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Paul Levi 11 Marz 1883 in Hechingen 9 Februar 1930 in Berlin war ein deutscher Rechtsanwalt und linkssozialistischer Politiker Neben Rosa Luxemburg Karl Liebknecht u a war er einer der Mitbegrunder der KPD und war von Marz 1919 bis 1921 deren Vorsitzender gewesen bevor er aufgrund innerparteilicher Differenzen aus der Partei ausgeschlossen wurde darauf in die USPD ging und wenig spater wieder in die SPD zuruckkehrte Paul Levi 1920 bis 1925 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 KPD 1 2 Zuruck in die SPD 2 Lebensende 3 Werke 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenPaul Levi entstammte einer burgerlich liberalen judischen Familie aus dem hohenzollerschen Hechingen Er schloss 1905 sein Jurastudium Berlin Heidelberg Grenoble mit einer Promotion zum Thema Das Verhaltnis von Verwaltungsbeschwerde und Verwaltungsklage ab und liess sich 1909 als Anwalt in Frankfurt am Main nieder Im gleichen Jahr trat Levi der sich seit seiner Gymnasialzeit als Sozialist verstand der SPD bei Er rechnete sich deren linkem Flugel zu 1913 verteidigte Levi Rosa Luxemburg gegen den Vorwurf der Aufreizung von Soldaten zum Ungehorsam vor Gericht 1914 war er kurzzeitig mit Luxemburg liiert Wahrend des Ersten Weltkriegs schloss er sich der innerparteilichen revolutionaren Spartakusgruppe an die ab 1917 im Rahmen der USPD die Burgfriedenspolitik der reformistischen Mutterpartei unter Friedrich Ebert bekampfte KPD Bearbeiten Levi gehorte mit Luxemburg und Karl Liebknecht zu den Grundern der aus dem Spartakusbund und anderen linksrevolutionaren Gruppen am Jahreswechsel 1918 19 konstituierten KPD Als Nachfolger des am 10 Marz 1919 ermordeten Leo Jogiches ubernahm er deren Vorsitz Auf dem Heidelberger Parteitag im Oktober 1919 setzte er die Beteiligung der Partei an Wahlen durch Sein rigider Kurs gegen die Mehrheit der Parteimitglieder fuhrte zur Abspaltung der KAPD und zur Konstituierung des Ratekommunismus Andererseits ermoglichte er 1920 die Vereinigung mit grossen Teilen der USPD zur VKPD Levi lehnte die so genannte Offensivstrategie ab die in der Leitung der VKPD im Februar 1921 eine von Komintern Vertretern unterstutzte Mehrheit fand Er trat Ende Februar vom Vorsitz der VKPD zuruck In der Broschure Unser Weg Wider den Putschismus 1 kritisierte Levi die putschistische Taktik der KPD beim Marzaufstand 1921 offentlich Nachdem er diese Kritik an der deutschen und der internationalen Leitung der Kommunisten aufrechterhalten hatte wurde er auf Betreiben der Mehrheit der Komintern Fuhrung um Sinowjew aus der KPD ausgeschlossen Lenin Vorsitzender des Rates der Volkskommissare der Regierung der Sowjetunion bedauerte dass Levi als Abweichler geendet sei Levi hat den Kopf verloren Er war allerdings der einzige in Deutschland der einen zu verlieren hatte 2 Levi und andere aus der VKPD Ausgeschlossene und Ausgetretene wie Ernst Daumig schlossen sich zur Kommunistischen Arbeitsgemeinschaft KAG zusammen In diesem Zusammenhang veroffentlichte Levi auch die zuvor unbekannte Schrift Rosa Luxemburgs Die Revolution in Russland die sie im September und Oktober 1918 im Gefangnis verfasst hatte Darin stand ihre scharfe Kritik an den Bolschewiki Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden In Reaktion auf diese Kritik am Kaderkonzept Lenins wurde Luxemburg von Stalin spater des Spontaneismus bezichtigt Zuruck in die SPD Bearbeiten Uber die Rest USPD der die KAG im Fruhjahr 1922 beitrat kehrte Levi nach deren teilweiser Vereinigung