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Richard Muller 9 Dezember 1880 in Weira 11 Mai 1943 in Berlin war ein deutscher Gewerkschafter und Politiker Er arbeitete als Dreher in der Berliner Industrie und wurde zunachst Branchenleiter der Berliner Dreher im Deutschen Metallarbeiter Verband der Vorgangergewerkschaft der heutigen IG Metall Als sich die Gewerkschaft nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges durch ihr Einschwenken auf die Burgfriedenspolitik und den damit einhergehenden Streikverzicht selbst entmachtet hatte wurde er einer der Mitgrunder und fuhrender Protagonist der Revolutionaren Obleute die weiterhin Streiks organisierten und eine Revolution vorbereiteten Im Verlauf der Novemberrevolution spielte Muller dann als Verfechter einer deutschen Raterepublik eine wichtige Rolle So war er Vorsitzender des Vollzugsrates der Arbeiter und Soldatenrate Grossberlin Vollzugsratsausweis Nr 1 von Emil Barth unterschrieben durch Richard Muller und Brutus Molkenbuhr als Vorsitzende des Berliner Vollzugsrates Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 1 1 Herkunft und Jugend 1 2 Weltkrieg und Leiter der Revolutionaren Obleute 1 3 Novemberrevolution und Vorsitzender des Vollzugsrates 1 4 Ratetheoretiker 1 5 Ubergang zur KPD und innerkommunistische Opposition 1 6 Ruckzug ins Private und Tatigkeit als Unternehmer 2 Bedeutung und Nachwirkung 3 Schriften 4 Literatur 5 Weblinks 6 AnmerkungenLeben und Wirken BearbeitenHerkunft und Jugend Bearbeiten Muller wurde am 9 Dezember 1880 im Dorf Weira im heutigen Thuringen als Sohn eines Gastwirts geboren Die Eltern betrieben neben der Gaststatte auch Landwirtschaft um die Familie zu ernahren Richard war das vierte von zunachst sieben Geschwistern Kurz vor seinem achten Geburtstag starb seine Mutter Wilhelmina der Vater Otto heiratete zwei Jahre spater erneut die Stiefmutter Ulrike Muller geb Zimmermann war erst 19 Jahre alt und somit nur sechs bis sieben Jahre alter als Richards alteste Geschwister Aus der erneuten Ehe kamen zwei weitere Kinder hinzu so dass die Familie nun zehn Personen umfasste ein Kind war kurz nach der Geburt verstorben 1896 starb auch der Vater Otto Muller so dass Richard Muller zum Vollwaisen wurde Wenig spater geriet der familieneigene Gasthof in den Konkurs die wirtschaftliche Situation der Familie verschlechterte sich Richard Muller verliess Weira und trat eine Dreherlehre an Nachdem er zunachst einige Zeit in Hannover gelebt und dort eine Familie gegrundet hatte siedelte er nach Berlin uber wo er spatestens seit 1910 im Deutschen Metallarbeiterverband wirkte und erste Artikel zur Kritik des Taylorismus in der Dreherbranche verfasste 1 Weltkrieg und Leiter der Revolutionaren Obleute Bearbeiten Muller war seit 1914 ehrenamtlicher Leiter der Dreherbranche 2 im freigewerkschaftlichen Deutschen Metallarbeiterverband und einer der fuhrenden Kopfe des auf dem linken Flugel der Gewerkschaften angesiedelten Metallarbeiterverbandes in Berlin Bei Beginn des Krieges schwenkte nicht nur die SPD sondern auch die Fuhrung der Gewerkschaften auf die Burgfriedenspolitik ein indem sie ankundigte fur die Dauer des Krieges auf Streiks zu verzichten Das nahm den Arbeitern das Druckmittel um fur ihre Arbeits und Lebensbedingungen einzutreten Muller und einige weitere Obleute betriebliche Vertrauensleute die eine breite Basis unter den Beschaftigten hatten organisierten deshalb in der Folge wilde Streiks Im Verlauf des Krieges