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Die gotische Stiftskirche St Agidius in Neustadt an der Weinstrasse ist das grosste Gotteshaus der pfalzischen Stadt die im Mittelalter eine der Residenzen der Kurpfalz war Die Doppelkirche verfugt durch das nachtragliche Einfugen einer Trennwand uber einen katholischen und einen protestantischen Teil Kirchturme der Stiftskirche in Neustadt an der Weinstrasse Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Geschichte 2 1 Bau und Stiftsgeschichte 2 2 Grabinschriften von Stiftsgeistlichen 2 3 Grablege und Memoria 3 Architektur und Ausstattung 3 1 Gebaude 3 2 Turme 3 3 Renovierung 3 4 Glocken 3 5 Orgeln 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLage BearbeitenDie Kirche steht im Zentrum der Stadt Mit dem Chor konventionell nach Osten ausgerichtet schliesst sie den mittelalterlichen Marktplatz nach Norden zum Kartoffelmarkt hin ab Mit ihren beiden unterschiedlichen Turmen ist sie ein weithin sichtbares Wahrzeichen der Stadt Geschichte BearbeitenBau und Stiftsgeschichte Bearbeiten nbsp Die Stiftskirche vom Marktplatz gesehen nbsp Langhaus und Chorbereich der Stiftskirche vom Dachreiter aus nach hinten erstreckt sich der katholische Kirchenteil nbsp Evangelischer Teil mit dem expressionistischen Mosaik von August Babberger nbsp Chor der Stiftskirche Neustadt mit dem Hochaltar der JesuitenPfalzgraf Rudolf II verfugte testamentarisch die aus dem 13 Jahrhundert stammende Pfarrkirche St Agidius seiner Residenz Neustadt an der Weinstrasse in eine Memoria also eine Gebets und Gedenkstatte fur das Haus Wittelsbach umzuwandeln und wunschte dort begraben zu werden Nach seinem Tode am 4 Oktober 1353 bestattete man ihn wunschgemass im Altarbereich der Neustadter Pfarrkirche St Agidius 1 1356 stiftete der Nachfolger Kurfurst Ruprecht I aufgrund des testamentarischen Willens seines Bruders Rudolf II das Liebfrauen Kollegiatstift Neustadt als Memoria fur die gemeinsame Familie 2 In der Grundungsurkunde bezeichnete Kurfurst Ruprecht als Motivation neben dem vordergrundigen Zweck der Grablege und Memoria ausdrucklich die Sorge um einen moglichst feierlichen haufigen und gottgefalligen Gottesdienst in Neustadt 3 Er liess die romanische Pfarrkirche St Agidius mit einem prachtvollen Chor nach Osten hin erweitern Dieser Neubau der heutige kath Teil der Neustadter Stiftskirche wurde laut einer Pfeilerinschrift 1368 begonnen als Baumeister ist 1394 ein Meister Marck bezeugt Der Hauptaltar der Gesamtkirche ruckte durch den erweiterten Chorbereich ein gutes Stuck nach Osten und der Altarbereich der alten Pfarrkirche wo Rudolf II begraben worden war befand sich nunmehr am Ubergang vom Vorgangerbau zum neuen Chor An dieser Stelle direkt unter der heutigen Trennwand begrub man 1377 auch Rudolfs 2 Ehefrau Pfalzgrafin Margarete von Sizilien Aragon an der Seite ihres Gatten Nach und nach errichtete man zum neuen Chor auch ein neues Langhaus mit Paradies und den beiden Kirchturmen Als Liebfrauenkirche wurde das Gotteshaus St Maria geweiht die traditionell als Patronin des Hauses Wittelsbach gilt der Heilige Agidius trat als Nebenpatron in den Hintergrund Die 15 Stiftsherren mit einem infulierten ehrenhalber zum Tragen einer Mitra berechtigten Dekan an der Spitze hatten taglich fur das Furstenhaus Wittelsbach zu beten die Messe zu zelebrieren und an jeweiligen Todestagen verschiedener Familienmitglieder feierliche ewige Jahrgedachtnisse Seelenmessen am Todestag zu feiern Fur manche