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Das Parteiensystem eines Staates umfasst die einzelnen politischen Parteien und das Beziehungsgeflecht zwischen ihnen 1 Schon zur Entstehungszeit der ersten Parteien wurden Erklarungen dafur gesucht weshalb es unterschiedliche Parteien gibt und weshalb sich gerade ein spezifisches Parteiensystem in einem Land zu einer gewissen Zeitperiode ausgebildet hat In den modernen demokratischen Systemen geschieht die Wahlermobilisierung und Konfliktverarbeitung uber den Parteienwettbewerb Das Parteiensystem ist Teil des intermediaren Systems in dem Vermittlungsleistungen zwischen Wahlern und Regierungssystem erbracht werden mussen Die Systemfunktion des Parteiensystems ist daher zuvorderst die Stabilitat des politischen Systems zu gewahrleisten insbesondere durch die Bewerkstelligung notwendigen politischen Wandels zur Anpassung an sich andernde Rahmenbedingungen Das augenfalligste Kennzeichen und Unterscheidungsmerkmal zwischen Parteiensystemen ist die Anzahl der relevanten Parteien Danach wurden unterschieden Ein Zwei Mehr und Vielparteiensysteme und noch weitere Konstruktionen wie z B das so genannte Zwei Einhalb Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland zwischen etwa Ende der 1950er Jahre bis zum Aufkommen der Grunen Anfang der 1980er Jahre Die ideologische Distanz zwischen den Parteien und damit die Un Moglichkeit eine gemeinsame Regierungskoalition zu bilden ist eine weitere wichtige Eigenschaft eines Parteiensystems Es herrscht zwar noch keine Einigkeit uber alle relevanten Eigenschaften doch kann man mindestens sieben unterscheiden Fragmentierung Parteienanzahl Asymmetrie Grossenverhaltnisse Volatilitat Grossenanderungen zwischen Wahlen Polarisierung ideologische Distanz Legitimitat Akzeptanz durch Bevolkerung Segmentierung Abschottung der Parteien bezuglich Koalitionsbildung und Regierungsstabilitat Dauer der Regierungskoalitionen Die Frage weshalb sich gerade ein bestimmtes Parteiensystem entwickelt hat wurde in der alteren institutionalistischen Parteienforschung mechanistisch durch das existierende Wahlsystem erklart So besagt etwa Duvergers Gesetz konsequent gedacht dass es unter einem relativen Mehrheitswahlrecht zur Ausbildung eines Zweiparteiensystems kommt Westminster System Dies ist allerdings selbst fur das namensgebende Beispiel Grossbritannien kaum jemals erfullt gewesen heute z B Liberal Democrats und Scottish National Party Die institutionelle Sicht ist allerdings fur Diktaturen und Lander in denen das Ausmass der Repression eine freie Parteienbildung und entwicklung behindert ausschlaggebend Unter den Bedingungen moderner liberal demokratischer Systeme wie sie heute vorwiegend und vor allem in den westlichen Industrielandern vorherrschen ist die Bildung von Parteien und ihre Teilnahme an Wahlen in der Regel sogar verfassungsrechtlich garantiert Dabei hat sich gezeigt dass mehr noch als das Wahlsystem die Sozialstruktur mit ihren gesellschaftlichen Konfliktlinien die existierenden Gesellschaftsmilieus und die dominierenden Interessenkonstellationen der Burger fur die Herausbildung und Erklarung von Parteiensystemen bestimmend sind Inhaltsverzeichnis 1 Eigenschaften von Parteiensystemen 1 1 Fragmentierung 1 2 Asymmetrie 1 3 Polarisierung 1 4 Volatilitat 1 5 Legitimitat 1 6 Segmentierung 1 7 Regierungsstabilitat 2 Erklarung der Entwicklung von Parteiensystemen 2 1 Institutionelle Ansatze Wahlsystem 2 2 Sozialstrukturelle Ansatze 2 2 1 Konfliktlinien cleavages 2 2 2 Sozial moralische Milieus 2 3 Okonomische Theorie Ansatze 2 3 1 Konkurrenztheorie 2 3 2 Okonomische Theorie der Demokratie 2 3 3 Rationale Parteien Der demokratische Wettbewerb Medianwahlertheorem 3 Ausblick und Kritik 4 Siehe auch 5 Einzelnachweise 6 Literatur 7 WeblinksEigenschaften von Parteiensystemen BearbeitenParteiensysteme lassen sich laut dem Parteienforscher Oskar Niedermayer grob nach zwei Unterscheidungsmerkmalen unterscheiden 1 Strukturell d h nach der Zahl der Parteien oder 2 