radikalisierten sie sich wurden zu betrieblichen Kriegsgegnern und schlossen sich als Geheimbund der Revolutionaren Obleute zusammen 3 Im Juni 1916 organisierten die Obleute einen eintagigen Generalstreik aus Protest gegen die Verhaftung Karl Liebknechts an dem sich etwa 55 000 Arbeiter beteiligten Dieser Streik ging als erster politischer Massenstreik Deutschlands in die Geschichte ein Kurz vor einem geplanten 2 Massenstreik im April 1917 wurde Muller verhaftet und zum Militar eingezogen Von vielen seiner Genossen wurde eine Denunziation der Gewerkschaftsfuhrung vermutet was die Wut unter den Arbeitern noch steigerte Am Aprilstreik auch Brotstreik genannt beteiligten sich etwa 300 000 Arbeiter und protestierten gegen die unzureichende Lebensmittelversorgung aber auch gegen die Inhaftierung Mullers Nach einem Entgegenkommen der Behorden wurde der Streik bereits am zweiten Tag eingestellt Dieser fruhzeitige Abbruch des Streiks auf Betreiben des SPD Gewerkschaftsfuhrers Adolf Cohen fuhrte dazu dass Muller erst nach drei Monaten das Militar verlassen konnte 4 Im Januarstreik 1918 ubernahm Muller den Vorsitz des in Berlin gegrundeten Aktionsausschusses dem auch Friedrich Ebert Philipp Scheidemann Otto Braun und andere angehorten Hier setzte er sich gegen den Willen der linksradikalen Mehrheit fur eine Beteiligung der SPD an der Streikleitung ein um die Streikfront moglichst breit zu halten Nach dem gescheiterten Januarstreik setzte eine erneute Repressionswelle mit Massenverhaftungen ein Muller wurde erneut eingezogen und musste bis zum September Militardienst leisten Entlassen wurde er erst nachdem er fur den Berliner Reichstagswahlkreis 1 als Kandidat der USPD aufgestellt worden war Als Reichstagskandidat war er fur den Wahlkampf vom Wehrdienst befreit Die Wahl selbst fand am 15 Oktober 1918 statt und war eine Nachwahl bei der das Mandat des verstorbenen Reichstagsprasidenten Johannes Kaempf neu besetzt werden musste Muller schaffte es in die Stichwahl konnte jedoch das Mandat nicht erobern Wahrend Mullers Abwesenheit fuhrte Emil Barth die Revolutionaren Obleute gleichzeitig stiess der ehemalige Vorwarts Redakteur Ernst Daumig zur Organisation Die Obleute orientierten sich nun ermuntert durch den seit Sommer 1918 immer offensichtlicheren militarischen Zusammenbruch an der Front auf einen bewaffneten Aufstand hin Unter der Leitung Barths wurden Waffen gesammelt und Aufstandsplane diskutiert Gemeinsam mit Mitgliedern der Spartakusgruppe und weiteren USPD Linken versammelten sich die Obleute in einem Arbeiterrat und koordinierten ihre Aktionen Die Fuhrung lag dabei eindeutig bei Muller und den Revolutionaren Obleuten sehr zum Verdruss Liebknechts und der Spartakusgruppe Liebknecht am 23 Oktober 1918 aus der Haft entlassen drangte auf eine schnelle Aktion wahrend Muller und die Obleute Bewaffnung und Vorbereitung noch fur unzureichend hielten Auch als durch die Matrosenrevolte in Kiel die Novemberrevolution bereits angebrochen war gaben sie zunachst nicht nach und hielten am verabredeten Aufstandstermin fur den 11 November fest Erst in letzter Minute am 8 November wurde fur den nachsten Tag das Losschlagen beschlossen 5 Obwohl der Aufstand am 9 November in weiten Teilen spontan und unkoordiniert verlief trugen doch die wochenlangen Vorbereitungen der Obleute einiges zum Gelingen der Aktion bei Die Taktik in bewaffneten Demonstrationszugen von den Industriegebieten am Stadtrand ins Zentrum vorzudringen