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Eugen Kuhnemann 28 Juli 1868 in Hannover 12 Mai 1946 in Fischbach heute Karpniki im Riesengebirge heute Powiat Jeleniogorski Polen war ein deutscher Philosoph und Literaturwissenschaftler Eugen Kuhnemann Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Schriften 3 Literatur 4 Weblinks 5 Einzelnachweise und AnmerkungenLeben BearbeitenKuhnemann war der Sohn des Geheimen Regierungsrates Eugen Kuhnemann aus Ratibor und der Apothekerstochter Ida geborene Stark aus Gnoien 1 Er begann 1886 ein Studium der Philosophie Altphilologie und Germanistik in Marburg und horte bei Hermann Cohen Vorlesungen uber Kant 1887 wechselte er nach Munchen und horte bei Karl von Prantl Geschichte der Philosophie bei Heinrich Brunn Archaologie und bei Michael Bernays deutsche Literatur Nach einem Zwischensemester in Berlin wurde er bei Bernays mit einer Arbeit uber Die Kantischen Studien Schillers und die Komposition des Wallenstein im Juli 1889 promoviert Im Anschluss setzte Kuhnemann seine Studien 1889 90 in Gottingen bei Ulrich von Wilamowitz Moellendorff fur ein Semester in Paris bei Hippolyte Taine und 1890 in Berlin bei Heinrich von Treitschke und Erich Schmidt fort Ein erster Versuch sich bei Wilhelm Dilthey zu habilitieren scheiterte 1894 Kuhnemann wechselte nach Marburg und wurde 1895 Privatdozent bei Cohen mit der Habilitationsschrift Kants und Schillers Begrundung der Asthetik 1901 erhielt er ein ausseretatmassiges Extraordinariat in Marburg und im Sommersemester 1903 hatte er gegen den Willen der dortigen Fakultat eine Vertretung in Bonn 2 nbsp Die Konigliche Akademie seit 1919 Aula der Universitat PosenMit Unterstutzung des ihm freundschaftlich gesinnten Universitatsdezernenten im preussischen Kultusministerium Friedrich Althoff ging Kuhnemann 1903 als Grundungsrektor an die neu gegrundete Konigliche Akademie zu Posen einer Art hoherer Volkshochschule Er sah seine Aufgabe in einer geistigen Kolonisation der Posener Bevolkerung Aber das Volk in seiner uberwiegenden Mehrzahl war doch eben polnisch An diesem polnischen Volke war der preussische Staat zu einem wahren Wohltater geworden Er hatte Polen gegeben was es nie besass einen gebildeten leistungsfahigen und ehrenhaften Mittelstand 3 Kuhnemanns Interessen galten neben der Philosophie Kants vor allem der Literatur insbesondere den deutschen Klassikern So verfasste er 1905 anlasslich des 100 am 9 Mai ein Buch uber Friedrich Schiller Im Auftrag des preussischen Kultusministeriums machte er 1905 zum ersten Mal eine Vortragsreise nach Amerika als Vertreter des Vereins fur das Deutschtum im Ausland mit dem Ziel Auslandsdeutschen das Weltreich deutschen Geistes Buchtitel naherzubringen Es folgten weitere Auslandsaufenthalte darunter 1906 07 und 1908 09 als Austauschprofessor an der Harvard University und 1912 als erster Carl Schurz Memorial professor an der University of Wisconsin in Madison Kuhnemann erhielt von beiden Universitaten die Ehrendoktorwurde Den Kontakt in die USA hielt Kuhnemann mit Vortragsreisen 1914 bis 1917 und noch einmal 1932 auch in der Folgezeit aufrecht Insbesondere die Reisen in der Zeit des Ersten Weltkrieges dienten der Beeinflussung der amerikanischen Offentlichkeit zugunsten der Deutschen Kuhnemann besuchte in dieser Zeit 137 Stadte in 36 Staaten und hielt 121 Reden auf Englisch sowie 275 in deutscher Sprache 4 Er verteidigte dabei die deutsche Kriegspolitik einschliesslich der Versenkung der Lusitania und des uneingeschrankten U Boot Krieges Als Kuhnemann 1906 als Rektor in Posen nicht wiedergewahlt wurde konnte er mit Unterstutzung von Althoff eine Berufung auf eine ordentliche Professur in Breslau erreichen wo er den protestantischen Proporzlehrstuhl innehatte 5 