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Der Lahngau war eine frankische Gaugrafschaft im Fruhmittelalter Er umfasste das Gebiet an der mittleren und unteren Lahn in den heutigen Bundeslandern Hessen und Rheinland Pfalz Uberlieferte Namen des Gaus sind Pagus Loganahe oder Pagus Logenensis Historisch gesehen handelt es sich beim Lahngau um die ostfrankischen Stammlande der Konradiner Der Gau wurde vor 900 n Chr in den Oberlahngau und den Niederlahngau geteilt Ober und Niederlahngau im Herzogtum Westfranken um 1000 Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Ober und Niederlahngau 3 Geschichte 4 Grafen im Lahngau 4 1 Grafen im Niederlahngau 4 2 Grafen im Oberlahngau 5 Offene Fragen 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseLage Bearbeiten nbsp Verlauf und Einzugsgebiet des namensgebenden Flusses LahnDie Westgrenze des Lahngaus verlief etwa beim heutigen Montabaur Westlich des Lahngaus bis zum Rhein befand sich der Engersgau mit Zentrum im Neuwieder Becken Die nordwestliche Grenze markierte die Wasserscheide des Westerwalds Nordwestlich und nordlich des Lahngaus befand sich der Auelgau mit Siedlungszentrum Siegmundung und wahrscheinlich im Siegerland Nordlich und nordostlich des Lahngaus schloss sich der Hessengau das ehemalige Siedlungsgebiet der Chatten an Wie der Lahngau wurde der Hessengau zeitweilig von den Konradinern beherrscht Sudostlich des Lahngaus befand sich der Wettereibagau die Wetterau Sudlich durch die Wasserscheide des Taunus getrennt befand sich der Konigssondergau Die frankischen Gaue untergliederten sich in die Bezirke den Zentmarken Fur diese Bezirke wurden Bezeichnungen wie Unter gau Zente oder Mark verwendet Im Oberlahngau bestanden die Dautpher Mark welche 791 erstmals genannt wird 1 die Haigerer Mark und die Herborner Mark Perfgau und Erdagau durften auch Untergaue des Lahngaus gewesen sein Die Zuordnung der Zentmark Kallenbacher Zent Kallenbergskopf nordlich vom heutigen Lohnberg ist unklar und hangt vom angenommenen Grenzverlauf ab Mit der zunehmend dichteren Besiedlung wurden die Zentmarken geteilt oder neue gegrundet Ursprungliche Zentmarken des Niederlahngaus waren wahrscheinlich der Reckenforst um Dietkirchen die Hadamarer Mark die Ellarer Mark und die Zente Winnen Hohn Ober und Niederlahngau BearbeitenIm 9 Jahrhundert erscheinen die Teilgaue als superior 881 bzw inferior 821 Logenaha 2 Der genaue Verlauf der Grenze zwischen dem Ober und Niederlahngau ist nicht uberliefert Von einigen Historikern wird die Grenze ungefahr auf der Wasserscheide zwischen Solmsbach und Weil ostlich von Weilburg vermutet Christian Spielmann schrieb hierzu 1894 Weilburg lag im Niederlahngau Er erstreckte sich etwa von der Nister bis zum Pfahlgraben und von der Gelbach und Aar westlich bis zum Ulmbach und Weil ostlich 3 Die erstgenannten Bruder Konrad der Altere Gebhard Eberhard und Rudolf teilten sich den Niederlahngau derart dass Konrad die Osthalfte Eberhard die Westhalfte ubernahm 4 Andere Historiker vermuten die Grenze westlich von Weilburg So nennt Hellmuth Gensicke die Wasserscheide ostwarts von Kerkerbach und Elbbach als mogliche Grenze 5 Aus diesem Grund ist die genaue Zuordnung Weilburgs umstritten Im Folgenden wird in Anlehnung an die Deutung Gensickes von einer Grenze westlich Weilburg ausgegangen Dieser entspricht auch die Grenze zwischen den mittelalterlichen Dekanaten Dietkirchen und Kirberg einerseits und dem Archipresbyterat Wetzlar andererseits Die oben genannte Erbteilung bezieht sich dann auf den Ober und Niederlahngau siehe auch Grafen im Lahngau nbsp Lubentiuskirche DietkirchenZum wichtigen kirchlichem Zentrum entwickelte sich Dietkirchen erwahnt 841 als ecclesia Dietkircha Die Lubentiuskirche war im Mittelalter der Sitz