und dort die Regierungsgebaude zu besetzen ging weitgehend auf Die Planungen der Obleute gaben dem Revolutionsgeschehen insbesondere in den ersten Stunden eine gewisse Struktur es kam kaum zu Gegenwehr und die Revolution verlief relativ unblutig Novemberrevolution und Vorsitzender des Vollzugsrates Bearbeiten nbsp Erster Reichskongress der Arbeiter und Soldatenrate Eroffnungsrede von Richard MullerAls sich unter Friedrich Ebert und Hugo Haase im Zuge der Novemberrevolution am 9 und 10 November 1918 nach dem Sturz der Monarchie der Rat der Volksbeauftragten als neue aus Vertretern der SPD und USPD paritatisch besetzte provisorische Reichsregierung bildete lehnte Muller der wie Haase der USPD angehorte eine Regierungsbeteiligung gemeinsam mit den Mehrheitssozialisten ab Barth dagegen wurde von der USPD als Vertreter der Revolutionaren Obleute in den Rat der Volksbeauftragten entsandt Muller war kein Vertreter einer parlamentarischen Regierungsform er strebte das Ratesystem als Grundlage der neuen Staatsordnung an So wurde Muller am 10 November zum Vorsitzenden der Arbeiter und Soldatenrate in Berlin gewahlt Ausserdem gehorte er neben anderen MSPD und USPD Mitgliedern wie Hermann Muller Georg Ledebour oder Emil Barth dem aus insgesamt 28 Personen bestehenden Vollzugsrat an Als dessen Vorsitzender war er einer der Hauptkontrahenten des Rates der Volksbeauftragten Aus seinem Eintreten fur ein direktdemokratisches Ratesystem heraus lehnte er auch das Konzept einer parlamentarischen Nationalversammlung ab In diesem Zusammenhang hielt er am 19 November 1918 eine Rede bei einer Vollversammlung der Berliner Arbeiterrate die ihm nachtraglich den zeitgenossischen Spottnamen Leichenmuller eintrug Ich habe fur die Revolution mein Leben auf das Spiel gesetzt ich werde es wieder tun Die Nationalversammlung ist der Weg zur Herrschaft der Bourgeoisie ist der Weg zum Kampf der Weg zur Nationalversammlung geht uber meine Leiche 6 Im Vorfeld des Reichsratekongresses hatte ihn die USPD als einen der Vorsitzenden vorgeschlagen auch wenn er kein Mandat fur den Kongress besass Letztlich hatte Carl Severing von der MSPD mit Argumenten aus der parlamentarischen Praxis verhindert dass Muller auf dem Kongress Mitglied des Vorstandes wurde Dahinter steckte aber auch das Ziel den Einfluss dieses politischen Gegners moglichst zu begrenzen Dennoch spielte er als Vorsitzender des Vollzugsausschusses eine nicht unerhebliche Rolle So stammte vermutlich von ihm die Geschaftsordnung der Versammlung Ausserdem hielt er die Eroffnungsrede In dieser fuhrte Muller aus dass es Aufgabe des Kongresses sei die Fundamente fur eine deutsche sozialistische Republik zu legen die Errungenschaften der Revolution zu sichern die von den Arbeitern und Soldaten eroberte politische Macht fur alle Zeiten fest zu verankern und dem deutschen werktatigen Volke den Weg zur Freiheit zum Gluck und Wohlergehen zu zeigen 7 Spater gab Muller den Rechenschaftsbericht des Vollzugsrates ab wahrend Ebert fur den Rat der Volksbeauftragten sprach Auf dem Kongress setzte sich im Wesentlichen die Position Eberts durch Zwar beanspruchte der Berliner Vollzugsrat auch spater noch das Kontrollrecht er konnte dem Rat der Volksbeauftragten aber nicht dessen fuhrende politische Rolle streitig machen Muller war sich mit der Mehrheit des linksrevolutionaren Spartakusbundes zwar uber das Ziel einer sozialistischen Raterepublik einig Aber er lehnte fur die revolutionaren Obleute