ein aldius Halbfreier oder servus Sklave konnte Besitz nur mit ausdrucklicher Erlaubnis seines munduald verkaufen Ausgenommen war der servus massarius dessen Aufgabe es war einen Hof zu bewirtschaften CCXXXVII CCXLI Grenzverschiebung Bearbeiten Ein Freier der Grenzmarkierungen entfernte oder falschte musste 80 solidi A 2 Busse zahlen Manipulierte ein Sklave Grenzmarkierungen die z B aus Einkerbungen in Baumen bestanden wurde er mit dem Tode bestraft und sein dominus Herr musste 40 solidi zahlen Die Busse floss zur Halfte dem Geschadigten zur Halfte dem Konig zu Handelte der Sklave ohne Befehl seines Herrn so wurde ihm die Hand abgeschlagen CCXLII CCXLIV Munz und Urkundenfalschung Eindringen in eine Stadt Bearbeiten Munz und Urkundenfalschung wurden ebenfalls mit dem Abschlagen der Hand bestraft Das Betreten oder Verlassen einer Stadt uber die Mauer war verboten CCXLV CCXLVII Pfandrecht Bearbeiten Es bestand ein Pfandrecht gegenuber Schuldnern doch musste Schuld zuvor an drei aufeinanderfolgenden Tage eingefordert werden CCXLVIII CCLXVI Diebstahl Bearbeiten Diebstahle mussten mit dem neunfachen Wert des Gegenstandes ersetzt werden und zogen fur einen Freien eine Busse von 80 solidi nach sich Konnte er nicht zahlen so drohte die Todesstrafe Den neunfachen Wert mussten auch Sklaven ersetzen sowie eine Busse von 40 solidi leisten Freie Frauen ersetzten nur den neunfachen Wert Der Fund von Gold oder Schmuck auf der Strasse musste dem iudex Richter hoher Beamter angezeigt werden sonst galt es als Diebstahl CCLXVII CCLXXXI Fluchtlinge Bearbeiten Fur die Ergreifung eines Fluchtigen war eine Belohnung von 2 solidi ausgesetzt Leistete ein Fluchtiger bei seiner Verhaftung Widerstand so durfte er straffrei getotet werden Half jemand einem Sklaven bei der Flucht so musste der Helfer dem Herrn des Sklaven dessen Wert ersetzen In gewissem Masse gab es ein Kirchenasyl denn ein Bischof musste erst dreimal aufgefordert werden den Fluchtigen herauszugeben CCLXXXII CCLXXXV Offentliche Ordnung Bearbeiten Der Uberfall auf ein Gehoft wurde haistan oder hoveros genannt und war mit 20 solidi zu bussen Es wurde ausdrucklich erwahnt dass diese Verbrechen nicht von Frauen begangen werden konnten Sklavenaufstande und Verschworungen der rusticani Landbevolkerung zogen hohe Strafen nach sich CCLXXXVI CCCLVIII Land und Forstwirtschaft Bearbeiten 73 Gesetze befassten sich mit Straftaten in der Landwirtschaft Vom Niederreissen eines Zaunes uber die Zerstorung eines Pfluges bis zum Stehlen eines Joches waren zahlreiche Vergehen aufgezahlt die mit Bussen von 2 bis 6 solidi belegt waren Verletzt sich jemand an einem Zaun so haftete der Erbauer wohingegen das Ziehen eines Graben oder Ausheben eines Brunnens keine Regresspflicht begrundete Weitere Kapitel betreffen das Finden von Honig und jungen Falken wobei das gahagium konigliches Jagdrevier besonders geschutzt war Eine Gruppe von Gesetzen war Pferden gewidmet Verletzte jemand ein Pferd z B durch Ausschlagen eines Auges oder Abschneiden eines Ohres so musste er dem Besitzer ein gleichwertiges Pferd als Ersatz geben Das Abschneiden der Schweifhaare zog eine Strafe von 6 solidi nach sich Nahm jemand