Furstlichkeiten waren eigene Seelenwarter bestellt die sich gebetsmassig hauptsachlich um die Seele eines bestimmten Verstorbenen kummerten 4 Auch der Grunder Kurfurst Ruprecht I und seine Gemahlin Beatrix von Berg liessen sich in der Stiftskirche begraben jedoch bereits im neuen Chor Ihre Graber befinden sich dort im Mittelgang kenntlich durch Bronzeinschriften 1556 fuhrte Kurfurst Ottheinrich die Reformation in der Kurpfalz ein und verbot den katholischen Kult Das Stift leistete unter seinem letzten Dekan Laurentius Kercher zahen Widerstand wurde aber 1566 endgultig aufgelost und ging an die neue protestantische Pfarrei uber Damit geriet auch der Stiftungszweck als Gebetsstatte fur die Verstorbenen des Hauses Wittelsbach in Vergessenheit Die Pfalzer Kurfursten wechselten mehrfach ihr Bekenntnis zwischen evangelisch lutherisch und reformiert mit ihnen musste auch das ganze Land und die Stiftskirchengemeinde in Neustadt jeweils das Bekenntnis wechseln 5 Schliesslich gewahrten die mittlerweile wieder katholisch gewordenen Kurfursten dem fruheren Glauben die freie Ausubung und liessen die wenigen verbliebenen Katholiken in Neustadt zunachst von den Kapuzinern ab 1700 von den Jesuiten betreuen Die Stiftskirche wurde ab 1698 simultan genutzt Die kurpfalzische Religionsdeklaration von 1705 6 bestimmte in 17 dass in Oberamtsstadten wie Neustadt wo sich nur eine Kirche und nicht mehrere befanden diese durch eine Scheidemauer zu unterteilen sei wobei der Chor stets den Katholiken das Kirchenschiff aber den Protestanten zufalle 7 Entsprechend verfuhr man auch in Neustadt am 21 November 1705 sprach man den Katholiken das alleinige Nutzungsrecht am Stifts Chor des Gotteshauses zu wahrend die Protestanten das grossere Langhaus mit Pfarrchor und den Turmen erhielten 1707 08 trennte man gemass dem Landesgesetz beide Teile der Stiftskirche mit der heute noch existierenden Mauer voneinander ab jetzige Ruckwand des katholischen Kirchenbereichs Die Jesuiten liessen im katholischen Teil Chor der Gesamtkirche den prachtigen barocken Hochaltar fertigen dessen obere Gelbglas Gloriole dem Apsisaltar des Petersdomes in Rom nachempfunden ist und sie nahmen das stiftungsgemasse Gebetsgedenken fur das Haus Wittelsbach wieder auf In dieser Zeit wirkten hier herausragende Manner wie der weltweit bekannte Moraltheologe Pater Edmund Voit oder Pater Jakob Baegert zuvor Indianermissionar in Amerika der in Neustadt eine umfangreiche Landesbeschreibung Kaliforniens verfasste die dort zu den grundlegenden historischen Quellenwerken zahlt Das Marienpatrozinium wurde 1862 auf die von Konig Ludwig I Bayern grossteils finanzierte benachbarte Marienkirche ubertragen Die katholische Pfarrgemeinde Neustadt hatte sie erbaut da ihr der Chor der Stiftskirche zu klein geworden war So trat der alte Patron St Agidius wieder in den Vordergrund des nunmehr eher selten genutzten katholischen Chores Die Aufteilung der Stiftskirche dauert bis heute an Eine 2009 geplante Entfernung der Trennmauer wurde aufgegeben da man zu dem Schluss kam dass sich beide Kirchenteile seit 1707 getrennt weiterentwickelt haben der katholische Teil ist beispielsweise barockisiert und sich auf der protestantischen Seite der Scheidewand ein wertvolles Mosaik von August Babberger aus dem fruhen 20 Jahrhundert befindet Ausserdem hat die Denkmalbehorde die historische Trennmauer selbst als herausragendes Denkmal pfalzischer Kirchengeschichte eingestuft 2010 wurde der katholische Teil durch das