inhaltlich d h nach den Verhaltensmustern insbesondere den angewandten Konfliktstrategien und den ideologischen Distanzen Um zu einer genaueren Beschreibung zu gelangen kann man die Parteien als Teil des intermediaren Systems und ihre Aufgaben darin bezuglich Wahlen und Regierung betrachten Damit lassen sich auch in den Eigenschaften von Parteiensystemen eine elektorale und eine gouvernementale Dimension unterscheiden Zu den Eigenschaften gehoren Fragmentierung Asymmetrie Volatilitat Polarisierung und Legitimitat elektoral bzw Segmentierung und Regierungsstabilitat gouvernemental innerhalb des Parteiensystems 1 Fragmentierung Bearbeiten Die Fragmentierung d h der Grad der Zersplitterung oder Konzentration der Parteienlandschaft war einer der ersten benutzten Typologisierungsmerkmale Ein reines Abzahlen der existierenden Parteien wirft aber zwei Probleme auf Klein bzw Kleinstparteien die nur wenige Mitglieder haben oder nur wenige Wahlstimmen auf sich versammeln konnen sind fur die Beurteilung der Funktion eines Parteiensystems irrelevant sollten beim Abzahlen also nicht berucksichtigt werden Deutschland hatte sonst nicht sieben relevante Parteien sondern viele Dutzende Diskutabel ist ab wann Parteien als relevant oder etabliert gelten Auch nach der Wahl einer Relevanzuntergrenze bleibt das Problem dass in ihrer Grosse sehr unterschiedliche Parteien gleich gezahlt und gewichtet wurden Die Parteienfragmentierung eines Landes mit zwei etwa gleich starken Parteien Zweiparteiensystem wurde ebenso mit 2 gezahlt wie das Parteiensystems einer Schein Demokratie mit einer Partei mit zum Beispiel uber 90 und einer zweiten gerade um die 5 Das ware aber ein nichts sagender Indikator Deshalb wird neben der reinen Anzahl der Parteien auch ihr unterschiedliches Gewicht berucksichtigt Oft geschieht dies mittels der so genannten effektiven Parteienanzahl Diese ist gleich der tatsachlichen Anzahl wenn alle Parteien gleich gross sind z B jede von 2 Parteien besitzt 50 oder von dreien 33 wird aber nahezu 1 wenn die Dominanz einer Partei sehr gross ist z B eine Partei uber 90 Damit kann auch vermieden werden dass eine notwendige aber letztlich immer willkurlich bleibende Parteimindestgrosse das Ergebnis verfalscht Asymmetrie Bearbeiten Hiermit beschreibt man das Grossenverhaltnis der beiden grossten Parteien Diese sind in der Regel auch die Hauptkonkurrenten um die Stellung der Regierungsmehrheit und stellen damit auch die wichtigsten Exponenten ihres jeweiligen politischen Lagers dar z B SPD fur das linke Lager und CDU fur das konservative Lager in Deutschland Hiermit kann auch geklart werden ob eine Partei wegen ihres grosseren langerfristigen Wahlerpotentials uber strukturelle Vorteile bei der Erlangung der Regierungsmacht verfugt Polarisierung Bearbeiten Fur die Stabilitat eines Regierungssystems ist gerade auch die prinzipielle Einigungsmoglichkeit und Kompromissfahigkeit der politischen Gruppen notig Um dies zu erfassen wurde von Giovanni Sartori der Grad der Polarisierung der Parteien erfasst der die ideologische Distanz zwischen ihnen zum Ausdruck bringt Dazu werden die einzelnen Parteien durch Dokumentenauswertung Expertenbefragung oder Bevolkerungseinschatzungen welche erstaunlicherweise meist identische Ergebnisse zeitigen ideologisch positioniert meist entlang einer Rechts Links Skala Als aussagekraftige Grosse kann dann die Distanz zwischen den beiden extremsten Parteien dienen oder eine mittlere Distanz unter Einbeziehung aller Parteien Sartoris Klassifizierung von Parteiensystemen nach der ideologischen Polarisierung Zweiparteiensysteme sind ein Idealtypus der kaum je in der Realitat vorkommt Selbst Grossbritannien Kanada oder Neuseeland als klassische Beispiele des Westminstermodells mit eigentlich nur 2 Parteien waren nur insofern Zweiparteiensysteme als sie versuchten an der abwechselnden Regierungsstellung durch eine der beiden grossen Parteien ohne Koalition festzuhalten Im gemassigten Pluralismus haben die relevanten Parteien oft nur