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Der Orgelton auch Chorton oder Kirchenton ist diejenige Stimmung die im 16 bis 18 Jahrhundert fur die Orgeln gebrauchlich war und sich vom so genannten Kammerton unterschied Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Praetorius 3 Heutige Verwendung 4 Siehe auch 5 Literatur 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenBei Michael Praetorius bezeichnen CammerThon und Cornettenthon dasselbe und lagen etwa zwei Ganztone uber der heutigen Norm von a1 440 Hz also bei cis2 Der ChorThon wird bei Praetorius unterschiedlich definiert Gegen Ende des 17 Jahrhunderts sank der Kammerton in Deutschland um einen Ganzton Weil sich die Tonhohe bei den Zinken vom 16 bis 18 Jahrhundert nicht anderte behielt der Cornettton dieselbe Tonhohe bei und zwar sowohl in Deutschland und Italien als auch den habsburgischen Landern Er reichte von 450 bis 480 Hz im Durchschnitt bei 465 Hz also einen Halbton uber der heutigen Norm Das anderte sich in der zweiten Halfte des 17 Jahrhunderts als in Frankreich neue Holzblasinstrumente mit neuen Tonhohen entwickelt wurden Aufgrund des sehr niedrigen franzosischen Kammertons der bis zu einem Ganzton unter der heutigen Norm lag a1 408 392 Hz erschien der Chorton in dem die meisten Orgeln eingestimmt waren als verhaltnismassig hoch und wurde zu einem Synonym fur einen hohen Stimmton 1 Auf diese Weise wurden die Bezeichnungen Chorton und Kammerton im 18 Jahrhundert vertauscht Der Chorton stand jetzt einen Ganzton uber dem Kammerton Ein Zusammenspiel von Orgeln und anderen Instrumenten erforderte deshalb in der Regel eine Transposition Die Singstimmen konnten im Chor oder Kammerton notiert werden Bei Orgeln und Blechblasern blieb eine Notation im Chorton ublich Lag die durchschnittliche Tonhohe deutscher Orgeln im 17 Jahrhundert noch bei cis waren im 18 Jahrhundert zahlreiche im fest definierten Cornettton von durchschnittlich 463 Hz gestimmt der den Zinken entsprach Andere standen im Chorton von durchschnittlich 467 Hz In Frankreich wurde hingegen der tiefe Kammerton von durchschnittlich 416 Hz zugrunde gelegt ein Halbton unter der heutigen Norm der den Holzblasern zwischen 1680 und 1770 entsprach 2 Freilich kosteten die tieferen und langeren Pfeifen mehr Materialien In ein vorhandenes Orgelgehause das fur einen Neubau ubernommen wurde konnten nicht ohne Weiteres langere Pfeifen eingestellt werden 3 Der Chorton war im 18 Jahrhundert im Gegensatz zum Cornettton weniger fest umrissen Daniel Gottlob Turk unterscheidet in seinem Werk Von den wichtigsten Pflichten eines Organisten 1787 zwischen dem gewohnlichen Chortone ein Ganzton uber dem ublichen Kammerton und damit zwei Ganztone uber der heutigen Norm und dem hohen Chortone auf d2 So war Dieterich Buxtehudes Orgel in Lubeck St Marien auf d gestimmt Die Orgeln von Arp Schnitger standen im gewohnlichen oder im hohen Chorton 4 Dies hangt zum einen damit zusammen dass Schnitger bei seinen Orgelneubauten haufig Register der Vorgangerorgel einbezog Zum anderen dienten seine Orgeln zur Begleitung des Gemeindegesangs und erfullten eine liturgische Funktion Ein Einsatz mit anderen Instrumenten war in der Regel nicht vorgesehen 5 Leipziger Orgeln waren zu Zeiten Johann Sebastian Bachs auf etwa 465 Hz gestimmt 6 Praetorius BearbeitenDie umfangreichen