mit der MSPD 1922 in die SPD zuruck Dort war er eine der wichtigsten Personlichkeiten des linken und marxistischen Flugels Er gab ab 1923 eine eigene Korrespondenz heraus die Sozialistische Politik und Wirtschaft Diese ging 1928 in der Zeitschrift Der Klassenkampf auf deren Redaktion Levi bis zu seinem Tod angehorte 1924 rief er gemeinsam mit anderen Marxisten die Sozialwissenschaftliche Vereinigung SWV ins Leben einen parteiunabhangigen Verein dessen Ziel die Diskussion und Weitervermittlung marxistischer Ansatze war Daraus ging auch die Organisation Rote Kampfer hervor Viele der politischen Freunde Levis schlossen sich 1931 der SAPD an Levi blieb Mitglied des Reichstages widmete sich aber besonders der Aufklarung der Morde an Luxemburg und Liebknecht trotz der damit verbundenen Lebensgefahr Aber so kultiviert und ehrgeizlos Levi war Furcht kannte er nicht 3 Als brillanter Redner war er bei seinen Gegnern vor Gericht wie im Parlament gefurchtet Er war aber ein Mann zwischen den Fronten und etwas snobistisch Der Studebaker die beiden Windspiele die kostbaren Truhen ich hatte ihn gern ein bisschen asketischer schreibt Walter Jens aber das gibt er nicht her 4 1930 bereitete sich Levi auf einen Revisionsprozess zu einer Beleidigungsklage von Paul Jorns dem ermittelnden Staatsanwalt im Mordfall Luxemburg und Liebknecht im Jahr 1919 gegen Josef Bornstein vor den leitenden Redakteur der Zeitschrift Das Tage Buch In einer Nummer hatte der Journalist Berthold Jacob anonym unter dem Titel Kollege Jorns einen Artikel gegen die Machenschaften von Jorns veroffentlicht in dem der Staatsanwalt der Verschleppung der Ermittlungen und der Vertuschung der Morde bezichtigt wurde In erster Instanz hatte Levi einen Freispruch des angeklagten Journalisten erwirkt und durch Akteneinsicht neue Informationen uber die Vertuschung der Morde an Luxemburg und Liebknecht bekommen Lebensende Bearbeiten nbsp Paul Levis Grab auf dem Wilmersdorfer WaldfriedhofAnfang Februar 1930 erkrankte er an einer fiebrigen Lungenentzundung Am 9 Februar sturzte er unter ungeklarten Umstanden aus dem Fenster seiner Dachgeschosswohnung am Lutzowufer 37 in Berlin und erlag seinen Verletzungen 5 Karl Retzlaw der ihn einen Tag vor seinem Tod besucht hatte schrieb in seiner Biografie Die Wohnung hatte Levi ausbauen lassen so auch ein schmales hohes Fenster das nach Pariser Art bis zum Fussboden hinunterging und das sich nur nach aussen offnen liess Davor war ein nur kniehohes Gitter Ich bin uberzeugt dass der Unfall passierte als Levi das Fenster offnen wollte er bekam wahrscheinlich einen Schwindelanfall und sturzte in die Tiefe 6 Im Reichstag wurde seiner mit einer Gedenkminute gedacht wozu die Abgeordneten sich erhoben Die Mitglieder der KPD und der NSDAP Fraktion verliessen dabei demonstrativ den Saal 7 Paul Levi wurde auf dem Wilmersdorfer Waldfriedhof Stahnsdorf beigesetzt Sein Grab wird als Ehrengrab des Landes Berlin geschutzt Es ist dem Feuilletonisten Heinz Knobloch 1926 2003 zu verdanken dass sich das Land Berlin zu dieser Ehrung entschlossen hat denn auf Bitten von Kurt Herz dem in den USA lebenden Neffen von Paul Levi legte Heinz Knobloch zum 9 Februar 1990 Levis 60 Todestag ein Blumengebinde mit einer schwarz rot goldenen Schleife auf seine Grabstatte Um eine Einebnung oder Umbettung Levis vom Stahnsdorfer Wilmersdorfer Friedhof auf die Gedenkstatte der DDR in Friedrichsfelde zu verhindern entschloss sich Heinz Knobloch zum Ankauf der Grabstatte und liess diese wieder in einen ordentlichen Zustand versetzen