eine geringe ideologische Distanz neigen zur polaren Koalitionsbildung und bevorzugen den zentripetalen Wettbewerb Man kann dabei aber drei Untertypen unterscheiden a alternierende Regierung ohne Koalition moglich GB Kanada Osterreich bis in 1980er b Regierung nur mit Koalition moglich Australien BRD vor 2017 c Koalitionen der Mitte oder grosse Koalitionen oft als tolerierte Minderheitsregierung Benelux Staaten nordische Lander ausser Finnland Schweiz Der polarisierte Pluralismus welcher sich durch eine hohe Parteienzahl mit einer grossen ideologischen Distanz untereinander und zum politischen System selbst auszeichnet ist heute kaum mehr vom gemassigten Pluralismus zu unterscheiden Die Grenze wurde von Sartori noch zwischen funf bis sechs Parteien verortet Heute sind aber vor allem echte Antisystemparteien kaum mehr aufzufinden Daher sollte auch dieser Typ unterteilt werden a polarisierter Pluralismus mit Fundamentalopposition von rechts und links Weimarer Republik Bundesrepublik Deutschland ab 2017 Zweite Spanische Republik b mit regierungsfahigen Mitteparteien Frankreich Israel Finnland Italien Systeme mit einer dominanten Partei die meist die Regierung bildet und nur durch eine Koalition fast aller anderen Parteien abgelost werden kann konnte Mexiko Volatilitat Bearbeiten Ein Parteiensystem kann relativ statisch oder sehr veranderbar und wandlungsfahig sein Mit der Volatilitat versucht man die Starke der Veranderungen der Parteigrossen uber ihre Wahlerstimmen zwischen z B zwei aufeinander folgenden Wahlen zu erfassen In der vergleichenden Analyse werden nach dem sog Pedersen Index die Gewinne aller Parteien bei einer Wahl im Vergleich zur vorangegangenen Wahl summiert Somit sind zwar keine Aussagen uber den individuellen Wechselwahler moglich wohl aber eine Bewertung der Veranderungsdynamik des Systems insgesamt Legitimitat Bearbeiten Eine weitere wichtige Systemeigenschaft ist die Legitimitat des Parteiensystems in den Augen der Burger Nach systemtheoretischen Uberlegungen im Anschluss an Easton durfen dabei nicht die Verhaltensweisen der Burger wie z B die Wahlbeteiligung als Massstab genommen werden sondern nur die Orientierungen und Einstellungen der Menschen zum gesamten Parteiensystem Die Messung dieser so genannten diffusen Systemunterstutzung geschieht daher uber reprasentative Bevolkerungsumfragen Diffus ist dabei besser als eine nur spezielle Systemunterstutzung die sich nur auf einzelne Elemente bezieht wie z B nur Zustimmung zu einzelnen Gesetzesinitiativen bei gleichzeitig moglicher Ablehnung des Parteien Systems als Ganzem Segmentierung Bearbeiten Die Segmentierung des Parteiensystems beschreibt eine der zwei Eigenschaften die zur regierungsbildenden Funktion und Dimension des Parteiensystems gehoren Damit ist das Ausmass der Abschottung der Parteien untereinander bezuglich moglicher Koalitionsbildungen gemeint Eine Erfassungsmoglichkeit ist die politisch nicht moglichen Koalitionen gegen die theoretisch vorhandenen Moglichkeiten zu gewichten Regierungsstabilitat Bearbeiten Viele politische Entscheidungen mussen lange vorbereitet werden gerade innerhalb von Koalitionsregierungen Daher ist zur Stabilitat des politischen Systems als Ganzem auch ein gewisses Mindestmass an Stabilitat der einzelnen Koalitions Regierungen notwendig Dies kann erfasst werden durch die durchschnittliche Dauer von Regierungskonstellationen Erklarung der Entwicklung von Parteiensystemen BearbeitenAuf die Entwicklung politischer Parteien wirken zum einen politisch institutionelle Rahmenbedingungen wie die Art des Regierungssystems parlamentarisch vs prasidentiell foderativ vs unitarisch und besonders des Wahlrechts Zum anderen wird die historische Entwicklung und die sozialstrukturelle Basis zur Erklarung herangezogen Aber auch okonomische Theorien der Politik erlautern in Anbetracht von Wettbewerbsregeln das Zusammenspiel und entstehen von Parteien Institutionelle Ansatze Wahlsystem Bearbeiten Hierunter fallen Ansatze die das Parteiensystem