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Unter Ratekommunismus versteht man eine marxistische Bewegung deren Idee des Kommunismus vor allem vom Gedanken der kollektiven Selbstverwaltung und Basisdemokratie in Arbeiterraten gepragt ist Inhaltsverzeichnis 1 Konzeption 2 Geschichte und Einfluss 3 Literatur 4 WeblinksKonzeption BearbeitenNach Meinung der Ratekommunisten sollen in der kommunistischen Revolution die Arbeiterrate an die Stelle der Regierung treten jedoch die Ausbildung eines autoritaren Staates verhindern Die entsprechende Gesellschaftsform wird Ratedemokratie oder Raterepublik genannt Der Ratekommunismus steht in unversohnlichem Gegensatz zur kapitalistischen Gesellschaft zum Parlamentarismus und auch zum autoritaren Marxismus Leninismus Die Sowjetunion war in ihrer Anfangszeit stark von Idee und Praxis der Ratedemokratie getragen Alle Macht den Raten lautete eine Parole der Bolschewiki bis sich spatestens unter der Herrschaft des Stalinismus die Macht der Rate schrittweise aufloste Die Herrschaftsausubung im Ratekommunismus erfolgt massgeblich in den Raten welche als Exekutive Legislative aber auch als Judikative in einem agieren Die Vertreter dieser Organe unterliegen einem imperativen Mandat d h sie konnen jederzeit von der Wahlerschaft wieder abgewahlt werden Es besteht Rechenschaftspflicht wodurch eine radikale Demokratie gewahrleistet ist Angehorige des Burgertums haben in der Regel keinen Zugang zu den Raten wie sie bereits aus den Sowjets in der Russischen Revolution ausgeschlossen waren Als Vorbild einer ratedemokratischen Organisationsstruktur gilt insbesondere die bereits von Karl Marx euphorisch begrusste Pariser Kommune in die Herausbildung der Idee des Ratekommunismus sind aber auch syndikalistische Konzeptionen eingeflossen Geschichte und Einfluss BearbeitenIhre Blutezeit erlebte die Idee der Ratedemokratie vor allem in Deutschland mit der Novemberrevolution im Jahr 1918 und in deren unmittelbarer Folgezeit Im engeren Sinne ratekommunistische Organisationen entwickelten sich im Zuge der nach der Novemberrevolution zunehmenden Fraktionskampfe innerhalb der deutschen Linken Nach dem Ausschluss vieler Linksabweichler aus der Kommunistischen Partei Deutschlands KPD unter Fuhrung von Paul Levi Ende 1919 grundete sich die Kommunistische Arbeiterpartei Deutschlands KAPD sowie die linke Richtungsgewerkschaft Allgemeine Arbeiter Union Deutschlands AAUD Diese Organisationen verfugten zum Zeitpunkt ihrer Grundung uber etwa hunderttausend Mitglieder und hatten damit mehr Mitglieder als die KPD Die wichtigste inhaltliche Differenz zwischen KPD und Ratekommunisten bestand in der Einschatzung der Fuhrungsrolle der Partei die von den Ratekommunisten zugunsten des Gedankens der Selbstverwaltung vehement abgelehnt wurde Auch die Einschatzung der Entwicklung in der jungen Sowjetunion war wesentlich verschieden Die Ratekommunisten bezeichneten die Parteiherrschaft in der Sowjetunion nach der Entmachtung der Rate als Staatskapitalismus womit sie die Tatsache in den Blick ruckten dass die blosse Verstaatlichung der Produktionsmittel noch nicht zu ihrer Vergesellschaftung gefuhrt habe Stattdessen habe der Staat die Funktion der Kapitalistenklasse innerhalb der Gesellschaft ubernommen Eine Befreiung von der Lohnarbeit habe nicht stattgefunden Bestanden ursprunglich noch gute Kontakte zur III Kommunistischen Internationale kam es bald darauf zum Bruch Lenin griff die Ratekommunisten in seinem Buch Der linke Radikalismus die Kinderkrankheit im Kommunismus