solange einen Anschluss an die KPD ab ehe diese nicht ihre Putschistentaktik aufgegeben hatten 8 Ratetheoretiker Bearbeiten Als Vertreter des linken Flugels im Deutschen Metallarbeiterverband gehorte Muller zu den entschiedenen Kritikern einer Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern in der so genannten Zentralarbeitsgemeinschaft Eine Resolution Mullers vom 2 Marz 1919 warf der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands Verrat vor Am Tag danach begannen die Berliner Marzkampfe Unter anderem wurden Differenzen zwischen den beteiligten politischen Gruppen und die Kampf und Gewaltbereitschaft einiger Gruppen sowie von Freikorps republikanischen Wehren und von Reichswehrminister Gustav Noske er schickte starke Verbande der entstehenden Reichswehr nach Berlin sichtbar 9 Im Juni 1919 sprach Muller neben Theodor Leipart auf dem Kongress der freien Gewerkschaften uber die zukunftigen Aufgaben der Arbeiterrate Er entfaltete dabei ein uber die Betriebsebene hinausgehendes ratedemokratisches Konzept Ohne die Gewerkschaften zu erwahnen entwickelte Muller das Modell einer regional und fachlich durchgegliederten Rateorganisation an deren Spitze ein Zentralrat und ein Reichswirtschaftsrat stehen sollten Dieses Konzept wurde jedoch von der Mehrheit des Kongresses mit 407 zu 192 Stimmen abgelehnt stattdessen setzte sich in der Folge das Betriebsratskonzept durch 10 Im November 1919 wurde Muller nachdem sich im DMV der linke Flugel durchgesetzt hatte Chefredakteur von dessen Wochenblatt Metallarbeiter Zeitung nach einem Zerwurfnis mit dem DMV Vorsitzenden Robert Dissmann musste er im Juni 1920 diese Position aufgeben 1921 scheiterte Muller mit seinem Antrag die Betriebsrate zu selbststandigen politischen Kampforganisationen zu machen in Berlin hatte er mit der Berliner Betriebsratezentrale bereits ein entsprechendes Modell geschaffen das auf lokaler Ebene arbeitsfahig war Jedoch erklarte der erste deutsche Betriebsratekongress von 1920 die Gewerkschaften zu Tragern der Betriebsrate Muller versuchte in der Folge wenig erfolgreich die der USPD nahestehenden Betriebsrate in einer Reichsstelle der Betriebsrate zu sammeln um mit ihr der gewerkschaftlichen Betriebsratezentrale des ADGB und des AfA Bundes Konkurrenz zu machen 11 Ubergang zur KPD und innerkommunistische Opposition Bearbeiten Auf dem ausserordentlichen Parteitag der USPD in Halle zwischen dem 12 und 17 Oktober 1920 gehorte Muller zu denjenigen um Ernst Daumig die eine Aufnahme der Partei in die kommunistische Internationale und letztlich den Zusammenschluss mit der KPD zur VKPD befurworteten Die Mehrheit der Delegierten stimmte diesem Kurs zu Die Gegner des Beschlusses jedoch verliessen den Saal womit die Partei gespalten war Muller war von Oktober bis Dezember 1920 im Zentralkomitee der USPD Linken aktiv seit Dezember war er Leiter der Reichsgewerkschaftszentrale der KPD Im Jahr 1921 zahlte Muller zu den parteiinternen Kritikern der Marzaktion um die VKPD Vorsitzenden Levi und Daumig und entwickelte daruber hinaus eine kritische Haltung zur Politik der Roten Gewerkschafts Internationale Wegen seines parteiinternen Widerstandes und seiner Weigerung in Berlin zu Streiks im Rahmen der Marzaktion aufzurufen verlor er alle Posten in der KPD und war fortan nur noch einfaches Mitglied Muller sympathisierte zeitweise mit der KAG trat dieser jedoch nicht bei Laut neueren Forschungen war er noch 1924 Mitglied der KPD die gegen ihn ein