in einem Land aus den bestehenden Regelungen zum Wahlsystem zu erklaren versuchen Eine zentrale Rolle spielt dabei die Unterscheidung zwischen Staaten mit Mehrheitswahlrecht und solchen mit Verhaltniswahlrecht Das Mehrheitswahlrecht begunstigt danach die Konzentration der Wahlerstimmen auf zwei Parteien wohingegen das Verhaltniswahlrecht eine Vielzahl von Parteien unterstutzt Bei einem absoluten Mehrheitswahlrecht gewinnt in der Regel eine Partei oder eine vor der Wahl bestimmte Koalition eine regierungsfahige Mehrheit Die relative Mehrheitswahl hemmt die Zersplitterung des Parteisystems und belohnt Zusammenschlusse von Wahlergruppen Neue Parteien konnen sich unter dem Mehrheitswahlrecht nur ausserst muhsam etablieren Es bilde sich tendenziell ein Zweiparteiensystem heraus Empirisch ist die Lage zwar komplizierter als theoretische Annahme kann sie aber plausibel begrundet werden Nach Duvergers Gesetz wird in einem Wahlsystem mit relativem Mehrheitswahlrecht z B Grossbritannien USA ein Zweiparteiensystem entstehen weil unter diesen Bedingungen die Stimmen innerhalb eines Wahlkreises die fur die Verlierer alle ubrigen ausser dem mit den meisten Stimmen abgegeben werden die Sitzverteilung im Parlament nicht beeinflussen mithin verloren sind Um seine Position uberhaupt im Parlament vertreten zu sehen ist es aus Wahlersicht also rational einer grosseren Partei die zumindest gewisse Aussichten hat den Wahlkreis zu gewinnen seine Stimme zu geben Durch diese Bevorzugung grosserer Parteien durch den Wahler besteht auch ein Anreiz fur die sich zur Wahl stellenden politischen Gruppierungen sich zu verbinden und Wahlerallianzen zu schliessen Nur so haben dann auch Minderheitenpositionen eine Chance im Parlament vertreten zu sein Dieses Verbinden dauert konsequent zu Ende gedacht so lange an bis sich in einem solchen Wahlsystem nur noch zwei Parteien zur Wahl stellen Diese konnen durchaus wechselnde Wahlerallianzen umfassen womit dann auch die notwendige Anpassungsfahigkeit an sich verandernde gesellschaftlichen Rahmenbedingungen gewahrleistet werden kann Mit der Einordnung nach Zwei und Vielparteiensystemen sind auch Vorstellungen verbunden wonach erstere nach dem englischen Westminster Modell stabile Regierungen und haufige Regierungswechsel hervorbringen wurden Es bestehe ein intensiver konfliktreicher Wettbewerb und ein klares ideologisches und soziales Profil zwischen der linken und der rechten Partei In dem sich unter Verhaltniswahlrecht ergebenden Vielparteiensystem existiere dagegen ein heilsamer Zwang zu Kooperation und Kompromiss Die politischen Systeme der Schweiz der Niederlande oder Osterreichs sind deshalb durch ein Konkordanzsystem gekennzeichnet Politik wird dort weniger durch Mehrheits sondern mehr nach Einstimmigkeitsregeln entschieden Die real existierende Vielfalt von Parteien zeigt allerdings dass das Wahlsystem als alleinige Variable zur Erklarung der Parteienkonstellation nicht ausreicht Auch in Landern mit Mehrheitswahlrecht bilden sich haufig mehr als zwei bedeutsame Parteien z B Scottish National Party und Liberals im Ursprungsland des Westminster Modells Die Konzentration ist dabei umso ausgepragter je niedriger das gesellschaftspolitische Konfliktniveau eines Landes ist Lediglich die meist tatsachlich hohere durchschnittliche Parteienzahl in Wahlsystemen mit Verhaltniswahlrecht kann durch diesen Mechanismus erklart werden Sozialstrukturelle Ansatze Bearbeiten In den gegenwartig existierenden Parteien haben sich nach den soziostruktruellen Ansatzen die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen und Konflikte bei der Bildung moderner Staaten niedergeschlagen und erhalten Abhangig von der Rolle die die gesellschaftliche Spaltung zwischen Kapital und Arbeit die Spannungen zwischen industriellem und agrarischem Sektor oder die religiosen und ethnischen Konflikte spielten haben sich auch verschiedene Parteiensysteme und soziale Milieus herausgebildet Konfliktlinien cleavages Bearbeiten Seymour Martin Lipset