Seiner Anregung folgend nahm das Land Berlin dann 1993 die Grabstatte in ihre Liste der Ehrengraber auf Siehe auch Jochen Staadt Unersattliches Bedurfnis nach Gerechtigkeit Paul Levis Schriften Bd 41 Nr 41 2017 Werke BearbeitenDas Verhaltnis von Verwaltungsbeschwerde und Verwaltungsklage Buchdruckerei von Karl Rossler Heidelberg 1905 Digitalisat Unser Weg Wider den Putschismus Seehof Berlin 1921 Was ist das Verbrechen Die Marzaktion oder die Kritik daran Rede auf der Sitzung des Zentralausschusses der VKPD am 4 Mai 1921 Seehof Berlin 1921 marxismus online eu Sachverstandigen Gutachten und was dann Zur innen und aussenpolitischen Orientierung Zentralvertrieb zeitgeschichtlicher Bucher G m b H Berlin 1924 Digitalisat Der Jorns Prozess Rede des Verteidigers Paul Levi nebst Einleitung Internationale Verlags Anstalt Berlin 1929 Charlotte Beradt Hrsg Zwischen Spartakus und Sozialdemokratie Schriften Aufsatze Reden und Briefe Europaische Verlagsanstalt Frankfurt am Main 1969 David Fernbach Hrsg In the Steps of Rosa Luxemburg Selected Writings of Paul Levi Brill Leiden und Boston 2011 ISBN 978 90 04 19607 0 Gesammelte Schriften Reden und Briefe Band II 1 und II 2 Ohne einen Tropfen Lakaienblut Zeitschrift Sozialdemokratie Sozialistische Politik und Wirtschaft Nachdruck der Zeitschrift SPW hrsg v Jorn Schutrumpf Karl Dietz Verlag Berlin 2016 Gesammelte Schriften Reden und Briefe Band I 1 und I 2 Ohne einen Tropfen Lakaienblut Spartakus Hrsg v Jorn Schutrumpf Karl Dietz Verlag Berlin 2018 Gesammelte Schriften Reden und Briefe Band I 3 und I 4 Ohne einen Tropfen Lakaienblut Spartakus Hrsg v Jorn Schutrumpf Karl Dietz Verlag Berlin 2020 Gesammelte Schriften Reden und Briefe Band II 3 Ohne einen Tropfen Lakaienblut Sozialdemokratie Hrsg v Jorn Schutrumpf Karl Dietz Verlag Berlin 2022 Rosa Luxemburg Paul Levi Die Russische Revolution Neuausgabe einer viel zitierten aber selten gelesenen Schrift Herausgegeben und eingeleitet von Jorn Schutrumpf VSA Verlag Hamburg 2022 ISBN 978 3 96488 146 5 Literatur BearbeitenGerhard Beier Arbeiterbewegung in Hessen Zur Geschichte der hessischen Arbeiterbewegung durch einhundertfunfzig Jahre 1834 1984 Insel Frankfurt am Main 1984 ISBN 3 458 14213 4 S 485 Charlotte Beradt Paul Levi Ein demokratischer Sozialist in der Weimarer Republik Europaische Verlags Anstalt Frankfurt am Main 1969 Charlotte Beradt Hrsg Paul Levi Zwischen Spartakus und Sozialdemokratie Schriften Aufsatze Reden und Briefe Europaische Verlags Anstalt Frankfurt am Main 1969 Charles Bloch Paul Levi Ein Symbol der Tragodie des Linkssozialismus in der Weimarer Republik In Walter Grab Julius H Schoeps Hg Juden in der Weimarer Republik 2 Auflage Primus Verlag Darmstadt 1998 ISBN 978 3 89678 074 4 S 244 262 Frederic Cyr Paul Levis Kampf um die KPD in Jahrbuch fur Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung Heft I 2010 S 115 ff Volker Gransow Michael R Kratke Vom Koalitionspopo von unsozialistischen Praktiken und unpraktischen Sozialisten Paul Levi oder Dilemmata von Linkssozialisten in der Sozialdemokratie In Solidargemeinschaft und Klassenkampf Hrsg von Richard Saage Frankfurt am Main 1986 S 134 148 Michael R Kratke Paul Levi 1883 1930 Der letzte Ritter In Sozialistische Politik und Wirtschaft SPW Nr 100 1998 S 31 38 Sibylle Quack Geistig frei und niemandes Knecht Paul Levi Rosa Luxemburg Koln 1983 Sibylle Quack Paul Levi 1883 1930 Politischer Anwalt und sozialistischer Politiker In Kritische Justiz Hrsg Streitbare Juristen Eine andere Tradition Nomos Baden Baden 1988 