Ausschlussverfahren anstrengte weil er angeblich aktive Parteiarbeit verweigere Muller protestierte bei der Komintern in Moskau und verwies auf seine entstehenden Schriften zur historischen Aufarbeitung der niedergeschlagenen Revolution ein Werk das von der KPD jedoch als Privatsache betrachtet wurde Ob das Ausschlussverfahren hier oder spater erfolgreich war bleibt unklar Ende der 20er Jahre war Muller nicht mehr Parteimitglied 12 In den Folgejahren zog Muller sich aus dem politischen Leben zuruck und widmete sich seiner neuen Tatigkeit als Publizist und Historiker In verschiedenen Schriften hatte er schon 1919 1921 seine politischen Ideen einer Raterepublik niedergelegt Nach dem Ende seiner aktiven politischen Laufbahn schrieb er seine dreibandige Revolutionsgeschichte mit dem Obertitel Vom Kaiserreich zur Republik Sie fand unter Zeitgenossen grosse Beachtung und gilt bis heute als die bedeutendste zeitgenossische Darstellung der Novemberrevolution aus linkssozialistischer Perspektive Fur die Darstellung konnte Muller auf von ihm selbst wahrend der Revolution akribisch archivierte Dokumente zuruckgreifen wie etwa die Protokolle des Vollzugsrats der Arbeiter und Soldatenrate die nur dank Mullers privater Archivartatigkeit uberhaupt erhalten blieben 13 oder viele Flugblatter aus der Zeit der Revolution Da aber Mullers Nachlass mit den meisten ursprunglichen Materialien verschollen ist gelten die in seinen Buchern zahlreich veroffentlichten Dokumente noch immer als wichtige Quelle der geschichtswissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Revolution 14 Nach der Veroffentlichung seiner Bucher war Richard Muller eine Zeitlang in der Linksgewerkschaft Deutscher Industrie Verband DIV tatig die eine revolutionare Gewerkschaftsarbeit verwirklichen wollte und KPD wie SPD gleichermassen kritisch gegenuberstand Um 1929 verliess Muller den DIV weiteres politisches Engagement ist nicht bekannt Ruckzug ins Private und Tatigkeit als Unternehmer Bearbeiten In seinen letzten Lebensjahren wirkte Muller als Geschaftsfuhrer der Phobus Bau GmbH und erwarb sich ein Vermogen mit Immobiliengeschaften Die Gesellschaft war ursprunglich als Verlagsgesellschaft zum Vertrieb seines dritten Buches gegrundet worden wurde jedoch schon bald in ein Bauunternehmen umgewandelt Um 1930 besass er so Immobilienbestande im Wert von 1 75 Millionen Reichsmark 15 Zur selben Zeit gerieten Muller und seine Gesellschaft wegen unlauterer Praktiken als Vermieter mehrfach in die Schlagzeilen 16 Sowohl in linken als auch rechten Zeitungen wurde daruber berichtet Laut Informationen der KPD Zeitung Rote Fahne wurde Muller wegen des Einzugs uberhohter Kautionen und illegaler Auskunftsgebuhren gerichtlich verurteilt und musste die Gelder an seine Mieter zuruckzahlen 17 Anfang der 1930er Jahre scheint er seine Firma aufgegeben zu haben und zog ins Berliner Umland wo er 1937 ein zweites Mal heiratete Richard Muller starb am 11 Mai 1943 in Berlin Todesursache und Grabstelle sind unbekannt 18 Bedeutung und Nachwirkung BearbeitenMullers Stellung zwischen Sozialdemokratie und Kommunismus stand lange Zeit einer breiteren Rezeption entgegen wahrend andere Akteure wie Karl Liebknecht oder Friedrich Ebert wahrend des Kalten Krieges zu Symbolfiguren avancierten Im Gedachtnis blieb Richard Muller vor allem durch seine drei Bande zur Revolutionsgeschichte Die Bande spielten eine wichtige Rolle als Quelle der Geschichtsschreibung zur Geschichte der