www.wikidata.de-de.nina.az
Die Zent Heppenheim war ein Gerichts und Verwaltungsbezirk im Suden des heutigen Bundeslandes Hessen Sie durfte ursprunglich den sudlichen Oberrheingau des Herzogtums Franken umfasst haben Der Oberrheingau wurde spater im Herzogtum Westfranken auch Rheinfranken genannt Das Reichskloster Lorsch hatte durch seine Freiheiten und die Schenkungen Karls des Grossen nach 772 die Gerichtsbarkeit in der Zent inne bevor es 1232 dem Erzbistum Mainz unterstellt wurde Kurmainz ubte danach bis auf die Zeit der Verpfandung an die Kurpfalz von 1424 bis 1623 die Hoheit in der Zent aus Der Umfang der Zent nahm im 13 bis 15 Jahrhundert durch veranderte Herrschaftsverhaltnisse und die Abspaltung kleiner Zenten stark ab Allerdings ubte in den meisten Fallen das Zentgericht in Heppenheim weiter die Hohe Gerichtsbarkeit aus oder blieb der Oberhof der abgespalteten Zenten 1782 musste die Zent im Rahmen einer Verwaltungsreform Kompetenzen an die neu errichten Amter Heppenheim Bensheim Lorsch abgeben und 1803 mit dem Ubergang an Landgrafschaft Hessen Darmstadt infolge der Napoleonischen Kriege wurden die Aufgaben der Zent vollstandig von den Amtern ubernommen Die Zeichnung aus dem Gerichtsbuch des Vogtes Sebastian Zollner 1589 96 zeigt das Zentgericht in Memmelsdorf ostlich Bambergs bei einer VerhandlungInhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Umfang der Zent 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie Funktion der Zenten als Verwaltungseinheit war vielfaltig und verandere sich im Laufe der Zeit Immer war die Zent mit einer Gerichtsbarkeit verbunden die durch das Zentgericht ausgeubt wurde Ublicherweise fungierte bei den Verhandlungen der Zentgraf als Vorsitzender das Urteil wurde aber von Schoffen gesprochen Aber auch andere Verwaltungsaufgaben wie die Rekrutierung von militarischen Einheit die Festlegung und Uberwachung von Masseinheiten die Unterhaltung von Richtplatzen der Verwaltung der Dominalien Kellerei die Verpflegung von Amtspersonen und anderes mehr wurde der Zent auferlegt und durch den Zentgrafen organisiert und uberwacht 1 Die erste urkundliche Erwahnung Heppenheims stammt aus dem Jahr 755 als Abschrift einer Schenkungsurkunde im Codex Laureshamensis dem Besitzverzeichnis des Klosters Lorsch als ein Marcharius seinen Hausstand in Weinheim nebst zugehorigem Besitz der Kirche St Peter in Heppenheim ubertrug 2 Wann genau die Zent Heppenheim eingerichtet wurde ist unbekannt sie durfte anfangs den gesamten Sudteil des Oberrheingaus umfasst haben da sich die Zentgrenzen im Wesentlichen an Gaugrenzen des Frankenreichs und den kirchlichen Verwaltungsgrenzen orientierten 3 Aus dem Jahr 1222 stammt die alteste schriftliche Uberlieferung uber ein Gericht in Heppenheim das erst auf dem Kirchhof und spater auf dem Landsberg oder Landberg zwischen Heppenheim und Bensheim tagte Die Gerichtsstatte auf dem Landsberg ist seit 1224 eindeutig nachweisbar 4 Mit der Rodung der grossen Walder des Odenwaldes wurde der Rahmen fur neue Zentgebiete geschaffen Etwa mit der Schenkung der Mark Heppenheim und Heppenheims im Jahr 772 durch Karl den Grossen und der Mark Michelstadt 819 durch Einhard an das Reichskloster Lorsch Diese Schenkungen hatten vor allem das Ziel die Urbanisierung des Odenwaldes der damals noch weitgehend aus Urwald bestand voranzutreiben Durch viele weitere Schenkungen erreichte das Kloster im 9 und 10 Jahrhundert seine grosste Macht bevor sein Niedergang im 11 und 12 Jahrhundert folgte Dies fuhrte schliesslich dazu dass Kaiser Friedrich II 1232 das Kloster dem Erzbistum Mainz zur Reform unterstellte Durch die Freiheiten des Reichsklosters waren die Klostervogte Verwalter und Gerichtsherren innerhalb des Klosterbesitzes Dieses Amt kam um 1165 in den Besitz der Pfalzgrafen Aus dieser Konstellation entwickelten sich schwerer Auseinandersetzungen zwischen dem Erzbistum Mainz und der Kurpfalz als Inhaber der Vogtei Diese Streitigkeiten konnten erst Anfang des 14 Jahrhunderts durch einen Vertrag beigelegt werden in dem die Besitzungen des Klosters zwischen Kurmainz und Kurpfalz aufgeteilt und die Vogteirechte der Pfalzgrafen bestatigt wurden Die Burg Starkenburg oberhalb Heppenheims wurde 1065 als Schutzburg des Klosters Lorsch