Ausfuhrungen von Praetorius erscheinen verwirrend und sind schwer zu deuten Ihm zufolge lag der Chorton der der Kirchenmusik zugrunde lage ursprunglich bis zu einem ganzen Ton tiefer als der CammerThon den er auf weltliche Instrumentalmusik bezog 7 An anderer Stelle erscheinen ChorThon und CammerThon synonym 8 Leonhard Euler erlauterte im Jahre 1739 ein Berechnungsverfahren nach welchem die Zahl der Vibrationen so in einer Secundminute zu Ende gebracht werden vgl die spatere Masseinheit Hertz mit der Zahl 392 angegeben werden musse Diese Tonhohe kame mit demjenigen Ton uberein der auf dem Instrument mit a bezeichnet wird 9 Folgt man den Angaben von Michael Praetorius so hatte Euler mit seinen Berechnungen den tieferen Chorton definiert der um einen grossen Ganzton unter der Stimmung von 441 Schwingungen pro Sekunde liegt Folgt man hingegen der Definition von Johann Gottfried Walther so hatte Euler mit seinen Berechnungen den Cammerton definiert 10 Walther kannte das Werk von Praetorius und folgte ihm in der Begrundung fur die Einfuhrung des tieferen Tons denn man konne die erwachsenen Sopranisten damit in der hohen Lage etwas schonen 11 Praetorius bezeugt dieser tiefere Ton wurde allerdings nur in der Kirchen gebraucht Walther begrundet die tiefere Stimmung weiterhin damit wurden auch die Saiten der Instrumente nicht so schnell reissen Die Begriffsgeschichte des Chortons ist aber insgesamt problematisch denn schon Praetorius wies darauf hin dass seine Zeitgenossen an den meisten Ortern den gewonlichen Cammerthon irrtumlich mit dem alten Chor Thon gleichsetzen wurden 12 Diese Verwirrung hat offenbar dazu gefuhrt dass Walther die ursprungliche Bedeutung der beiden Begriffe Cammerton und alter Chor oder Cornett Tone verwechselt hat zumal er den Chor und Cornettton gleichsetzt Heutige Verwendung BearbeitenNach heute gebrauchlicher Definition wird der Chorton mit dem Cornettton gleichgesetzt Der Chorton liegt einen halben bis zu einem Ganzton uber der heute normierten Stimmtonhohe Alte Orgeln in Nord und Mitteldeutschland waren und sind uberwiegend im Chorton gestimmt 13 Besonders in der Barockzeit war der hohe Chorton gebrauchlich 14 Bei einem Halbton uber der heutigen Norm entspricht a1 466 Hz bei einem Ganzton a1 494 Hz Als Grund fur die hohere Stimmung der Orgeln gibt man an dass die grossen Kirchenraume eines durchdringenderen Tons bedurft hatten als Zimmer oder Konzertsale Der Chorton fuhre zu einer grosseren Brillanz Gottfried Silbermanns Chorton der grossen Orgel im Freiberger Dom liegt bei a1 476 Hz ursprunglich etwa 473 Hz Arp Schnitgers Orgel der Hauptkirche Sankt Jacobi Hamburg bei a1 495 Hz 15 Die Stimmtonhohe der im Jahr 2000 eingeweihten speziell fur die Wiedergabe von barocker Orgelmusik angelegten Orgel in der Thomaskirche Leipzig kann fur das authentische Spiel solcher Werke wahlweise mit einem Handgriff auf 465 Hz oder fur das Zusammenspiel mit Barockinstrumenten auf 415 Hz umgestellt werden 6 Siehe auch BearbeitenTurkischer Ton StimmungLiteratur BearbeitenAlan Davis Bach s Recorder Parts Some Problems of Transposition In Recorder and Music Magazine 4 no 2 Juni 1972 ISSN 0034 1665 S 47 50 Hans Gebhard Praktische Anleitung zur Auffuhrung der Vokalmusik des 16 bis 18 Jahrhunderts C F Peters Frankfurt am Main u a 1998 ISBN 3 87626 170 8 Bruce Haynes