Novemberrevolution die sich in den 1960er Jahren umorientierte Weg von einer strikten Gegenuberstellung von Demokratie vs kommunistischer Einparteienstaat als den beiden moglichen Ergebnissen der Revolution und hin zu einer Betrachtungsweise die die Kontingenz und Offenheit der revolutionaren Vorgange starker betont In diesem Zusammenhang galt Mullers Werk paradoxerweise gleichzeitig als Standardwerk und Geheimtipp 19 Mullers Bande wurden in den 1960er und 1970er Jahren auch von der westdeutschen Studenten und Gewerkschaftsbewegung stark rezipiert zunachst in Form von Raubdrucken und 1974 auch durch eine Neuauflage Die Berichte von Muller wurden von Theodor Plievier in seinem Roman Der Kaiser ging die Generale blieben verwendet in dem er auch Muller selbst in einer Szene bei der Ersturmung des Reichstags auftreten lasst Ahnlich stark beeinflusst haben Richard Mullers Schriften auch die 1969 im Scherz Verlag erschienene bis heute erfolgreiche Darstellung Die verratene Revolution von Sebastian Haffner in der dieser die gescheiterte Novemberrevolution unter anderem als Vorgeschichte des Nationalsozialismus interpretiert Im Jahr 2011 erschien unter dem Titel Eine Geschichte der Novemberrevolution eine Neuausgabe in der Mullers Geschichtswerke in einem Band zusammengefasst und mit wissenschaftlichem Apparat historische Einleitung Chronologie und Personenregister versehen wurden 20 Weniger bekannt aber dennoch folgenreich ist das massgeblich durch Muller und Daumig gepragte Konzept des Reinen Ratesystems das die Forderungen der Streikwelle des Jahres 1919 pragte und auch spater immer wieder von neomarxistischen und gewerkschaftlichen Kreisen diskutiert wurde Ein weiterer Vertreter und Architekt dieses Modells war auch Karl Korsch spater einer der Grundervater des Neomarxismus Korsch war 1919 gemeinsam mit Muller als Autor fur die Zeitschrift Der Arbeiter Rat tatig 1929 engagierte er sich gemeinsam mit Muller im DIV und schrieb fur dessen Verbandszeitschrift Schriften BearbeitenWas die Arbeiterrate wollen und sollen Mit einem Vorwort von Ernst Daumig Verlag Der Arbeiter Rat Berlin 1919 Das Ratesystem in Deutschland In Die Befreiung der Menschheit Leipzig 1921 zlb de anarchismus at Vom Kaiserreich zur Republik 2 Bande Wissenschaft und Gesellschaft Nr 3 4 Malik Wien 1924 1925 Nachdruck Olle amp Wolter Kritische Bibliothek der Arbeiterbewegung Berlin 1974 Band 1 Ein Beitrag zur Geschichte der revolutionaren Arbeiterbewegung wahrend des Weltkrieges Band 2 Die Novemberrevolution Malik Verlag Wien 1924 Einbandgestaltung von John Heartfield Der Burgerkrieg in Deutschland Geburtswehen der Republik Phobus Verlag Berlin 1925 Neuausgaben der Bande Vom Kaiserreich zur Republik Die Novemberrevolution Der Burgerkrieg in Deutschland als Band 3 4 und 5 der Kritischen Bibliothek der Arbeiterbewegung Olle amp Wolter Berlin 1979 Eine Geschichte der Novemberrevolution Herausgegeben von Ralf Hoffrogge Jochen Gester und Rainer Knirsch Verlag Die Buchmacherei Berlin 2011 ISBN 978 3 00 035400 7 17 Auflage Marz 2020 Literatur BearbeitenMonographien Ralf Hoffrogge Richard Muller Der Mann hinter der Novemberrevolution Dietz Berlin 2008 2 korrigierte und erweiterte Auflage Dietz Berlin 2018 ISBN 978 3 320 02354 6 Ralf Hoffrogge Working Class Politics in the German Revolution Richard Muller the Revolutionary Shop Stewards and the Origins of the Council Movement Brill Leiden 2014 ISBN 978 90 04 21921 2 Axel Weipert Die Zweite Revolution