zustandige Bistum Speyer seiner diozesanen Gemeinde des tridentinischen Ritus ubergeben 8 Der Dekan des Liebfrauenstiftes Neustadt bekleidete in vorreformatorischer Zeit an der Universitat Heidelberg automatisch das Amt eines der 4 Konservatoren die als Rat des Kanzlers uber die akademischen Rechte und Freiheiten wachten 9 Dekan Heilmann von Wattenheim 1411 bekleidete auch das Amt eines papstlichen Bevollmachtigten fur die an der Universitat Heidelberg existierenden Privilegien des Hl Stuhls und die ihm direkt unterstehenden Patronatspfarreien der Hochschule Weil mit dem Kirchenneubau in der zweiten Halfte des 14 Jahrhunderts auch die Grundung einer eigenen Stiftsschule verbunden gewesen war wahlte 1964 das alteste Gymnasium Neustadts den Namen des Erbauers Kurfurst Ruprecht Nach Christenmassakern in seiner Heimat besuchte 1861 Gregor Ata der melkitisch katholische Erzbischof von Homs in Syrien die Stiftskirche um in Neustadt Almosen fur seine verwustete Diozese zu sammeln 10 Grabinschriften von Stiftsgeistlichen Bearbeiten Im ausseren Mauerwerk der Kirche sind an verschiedenen Stellen insgesamt 10 Grabinschriften von Stiftsklerikern eingehauen eine weitere im Inneren an einer Saule des Langhauses Sie stammen aus der Zeit zwischen 1450 und 1561 Die bedeutendste Person darunter ist der letzte Stiftsdekan Laurentius Kercher 1561 Die beiden spatesten Inschriften von 1561 als das Stift bereits kurz vor der zwangsweisen Auflosung stand sind qualitativ die schlechtesten In der letzten Grabschrift gewidmet dem Stiftsvikar Nikolaus Schoneck aus Iggelheim verstorben am 26 Dezember 1561 noch acht Monate nach dem letzten Dekan heisst es er sei aus der Welt geschieden mit zu Gott gerichtetem Geist in der Hoffnung auf eine bessere Zeit 11 nbsp Grabinschrift des Kanonikers Johannes Bode von Rotenberg 1450 nbsp Grabinschrift des Stiftsvikars Nikolaus Oleatoris 1451 nbsp Grabinschrift Stiftsvikar Conrad Worm 1453 nbsp Grabinschrift des Kanonikers Johannes Rotenberg 1454 nbsp Grabinschrift Stiftsvikar Heinrich Fritzmann 1460 nbsp Grabinschrift Kanonikus Hermann Bolender 1474 nbsp Grabinschrift des Stiftsvikars Peter Meck 1542 nbsp Grabinschrift des Kanonikers Peter Leipfert 1556 nbsp Grabinschrift des Stiftsdekans Laurentius Kercher 1561 nbsp Grabinschrift Stiftsvikar Nikolaus Schoneck 1561 nbsp Epitaphien von Kurfurst Ruprecht I links und seiner Gattin Beatrix von Berg rechts nbsp Kurfurstengrab heutiges Aussehen nbsp Kurfurst Ruprecht III von der Pfalz als deutscher Konig Ruprecht I Gemalde an der Chordecke nbsp Kurfurst Ludwig III von der Pfalz Gemalde an der ChordeckeGrablege und Memoria Bearbeiten In der Stiftskirche sind funf Mitglieder der Furstenfamilie Wittelsbach bestattet Pfalzgraf Rudolf II 1306 1353 Margarete von Sizilien Aragon 1331 1377 zweite Ehefrau des Pfalzgrafen Rudolf II Kurfurst Ruprecht I 1309 1390 Beatrix von Berg um 1360 1395 zweite Ehefrau des Kurfursten Ruprecht I Blanca von England 1392 1409 Tochter des englischen Konigs Heinrich IV und erste Ehefrau des Kurfursten Ludwig III Laut dem erhaltenen 1 Seelbuch des Liebfrauenstiftes bestehen dort ausserdem ewige Messtiftungen Jahrgedachtnisse fur insgesamt 13 Wittelsbacher Neben den bereits aufgefuhrten in der Kirche bestatteten mit Ausnahme von Margarete von Sizilien Aragon sind dies 12 Herzog Ludwig II von Bayern Pfalzgraf bei Rhein 2 Februar 1294 Herzog Rudolf I von Oberbayern und Pfalzgraf bei Rhein 11 August 1319 Kurfurstin Elisabeth von Namur 29 Marz 1382 erste