ein Pferd und ritt in der Nahe herum galt das offenbar nicht als Diebstahl sondern zog eine Busse von 2 solidi nach sich Fur einen Pferdediebstahl musste man ahtugild achtfacher Wert zahlen und das Tier zuruckgeben bzw den neunfachen Wert erstatten Ein zugelaufenes Pferd durfte man behalten wenn man den iudex Richter hoher Beamter informierte oder den Fall den vor der Kirche Versammelten mehrmals bekannt gab und sich der Eigentumer nicht meldete Umfangreich sind auch die Jagdgesetze Abgesehen vom gahagium konigliches Jagdrevier war es erlaubt auch auf fremdem Boden zu jagen Fand man ein verwundetes Tier so war man verpflichtet es dem Jager zu bringen wofur man als Belohnung die rechte Schulter und sieben Rippen bekam Das Verheimlichen eines solchen Fundes wurde mit 6 solidi geahndet Wurde jemand durch ein verwundetes Tier verletzt oder getotet so war der Jager dafur haftbar es sei denn er hatte die Jagd bereits abgebrochen Die Strafe fur Schlage die zu einer Fehlgeburt fuhrten betrug im Falle einer Kuh 1 tremissis 1 3 Solidus eines Pferdes 1 solidus und bei der Sklavin eines Anderen 3 solidi Verursachte ein Besessener Schaden bei Mensch oder Vieh so war er nicht haftbar durfte aber bussfrei getotet werden Reisende durften ihre Pferde auf nichteingezaunten Wiesen grasen lassen CCCLIX CCCLXV Prozessordnung Bearbeiten Wurde ein Langobarde eines Verbrechens angeklagt war er verpflichtet eine wadia Pfand Kaution zu hinterlegen und einen Burgen fideiussor zu benennen um zu gewahrleisten dass er sich binnen zwolf Tagen dem Prozess stellen werde Diese Frist konnte im Verhinderungsfall verlangert werden Zogerte der Beklagte den Prozess ein ganzes Jahr hinaus so wurde er fur schuldig befunden Der Klager verlor jegliche Anspruche wenn der Prozess durch sein Verschulden ein Jahr verzogert wurde 11 Der Beklagte konnte die Schuld und die Busse auf sich nehmen oder seine Unschuld beschworen wobei ihn bei einem Streitwert uber 20 solidi sechs Verwandte und Freunde als Aidos oder lat sacramentali Eideshelfer mit Eiden auf die Evangelien unterstutzten Dem Klager standen funf sacramentali zur Seite Liess sich einer der sacramentali oder der Prozessfuhrenden von der Gegenseite uberzeugen so war das sacramentum gebrochen und der Fall entschieden Der Klager musste die Beschuldigung zurucknehmen oder der Beschuldigte die Busse zahlen Bei einem Streitwert unter 20 solidi waren weniger sacramentali Eideshelfer und ein Eid ad arma sacrata auf die geheiligten Waffen vorgesehen Eine weitere Methode zur Urteilsfindung war das camfio Gottesurteil durch Zweikampf In einigen Rechtsfallen Klarung der Ehelichkeit eines Sohnes Mord an seiner Ehefrau mundium uber eine verheiratete Frau war das Kampfurteil ausgeschlossen denn es scheint ungerecht dass so ernste Angelegenheiten im Kampf unter einem Schild entschieden werden Die Kampfer durften sich nicht durch Zauberei schutzen CCCLXVI CCCLXXXVIII Verschiedenes Bearbeiten waregangi Einwanderer konnten vom Konig das Privileg erhalten nach eigenem Recht zu leben unterlagen aber immer dem langobardischen Erbrecht Ermordete ein koniglicher Sklave einen Freien so zahlte der Konig das Wergeld Fur andere