ISBN 3 7890 1580 6 S 131 ff Thilo Scholle Paul Levi Linkssozialist Rechtsanwalt Reichstagsmitglied Hentrich amp Hentrich 2017 ISBN 978 3 95565 200 5 Martin Schumacher Hrsg M d R Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus Politische Verfolgung Emigration und Ausburgerung 1933 1945 Eine biographische Dokumentation 3 erheblich erweiterte und uberarbeitete Auflage Droste Dusseldorf 1994 ISBN 3 7700 5183 1 Hermann Weber Levi Paul In Neue Deutsche Biographie NDB Band 14 Duncker amp Humblot Berlin 1985 ISBN 3 428 00195 8 S 397 f Digitalisat Levi Paul In Hermann Weber Andreas Herbst Deutsche Kommunisten Biographisches Handbuch 1918 bis 1945 2 uberarbeitete und stark erweiterte Auflage Karl Dietz Berlin 2008 ISBN 978 3 320 02130 6 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Paul Levi Quellen und Volltexte nbsp Commons Paul Levi Sammlung von Bildern Literatur von und uber Paul Levi im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Zeitungsartikel uber Paul Levi in den Historischen Pressearchiven der ZBW Paul Levi in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten Archiv Paul Levi im Marxists Internet Archive Paul Levi von Prof Dr Manfred Weissbecker PDF Datei Artikel zum 75 Todestag in Forum Recht Biografie von Paul Levi In Wilhelm H Schroder Sozialdemokratische Parlamentarier in den deutschen Reichs und Landtagen 1876 1933 BIOSOP Biografie von Paul Levi In Heinrich Best Wilhelm H Schroder Datenbank der Abgeordneten in der Nationalversammlung und den deutschen Reichstagen 1919 1933 Biorab Weimar Levi Paul Hessische Biografie Stand 11 Marz 2020 In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Levi Paul im Frankfurter Personenlexikon Nachlass BArch NY 4126Einzelnachweise Bearbeiten Paul Levi Unser Weg Wider den Putschismus online auf marxists internet archive Verlinkungen zu den einzelnen Kapiteln Charles Bloch Paul Levi ein Symbol der Tragodie des Linkssozialismus in der Weimarer Republik In Walter Grab Julius H Schoeps Hg Juden in der Weimarer Republik Burg Verlag Sachsenheim 1986 ISBN 3 922801 94 3 S 244 262 Zitat S 249 Karl Retzlaw Spartakus Verlag Neue Kritik Frankfurt 1971 S 134 ISBN 3 8015 0096 9 Genosse Paul ein Moglichkeitsspiel Gesprach mit Walter Jens uber sein Theaterstuck Ein Jude aus Hechingen Requiem fur Paul Levi der Freitag vom 7 Februar 1992 S 11 Dieser Teil der Strasse heisst heute Katharina Heinroth Ufer Das Wohnhaus ist nicht mehr vorhanden es lag nur wenige hundert Meter von derjenigen Stelle entfernt an der am 15 Januar 1919 der Leichnam Rosa Luxemburgs in den Landwehrkanal geworfen worden war Karl Retzlaw Spartakus Verlag Neue Kritik Frankfurt 1971 S 334 335 ISBN 3 8015 0096 9 Vgl Heinz Knobloch Umwege zu Paul Levi In H K Die schonen Umwege Beobachtungen Transit Buchverlag Berlin 1993 S 47 59 Parteivorsitzende der Kommunistischen Partei Deutschlands 1919 1968 Karl Liebknecht Rosa Luxemburg Leo Jogiches Paul Levi Paul Levi Ernst Daumig Heinrich Brandler Walter Stoecker Ernst Meyer Heinrich Brandler Hermann Remmele Ruth Fischer Ernst Thalmann Philipp Dengel Ernst Thalmann John Schehr Wilhelm Pieck Max Reimann Normdaten Person GND 118572318 lobid OGND AKS LCCN n83217758 VIAF 34501528 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Levi PaulKURZBESCHREIBUNG deutscher Rechtsanwalt und Politiker KPD USPD SPD MdRGEBURTSDATUM 11 Marz 1883GEBURTSORT Hechingen Deutsches ReichSTERBEDATUM 9 Februar 1930STERBEORT Berlin Deutsches Reich Abgerufen von https de wikipedia org 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