Gemahlin Ruprecht I Kurfurst Ruprecht II von der Pfalz 6 Januar 1398 Kurfurstin Beatrix von Sizilien Aragon 12 Oktober 1365 Ehefrau Ruprecht II von der Pfalz und Tochter des Konigs Peter II von Sizilien Ruprecht III deutscher Konig und Kurfurst von der Pfalz 18 Mai 1410 Konigin und Kurfurstin Elisabeth von Hohenzollern Nurnberg 26 Juli 1411 Gemahlin Ruprechts III Kurfurst Friedrich I von der Pfalz 12 Dezember 1476 der auch das Furstenhaus Lowenstein begrundeteIn der Zeit der Jesuiten kam noch ein Jahrgedachtnis hinzu fur Kurfurst Johann Wilhelm von der Pfalz 8 Juni 1716 Ein zweites Seelbuch das evtl noch weitere Wittelsbacher Messstiftungen enthielt ging nach der Auflosung des Stiftes verloren In den gotischen Chor der Stiftskirche ist ein Jungstes Gericht gemalt Neben Engeln Seligen und Verdammten sind dort vier Wittelsbacher Furstlichkeiten mit ihren Wappen dargestellt die Christus kniend anbeten Es handelt sich um Kurfurst Ruprecht III von der Pfalz und seine Gemahlin Elisabeth von Hohenzollern Nurnberg sowie ihren Sohn Kurfurst Ludwig III von der Pfalz mit seiner ersten Gattin Blanca von England Die Gemalde sind zeitgenossisch vom Beginn des 15 Jahrhunderts waren in der Reformationszeit ubertuncht und wurden erst Ende des 19 Jahrhunderts wieder freigelegt Sie sind immens wertvoll als authentische Bildquelle zu den dargestellten Personen der mittelalterlichen Deutschen bzw Pfalzischen Geschichte 13 Das Gotteshaus besass einen beruhmten Reliquienschatz der neben vielerlei Heiligen und Apostelreliquien zwei Dorne aus der Dornenkrone ein Stuckchen vom Trinkschwamm Jesu von Golgotha einen kostbar gefassten Kreuzpartikel mit Blutspuren Jesu sowie einen Teil des Schleiers enthalten haben soll den Maria bei der Kreuzigung trug und der deshalb mit Christi Blut bespritzt war Als ihre Hauptstifter sind Kurfurst Ruprecht I und der mit ihm befreundete Konig Ludwig I von Ungarn uberliefert Die Heiligtumer wurden gewohnlich in der dafur besonders ausgebauten Erdgeschosskapelle des Sudturmes unter strengem Verschluss aufbewahrt und befanden sich in einem kostbaren Behaltnis zu gewissen Tagen erfolgte ihre feierliche Ausstellung 14 Wegen der aus Ungarn nach Neustadt verschenkten Reliquien fuhrt das Seelbuch neben den Wittelsbacher Jahrgedachtnissen auch zwei weitere fur Konig Ludwig I von Ungarn und dessen Frau Elisabeth von Bosnien als besondere Wohltater des Stiftes auf Es sind die Eltern der Hl Hedwig von Anjou 15 Die im katholischen Kirchenteil 2010 angesiedelte Gemeinde des tridentinischen Ritus liess die ursprungliche Stifterintention als Memoria des Pfalz Bayerischen Herrscherhauses wieder aufleben und fasste die alten Messtiftungen gemass geltendem Kirchenrecht zu 2 festlichen Gottesdienstterminen im Jahr zusammen Sowohl der Chef des Hauses Wittelsbach Franz Herzog von Bayern als auch Alois Konstantin Furst zu Lowenstein dessen Familie aus dem Geschlecht Wittelsbach hervorging haben reges Interesse daran bekundet 16 17 Die Wiederaufnahme der Stifterintention erfolgte durch eine feierliche Wittelsbachermesse im tridentinischen Ritus am 31 Oktober 2010 an der Alois Konstantin Furst zu Lowenstein Wertheim Rosenberg und seine Gattin Anastasia eine geborene Prinzessin von Preussen als Ehrengaste teilnahmen und anschliessend im Rahmen eines Festaktes im Rathaus begrusst wurden Architektur und Ausstattung BearbeitenGebaude Bearbeiten nbsp Mittelalterliche Chorfenster jetzt Historisches Museum der Pfalz Speyer nbsp