eines Archidiakonats das samtliche rechtsrheinischen Gebiete des Erzbistums Trier umfasste Geschichte Bearbeiten nbsp Siegel Konrads des Jungeren Graf des Oberlahngau in WeilburgUrsprunglich lag das Gebiet des Lahngaus im Siedlungsgebiet der Ubier Nach dem Abwandern der Ubier um 39 vor Christus war das Gebiet eher dunn besiedelt Bis zur Mitte des 3 Jahrhunderts n Chr entwickelte es sich zur Grenzregion zwischen den Franken im Westerwald den Chatten im heutigen Nordhessen und Alamannen im Taunus und in der Wetterau Im 5 6 Jahrhundert gelang es den Franken die Vorherrschaft zu erringen die Chatten gliederten sich in den frankischen Stammesverband ein die Alamannen wurden frankisches Protektorat Damit konnten die Franken das Gebiet des Lahngaus in ihr Reich einbeziehen Wahrend der Phase der frankischen Landnahme konnte sich die frankische Familie der Konradiner als fuhrendes Haus im Lahngau durchsetzen Die Konradiner unterhielten enge familiare Beziehungen zu den Karolingern und Robertinern Eine wichtige Rolle in der Verwaltung des Lahngaus ubernahmen die Stifte und Urpfarreien Zu Beginn der konradinischen Herrschaft im Lahngau bestand nur das Stift St Lubentius in Dietkirchen das wahrscheinlich bereits im 6 Jahrhundert gegrundet wurde Die erste Erwahnung dieses Stiftes erfolgte jedoch erst 841 als monasterium Einsiedelei Im Jahr 845 grundete Graf Gebhard das Stift St Severus in Kettenbach das er noch zu seinen Lebzeiten nach Gemunden verlegte Zu Beginn des 10 Jahrhunderts folgten weitere konradinische Grundungen Stift St Georg in Limburg 910 Stift St Walpurgis in Weilburg 912 und Stift St Marien in Wetzlar 914 15 Als der Graf des Oberlahngaus und Herzog von Franken Konrad der Jungere 911 zum Konig des Ostfrankischen Reichs gekurt wurde hatten die Konradiner den Hohepunkt ihrer Macht erreicht Mindestens vier Aufenthalte Konrads sind fur Weilburg bezeugt Den Konradinern gelang es jedoch nicht sich als konigliche Dynastie zu etablieren Nach Widukind von Corvey soll Konrad auf dem Sterbebett in Weilburg seinem Bruder Eberhard empfohlen haben seinem Rivalen und Gegner Heinrich von Sachsen als Nachfolger im Konigsamt Gefolgschaft zu leisten 6 Dieses Ereignis wird als Weilburger Testament bezeichnet gilt allerdings heute bei manchen Historikern fur eine von den Liudolfingern in Umlauf gebrachte Legende Durch den Konflikt zwischen Eberhard von Franken als Nachfolger Konrads Graf im Oberlahngau und Konig Otto I kam es zur endgultigen Spaltung des konradinischen Hauses In der Schlacht von Andernach am 2 Oktober 939 wurde Eberhard von seinem Vetter Konrad Kurzbold Graf im Niederlahngau besiegt und kam dabei ums Leben Der Konradiner Familienzweig um Eberhard verlor damit die Herrschaft im Oberlahngau Teile der Herrschaft wurden auf den Familienzweig um Konrad Kurzbold ubertragen andere Teile zogen die Liudolfinger Konige ein In diesem Gebiet konnten sich nach einer wechselvollen Geschichte bis zum 11 Jahrhundert die Grafen aus dem Haus der Gisonen durchsetzen Das Gebiet um Weilburg wurde von den Liudolfinger Konigen bis um das Jahr 1000 an das Bistum Worms vergeben Im Niederlahngau hielten sich die Konradiner bis in die zweite Halfte des 10 Jahrhunderts Die letzte namentliche Erwahnung eines konradinischen Grafen erfolgte 966 Der Niederlahngau ging auf die Grafschaft Diez uber Das umfangreiche konradinische Allod im Niederlahngau kam wahrscheinlich uber familiare Beziehungen an die Grafen von Alt Leiningen Bis zu deren Aussterben um 1220 verteilte es sich unter den verwandten Dynastien Nassau Runkel Westerburg Isenburg Limburg und Virneburg Grafen im Lahngau BearbeitenMogliche Herrscher des Lahngau konnten gewesen sein Adaltrud Witwe des Grafen im Lahngau schenkte zwischen 750 und 779 dem Kloster