errichtet Ein Burggraf wurde erstmals 1267 erwahnt und vom Amt Starkenburg wird seit der Zusammenlegung der Oberaufsicht uber alle Lorscher Gefalle und der obersten Gerichtsbarkeit in der Hand des Burggrafen der Burg Starkenburg gesprochen wodurch es als Justiz und Kameralamt fungierte Die erste Erwahnung des Kellners in Heppenheim erfolgte 1322 Er hatte seinen Sitz im Amtshof von Heppenheim und war der hochste Finanz und Justizbeamte nach dem Burggrafen Aus dem Jahr 1424 ist eine Vergleich zwischen Graf Johann von Katzenelnbogen und dem Erzbischof Konrad von Mainz uberliefert in der vereinbart wurde dass alle Frevel ausserhalb Zwingenbergs und Auerbachs auf dem Landsberg zu Heppenheim abgeurteilt werden sollen und ausserdem den armen Leuten des Pfalzgrafen und der Schenken von Erbach hier ihr Recht gewiesen werden soll 1430 werden auf dem Landsberg die Rechte des Erzbischofs Konrad und des Pfalzgrafen Ludwig durch 13 Zentschoffen auf Wunsch des Vogts von Heidelberg Ritter Weiprecht von Helmstatt und Burggrafen der Starkenburg Junker Hans von Habern festgelegt 5 Im Verlauf der fur Kurmainz verhangnisvollen Mainzer Stiftsfehde wurde das Amt Starkenburg an Kurpfalz wiedereinloslich verpfandet und blieb anschliessend fur 160 Jahre pfalzisch Pfalzgraf Friedrich liess sich fur seine Unterstutzung von Erzbischof Dieter im durch die Kurfursten am 19 November 1461 geschlossenen Weinheimer Bund das Amt Starkenburg verpfanden wobei Kurmainz das Recht erhielt das Pfand fur 100 000 Pfund wieder einzulosen Damit hatte die Kurpfalz auch die Oberhoheit uber die Zent Heppenheim Die Kurpfalz fuhrte 1556 die Reformation ein und hob infolgedessen 1564 das Kloster Lorsch auf Im Laufe der Zeit kam es zu mehreren Abspaltungen von neuen Zenten aus der Heppenheimer Zent die aber teilweise noch abhangig von der Heppenheimer Zent blieben und deren Oberhof bildete Auch wurde die Hohe Gerichtsbarkeit dieser Zenten weiter durch die Heppenheimer Zent ausgeubt Die einzige Ausnahme bildete die Zent Furth die ein eigenes Hochgericht hatte Durch den Landshuter Erbfolgekrieg 1504 05 wurde aus dem hessischen Gebiet um Zwingenberg Zwingenberg Auerbach Hochstatten Beedenkirchen Schwanheim Grosshausen Langwaden und Gross Rohrheim die selbstandige Zent Zwingenberg gebildet 5 Einem Gebietsaustausch zwischen der Grafschaft Erbach und der Kurpfalz von 1561 bildete die Grundlage fur die Neu Zent des pfalzischen Amtes Lindenfels Die Hohe Gerichtsbarkeit uber Diebstahl Mordgeschrei Steinwurf Rauber und Ketzerei blieb aber bis 1716 in Heppenheim Urkunden bewiesen dass die Neu Zent bereits 1613 bestand und dass 1665 Rechtssachen an das Zentgericht in Mittershausen und von da an das kurpfalzische Hofgericht appelliert wurden 6 Auch die kleine Zent Birkenau wurde um 1600 aus Adelsbesitz gegrundet Es blieben aber auch Orte bis zum Ende des 18 Jahrhunderts bei der Zent wie das erbachsche Rimbach die nicht mehr zum Mainzer Hoheitsgebiet gehoren 7 Im Laufe des Dreissigjahrigen Krieges eroberten 1623 spanische Truppen der Katholischen Liga die Region womit die Zent Heppenheim unter Kurmainzer Herrschaft kam Die durch die Pfalzgrafen eingefuhrte Reformation wurde weitgehend ruckgangig gemacht und die Bevolkerung musste zum katholischen Glauben zuruckkehren Zwar zogen sich die spanischen Truppen nach 10 Jahren vor den anruckenden Schweden zuruck aber nach der katastrophalen Niederlage der Evangelischen in der Nordlingen 1634 verliessen auch die Schweden die Bergstrasse und mit dem Schwedisch Franzosischen Krieg begann ab 1635 das blutigste Kapitel des Dreissigjahrigen Krieges Aus der Region berichten die Chronisten aus jener Zeit Pest und Hunger wuten im Land und dezimieren die Bevolkerung sodass die Dorfer ofters vollig leer stehen Mit dem Westfalischen Frieden von 1648 wurde die Einlosung der Pfandschaft endgultig festgeschrieben 1782 wurden anlasslich einer Umstrukturierung des Kurmainzer Amtes Starkenburg die vier neuen Unter Amter Furth Heppenheim Bensheim und Lorsch gegrundet an die viele Befugnisse der Zenten ubergingen wahrend das Amt Starkenburg jetzt als Oberamt bezeichnet wurde Die bisher der Zent Heppenheim als Oberhof unterstellten Zentgerichte in Furth Morlenbach und Abtsteinach wurden dem neuen Amt Furth