Dreifaltigkeitsdarstellung sogenannter Gnadenstuhl sudliche Chorkapelle um 1420 nbsp Engel Deckenmalerei um 1420 freigelegt 2012 im Prot Kirchenteil nbsp Maria Magdalena mit Salbgefass Wandmalerei um 1420 freigelegt 2012 im Prot Kirchenteil nbsp Rest des spatgotischen Chorgestuhls um 1500 nbsp Kapitelssaal uber der Sakristei nbsp Orgel im katholischen Teil dahinter die TrennmauerDie Stiftskirche gilt als ein bedeutendes Kirchenbauwerk der Pfalz Sie stellt eine dreischiffige kreuzrippengewolbte Basilika dar und besitzt einen auffallend langgestreckten funfjochigen Chor mit dreiseitigem Schluss Ursprunglich war der Bau in drei Teile untergliedert den prunkvollen Stiftschor den einfacheren Pfarrchor und das basilikale dreischiffige Langhaus Den Stiftschor heutiger kath Teil trennte ein Lettner von dem Pfarrchor heutiger prot Altarbezirk mit Langhaus Der jetzt evangelische Kirchenteil diente im Mittelalter mit separatem Altar zu den normalen Gottesdiensten Der jenseits des Lettners gelegene Stiftschor heutiger kath Teil war damals nicht frei zuganglich sondern ausschliesslich den Gottesdiensten der Stiftsherren bzw dem Memorialwesen des Kurhauses reserviert Man konnte vom Kirchenschiff bzw vom Pfarrchor nicht in den Stiftschor hineinsehen sondern uber den Lettner hinweg lediglich die oberen Segmente der dortigen bemalten Chorfenster erkennen Zusammen mit dem schon genannten Jungsten Gericht an der Chordecke des katholischen Kirchenteils wurde Ende des 19 Jahrhunderts an der Sudwand der sudlichen Chorkapelle ein gemalter Gnadenstuhl aus der ersten Halfte des 15 Jahrhunderts freigelegt Links des Hochaltars befindet sich an der Wand eine reizvolle lebensgrosse Engelsfigur des Neustadter Barockbildhauers Georg Friedrich Schmiegd 1753 die vom abgebrochenen Hochaltar der Pfarrkirche St Ulrich in Deidesheim stammt Sein Sohn Konrad Schmiegd 1720 1780 soll spater die Figuren des hiesigen Hochaltars geschaffen haben 18 1928 baute man den protestantischen Teil im Innenbereich nach Planen des Karlsruher Architekten Hermann Alker um Das dortige Chormosaik entstand in diesem Jahr nach dem Entwurf von August Babberger gefertigt von der Firma Puhl amp Wagner in Berlin Neukolln In den Jahren 1928 und 1929 wurden hier auch mehrere Glasfenster nach den Entwurfen Babbergers eingesetzt Im ev Chorbereich steht auch der reich beschnitzte Rest des spatgotischen Chorgestuhls um 1500 mit Stifterwappen der Adelsfamilie von Sickingen Nordlich an den Chor zum Kartoffelmarkt hin ist die kreuzgewolbte Sakristei angebaut Durch diesen Sakristeibau fuhrt der Hauptzugang in den katholischen Kirchenteil Daruber sitzt als Obergeschoss der ebenfalls kreuzgewolbte Kapitelsaal welcher ehedem den Stiftsherren fur ihre Zusammenkunfte diente Turme Bearbeiten Die beiden machtigen Turme der Stiftskirche konnen im Rahmen von Fuhrungen besichtigt werden Der 57 Meter 19 hohe Sudturm der ein altes Uhrwerk funf Glocken sowie im oberen leicht zuruckspringenden Teil eine zweietagige Turmerwohnung beherbergt bietet auf 38 Meter Hohe eine umlaufende Aussichtsgalerie von der sich ein sehr guter Blick auf Neustadt und die Berge des Pfalzerwaldes bietet Der 64 Meter hohe Nordturm kann nur bis hinauf zum Glockenstuhl mit den beiden grossen Stahlglocken besichtigt werden Renovierung Bearbeiten 2010 bis 2013 fanden in beiden Kirchenteilen umfangreiche Renovierungen statt bei denen 2012 im protestantischen Kirchenschiff qualitative mittelalterliche Malereien entdeckt und freigelegt wurden