Fulda Guter in Selters Meinlinten Buchen und Neistenbach Adrian Seine Witwe Waltrat verschenkte 821 mit Zustimmung eines Uuto Guter in Bermbach Stetim und FeldumAls Grafen des ungeteilten Lahngau sind bezeugt Konrad 772 und 773 bezeugt als Graf im Lahngau gilt als Stammvater der Konradiner Udo der Altere 834 820 826 bezeugt im Rheingebiet Graf im Lahngau 828 834 Graf von Orleans Gebhard 832 879 bezeugt Graf im Lahngau stiftete 845 ein Stift in Kettenbach aus dem 879 das Stift St Severus in Gemunden hervorging 879 in Gemunden Er hatte vier Sohne Udo Graf im Lahngau Berengar Graf im Hessengau Waldo Abt von St Maximin und Berthold Erzbischof von Trier Udo Sohn Gebhards Graf im Lahngau um 860 879Grafen im Niederlahngau Bearbeiten Als Grafen im Niederlahngau sind bezeugt 7 Eberhard 902 903 vor Bamberg Bruder Konrads des Alteren Graf im Niederlahngau 888 Graf in der Ortenau Wiltrud 903 933 bezeugt wohl Tochter des Walaho Konrad Kurzbold 30 Juni 948 Sohn Eberhards 906 907 und 932 Graf im Wormsgau 910 Graf im unteren Niederlahngau 927 Graf im Ahrgau Graf im Lobdengau stiftet 910 das St Georg Stift in Limburg an der Lahn wo er auch begraben wurde Eberhard 10 Mai 966 Bruder Konrad Kurzbolds 948 bezeugt 958 und 966 Graf im Auelgau 958 Graf im Niederlahngau 966 Graf im Lahngau Enkel Eberhards Ist der letzte namentlich bekannte konradinische Graf im Niederlahngau Gerlach 1018 1002 und 1013 als Graf im Niederlahngau bezeugt Konig Heinrich II vermachte am 31 Oktober 1002 die im Lahngau in der Grafschaft des Grafen Gerlach gelegene Stadt Weilburg der bischoflichen Kirche von Worms Godebold herrschte 1053 im sudlichen Niederlahngau Embricho im nordlichen Niederlahngau uber Limburg Brechelbach Seck und Westernohe Embricho ist der Begrunder des Diezer Grafenhauses Grafen im Oberlahngau Bearbeiten Konrad der Altere 906 Sohn Udos Graf im Oberlahngau und Hessengau 897 Konrad der Jungere um 880 885 23 Dezember 918 Sohn Konrads des Alteren Graf im Lahngau Hessengau und wahrscheinlich im Konigssondergau seit 906 Herzog von Franken seit 908 Ostfrankischer Konig seit 911 Otto nach 918 904 Graf im Ruhrgau Sohn Konrads des Alteren 912 Graf an der mittleren Lahn Eberhard Bruder Ottos bezeugt 913 928 als Graf im Lahngau Udo 949 914 Graf in der Wetterau Enkel Udos 917 und 948 Graf im Rheingau 918 Graf im Lahngau stiftet 914 915 das St Maria Stift in Wetzlar wo er auch begraben wurde Enkel des vorigen NN von Vermandois Tochter des Grafen Heribert I Karolinger Hildelin bezeugt 975 unbekannte Herkunft Gerlach bezeugt 993 1017 moglicherweise identisch mit dem Zeitgleich regierenden Gerlach im Niederlahngau Giso I aus dem Hause der Gisonen Graf im Oberlahngau um 1008 Werner III von Maden bezeugt als Graf im Lahngau 1062 1065 unter seiner Herrschaft hatte der Oberlahngau bereits erheblichen Besitz verloren Hermann II von Gleiberg bezeugt 1075 vereinigte die Reste des Oberlahngau mit der Grafschaft GleibergOffene Fragen BearbeitenDie wichtigsten Quellen der Geschichte des Lahngaus sind hochmittelalterliche Abschriften von Urkunden Hier stellt sich immer die Frage ob diese Schriftstucke auf originalen Vorlagen beruhen oder Falschungen sind Wenn sie auf original Vorlagen beruhen ist oft unklar ob die zum Zeitpunkt der Abschrift teilweise 500 Jahre alten Originale buchstablich oder nur sinngemass wiedergegeben wurden Die in den Urkunden genannten Personen konnen nicht immer eindeutig identifiziert werden Ortsnamen werden in heute unublicher Form verwendet und sind nicht immer eindeutig heutigen Orten zuzuordnen Genaue Ubersichten uber Besitzverhaltnisse liegen fur dieses Gebiet erst ab dem 12 Jahrhundert vor so dass die Moglichkeit Ruckschlusse zu ziehen nur eingeschrankt gegeben ist Archaologische Funde die zur Uberprufung