und Stein Rokkan haben in den 1950er 60er Jahren mit der Cleavage Theorie ein einflussreiches Entwicklungsmodell fur Parteien entworfen Dabei sind Parteien der Ausdruck von sozialstrukturellen Konfliktlagen cleavages Neben dem Klassenkonflikt cleavage Arbeit versus Kapital nennen die Wissenschaftler auch noch historische Konflikte wie Stadt vs Land Zentrum vs Peripherie und Kirche vs Staat In den folgenden Jahrzehnten entstanden weitere Konfliktlinien wie die von Ronald Inglehart definierte cleavage Postmaterialismus vs Materialismus oder die damit verwandte cleavage Okologie vs Okonomie Bei geschichtlich fruhzeitiger Losung dieser Konflikte gibt es keine Notwendigkeit fur das Entstehen eigener Parteien z B England Dauern aber Konflikte langer an und uberkreuzen sich so ist eine vermehrte Parteibildung wahrscheinlich z B Weimarer Republik Solche zersplitterten Parteisysteme erschweren die Kompromiss und Mehrheitsbildung Fur das westeuropaische Parteiensystem diagnostizierten Lipset und Rokkan ein Einfrieren der Parteiensysteme von den 1920er bis in die 1960er Jahre Eine erklarbare Ausnahme bildete u a die Bundesrepublik Doch auch hier war die Cleavage Theorie anwendbar Stadt vs Land war zwar durch die Nachkriegsmobilitat verwischt aber Arbeit vs Kapital blieb brisant zwischen dem burgerlichen Lager aus CDU CSU und FDP gegenuber der SPD Religios vs Sakular war hingegen aktuell zwischen CDU CSU gegenuber SPD und FDP Die treuesten Stammwahler ebenso wie die aktiven Parteimitglieder kamen aus gut beschreibbaren sozialen Gruppen SPD gewerkschaftlich nicht kirchlich orientiert CDU CSU kirchlich gebunden aus dem Mittelstand FDP kirchlich ungebunden aus burgerlichem altem Mittelstand nbsp Konfliktlinien Darstellung nach Frank DeckerDas Aufbrechen der Berufsstruktur seit den 1960er Jahren weniger Arbeiter mehr Dienstleistungen Angestellte und Beamte und das Erstarken postmaterialistischer Orientierungen durch den Wertewandel und die Neuen sozialen Bewegungen seit den 1970er Jahren macht die Zuordnung von Konfliktlinien und Parteien immer fragwurdiger Fur die 1990er Jahre in der BRD haben Scott C Flanagan und Herbert Kitschelt als neue bedeutsame Konfliktlinien diagnostiziert Marktfreiheit vs Soziale Gerechtigkeit sozio okonomische Konfliktlinie und autoritare vs libertare Gesellschaftsauffassung sozio kulturelle Konfliktlinie Zudem vermutete Kitschelt dass sich die gesamtdeutsche Parteienkonkurrenz entlang einer Diagonale von sozial libertarer Politik bis hin zu neoliberal autoritarer Politik sortieren lasse Tatsachlich konnten Gero Neugebauer und Richard Stoss empirisch diese Bundelung der beiden Konfliktdimensionen zeigen Knapp 90 Prozent der Befragten liessen sich so einordnen Die restlichen 11 5 Prozent ausserten sich politikverdrossen und nicht entlang weiterer Konfliktlinien Die so zusammengefasste Konfliktlinie bezeichnen sie als sozial libertar vs neoliberal autoritar Trotz erheblicher Unterschiede zwischen Ost und Westdeutschland zum Teil innerhalb der Parteien grosser als zwischen den Parteien innerhalb eines Landesteils kann man entlang dieser neuen Achse die Einstellungen der Parteianhanger ordnen Sozial moralische Milieus Bearbeiten M Rainer Lepsius schlug 1966 eine Theorie vor welche speziell auf das deutsche Parteiensystem von der Reichsgrundung 1871 bis zur Weimarer Republik zielte Die besondere Stabilitat des deutschen Parteiensystems beruhte danach auf der engen Verbindung von Parteien mit geschlossenen Sozialmilieus Die Parteien sind dabei auf ihre traditionellen Milieus fixiert und ausser Stande neue Wahlergruppen anzusprechen Dadurch werden die bestehenden Konfliktlinien auch immer wieder aufs Neue durch die Wahlermobilisierung der Parteien stabilisiert Lepsius unterschied fur die von ihm untersuchte Zeitspanne vier sozialmoralische Milieus das katholische Zentrum das konservativ protestantische auf dem Land Konservativ das protestantisch burgerliche in den Stadten Liberale und das sozialdemokratische Sozialmilieu unter