Vergehen wurde der Sklave hingerichtet doch war der Konig von der Busszahlung befreit Der Mord an einem sculdhais gastaldius oder actor regis konigliche Beamte wurde neben dem Wergeld mit einer Busse von 80 solidi geahndet Der Korruption wurde dadurch entgegengetreten dass es Beamten in ihrer Amtszeit verboten war ohne Genehmigung des Konigs Geschenke anzunehmen alle Einnahmen flossen dem Konig zu Dem Aberglauben trat Rothari dadurch entgegen dass er verbot eine Frau zu toten weil sie eine striga Hexe sei weil ein Christ nicht glauben kann dass eine Frau einen lebenden Mann von innen her auffrisst Quellen Bearbeiten 1 Gesetzestext lateinisch nbsp Wikisource Historia Langobardorum Quellen und Volltexte Latein Paulus Diaconus History of the Langobards englisch Literatur BearbeitenFranz Beyerle Hrsg Die Gesetze der Langobarden 2 Bande Germanenrechte Bd 3 Witzenhausen 1962 Alban Dold Zur altesten Handschrift des Edictus Rothari Urfassung des Langobardengesetzes Zeit und Ort ihrer Entstehung Mit 38 zur Beweisfuhrung notwendigen Initial Zier und Schriftbildern und einer Rekonstruktion der Titelseite in Vierfarbendruck Stuttgart Koln 1955 Thomas Hodgkin Italy and her Invaders Vol VI S 174 238 teilweise uberholt Carl Meyer Sprache und Sprachdenkmaler der Langobarden Quellen Grammatik Glossar Schoningh Paderborn 1877 Walter Pollack Der systematische Aufbau und die Technik der Wundbussenbestimmungen im Edictus Rothari Berlin Leipzig 1913 Weblinks BearbeitenLudo Moritz Hartmann Geschichte Italiens im Mittelalter Bd II Teil 1 Wigand Leipzig 1900 S 241 243 und Bd II Teil 2 Perthes Gotha 1903 S 1 48 teilweise uberholt Jan C L Konig Recht und Gesellschaft der Langobarden Das Edictum Rothari als Teil der leges Langobardorum in der Bibliotheca legum regni Francorum manuscripta Handschriftendatenbank zum weltlichen Recht im Frankenreich Karl Ubl Universitat zu Koln Anmerkungen Bearbeiten Die geklammerten Begriffe geben nur die ungefahre Bedeutung wieder und stellen keine exakte Ubersetzung dar Viele langobardische Begriffe haben auf Grund der veranderten Gesellschaftsstruktur keine moderne Entsprechung a b c d e f g h 1 Solidus entsprach 4 55 Gramm Gold Stand April 2010 etwa 220 Der Goldpreis unterliegt jedoch starken Schwankungen und ist wenig reprasentativ Als Wertmassstab konnen folgende Preise dienen ein aufgezaumtes Pferd 100 solidi ein Mantel 10 solidi eine Tunika 10 solidi vgl Hodgkin Italy and her Invaders Vol VI S 414 siehe auch CCXXIV CCXXVI FreilassungEinzelnachweise Bearbeiten Historia Langobardorum IV 42 Hodgkin Italy and her Invaders Vol VI S 175 a b Hartmann Geschichte Italiens im Mittelalter Bd II Teil 1 S 241 243 Hartmann Geschichte Italiens im Mittelalter Bd II Teil 2 S 2ff a b c d e f g h i j k l m n o p q r s Meyer Sprache der Langobarden S 275 ff Hodgkin Italy and her Invaders Vol VI S 183ff Hodgkin Italy and her Invaders Vol VI S 186ff Hodgkin Italy and her Invaders Vol VI S 190f a b Hodgkin Italy and her Invaders Vol VI S 193ff Hodgkin Italy and her Invaders Vol VI S 197ff Hodgkin Italy and her Invaders Vol VI S 224ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Edictum Rothari amp oldid 210777634