Dort war er wegen seines stark an der Literatur orientierten Denkens ein Aussenseiter Trotz seiner Marburger Zeit und eines zweibandigen Kant Buches 1923 24 ist Kuhnemann nicht dem Neukantianismus sondern eher einem nationalistischen Neuidealismus zuzurechnen 6 Sein Denken kreiste um den Zusammenhang von Geist und Leben Die Philosophie ist vom Menschen aus zu deuten Dies Verstehen erfasst das Ganze des Lebens und Schaffens in der Personlichkeit als eine Einheit und ermisst es in seiner Bedeutung fur den Geist der selber eine Einheit ewiger Notwendigkeitsgeltungen ist 7 Herder nannte er einen genialen Seher und Propheten des Deutschtums und seiner Herrlichkeit 8 Ahnlich bezeichnet er Fichte mit seinen Reden an die deutsche Nation als einen wahren Propheten 9 Die Grundstimmung in Deutschland kurz vor dem Ersten Weltkrieg charakterisiert er mit den Worten Wir fangen an zu begreifen dass es der Kulturgedanke des Deutschtums ist der unsere Pflicht in der Welt darstellt und mehr als das dass mit ihm entschieden wird uber unser Sein und Nichtsein 10 Fur Kuhnemann war eine nationalistische Einstellung und ein Eingreifen zugunsten des eigenen Volkes philosophische Pflicht Die deutsche Philosophie ist das Bewusstsein vom deutschen Geiste und seiner Bedeutung fur die menschliche Arbeit Sie tragt die letzte Verantwortung dafur dass der deutsche Geist in seinem innersten Streben zur Klarheit komme Die deutsche Philosophie hat in den grossen Augenblicken der deutschen Geschichte stets gewusst dass sie bildend einzugreifen hat in die geschichtliche Selbstdurchsetzung und Selbsterfullung ihres Volkes 11 Nach dem Kriegseintritt der USA schrieb Kuhnemann in der Reihe Schutzengrabenbucher einen Band mit dem Titel Amerika als Deutschlands Feind das eine Auflage von 120 000 Stuck erzielte 12 Nach Kriegsende beeilte er sich zugunsten der Plane des amerikanischen Prasidenten Woodrow Wilson Stellung zu nehmen und unter Bezugnahme auf Kant den Volkerbundgedanken zu begrussen Bei Kuhnemann promovierten im Jahr 1910 Paul Tillich und Karl Oscar Bertling sowie 1911 der Honigswald Schuler Siegfried Marck der sich zudem 1917 bei ihm habilitierte Ein weiterer Schuler in dieser Zeit war Schlomo Friedrich Rulf Ebenso promovierte Helmut Kuhn bei ihm 1923 In Breslau pflegte Kuhnemann Kontakt zur Familie Gadamer Der Vater Hans Georg Gadamers war in Breslau Ordinarius fur Pharmazeutische und Forensische Chemie Uber Kuhnemann sagte Gadamer Eugen Kuhnemann war der erste bei dem ich zu studieren angefangen habe denn er war der Hausfreund meiner Eltern Er war ein sehr amusanter Mann aber unvergleichlich viel oberflachlicher als Honigswald Die Vorlesungen von Kuhnemann galten entsprechend als leichter Die anderen waren zufrieden mit der grossartigen Rhetorik von Kuhnemann der ein Meisterredner war 5 Kuhnemann hielt zum Beispiel im Sommersemester 1918 die Vorlesung Erklarung von Kants Kritik der reinen Vernunft als Einfuhrung in das Studium der deutschen Literatur die auch von Germanistikstudenten belegt werden konnte Ein Schuler beschrieb ihn Kuhnemann war klein und zartgliedrig ein Mann mit Spitzbart und gluhenden Augen Er war uberhaupt ein gluhender Mensch Wenn er uber Nietzsches Zarathustra sprach oder uber Goethes Faust trug ihn sein Temperament rasch davon und er stand mit geballten Fausten vor seinen gebannten Horern 13 Kuhnemanns Ziel war ein Wirken uber die Philosophie die er als Grundlagenwissenschaft der deutschen Literaturgeschichte sah hinaus auf die Kultur und die geistige Lebensgestaltung Hoher als das wissenschaftliche Erkennen das trotz seiner Notwendigkeitsgeltung immer bedingt bleibt steht das sittliche Erkennen in seinem Wissen um das Unbedingte hoher noch das Religiose im Wissen nicht nur um eine