Der Hochaltar im katholischen Chor erhielt wieder seinen 1968 entfernten Tabernakel sowie seine damals abgebrochene Mensa zuruck und wurde durch den Speyerer Bischof Karl Heinz Wiesemann am 17 Oktober 2010 neu geweiht Er dient nach Wegnahme des Volksaltares jetzt wieder als Zelebrationsaltar Der barocke Dachreiter auf dem katholischen Kirchteil musste wegen Baufalligkeit herunter genommen und wieder neu aufgebaut werden Glocken Bearbeiten Das Gelaute der Stiftskirche besteht aus sieben Glocken die im Jahre 1949 vom Gussstahlwerk Bochumer Verein gegossen wurden Das Glockenensemble ist mit seinen rund 33 Tonnen Gesamtgewicht das grosste je gegossene Gelaut aus Gussstahl die Kaiser Ruprecht Glocke mit einem Durchmesser von etwa 3 21 Metern ist die grosste Gussstahlglocke der Welt und die zweitgrosste Kirchenglocke Deutschlands nach der Petersglocke im Kolner Dom Im Nordturm hangen die beiden grossen Glocken ubereinander in einem Stahlglockenstuhl im Sudturm die ubrigen Glocken ebenfalls in einem stahlernen Glockenstuhl Alle Glocken mussten aus Platzmangel an gestelzten Stahljochen aufgehangt werden Die elektrische Lautetechnik lieferte die Firma Herforder Elektro Motorenwerke Aufgrund von Bauschaden am Nordturm durfte die grosse Glocke fur einige Jahre bis zur Wiederinbetriebnahme Anfang 2013 nicht gelautet werden Die Lauteordnung gibt ein dreimaliges Gebetslauten um 8 12 und 19 Uhr vor Samstags wird anstelle der Abendbetglocke mit vier Glocken der Sonntag eingelautet Das Vollgelaut erklingt nur an hohen Festtagen Sterbefalle verkundet die Kurfurstenglocke mittags um 13 Uhr fur 5 Minuten Der Uhrschlag ist auf alle Glocken verteilt Die Glocken des Sudturmes schlagen in melodischer Form die Viertelstunden die beiden Nordturmglocken schlagen jeweils die vollen Stunden nacheinander 20 Nr Widmung Bezeichnung Liturgische Funktion Durchmesser mm Gewicht kg Schlagton HT 1 16 1 Ruprecht I Deutscher Konig als Pfalzer Kurfurst Ruprecht III Kaiserglocke Festtagsglocke 3 210 14 000 es0 72 Rudolf II und Ruprecht I Kurfurstenglocke Sonntags und Totenglocke 2 550 7 350 g0 43 Zacharias Ursinus Zeichenglocke 2 140 4 260 b04 Martin Luther Abendbetglocke 1 910 3 100 c15 Ulrich Zwingli Mittagsbetglocke 1 605 1 760 es16 Johannes Calvin Vaterunser und Morgenbetglocke 1 430 1 270 f17 Johann Casimir Pfalzgrafenglocke Taufglocke 1 275 910 g1Orgeln Bearbeiten Protestantischer KirchenteilDie Orgeln der Stiftskirche Neustadt haben eine umfangreiche Geschichte Bereits 1422 ist belegt dass das Salve Regina mit Orgelbegleitung in der Messe aufgefuhrt wurde 1516 pruft der beruhmte kurpfalzische Hoforganist Arnolt Schlick eine Orgel in der Neustadter Stiftskirche Im protestantischen Teil der Stiftskirche wurde in Anlehnung an diese bedeutende Orgel eine Chororgel im norddeutsch barocken Stil mit 20 Registern auf zwei Manualen und Pedal durch den Orgelbauer Bernhardt Edskes aus Wohlen Schweiz erbaut Die Indienststellung 21 fand am 6 Marz 2016 statt Sie ist die erste neugebaute Orgel der Firma Edskes im Chorton a 465 Hz und ist fur das Zusammenspiel mit historischen Instrumenten und deren Nachbauten ausgelegt Seither finden regelmassig Konzerte an der Orgel mit Chor Instrumenten und solistisch statt 2016 der erste Neustadter Orgelsommer 22 mit sechs Gastorganisten aus Europa Die kunstlerische Leitung hat Hauptorganist und Bezirkskantor Simon Reichert inne Die Edskes Orgel weist folgende Disposition auf 23 I Hauptwerk C d3Bordun 16 Praestant 8 Hohlflote 8 