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Die romisch katholische Kirche in Estland ist Teil der romisch katholischen Weltkirche Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Gegenwart 3 Literatur 4 WeblinksGeschichte BearbeitenObwohl die christliche Tradition der Esten bis in das erste Jahrtausend zuruckreicht kann man erst ab dem 13 Jahrhundert von einem organisierten Christentum sprechen Damals gab es drei Diozesen auf estnischem Gebiet Tartu Dorpat gegrundet 1224 Tallinn Reval gegrundet 1229 und Osel Wiek mit Sitz in Haapsalu Hapsal gegrundet 1263 Sowohl Bischofe als auch Priester waren samtlich Auslander Danen und Deutsche eigentumlicherweise wurde kein einheimischer Klerus herangebildet So sind bis zum 20 Jahrhundert nur zwei ethnisch estnische Priester bekannt nbsp Kloster PaddisIm 15 Jahrhundert hatte Estland 94 Pfarrbezirke mit Kirchen und Kapellen sowie 15 Kloster Nur drei Kloster befanden sich dabei ausserhalb von Stadten die Zisterzienser Kloster Falkenau gegrundet 1228 und Paddis gegrundet 1310 sowie das Kloster St Brigitten in Pirita auch Marienthal genannt gegrundet 1407 Das 15 Jahrhundert brachte den Hansestadten und damit ganz Estland einen ausserordentlichen Wohlstand damit aber auch Prunk und Prahlsucht unmassige Schwelgerei und Unzucht unter den Regenten und Untertanen Bei den Machtkampfen in Alt Livland zwischen den Landesherren d h den Bischofen und dem Deutschen Orden und Stadten standen die Erstgenannten naturlich fur die alte Kirche wahrend die Stadte sich von der Reformation neue Verbundete erhofften So ist es dann auch nicht verwunderlich dass die Stadtrate bei der Einfuhrung der Reformation ab 1524 eine besondere Rolle spielten Das vorlaufige Ende des Katholizismus in Estland begann mit dem Russisch Livlandischen Krieg im Jahr 1558 Am 18 Juli 1558 kapitulierte Tartu Dorpat vor den Russen die Bischof Hermann II Wesel nach Moskau schickten Im September 1559 verkaufte Johannes von Munchhausen sein Bistum Osel Wiek an Konig Friedrich II von Danemark Nachdem Mitte April 1560 der erste lutherische Bischof Estlands Herzog Magnus von Holstein in Estland eintraf erwarb er am 29 Juni 1560 auch das Bistum Tallinn Reval von Bischof Moritz von Wrangel Mit dem Frieden von Altmark im Jahr 1629 ging ganz Livland an Schweden Fur Estland bedeutete diese Eroberung durch das protestantische Schweden die vollstandige Ersetzung des bisherigen katholischen Kirchenwesens Die Umstrukturierung wurde dabei vor allem dadurch begunstigt dass die katholischen Landesherren Bistumer und Orden nicht mehr existierten die deutsche Oberschicht welche Polen als Fremdmacht empfanden auf der Seite des schwedischen und danischen Konigs standen die grosseren Stadte bereits die Reformation angenommen hatten und es keine einheimische d h estnische Geistlichkeit gab So bedeutete letztlich die Vertreibung der Katholiken aus Tartu Dorpat im Jahr 1626 das Ende letzter katholischer Strukturen in Estland Fur die nachsten fast 150 Jahre von 1626 bis 1774 ist kein Katholizismus in Estland dokumentiert Jedoch kann davon ausgegangen werden dass es nach der Neuordnung der staatlichen Kirchenpolitik unter Zar Peter I Estland gehorte nach dem Grossen Nordischen Krieg seit 1710 zum Russischen Zarenreich wieder katholisches Leben gegeben hat Im russischen Heer und Staatsapparat dienten eine Vielzahl von Katholiken dazu zogen auch katholische Handwerker und Kaufleute in die Stadte ein deren Gesamtzahl im Jahr 1770 auf 1 500 Personen geschatzt wurde So soll es seit 1722 geheime