unterstellt wahrend die Orte der Zent Heppenheim in den Verwaltungsbereichen der Amter Heppenheim Bensheim und Lorsch zugeordnet wurden Zwar blieb die Zentordnung mit dem Zentschultheiss formal bestehen dieser konnte jedoch nur noch die Anordnungen der ubergeordneten Behorden ausfuhren Das Oberamt Starkenburg gehorte zum Unteren Erzstifts des Kurfurstentums Mainz Die Kurmainzer Zeit endete 1803 als mit den Napoleonischen Kriegen das Heilige Romische Reich Deutscher Nation unterging und mit der Auflosung von Kurmainz das Oberamt Starkenburg an Hessen fiel Die einzelnen Unteramter wurden im Furstentum Starkenburg der Landgrafschaft Hessen Darmstadt und ab 1806 im neu gegrundeten Grossherzogtum Hessen als hessische Amtsvogteien weitergefuhrt 5 In der Landgrafschaft Hessen Darmstadt wurde mit Ausfuhrungsverordnung vom 9 Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert Fur das Furstentum Starkenburg wurde das Hofgericht Darmstadt als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Amter bzw Standesherren vorgenommen Das Hofgericht war fur normale burgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz fur standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfalle die erste Instanz Ubergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt Damit hatten die Zent und die mit ihnen verbundenen Zentgerichte endgultig ihre Funktion eingebusst Mit der Grundung des Grossherzogtum Hessens 1806 wurde diese Aufteilung bis 1821 beibehalten Nachdem das Grossherzogtum 1820 eine neue Verfassung erhalten hatte wurde durch die Verwaltungsreform in den Jahren von 1821 22 zum ersten Mal eine Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung vorgenommen Dabei wurden fur die Gerichtsbarkeit der ersten Instanz Landgerichte geschaffen aus denen 1879 die heutigen Amtsgerichte hervorgingen Umfang der Zent BearbeitenAus den Jahren 1563 ist eine Beschreibung der Zent bekannt Danach urteilen 14 Zentschoffen wovon 7 aus Heppenheim und Bensheim stammen Die Gerichtsstatte befand sich auf dem Landsberg und die Richtstatte war der Galgen nahe dem Landsberg Zu Zent gehorten 5 Elf Kurmainzer Orte Lorsch Biblis Burstadt Viernheim Ober Hambach Unter Hambach Kirschhausen Erbach bei Heppenheim Sonderbach Wald Erlenbach Morlenbach Dreizehn Erbachische Orte Schonberg Zell Gronau Elmshausen Wilmshausen Reichenbach Hohenstein heute ein Forsthaus in der Gemarkung Reichenbach der Gemeinde Lautertal Lautern Gadern Railbach ehemaliger Weiler sudlich Breitenwiesen Rimbach Munschbach Zotzenbach Sieben Kurpfalzer Orte Sie werden 1571 gegen pfalzer Orte getauscht und bilden die Neu Zent des pfalzer Amtes Lindenfels Erst 1714 wurde auch die Hohe Gerichtsbarkeit durch die Pfalz ausgeubt Mitlechtern Schannenbach Lautenweschnitz Knoden Breitenwiesen Scheuerberg Mittershausen Zwei Ritterschaftliche Orte Igelsbach gehorte den Herrn von Ulner Albersbach gehorte den Herrn von Dalberg 8 Literatur BearbeitenMeinrad Schaab Die Zent in Franken von der Karolingerzeit bis ins 19 Jahrhundert Online PDF 1 6 MB Memento vom 6 Februar 2020 im Internet Archive Eckhardt Albrecht Zur Geschichte der Zenten im sudlichen Odenwald In Archiv fur hessische Geschichte und Altertumskunde NF 35 1977 S 305 312 Herausgeber Hessisches Staatsarchiv Darmstadt in Verbindung mit dem Historischen Verein fur Hessen Konrad Dahl Historisch topographisch statistische Beschreibung des Furstenthums Lorsch oder Kirchengeschichte des Oberrheingaues Darmstadt 1812 Online bei Google Books Weblinks BearbeitenRechtsbegriffe im Mittelalter In regionalgeschichte netEinzelnachweise Bearbeiten Konrad Dahl Seite 175f und 240ff Glockner Karl Codex Laureshamensis 02 Band Kopialbuch I Teil Oberrhein Lobden Worms Nahe und Speiergau Darmstadt 1933 S 109 Nr 429 Reg 1 Meinrad Schaab S 353 Meinrad Schaab S 353 a b c d Wilhelm Muller Hessisches Ortsnamenbuch Starkenburg Darmstadt 1937 Seite 309 314 Christoph Friedrich Moritz Ludwig Marchand Lindenfels Ein Beitrag zur Ortsgeschichte des Grossherzogthums Hessen Darmstadt 1858 online bei Google Books S 40ff Meinrad Schaab S 357 Friedrich von Thudichum Rechtsgeschichte der Wetterau H Laupp 1867 S 323f online bei Google Books Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Zent Heppenheim amp oldid 233493407