Octave 4 Quinte 3 Octave 2 Mixtur IV 1 1 3 Trompete 8 II Brustwerk C d3Holzgedackt 8 Principal ab c 4 Rohrflote 4 Octave 2 Nassat 1 1 3 Sesquialtera IIDulcian 8 Pedal C d1Subbass 16 Octavbass 8 Gedackt 8 Octave 4 Fagott 16 Koppeln II I I PEine symphonische Hauptorgel ist geplant die in Anlehnung an die ehemals vorhandene pneumatische Walcker Orgel von 1889 auf der Westempore errichtet werden und fur symphonische Musik geeignet sein soll Im Zuge der Renovierung des protestantischen Kirchenteils wurde die zuvor installierte Orgel der Firma Oberlinger im November 2010 abgebaut und in die Bethelkerk in Genemuiden Niederlande ubertragen sowie dort reorganisiert und wiederaufgebaut Katholischer Kirchenteil Der katholische Teil der Stiftskirche erhielt unter Pfarrer Josef Hanss 1915 1925 eine gebrauchte Orgel der Firma Walcker die ursprunglich 1879 als Opus 363 fur die Praparandenschule in Blieskastel gebaut wurde Das Instrument ist eine Raritat da es sich noch im Originalzustand befindet Es gehort der deutsch romantischen Stilrichtung an und besitzt sechs Register auf mechanischen Kegelladen 24 25 Die Orgel wurde in Blieskastel unter Federfuhrung des Komponisten und spateren Speyer Domkapellmeisters Joseph Niedhammer angeschafft der als Seminarlehrer sehr oft darauf spielte unterrichtete und komponierte 26 Sie weist folgende Disposition auf Manual C f3Principal 8 Bourdon 8 Salicional 8 Oktave 4 Flote 4 uberblasend Pedal C d1Subbass 16 Koppel I P Spielhilfe Volles Werk1935 baute man im hinteren Bereich des katholischen Kirchenteils eine aufgekaufte barocke Empore aus Rheinsheim ein und installierte darauf die Walcker Orgel verblendet mit einem Barock Prospekt des Orgelbauers Johann Ignaz Seuffert von 1788 ebenfalls aus der Kirche von Rheinsheim Baden und seit 1893 in Mechtersheim 27 Literatur BearbeitenMichael Landgraf Die Stiftskirche zu Neustadt an der Weinstrasse Entdeckungen aus 800 Jahren 2 Auflage Neustadt 2018 ISBN 978 3 946587 11 8 Franz Xaver Remling Urkundliche Geschichte der ehemaligen Abteien und Kloster im jetzigen Rheinbayern Band 1 1836 S 308 Textarchiv Internet Archive Lukas Grunenwald Wittelsbachische Denkmaler und Jahrgedachtnisse in der Stiftskirche zu Neustadt an der Haardt In Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz Band XIX Speyer 1895 Beton Die Erneuerung der Stiftskirche a d Haardt In Wasmuths Monatshefte fur Baukunst Jahrgang 15 1931 Heft 11 12 urn nbn de kobv 109 opus 8391 S 501 504 elf Abbildungen Alban Haas Aus der Nuwenstat Vom Werden und Leben des mittelalterlichen Neustadt an der Haardt Selbstverlag Neustadt Weinstr 1951 1 Auflage Untertitel ab der 2 Auflage 1964 abgeandert in Neustadt an der Weinstrasse Gerhard Berzel Die Stiftskirche und die Marienkirche Neustadt an der Weinstrasse 1368 1860 Selbstverlag Neustadt an der Weinstrasse 2006 ISBN 3 926775 45 9 Paul Habermehl Die Neustadter Pfarrchronik der Jesuiten S 60 61 Historischer Verein der Pfalz 2008 Karlfriedrich Ohr Zur Stiftskirche in Neustadt an der Weinstrasse Vom Umgang mit einem Gesamtkunstwerk des Neuen Bauens In Herzner Volker Kruger Jurgen Hrsg Mythos Staufer in memoriam Dankwart Leistikow Akten der 5 Landauer Staufertagung 1 3 Juli 2005 Speyer 2010 S 141 152 Dehio Handbuch Rheinland Pfalz Saarland 1972 S 615 617 Anton Legner Hrsg Die Parler und der schone Stil 1350 1400 3 Bande Koln 1978 1 Band S 234 235Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Stiftskirche Neustadt an der Weinstrasse Sammlung von Bildern