Gottesdienste in Privathausern gegeben haben Mit Sicherheit ist bekannt dass in Tallinn Reval von 1774 bis 1779 ein Kapuzinerpater residiert hat der das ganze Land seelsorglich betreute Erst mit der Grundung der Erzdiozese Minsk Mahiljou im Jahr 1783 erhielt das Gebiet Estlands wieder eine kirchenrechtliche Struktur indem es im Jahr 1785 in das Dekanat Riga eingegliedert wurde Am 18 Januar 1786 fand erstmals wieder ein offizieller katholischer Gottesdienst statt die Zahl der Katholiken wird zu diesem Zeitpunkt mit 284 angegeben Am 10 April 1798 wandte sich der Kommandant der Revaler Garnison an die stadtischen Behorden und verlangte fur seine etwa eintausend polnischen Soldaten eine Kirche sowie einen Priester In diesem Zusammenhang sind erstmals wieder residierende katholische Geistliche belegt nachdem 1799 polnische Dominikaner mit der Seelsorge in ganz Estland beauftragt wurden nbsp St Peter und Paul TallinnJedoch erst fast ein halbes Jahrhundert spater am 26 Dezember 1845 wurde in Tallinn mit der Pfarrkirche St Peter und Paul wieder ein katholisches Gotteshaus geweiht das heute die Bischofskirche des Apostolischen Administrators fur Estland ist Die Katholiken in Narva Narwa wurden ab 1835 von Jamburg aus betreut hatten aber keine eigene Kirche Diese wurde erst im Jahr 1907 eingeweiht und war bis zur Zerstorung im Jahr 1943 die grosste katholische Kirche in Estland Die Pfarrei in Tartu Dorpat wurde im Jahr 1848 errichtet von 1849 bis 1893 wurde sie von Priestern betreut die an der dortigen Universitat als Dozenten tatig waren Eine Kirche gibt es in Tartu Dorpat seit 1899 Die Katholiken in Valga Walk gehorten bis 1915 zur Pfarrei in Tartu Dorpat obwohl sie bereits seit 1908 im Besitz einer eigenen Kirche waren Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges blieb es bei diesen vier Pfarreien die weiterhin zum Erzbistum Minsk Mahiljou gehorten Damals gab es etwa 5 000 Katholiken in Estland Tallinn 2 333 Tartu 1 073 Narva ca 600 Valga ca 800 Die Unabhangigkeit Estlands 24 Februar 1918 verlangte auch eine Neustrukturierung der kirchlichen Jurisdiktion In einem ersten Schritt wurden dabei im Jahr 1918 die katholischen Gemeinden in Estland aus dem Erzbistum Minsk Mahiljou herausgelost und in das lettische Bistum Riga eingegliedert In der neueren Kirchengeschichte gilt es dabei als einmalig dass das kirchliche Territorium eines unabhangigen Staates jurisdiktionell zu dem eines anderen Staates gehorte Nachdem im Jahr 1921 der spatere Erzbischof Antonino Zecchini zunachst Apostolischer Visitator ab 1922 Apostolischer Delegat fur Estland mit der Reorganisation der Katholischen Kirche in Estland betraut wurde kam es schliesslich am 1 November 1924 zur Grundung der Apostolischen Administratur fur Estland wobei Antonino Zecchini erster Apostolischer Administrator wurde Trotz der rechtlichen Gleichstellung der Katholischen Kirche mit den anderen christlichen Kirchen und des Engagements der in Estland tatigen deutschen Jesuiten vor allem von Pater Henri Werling SJ der am 13 Februar 1928 mit Saravad Tahed dt Leuchtende Sterne erstmals eine katholische Zeitschrift veroffentlichte kann man fur die Zeit bis 1930 lediglich von einer verwaltenden Seelsorge sprechen nachdem es auch im Hinblick auf die Ausdehnung des Landes die grosse Anzahl der Stationen und die Vielsprachigkeit der Katholiken nicht gelungen war eine ausreichende Anzahl von Priestern fur die kirchliche Arbeit in Estland zu erhalten nbsp Eduard ProfittlichZu einer grundlegenden Veranderung der Situation kam es Ende 1930 