Ratebewegung in Berlin 1919 1920 Bebra Verlag Berlin 2015 Aufsatze Ralf Hoffrogge Ein revolutionares Vermachtnis Richard Muller und seine Geschichte der Novemberrevolution In Richard Muller Eine Geschichte der Novemberrevolution Herausgegeben von Ralf Hoffrogge Jochen Gester und Rainer Knirsch Verlag Die Buchmacherei Berlin 2011 ISBN 978 3 00 035400 7 S 11 25 Ralf Hoffrogge Hinter den Kulissen des Januarstreiks 1918 Richard Muller und die Revolutionaren Obleute In Chaja Boebel Lothar Wentzel Hrsg Streiken gegen den Krieg Die Bedeutung der Massenstreiks in der Metallindustrie vom Januar 1918 VSA Verlag Hamburg 2008 ISBN 978 3 89965 320 5 Christoph Junke Sisyphus Richard Muller In Christoph Junke Streifzuge durch das rote 20 Jahrhundert Laika Verlag Hamburg 2014 ISBN 978 3 944233 00 0 S 31 41 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Richard Muller im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Ralf Hoffrogge Revolutionare Gymnastik In Jungle World 13 November 2008 zur Rolle Richard Mullers und der Obleute in der Novemberrevolution Rezension von Peter Nowak zu Richard Muller Social democrate independant allemand Ralf Hoffrogge Richard Muller in NDB online Anmerkungen Bearbeiten Zu Herkunft und Jugend Ralf Hoffrogge Richard Muller Der Mann hinter der Novemberrevolution 2 Auflage Berlin 2018 S 19 25 Die Artikel erschienen in der Deutschen Metallarbeiter Zeitung Nr 43 vom 28 Oktober 1911 und Nr 44 vom 4 November 1911 Zu Details und Besonderheiten der Dreherbranche des Berliner DMV vgl Stefan Heinz Moskaus Soldner Der Einheitsverband der Metallarbeiter Berlins Entwicklung und Scheitern einer kommunistischen Gewerkschaft Hamburg 2010 hier insbes S 375 407 Zur Entstehung der Obleute kurz Ralf Hoffrogge Ein revolutionares Vermachtnis Richard Muller und seine Geschichte der Novemberrevolution In Richard Muller Eine Geschichte der Novemberrevolution Herausgegeben von Ralf Hoffrogge Jochen Gester und Rainer Knirsch Verlag Die Buchmacherei Berlin 2011 ISBN 978 3 00 035400 7 S 11 25 hier S 12 f Richard Muller Vom Kaiserreich zur Republik Wien 1924 S 116 f Ralf Hoffrogge Revolutionare Gymnastik In Jungle World 13 November 2008 Gerhard Engel Barbel Holtz Ingo Materna Hrsg Gross Berliner Arbeiter und Soldatenrate in der Revolution 1918 1919 Band 1 Berlin 1993 S 154 184 Hier zitiert nach Ralf Hoffrogge Ein revolutionares Vermachtnis Richard Muller und seine Geschichte der Novemberrevolution In Richard Muller Eine Geschichte der Novemberrevolution Herausgegeben von Ralf Hoffrogge Jochen Gester und Rainer Knirsch Verlag Die Buchmacherei Berlin 2011 ISBN 978 3 00 035400 7 S 11 25 hier S 11 Zit nach Sabine Ross Politische Partizipation und nationaler Rateparlamentarismus Determinanten des politischen Handelns der Delegierten zu den Reichsratekongressen 1918 1919 Eine Kollektivbiographie Historical Social Research Historische Sozialforschung Supplementband 10 Zentrum fur Historische Sozialforschung Koln 1999 S 169 gesis org PDF Protokoll des Grundungsparteitags der KPD Dritter Tag 1 Januar 1919 Axel Weipert Die zweite Revolution Ratebewegung in Berlin 1919 1920 Diss FU Berlin 2014 ISBN 978 3 95410 062 0 S 41 ff Michael Schneider Hohen Krisen und Tiefen Die Gewerkschaften in der Weimarer Republik In Ulrich Borsdorf Hrsg Geschichte der deutschen Gewerkschaften Von den Anfangen bis 1945 Koln 1987 S 297 Michael Schneider Hohen Krisen und Tiefen Die Gewerkschaften in der Weimarer Republik In Ulrich Borsdorf