herangezogen werden konnen sind oft Zufallsfunde z B im Rahmen von Baumassnahmen der Neuzeit Viele vermutete archaologische Fundstatten wurden bisher nicht systematisch untersucht Aus diesen Grunden sind einige wesentliche Fragen zur Geschichte des Lahngaus ungeklart So konnte der Lahngau ursprunglich nicht zum konradinischen sondern zum robertinischen Machtbereich gehort haben Durch Tausch Anfang des 9 Jahrhunderts ubernahmen die Konradiner den robertinischen Besitz im Ostfrankenreich die Robertiner den konradinischen Besitz an der Loire im Westfrankenreich Dieser Vorgang wurde die Gleichsetzung von Udo im Lahngau mit Odo von Blois erklaren Der umfangreiche Streubesitz im Lahngau des Klosters Lorsch robertinische Grundung konnte hier seine Ursache haben Die Zuordnung Weilburgs zum Ober oder Niederlahngau ist ebenfalls umstritten Da der konradinische Familienzweig von Konrad dem Alteren als Grafen in Weilburg bezeugt ist kommt der Zuordnung eine entscheidende Rolle in der Geschichte des Oberlahngaus zu Die Entwicklung der Kirchenorganisation im Lahngau ist ebenfalls nicht genau bekannt So wird von einigen Historikern die Rolle Dietkirchens als Ausgangspunkt einer Christianisierung durch das Bistum Trier angezweifelt Das Archidiakonat ware erst mit Niedergang der konradinischen Herrschaft durch das Erzbistum Trier errichtet worden 8 Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den Konradinern und dem Grafenhaus Diez konnten bisher weder bewiesen noch widerlegt werden Die Herkunft des Diezer Grafenhaus ist unbekannt Das umfangreiche Allod der Grafen im Wormsgau 9 spricht nicht gegen eine konradinische Abstammung da auch der Wormsgau zum konradinischen Machtbereich gehorte Literatur BearbeitenKarl Huth Dautphe Herz einer geschichtlichen Kulturlandschaft Vorstand der Gemeinde Dautphe 1973 Hellmuth Gensicke Landesgeschichte des Westerwaldes 3 Auflage Historische Kommission fur Nassau Wiesbaden 1999 ISBN 3 922244 80 7 Christian Spielmann Geschichte der Stadt und Herrschaft Weilburg Stadt Weilburg Weilburg 1896 Neuauflage 2005 Edith Brockel u a Weilburg Lexikon Magistrat der Stadt Weilburg Weilburg 2006 S 215 217 Peter Paul Schweitzer Dietkirchen Der Name der Kirche und des Dorfes an der Lahn In Nassauische Annalen Band 117 Verlag des Vereines fur Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung 2006 ISSN 0077 2887 S 1 16 docslib org Adolf Morlang Konig Konrad I und sein Denkmal bei Villmar a d Lahn In Nassauische Annalen Band 113 Verlag des Vereines fur Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung 2002 ISSN 0077 2887 S 409 420 Weblinks BearbeitenKarl Hermann May Territorialgeschichte des Oberlahnkreises Weilburg Schriften des Instituts fur Geschichtliche Landeskunde von Hessen und Nassau 18 Marburg Elwert 1958 Digitalisat Philipps Universitat Marburg 2020 Hellmuth Gensicke Landesgeschichte des Westerwaldes 1 Auflage Historische Kommission fur Nassau Wiesbaden 1958 Digitalisat Philipps Universitat Marburg 2020Karte der Gaubelege Die Gaue vor 900 Geschichtlicher Atlas von Hessen In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Die Gaue nach 900 Geschichtlicher Atlas von Hessen In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Einzelnachweise Bearbeiten Karl Huth 1973 S 9 f Karl Hermann May Territorialgeschichte des Oberlahnkreises Weilburg S 6 Spielmann Geschichte der Stadt und Herrschaft Weilburg S 8 Spielmann Geschichte der Stadt und Herrschaft Weilburg S 16 Gensicke Landesgeschichte des Westerwalds 1958 S 28 29 Weilburg Lexikon S 216 217 Gensicke Landesgeschichte des Westerwald 1957 S 43 46 Schweitzer Dietkirchen 2006 S 4 Gensicke Landesgeschichte des Westerwaldes 1957 S 147 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lahngau amp oldid 236480470