als Pater Eduard Profittlich SJ nach Estland kam Er erkannte sehr schnell dass die Arbeit dort nur durch die Heranfuhrung auch der estnischen Bevolkerung an die katholische Kirche erfolgreich sein konnte Nachdem Eduard Profittlich kurze Zeit spater am 13 Mai 1931 zum neuen Apostolischen Administrator ernannt worden war begann er mit einer grundlegenden Neuorganisation Nach Jahren fruchtbarer Arbeit in Estland kam es ab September 1939 in der Folge des sog Hitler Stalin Paktes zu einer massiven Einengung der Arbeit der Katholischen Kirche und ihres inzwischen zum Titularerzbischof ernannten und zum Bischof geweihten Oberhirten wobei mit der gewaltsamen Annexion Estlands durch die Sowjetunion am 17 Juni 1940 schliesslich auch die sowjetischen Religionsgesetze geltend gemacht und mit administrativen Zwangsmassnahmen durchgesetzt wurden Auch die katholische Kirche hat schwer unter der sowjetischen Repression gelitten unter anderem ist Erzbischof Eduard Profittlich am 22 Februar 1942 in sowjetischer Gefangenschaft gestorben Obwohl die sowjetische Regierung immer wieder die Religionsfreiheit propagierte begann auch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bald wieder die religiose Verfolgung mit Bespitzelungen Hausdurchsuchungen und Verhaftungen Dabei wurde auch Pater Henri Werling seit der Verhaftung von Eduard Profittlich Apostolischer Administrator ad interim deportiert Obwohl es moglich war wenigstens zwei Gemeinden in Estland wieder seelsorgerisch zu betreuen tat die kommunistische Regierung alles um die Verhaltnisse in Estland denen in der ubrigen Sowjetunion anzugleichen So bestand die grosste Schwierigkeit der Kirche darin dass der in der Verfassung verankerte Grundsatz der Trennung von Kirche und Staat von der sowjetischen Zentralregierung standig missachtet und verletzt wurde was einen ganzlichen Verlust der kirchlichen Autonomie bedeutete In dieser Folge blieb der Religionsunterricht in den Schulen verboten katholische Organisationen erhielten keine Grundungs und Versammlungsgenehmigung auch durfte keine katholische Literatur gedruckt werden Die Vorbereitung der Kinder zur Erstkommunion war ebenso verboten wie jede aktive Teilnahme von Kindern und Jugendlichen am Gottesdienst dazu wurde ein grosser Teil des Kircheneigentums beschlagnahmt Unter diesen Voraussetzungen entwickelte sich die Katholische Kirche in Estland wieder zu einer Nationalkirche der Polen und Litauer es gab vielleicht noch funf bis zehn katholische Esten so dass man sich wieder auf dem Stand von 1918 befand nbsp Philippe Jourdan Apostolischer Administrator seit 2005Nach langen Jahren der Okkupation kam es in der Folge der Perestroika Michail Gorbatschows ab 1988 zu neuen Autonomiebestrebungen in Estland Einziger katholischer Priester in Estland zu dieser Zeit war Rein Ounapuu der bereits seit 1987 die alleinige Verantwortung fur die estnischen Katholiken trug Nicht zuletzt unter Ausnutzung intensiver Kontakte mit Paul Verschuren dem Bischof von Helsinki uber den er auch die Verbindung mit dem Heiligen Stuhl aufrechterhielt gelang es ihm mit grossem Engagement die Situation der kleinen Kirche in Estland in der schwierigen Phase des Umbruchs durch zahlreiche Taufen ca 200 und Konversionen ca 150 zu stabilisieren und trotz der sich verandernden Lebensumstande der Menschen auch weiter zu etablieren Im Jahr 1991 nahm mit Rein Ounapuu erstmals ein estnischer Geistlicher an einer europaischen Bischofssynode teil wo sein dort gehaltenes Referat zur Situation der Katholischen Kirche in Estland