den Arbeitern und Handwerkern Sozialisten und Kommunisten Wichtiger als die konkrete Differenzierung ist dabei Lepsius Idee dass diese Milieus auf vorpolitische soziale Ordnungsgebilde zuruckgehen und so eine eigene politisch soziale Subkultur entwickelten Erst die Schlussphase der Weimarer Republik fuhrte zur Auflosung des uber 60 Jahre stabilen Parteiensystems Insbesondere die NSDAP sammelte wie die Volksparteien heute ehemals verschiedenste soziale Gruppen unter einem Dach Trotz weitgehender Auflosung dieser starken Verbindungen zwischen Milieu und Partei wurde doch immer wieder nachgewiesen dass in einigen Regionen auch weiterhin mit einigem Recht von sozialmoralischen Milieus gesprochen werden kann So uberdauerte etwa in bestimmten starken Hochburgen des Ruhrgebietes ein gewerkschaftsnahes sozialdemokratisches Milieu zumindest bis in die 1990er Jahre und auch in so manchen landlichen Diasporagebieten Suddeutschlands existieren bis heute starke katholische Sozialmilieus mit Hang zur CDU CSU Die Parteiidentifikation in Deutschland nimmt dabei insgesamt weiter ab wobei in den 1990er Jahren im Westen eine Stagnation bei der CDU CSU und ein langsamer Ruckgang unter den SPD Wahlern zu verzeichnen ist Im Osten gibt es neben dem leichten Ruckgang bei der SPD eine deutliche Zunahme der Parteiidentifikation unter Anhangern der PDS und vor allem der CDU Ursache ist die schwacher werdende Identifikation von Wahlern aus dem Arbeitermilieu bei gleichzeitiger Stabilisierung der Identifikation mit christdemokratischer Politik innerhalb der katholischen bzw allgemein der Kirchganger Milieus in Ost wie West Das niedrigere Niveau der Parteiidentifikation in Ostdeutschland erklart dabei die geringere Wahlbeteiligung und die hohere Volatilitat der Wahlergebnisse Ausserdem ist in Ostdeutschland die Parteibindung auch weniger sozialstrukturell vermittelt Eine hohere Identifikation hat einen erheblichen Einfluss auf die Wahl erklart 80 95 der Wahlentscheidungen Bei Ostdeutschen ohne Parteibindung hat die Einstellung zum Sozialismus einen grossen Einfluss auf die Wahlentscheidung Hierin sind PDS und CDU Wahler stark polarisiert wogegen die SPD fur alle wahlbar war in den Wahlen 1998 2002 2 Die acht Sozialmilieus der sinus Studie von 1984 haben sich zwar in der Soziologie etabliert sind aber fur die Erklarung von Parteien nur schlecht geeignet da diese Milieus weder trennscharf sind noch uberhaupt traditionelle Milieus im Sinne Lepsius sind in denen gemeinschaftlich agiert oder mindestens ansatzweise miteinander kommuniziert wird Die sozialen Gruppen sind hier nur uber soziookonomische und ideologische Merkmale definiert Eine intensivere Koppelung sei aber in der nivellierten Mittelstandsgesellschaft auch immer weniger zu erwarten erwidern die Befurworter dieser Sozialmilieukonstruktion Okonomische Theorie Ansatze Bearbeiten Okonomische Theorien der Politik sind ein wichtiges Instrument im analytischen Werkzeugkasten der Politikwissenschaft Ihre Besonderheit ist dass sie das theoretische und methodische Instrumentarium der Wirtschaftswissenschaften zur Erklarung politischer Phanomene sowie das Handeln von Parteien aus okonomischer Sicht erklarbar machen Wenn auch nicht unumstritten so kann kaum bezweifelt werden dass sie das Verstandnis der Funktionsweise und inneren Logik politischer Institutionen und Prozesse deutlich erweitert haben Konkurrenztheorie Bearbeiten Josef P Schumpeter hat in seinem sehr einflussreichen Buch Kapitalismus Sozialismus und Demokratie eine neue Formulierung der Theorie der parlamentarischen Demokratie vorgenommen Schumpeter definierte die demokratische Methode als diejenige institutionelle Art zur Gewinnung politischer Entscheidungen in dem Individuen die Befugnis zur Entscheidung durch einen Wettkampf um die Stimmen des Volkes erlangen Damit entfiel nach Schumpeter die unrealistische Annahme dass die Wahler uber jede einzelne Frage eine bestimmte und rationale Meinung haben mussten Bei dem Wettbewerb um die Mehrheit der