unbedingte Aufgabe sondern um ein unbedingtes Sein oder Walten Das Leben im Ende seines Wissens ist Religion Im Schonen aber spielt die Seele im Gefuhl der gottlichen Vollendung und erreicht im Schein was die Wirklichkeit versagt 14 In den 1920er Jahren befasste Kuhnemann sich vorwiegend mit seinen beiden grossen Vorbildern Kant und Goethe zu denen er jeweils eine zweibandige Monographie erarbeitete Daneben gab er 1927 Band VI der Schriftenreihe Die Philosophie in Selbstdarstellungen mit einem autobiographischen Kapitel heraus Seit 1921 war Kuhnemann Ehrenmitglied der Wissenschaftlichen Verbindung Rheinfranken der spateren Marburger Burschenschaft Rheinfranken 15 Er wurde Mitglied in Alfred Rosenbergs Kampfbund fur deutsche Kultur 16 Als Deutschnationaler war Kuhnemann Anhanger Papens und hoffte dass gemeinsam mit der NSDAP ein Volksstaat der nationalen Willensfreiheit entstehen wurde Als Hitler nach der Reichstagswahl vom November 1932 keine Koalition mit den Konservativen einging sprach er von einem Versagen als Volksfuhrer 17 Kuhnemann begrusste die Machtubernahme trat aber der NSDAP nicht bei Von Reichserziehungsminister Rust wurde er geschatzt 18 Kuhnemann war ein Gegner der Weimarer Republik des Parteienstaates der Demokratisierung die er fur eine geistlose Nachahmung der amerikanischen Demokratie hielt Andererseits gerierte er sich gerne als philosophischer Weltburger fur den es in geistigen Dingen keine kleinlichen nationalen Grenzen zu geben schien zumal dann wenn es sich um grosse Geister handelte So nannte er Spinoza und Goethe in einem Atemzug und sprach von Inspiration und Geistesverwandtschaft beider 19 Auch fand er noch 1932 dass das Burgertum Trager der staatsbewussten Einheit sei 20 Mit solchen Auffassungen fand er nach 1933 keine positive Resonanz bei den Studenten Entsprechend setzte der Nationalsozialistische Studentenbund 1935 bei Kuhnemanns Emeritierung durch dass dieser keine weiteren Vorlesungen mehr abhalten durfte Er war ab dem Sommersemester 1936 von der Lehrtatigkeit entbunden obwohl es noch keinen Nachfolger gab und seine Stelle vertreten werden musste In den folgenden Jahren war Kuhnemann mit einer Reihe von Vortragen weiter aktiv Im Jahr 1941 hielt er die Eroffnungsrede fur die neu gegrundete Reichsuniversitat Posen Im Jahr 1945 zog er sich nach Fischbach im Riesengebirge zuruck wo er engen Kontakt zu Gerhart Hauptmann hielt der im nahe gelegenen Agnetendorf lebte und drei Wochen vor ihm starb Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurden Kuhnemanns Schriften Den Freunden den Meinen und mir an meinem siebzigsten Geburtstag 28 Juli 1938 Salzer Heilbronn 1938 Goethes Faust und der Ostergedanke Friedrich Nietzsche in seiner Bedeutung fur das Denken der Gegenwart 2 Reden Trewendt amp Granier Breslau 1938 und Der Freiheitskampf der Deutschen Nationale Verlagsgesellschaft Leipzig 1941 in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt 21 22 23 Schriften BearbeitenTurgenjew und Tolstoj Berlin 1893 Herders Personlichkeit in seiner Weltanschauung 1893 Herders Leben Munchen 1895 3 Auflage 1927 unter dem Titel Herder Grundlehren der Philosophie Studien uber Vorsokratiker Sokrates und Platon Berlin und Stuttgart 1899 Uber die Grundlagen der Lehre des Spinoza Halle a S 1902 Schiller Beck Munchen 1905 7 Aufl 1927 Vom Weltreich des deutschen Geistes Reden und Aufsatze Munchen 1914 2 Auflage Aus dem Weltreich deutschen Geistes 1927 Deutschland Amerika und der Krieg Chicago 1915 Deutschland und Amerika Briefe an einen deutsch amerikanischen Freund 1917 4 Auflage 1925 Gerhart Hauptmann Aus dem Leben des deutschen Geistes in der Gegenwart Funf Reden 1922 Kant zwei Bande Munchen 1923 24 Band 1 Der europaische Gedanke im vorkantischen Denken Band 2 Das