Stiftskirche zu Neustadt an der Weinstrasse Bau und Forderverein deutsche heimat de Stiftskirche zu Neustadt an der Weinstrasse Bebilderte Seite zur Historie der Stiftskirche Website der Tridentinischen Gemeinde der Diozese Speyer Vollgelaute aus beiden Turmen der Stiftskirche in Bild und Tondokumentation Die Orgeln der Stiftskirche Neustadt an der Weinstrasse Beitrag auf Orgel VerzeichnisEinzelnachweise Bearbeiten Quelle nach Johann Goswin Widder Versuch einer vollstandigen Geographisch Historischen Beschreibung der Kurfurstlichen Pfalz am Rheine Band 2 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Zum Grunder des Stiftes und zum Stiftungszweck der Memoria fur das Haus Wittelsbach Kurfurst Ruprecht uber seine zusatzlichen Beweggrunde zur Grundung des Stiftes Neustadt Weinstrasse eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Quelle zu einem Neustadter Seelenwarter fur Kurfurstin Beatrix von Berg eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Zur Einfuhrung der Reformation in der Kurpfalz Zur Kurpfalzischen Religionsdeklaration von 1705 Friedrich Burkhardt und Paul Habermehl Die Neustadter Pfarrchronik der Jesuiten Seiten 60 61 Historischer Verein der Pfalz 2008 Geschichte unserer Gemeinde des alten Ritus Internetprasenz der Katholiken des alten tridentischen lateinischen Ritus in Neustadt Weinstrasse Diozese Speyer Abgerufen am 7 Oktober 2012 Quelle zum Amt des Neustadter Stiftsdekans an der Universitat Heidelberg Generaliensammlung Diozese Speyer Rundschreiben Nr 349 vom 15 Februar 1861 Silke Burkhardt Beruhmte Grabdenkmaler in der Stiftskirche Neustadt Historischer Verein der Pfalz Bezirksgruppe Neustadt 1984 Lukas Grunenwald Wittelsbachische Denkmaler und Jahrgedachtnisse in der Stiftskirche zu Neustadt an der Haardt In Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz Band XIX Speyer 1895 Foto des Jungsten Gerichtes im Chor der Stiftskirche Neustadt Weinstrasse Memento des Originals vom 31 Dezember 2015 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www stiftskirche nw de Zum Neustadter Reliquienschatz Lukas Grunenwald Wittelsbachische Denkmaler und Jahrgedachtnisse in der Stiftskirche zu Neustadt an der Haardt In Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz Band XIX Speyer 1895 S 140 Zu den Wittelsbacher Gedenkgottesdiensten Memento vom 26 August 2011 im Internet Archive Zur Verbindung mit dem Furstenhaus zu Lowenstein Memento vom 5 Marz 2016 im Internet Archive Pfarrkirche St Ulrich Deidesheim Festschrift zur Altarweihe 1987 Kath Pfarramt Deidesheim 1987 S 53 u 54 Die Stiftskirche auf der Webseite Urlaub in Rheinland Pfalz Videoaufnahme des Uhrschlags YouTube 1 24 Homepage des Protestantischen Dekanates Neustadt an der Weinstrasse In www dekanat nw de Abgerufen am 14 Juli 2016 Bau und Forderverein Neustadt e V 2013 abgerufen am 14 Juli 2016 Edskes Orgel in Neustadt an der Weinstrasse orgbase nl abgerufen am 21 April 2017 Seite zur Neustadter Orgel Walcker Portal Literaturquelle zur Orgel Walcker Opus 363 Zum Wirken von Joseph Niedhammer an der Praparandenschule Blieskastel Bernhard H Bonkhoff Denkmalorgeln in der Pfalz 132 Veroffentlichung der Gesellschaft der Orgelfreunde Evangelischer Presseverlag Pfalz Speyer 1990 ISBN 3 925536 27 2 S 112 Normdaten Geografikum GND 4359189 9 lobid OGND AKS VIAF 243839114 49 353854 8 136409 Koordinaten 49 21 13 9 N 8 8 11 1 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Stiftskirche Neustadt an der Weinstrasse amp oldid 237335048