A History of Performing Pitch The Story of A Scarecrow Press Lanham MD 2002 ISBN 0 8108 4185 1 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Bruce Haynes Stimmton In Ludwig Finscher Hrsg Die Musik in Geschichte und Gegenwart Zweite Ausgabe Sachteil Band 8 Querflote Suite Barenreiter Metzler Kassel u a 1998 ISBN 3 7618 1109 8 Sp 1814 1831 Online Ausgabe fur Vollzugriff Abonnement erforderlich Mark Lindley J J K Rhodes u a Pitch In Stanley Sadie Hrsg The New Grove Dictionary of Music and Musicians Band 14 Macmillan London 2001 S 779 786 J K Rhodes Schlick Praetorius and the History of Organ Pitch In Organ Yearbook Nr 2 1971 S 58 76 Einzelnachweise Bearbeiten Haynes Stimmton 1998 Sp 1820 f Haynes Stimmton 1998 Sp 1821 Haynes A History of Performing Pitch 2002 S 141 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Haynes A History of Performing Pitch 2002 S 463 f eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Harald Vogel North German Organ Building of the Late Seventeenth Century Registration and Tuning In George B Stauffer Ernest May Hrsg J S Bach As Organist His Instruments Music and Performance Practices Indiana University Press Bloomington 1986 ISBN 978 0 253 33181 6 S 31 40 hier S 38 a b Textheft zur CD Die neue Bach Orgel der Thomaskirche zu Leipzig Querstand 2001 Erlauterungen von Thomasorganist Ullrich Bohme zur Kirche und zur Orgel Michael Praetorius Syntagma musicum Band 2 De Organographia 1619 Nachdruck Barenreiter Kassel 2001 ISBN 978 3 7618 1527 4 S 14 17 online Haynes Stimmton 1998 Sp 1819 Huic autem sono congruere deprehendi in instrumento clauem signatam a Leonhard Euler Tentamen novae theoriae musicae 1739 Cap I 10 S 7 deutsche Ubersetzung und Kommentierung Lorenz Christoph Mizler Musikalische Bibliothek III 1 1746 S 89 online Quelle vgl Lutz Felbick Lorenz Christoph Mizler de Kolof Schuler Bachs und pythagoreischer Apostel der Wolffischen Philosophie Hochschule fur Musik und Theater Felix Mendelssohn Bartholdy Leipzig Schriften Band 5 Georg Olms Verlag Hildesheim 2012 S 141 f Johann Gottfried Walther Musicalisches Lexicon Leipzig 1732 S 130 ff Michael Praetorius Syntagma musicum Band 2 De Organographia 1619 Nachdruck Barenreiter Kassel 2001 ISBN 978 3 7618 1527 4 S 15 online Michael Praetorius Syntagma musicum Band 2 De Organographia 1619 Nachdruck Barenreiter Kassel 2001 ISBN 978 3 7618 1527 4 S 16 online Z B Festorgel des Stiftes Klosterneuburg 1642 Orgel von St Marien Buttforde 1681 Orgel der Pilsumer Kreuzkirche 1694 Orgel der Watzendorfer Marienkirche 1734 etc Wolfgang Adelung Einfuhrung in den Orgelbau 2 Auflage Breitkopf amp Hartel Wiesbaden 2003 ISBN 3 7651 0279 2 S 30 Christoph Wolff Markus Zepf Die Orgeln J S Bachs Ein Handbuch Evangelische Verlagsanstalt Leipzig 2006 ISBN 3 374 02407 6 S 23 Dieser Artikel basiert auf einem gemeinfreien Text aus Meyers Konversations Lexikon 4 Auflage von 1888 bis 1890 Bitte entferne diesen Hinweis nur wenn du den Artikel so weit uberarbeitet hast dass der Text den aktuellen Wissensstand zu diesem Thema widerspiegelt dies belegt ist und er den heutigen sprachlichen Anforderungen genugt Um danach auf den Meyers Artikel zu verweisen kannst du Meyers Online Band Seite benutzen Normdaten Sachbegriff GND 4200754 9 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Orgelton amp oldid 234446531