Wahlerstimmen kommt den Parteien eine besondere Bedeutung zu Eine Partei ist eine Gruppe deren Mitglieder ubereinkommen im Wettkampf um die politische Macht koordiniert zu handeln Dabei geht es den Parteien nicht so sehr um die Verwirklichung bestimmter politischer Inhalte als um die Mehrheit und damit um die Moglichkeit politische Amter zu besetzen Die Entscheidung politischer Streitfragen ist bei dieser Interpretation gewissermassen nur ein Nebenprodukt des Kampfes um Mehrheiten Schumpeters Annahmen wie ein fehlendes politisches Interesse und eine geringe politische Beteiligung bei einem Grossteil der Bevolkerung sowie ein nichtexistenter Gemeinwille sondern unterschiedliche wirtschaftliche und politische Interessen die die Gesellschaft spalten sind auch im 21 Jahrhundert fur den politischen Diskurs von grosser Bedeutung 3 Der Politikwissenschaftler Przeworski betont ebenfalls den Konkurrenzcharakter von Demokratie Demokratie ist ein System in dem Parteien Wahlen verlieren Es gibt Parteien unterschiedliche Interessen Werte und Meinungen Es gibt durch Regeln organisierten Wettbewerb Und es gibt periodisch Gewinner und Verlierer In Anlehnung an Joseph Schumpeters Konkurrenztheorie analysiert Przeworski aus spieltheoretischer Perspektive Demokratie als das unsichere Ergebnis von Interessenkonflikten Demokratie ist ein System mit Konflikten zu verfahren bei dem die Ergebnisse vom Handeln der beteiligten abhangen ohne dass eine einzelne Kraft die Geschehnisse kontrolliert Die Ergebnisse der Konflikte sind keiner der konkurrierenden politischen Krafte im Voraus bekannt da die Konsequenzen ihres Handelns vom Handeln anderer abhangt das wiederum nicht vorhersehbar ist Demokratie erzeugt Unsicherheit da sie ein System dezentralisierten strategischen Handelns ist 4 Okonomische Theorie der Demokratie Bearbeiten Die theoretische Grundlage dieser Ansatze ist die Okonomische Theorie der Demokratie von Anthony Downs welche Parteien als Organisationen zur Stimmenmaximierung auf dem Wahlermarkt auffasst Dabei handeln sowohl die Mandatssucher als auch die Wahler ganz unideologisch und versuchen nur ihre je eigenen Interessen durchzusetzen ihren Nutzen zu maximieren Als Ausgangspunkt seiner Theorie nimmt Downs die auch von Joseph Schumpeter formulierte provokative Idee auf dass man strikt zwischen der privaten Motivation einer Handlung und ihren sozialen Funktionen unterschieden musse Diese Ausgangsthese bedeutet dass man die individuellen Grunde die eine Person zu ihrem Handeln motivieren nicht gleichsetzen darf und soll mit den daraus entstehenden gesellschaftlichen Folgen Der Anbau von Getreide durch einen Landwirt oder das backen von Brot von einem Backer erfullen eine gesellschaftliche Funktion namlich die zur Ernahrung der Gesellschaft beizutragen Allerdings baut weder der Landwirt Getreide an noch backt der Backer hieraus Brot um die Gesellschaft zu ernahren vielmehr ist fur beide der eigentliche Antrieb die hochst private Motivation den eigenen Lebensunterhalt zu gewahrleisten Diese Unterscheidung ist aus okonomischer Sicht selbstverstandlich und vollig einsichtig Sie postuliert dass man sich auf das Prinzip der privaten Motivation verlassen kann wenn es darum geht gesellschaftliche Funktionen zu erfullen wie z B die marktwirtschaftliche Guterproduktion Der politischen Theorie und der Demokratietheorie war bis zu Schumpeter und Downs diese Idee zumindest in solch einer expliziten Ausformulierung weitgehend fremd Gangig war wie das auch heute noch in vielen Fallen weiterhin angenommen wird die Vorstellung dass die politischen Akteure sich an einem wie auch immer definierten Allgemeinwohl orientieren und ihre Tatigkeiten an diesem Massstab ausrichten Schumpeter und in seiner Nachfolge Downs wenden sich explizit gegen die normative Aufladung dieser Ansicht und setzen dem eine positive Theorie der Demokratie entgegen Positiv heisst hier dass nicht beschrieben wird wie eine Demokratie funktionieren soll sondern ein Modell dafur geliefert wird wie sie