Werk Kants und der europaische Gedanke Goethe 2 Bande Leipzig 1930 George Washington Werden und Wachsen des Amerikagedankens 1932 Mit unbefangener Stirn Mein Lebensbuch Erinnerungen Heilbronn 1937 Goethes Faust und der Ostergedanke Friedrich Nietzsche in seiner Bedeutung fur das Denken der Gegenwart Zwei Reden Breslau 1938 Der Freiheitskampf der Deutschen Leipzig 1941Literatur BearbeitenFriedbert Holz Kuhnemann Eugen In Neue Deutsche Biographie NDB Band 13 Duncker amp Humblot Berlin 1982 ISBN 3 428 00194 X S 205 f Digitalisat Alfred Mann Hrsg Festschrift fur Eugen Kuhnemann zum 28 Juli 1928 Breslau 1928 hrsg von der Volkshochschule Breslau Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Eugen Kuhnemann Quellen und Volltexte Werke von und uber Eugen Kuhnemann in der Deutschen Digitalen Bibliothek Kuhnemann Eugen In Ostdeutsche Biografie Kulturportal West Ost Kuhnemann Eugen Hessische Biografie Stand 12 Mai 2021 In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Einzelnachweise und Anmerkungen Bearbeiten Eugen Kuhnemanns Vetter Herbert Kuhnemann war Prasident des Deutschen Patentamtes Kuhnemann Eugen In Ostdeutsche Biografie Kulturportal West Ost Eugen Kuhnemann Mit unbefangener Stirn Mein Lebensbuch Erinnerungen Heilbronn 1937 S 130 Eugen Kuhnemann Deutschland Amerika und der Krieg Chicago 1915 S 36 a b Roswitha Grassl Breslauer Studienjahre Hans Georg Gadamer im Gesprach Schriften des Forschungsprojektes zu Leben und Werk Richard Honigswalds Mannheim 1996 Norbert Kapferer Die Nazifizierung der Philosophie an der Universitat Breslau 1933 1945 Lit Munster 2001 S 24 Eugen Kuhnemann Herders Personlichkeit in seiner Weltanschauung 1893 zitiert nach Werner Ziegenfuss Philosophen Lexikon de Gruyter Berlin 1949 Band 1 S 694 Eugen Kuhnemann Herder In Hochschule und Ausland 13 1935 S 36 Eugen Kuhnemann Fichte der Erzieher zur deutschen Nation In Vom Weltreich des deutschen Geistes Munchen 1914 S 171 194 176 Eugen Kuhnemann Vom Weltreich des deutschen Geistes Munchen 1914 Vorwort VII Eugen Kuhnemann Deutschland und Amerika 1917 S 22 23 Peter Hoeres Krieg der Philosophen Die deutschen und die britischen Philosophen im ersten Weltkrieg Schoningh Paderborn 2004 S 324 Norbert Kapferer Die Nazifizierung der Philosophie an der Universitat Breslau 1933 1945 Lit Munster 2001 S 25 Eugen Kuhnemann Kant Band II Munchen 1924 zitiert nach Werner Ziegenfuss Philosophen Lexikon de Gruyter Berlin 1949 Band 1 S 695 Altherrenverband der Marburger Burschenschaft Rheinfranken e V Verzeichnis der verstorbenen Mitglieder der Burschenschaft Rheinfranken Altherrenverband der Marburger Burschenschaft Rheinfranken e V abgerufen am 26 Marz 2021 Norbert Kapferer Die Nazifizierung der Philosophie an der Universitat Breslau 1933 1945 LIT Verlag 2002 ISBN 3 8258 5451 5 Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich Akademie Berlin 2002 S 374 Friedbert Holz Kuhnemann Eugen In Neue Deutsche Biographie NDB Band 13 Duncker amp Humblot Berlin 1982 ISBN 3 428 00194 X S 205 f Digitalisat Norbert Kapferer Die Nazifizierung der Philosophie an der Universitat Breslau 1933 1945 Lit Munster 2001 S 26 Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich Akademie Berlin 2002 S 364 http www polunbi de bibliothek 1946 nslit k html http www polunbi de bibliothek 1947 nslit k html http www polunbi de bibliothek 1948 nslit k htmlNormdaten Person GND 116589817 lobid OGND AKS LCCN n86827985 VIAF 100302190 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Kuhnemann EugenKURZBESCHREIBUNG deutscher PhilosophGEBURTSDATUM 28 Juli 1868GEBURTSORT Hannover Provinz Hannover Konigreich PreussenSTERBEDATUM 12 Mai 1946STERBEORT Fischbach Polen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Eugen Kuhnemann amp oldid 231777095