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Ein Schoffe von althochdeutsch sceffino oder scaffin der Anordnende mittelhochdeutsch scheffe ne oder schepfe ne 1 auch Schoppe niederdeutsch und Schopfe oberdeutsch 2 war im hohen und spaten Mittelalter und in der Fruhen Neuzeit eine Person die mit Aufgaben in der Rechtsprechung aber auch da damals judikative und exekutive Gewalt nicht getrennt waren mit Verwaltungsaufgaben betraut war Inhaltsverzeichnis 1 Entwicklung 1 1 Entstehung 1 2 Karolingische Nachfolgestaaten 1 3 Romisches Recht 2 Literatur 3 EinzelnachweiseEntwicklung BearbeitenEntstehung Bearbeiten Ursprunglich waren Streitschlichtung und Rechtsfindung Angelegenheit des gesamten Dorfes oder einer gesamten Region An den dazu regelmassig stattfindenden Versammlungen Thing mussten alle volljahrigen Manner teilnehmen Mit der zunehmenden sozialen Ausdifferenzierung fiel es einigen schwerer als anderen dem nachzukommen Dies fuhrte auch zu einer Ausdifferenzierung derjenigen die an den Versammlungen tatsachlich teilnahmen Der Begriff Schoffe sceffino tritt seit dem Ende des 8 Jahrhunderts auf und ersetzte den in der Sache Gleiches bezeichnenden Begriff rachineburgius Karl der Grosse institutionalisierte dies in einer Reihe von Kapitularien Nicht mehr die ganze Gerichtsgemeinde sondern nur noch sieben Schoffen sollten Recht sprechen Damit zentralisierte er die Legitimation des Gerichtsverfahrens indem er die Tatigkeit der Schoffen die bis dahin durch die Gerichtsgemeinde legitimiert waren zu Beauftragten der Krone machte Die Tatigkeit des Schoffen wurde so zum Schoffenamt Gleichzeitig marginalisierte er die Rolle der Grafen oder Schultheissen im Gerichtsverfahren denen nun nur noch die Verfahrensleitung oblag Aufgabe der Schoffen im Gerichtsverfahren war es auf Fragen die ihnen der Richter zu dem vorliegenden Fall stellte zu antworten 3 Die Schoffen sprachen so das Urteil konnten sich dabei aber auch bei der versammelten Gerichtsgemeinde ruckversichern Die aufwandigere Tatigkeit als Schoffe konnte sich nur derjenige leisten der wirtschaftlich entsprechend gut da stand 4 Ausserdem forderten Schoffenordnungen dass Schoffen volljahrig weise gottesfurchtig charakterstark und unbescholten sein sollten Auf dorflicher stadtischer oder regionaler Ebene war auch erforderlich dass der Schoffe dort Grundbesitz hatte und dort wohnte 5 Karolingische Nachfolgestaaten Bearbeiten Diese auf Schoffen basierende Gerichtsverfassung setzte sich in den Nachfolgestaaten des Karolingischen Reiches und daruber hinaus etwa in England durch Sie war auch Vorbild fur die Organisation der Gerichte auf unterschiedlichen Ebenen ortlich Dorfgerichte regionale Zentgerichte und Reichshofgericht wurden nach diesem Modell geformt 6 Dabei anderte sich im Lauf der Zeit in einzelnen Gerichten die Zahl der Schoffen Oft wurden es 12 aber auch 14 oder 24 oder eine andere Zahl von Schoffen war aufgrund ortlicher oder regionaler Besonderheiten moglich 7 Schoffengremien konnten sich teilweise durch Kooptation selbst erganzen zum Teil war dabei das Einvernehmen mit der jeweiligen Obrigkeit erforderlich Wer als Schoffe ausgesucht wurde war verpflichtet das Amt anzutreten 3 Schoffen wurden durch einen feierlichen Eid verpflichtet Neben ihrer primaren Tatigkeit in der streitigen Gerichtsbarkeit ubernahmen Schoffen auch zunehmend Aufgaben der freiwilligen Gerichtsbarkeit etwa die Beglaubigung von Urkunden und andere offentlich rechtliche Aufgaben wie Markt oder Forstaufsicht und in Wasser und Weideangelegenheiten 3 Die Gerichtsschoppen in Dorfern waren zumeist Bauern Bei den Landgerichten gab es die Landschoppen auch Amtslandschoppen genannt die Bezeichnungen variieren regional Das Schoffenamt konnte an den Besitz bestimmter Guter gebunden sein etwa an die Amtslandschoppenguter oder Saupenguter im sachsischen Amt Rochlitz 8 Diese Saupen konnten sich uber mehrere Dorfer verteilen die dann eine eigene Gerichtsgemeinde mit einem eigenen Saupenrichter