nicht nur grosse Beachtung fand sondern auch dazu fuhrte dass sich der Vatikan erstmals ganz konkrete Vorstellungen von der jurisdiktionellen Neuordnung des Baltikums Russlands und den Nachfolgestaaten der Sowjetunion machte Nachdem der Heilige Stuhl die volkerrechtswidrige Annexion Estlands niemals anerkannt und die dortige Apostolische Administratur uber funfzig Jahre hinweg konsequent als sedisvacantia rerum politicarum causa bezeichnet hatte siehe auch unten setzte Papst Johannes Paul II mit Erzbischof Justo Mullor Garcia am 15 April 1992 wieder einen Apostolischen Administrator fur Estland ein Sein Nachfolger wurde am 9 August 1997 Erzbischof Erwin Josef Ender der schliesslich am 15 November 2001 von Erzbischof Peter Zurbriggen abgelost wurde Alle drei genannten Apostolischen Administratoren vertraten dabei gleichzeitig auch den Papst als Apostolischer Nuntius in Estland Lettland und Litauen mit Sitz in Vilnius Erst seit dem 23 Marz 2005 hat Estland mit Philippe Jean Charles Jourdan wieder einen residierenden Oberhirten Apostolischer Nuntius in Lettland ist seit August 2019 Erzbischof Petar Rajic Gegenwart BearbeitenBei der letzten Volkszahlung in Estland im Jahr 2003 haben sich 5 757 Personen zum Katholizismus bekannt im Papstlichen Jahrbuch Annuario Pontificio ist ihre Anzahl ebenso mit 6 000 angegeben Unter diesen waren die Esten die grosste ethnische Gruppe 1 736 Personen 30 Es folgten die Polen 876 die Litauer 749 die Russen 714 die Ukrainer 301 und die Letten 182 Insgesamt gehoren damit 0 5 der Bevolkerung zur Katholischen Kirche so dass man von einer ausgepragten Diaspora sprechen kann Zurzeit 2009 gibt es in Estland sieben katholische Gemeinden Tallinn Tartu Parnu Valga Ahtme Narva und Sillamae dazu kommt eine Gemeinde des griechisch katholischen Ritus Tallinn Unter Bischof Philippe Jean Charles Jourdan wirken 11 Priester darunter zwei Ordenspriester und ein Mitglied der Personalpralatur des Opus Dei Als mannliche Ordensniederlassungen sind Franziskaner ein Ordenspriester und Dominikaner ein Ordenspriester als weibliche Ordensniederlassungen die Missionarinnen der Nachstenliebe Mutter Theresa Schwestern vier Schwestern Birgittenschwestern acht Schwestern Franziskanerinnen sieben Schwestern aus zwei Kongregationen sowie eine Schwester vom Orden des Kostbaren Blutes vertreten Das okumenische Klima ist ausgesprochen freundlich So gehorte die Katholische Kirche im Jahr 1989 zu den Grundern des Rates der Christlichen Kirchen in Estland Literatur BearbeitenMarkus Nowak Katholisch im Baltikum Estland und Lettland Wiedergeburt einer Kirche Bonifatiuswerk Paderborn Renovabis Freising 2012 zur katholischen Kirche in Estland S 14 19 Weblinks BearbeitenHomepage der Katholischen Kirche in Estland Renovabis Katholische Solidaritatsaktion fur Osteuropa Landerinfo Estland Ein englischsprachiger Artikel uber die Romisch Katholische Kirche in Estland Die romisch katholische Kirche in der Sowjetunion Estland Romisch katholische Kirche in Europa Albanien Andorra Belarus Belgien Bosnien und Herzegowina Bulgarien Danemark Deutschland Estland Faroer Finnland Frankreich Gibraltar Griechenland Irland Island Italien Kasachstan Kosovo Kroatien Lettland Liechtenstein Litauen Luxemburg Malta Moldau Monaco Montenegro Niederlande Nordmazedonien Norwegen Osterreich Polen Portugal Rumanien Russland San Marino Schweden Schweiz Serbien Slowakei Slowenien Spanien Tschechien Turkei Ukraine Ungarn Vatikan Vereinigtes Konigreich Abgerufen von 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