Hrsg Geschichte der deutschen Gewerkschaften Von den Anfangen bis 1945 Koln 1987 S 304 Ein Schriftwechsel dazu ist dokumentiert in Ralf Hoffrogge Working Class Politics in the German Revolution Richard Muller the Revolutionary Shop Stewards and the Origins of the Council Movement Brill Publications 2014 ISBN 978 90 04 21921 2 S 174 ff in der dt Erstausgabe der Biographie ist diese Quelle noch nicht enthalten Dazu Ralf Hoffrogge Richard Muller 1880 1943 In Bewahren Verbreiten Aufklaren Archivare Bibliothekare und Sammler der Quellen der deutschsprachigen Arbeiterbewegung Friedrich Ebert Stiftung Bonn Bad Godesberg 2009 ISBN 978 3 86872 105 8 S 209 215 hier S 212 f fes de PDF Die Protokolle sind mittlerweile herausgegeben in Gerhard Engel Barbel Holtz Ingo Materna Hrsg Gross Berliner Arbeiter und Soldatenrate in der Revolution 1918 1919 Dokumente der Vollversammlungen und des Vollzugsrates Band 1 3 Berlin 1993 2002 Dazu Ralf Hoffrogge Richard Muller 1880 1943 In Bewahren Verbreiten Aufklaren Archivare Bibliothekare und Sammler der Quellen der deutschsprachigen Arbeiterbewegung Friedrich Ebert Stiftung Bonn Bad Godesberg 2009 ISBN 978 3 86872 105 8 S 209 215 hier S 210 215 fes de PDF Nach Hoffrogges ausfuhrlichen Forschungen vgl kurz Ralf Hoffrogge Richard Muller 1880 1943 In Bewahren Verbreiten Aufklaren Archivare Bibliothekare und Sammler der Quellen der deutschsprachigen Arbeiterbewegung Friedrich Ebert Stiftung Bonn Bad Godesberg 2009 ISBN 978 3 86872 105 8 S 209 215 hier S 214 fes de PDF Ralf Hoffrogge Hinter den Kulissen Richard Muller und die Revolutionaren Obleute In Chaja Boebel Lothar Wentzel Hrsg Streiken gegen den Krieg Die Bedeutung der Massenstreiks in der Metallindustrie vom Januar 1918 2 Auflage VSA Verlag Hamburg 2015 ISBN 978 3 89965 657 2 S 66 Eine Niederlage Leichen Mullers PDF Mietevorauszahlungen und Auskunftsgebuhren mussen an die Mieter zuruckgezahlt werden In Rote Fahne 25 Mai 1930 S 5 abgerufen am 19 Dezember 2021 Vgl Ralf Hoffrogge Working Class Politics in the German Revolution Richard Muller the Revolutionary Shop Stewards and the Origins of the Council Movement Brill Publications Leiden 2014 S 231 Ralf Holfrogge in der Einleitung zu Richard Muller Eine Geschichte der Novemberrevolution Herausgegeben von Ralf Hoffrogge Jochen Gester und Rainer Knirsch Verlag Die Buchmacherei Berlin 2011 ISBN 978 3 00 035400 7 hier wiedergegeben nach Dietmar Lange Rezension zu Muller Richard Eine Geschichte der Novemberrevolution Vom Kaiserreich zur Republik Die Novemberrevolution Der Burgerkrieg in Deutschland Berlin 2011 ISBN 978 3 00 035400 7 In H Soz Kult 6 April 2012 www hsozkult de publicationreview id reb 17322 online Richard Muller Eine Geschichte der Novemberrevolution Vom Kaiserreich zur Republik Die Novemberrevolution Der Burgerkrieg in Deutschland Herausgegeben von Ralf Hoffrogge Jochen Gester und Rainer Knirsch Verlag Die Buchmacherei Berlin 2011 ISBN 978 3 00 035400 7 fachwissenschaftliche Rezension auf H Soz Kult Normdaten Person GND 13410515X lobid OGND AKS LCCN no2009051646 VIAF 18432574 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Muller RichardALTERNATIVNAMEN Leichenmuller Spottname KURZBESCHREIBUNG deutscher sozialistischer Politiker USPD und Gewerkschafter Personlichkeit der NovemberrevolutionGEBURTSDATUM 9 Dezember 1880GEBURTSORT WeiraSTERBEDATUM 11 Mai 1943STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Richard Muller Gewerkschafter amp oldid 238999309