bildeten Die Gerichtsschoffen waren in Sudhessen von Abgaben sowie Frondiensten entbunden 9 Eine besondere Funktion entwickelten die stadtischen Schoffengerichte Da sich im Schoffengericht die wohlhabenderen Einwohner versammelten entwickelte sich das Schoffengericht zu einem kommunalen Leitungsorgan neben dem Schultheissen So entstand in manchen Stadtraten eine Schoffenbank etwa in Aachen Koln Frankfurt am Main oder Nurnberg Diese Schoffen hatten in der Regel bis weit in das 17 Jahrhundert hinein keine juristische Ausbildung 10 Romisches Recht Bearbeiten Ab dem 15 Jahrhundert wurden die bestehenden volksgerichtlichen Strukturen durch das romische Recht ersetzt Fur die Schoffengerichte bedeutete das dass sie durch Gerichte abgelost wurden die mit studierten Juristen besetzt waren Das geschah zunachst auf oberster Ebene 1451 mit der Einrichtung des Reichskammergerichts Auf der darunter liegenden Ebene setzte die Forderung nach einer fachlichen Qualifikation also Kenntnis des romischen oder kodifizierten Rechts im 16 Jahrhundert ein zum Teil aber auch in der Form dass das Schoffengericht erhalten blieb nun aber gefordert wurde dass die Schoffen eine entsprechende Qualifikation aufwiesen 3 Insgesamt aber setzte eine Verdrangung der althergebrachten Schoffengerichtsbarkeit zugunsten romisch rechtlich organisierter Gerichte ein Nur in Dorfern und kleineren Stadten hielten sich die Schoffengerichte bis zum Ende des Alten Reiches Das Schoffenamt wie es auch heute noch in den Strafprozessordnungen Deutschlands und Osterreichs vorgesehen ist geht auf die politische Aufklarung im 19 Jahrhundert und die Emanzipation des Burgertums zuruck Die Beteiligung von Nichtjuristen an der Rechtsprechung sollte den Einfluss der Obrigkeit verringern Ehrenamtliche Richter bringen im Ideal ein vom rein juristischen Denken unabhangiges Verstandnis in die Urteilsfindung ein das starker in der Lebenswirklichkeit verwurzelt sein sollte Diese moderne Form des Schoffenamtes wurde aber seit ihrer Einfuhrung auch teilweise wieder zuruckgenommen da sich Gerichtsverfahren mit Profis rationeller durchfuhren lassen 1924 wurden in Deutschland die Geschworenengerichte abgeschafft Heute kommt dem Namen Schwurgericht nur noch eine historische Bedeutung zu Sachliche Unterschiede zur normalen grossen Strafkammer des Landgerichts bestehen nicht mehr Die Besetzung des Schwurgerichts besteht heute aus drei Berufsrichtern und zwei Schoffen Dabei sind Schoffen keine Geschworenen mehr Dagegen ist im angelsachsischen Rechtskreis das Schoffengericht Jury mit 12 Geschworenen bei gerichtlichen Grossverfahren recht verbreitet Literatur BearbeitenFriedrich Battenberg Schoffen Schoffengericht In Adalbert Erler u a Handworterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte HRG Bd 4 1990 ISBN 3 503 000 151 Sp 1463 1469 Eberhard Isenmann Gelehrte Juristen und das Prozessgeschehen in Deutschland im 15 Jahrhundert In Franz Josef Arlinghaus u a Praxis der Gerichtsbarkeit in europaischen Stadten des Spatmittelalters Frankfurt 2006 Rudolf Herrmann Die Schoffen in den Strafgerichten des kapitalistischen Deutschland Uberarbeitete Dissertation der Martin Luther Universitat Halle Wittenberg 1956 Berlin 1957 DNB 451979249 Einzelnachweise Bearbeiten Schoffe der Duden abgerufen am 18 Januar 2016 Schoffe m In Jacob Grimm Wilhelm Grimm Hrsg Deutsches Worterbuch 16 Bande in 32 Teilbanden 1854 1960 S Hirzel Leipzig woerterbuchnetz de a b c d HRG Sp 1467 HRG Sp 1463f HRG Sp 1465f HRG Sp 1464f HRG Sp 1465 Besitz Berufs und Amtsbezeichnungen sachsischer Bauern Arbeitsgemeinschaft fur mitteldeutsche Familienforschung 23 Marz 2008 archiviert vom Original am 12 November 2013 abgerufen am 16 Februar 2015 Wilhelm Muller Hessisches Ortsnamenbuch Hrsg Historische Kommission fur den Volksstaat Hessen Band 1 Starkenburg Darmstadt 1973 OCLC 251560631 S 342 Isenmann S 307 Fussnote 11Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Schoffe historisch amp oldid 235242655