scharf an Ende 1921 trennten sich Teile der AAUD von der KAPD und existierten als Allgemeine Arbeiter Union Einheitsorganisation AAUE weiter Die ratekommunistische Bewegung verlor nach den erneut aufflammenden revolutionaren Unruhen 1923 in Deutschland zunehmend an Einfluss Ratekommunistische Organisationen in der Endphase der Weimarer Republik und im Widerstand gegen den Faschismus waren die Roten Kampfer die Kommunistische Rate Union und die Kommunistische Arbeiter Union Deutschlands KAUD Ratekommunistische Ideen hatten auch in den Niederlanden Grossbritannien sowie Bulgarien und Danemark Einfluss in der sozialrevolutionaren Bewegung Zu den wichtigsten Theoretikern des Ratekommunismus zahlen Anton Pannekoek Pseudonym Karl Horner Paul Mattick Karl Korsch Otto Ruhle Herman Gorter Willy Huhn Cajo Brendel Helmut Wagner Sylvia Pankhurst sowie die spateren Nationalbolschewisten Heinrich Laufenberg und Fritz Wolffheim Auch die spatere Neue Linke um 1968 sowie insbesondere die Situationisten in Frankreich waren von ratekommunistischen Ideen beeinflusst Literatur BearbeitenHans Manfred Bock Syndikalismus und Linkskommunismus von 1918 bis 1923 Zur Geschichte und Soziologie der Freien Arbeiter Union Deutschlands Syndikalisten der Allgemeinen Arbeiter Union Deutschlands und der Kommunistischen Arbeiter Partei Deutschlands Marburger Abhandlungen zur Politischen Wissenschaft Band 13 Meisenheim Glan 1969 Hans Manfred Bock Geschichte des linken Radikalismus in Deutschland Ein Versuch Frankfurt M 1976 Philippe Bourrinet The Dutch and German Communist Left A Contribution to the History of the Revolutionary Movement 1988 1998 Philippe Bourrinet Lexikon des deutschen Ratekommunismus 1920 1960 PDF 6 8 MB Verlag moto proprio Paris 1 Juli 2017 我的摩托车出版社 Cajo Brendel Anton Pannekoek Denker der Revolution Freiburg 2001 Memento vom 1 Oktober 2010 im Internet Archive Herman Gorter Offener Brief an den Genossen Lenin Eine Antwort auf Lenins Broschure Der Linke Radikalismus die Kinderkrankheit im Kommunismus 1920 Andreas G Graf Hrsg Anarchisten gegen Hitler Anarchisten Anarcho Syndikalisten Ratekommunisten in Widerstand und Exil Lukas Verlag Berlin 2001 ISBN 3 931836 23 1 H FAU Bremen Syndikalismus kommunistischer Anarchismus und Ratekommunismus Eine Erwiderung auf die ratekommunistische Kritik am Gewerkschaftsfetischismus und am kommunistischen Anarchismus Erich Muhsams Bremen 2005 Felix Klopotek Ratekommunismus Geschichte und Theorie Schmetterling Verlag Stuttgart 2021 ISBN 3 89657 674 7 Frits Kool Hrsg Die Linke gegen die Parteiherrschaft Dokumente der Weltrevolution Band 3 Olten Freiburg 1970 W I Lenin Der Linke Radikalismus die Kinderkrankheit im Kommunismus 1920 In W I Lenin Werke Band 31 Dietz Verlag Berlin DDR 1964 Gottfried Mergner Hrsg Gruppe Internationale Kommunisten Hollands Reinbek 1971 Anton Pannekoek Arbeiterrate Texte zur sozialen Revolution Germinal Verlag Fernwald Annerod 2008 ISBN 978 3 88663 490 3 Anton Pannekoek Workers Councils Introduction by Noam Chomsky AK Press Oakland Edinburgh 2003 Weblinks BearbeitenH C Meijer Artikel zum Thema Geschichte des Ratekommunismus in Deutschland Antonie Pannekoek Archives Textarchiv des Linkskommunismus Homepage der Unabhangigen Ratekommunisten Memento vom 31 Marz 2008 im Internet Archive workerscontrol net mehrsprachige Website mit wissenschaftlichen Texten zu Ratedemokratie und Arbeiterkontrolle Lexikon des deutschen Ratekommunismus Abgerufen von https de wikipedia org w index php title 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