wirklich ist wie sie tatsachlich faktisch funktioniert Die analytische Trennung zwischen privater Motivation und sozialer Funktion sowie der Verzicht auf normative Aussagen lasst die Demokratie in der Downs schen Perspektive in vollig neuem Licht erscheinen Aus dieser Sicht ist sie schlicht eine Methode der Regierungsauswahl bzw des Regierens Wahler und Parteien treffen auf einem politischen Markt aufeinander wobei letztere um die Stimmen ersterer konkurrieren Dieser politische Markt folgt der gleichen Funktionslogik wie jeder andere okonomischer Marktmechanismus auch rationale und Eigennutz maximierende Unternehmer hier Parteien entwickeln Produkte hier politische Programme und Losungsvorschlage um mit diesen einen moglichst hohen Gewinn hier Wahlerstimmen oder offentliche Amter zu erzielen Die ebenso rationalen und Eigennutz maximierenden Konsumenten hier Wahler wagen zwischen den verschiedenen angebotenen Produkten hier Wahlprogramme ab und entscheiden sich fur das beste Angebot hier Wahl der bevorzugten Partei Damit sind bereits die beiden entscheidenden Pramissen die der okonomischen Theorie der Demokratie zugrunde liegen und auf denen Downs gesamtes Modell aufbaut genannt Einziges Ziel von Parteien ist der Wahlsieg Sie streben diesen an um die materiellen und immateriellen Vorteile die mit einer Amterubernahme verbunden sind Prestige Macht Einkommen etc nutzen und geniessen konnen Sie formulieren also politische Programme um Wahlen zu gewinnen Die Umkehrung Parteien wollen Wahlen gewinnen um ihre Programme umzusetzen gilt allerdings nicht Wahler vergleichen die zur Wahl antretenden Parteien und geben ihre Stimme so ab dass ihnen aus den Tatigkeiten der gewahlten Regierung ein moglichst grosser eigener Nutzen entsteht 5 Rationale Parteien Der demokratische Wettbewerb Medianwahlertheorem Bearbeiten Im Modell von Downs streben Parteien nach Nutzenmaximierung In ihrem Fall geht es um die Maximierung ihres Stimmenanteils Wie nun lasst sich rationales Verhalten von Parteien analytisch fassen und explizieren Nach Downs gibt es eine entscheidende Kontextbedingung an der die Parteien ihr Handeln ausrichten die Verteilung der Wahlerpraferenzen Hierzu stelle man sich ein Modell vor in welchem die Praferenzen der Wahler auf einem ideologischen Links Rechts Kontinuum dargestellt sind Jeder Punkt der horizontalen Achse reprasentiert einen moglichen ideologischen Standpunkt der jeweils von den Parteien eingenommen werden kann Die uber diesem Links Rechts Kontinuum liegende Kurve gibt die Haufigkeitsverteilung der Wahler an Je mehr Wahler sich an einem dieser Ideologie Punkte verorten desto hoher ist sie Wahler entscheiden sich nun fur diejenige Partei welcher sie ideologisch am nachsten sind Anders ausgedruckt Die Wahler minimieren bei ihrer Wahlentscheidung ihre ideologische Distanz zu einer Partei Die Abbildung zeigt z B eine eingipflige unimodale Wahlerverteilung Die meisten Wahler befinden sich demnach in der Mitte des politischen Spektrums Punkt M wobei mit steigender Entfernung von der Mitte die Wahlerhaufigkeit symmetrisch abnehmen Da die Wahlerverteilung sowohl symmetrisch als auch unimodal ist befinden sich bei dem Punkt M nicht nur die meisten Wahler sondern auch der Median der Verteilung Der Medianwahler so wird der Wahler genannt der sich genau auf dem Median verortet befindet sich exakt dort wo die Wahlerschaft in zwei gleich grosse Teile geteilt werden kann Es befinden sich also gleich viele Wahler links vom Medianwahler wie rechts von ihm Statistisch ausgedruckt lasst sich also sagen dass in der Abbildung Modalwert d h das Maximum der Verteilung und Median zusammenfallen Diese Unterscheidung ist wichtig um die nachfolgenden Argumente der Logik des Parteienverhaltens nachvollziehe zu konnen Je weiter man sich von M aus politisch nach links bzw nach rechts bewegt desto weniger Wahler gibt es die sich dort verorten Eine solche Idealtypische Wahlerverteilung entspricht am ehesten derjenigen einer entwickelten sozial befriedeten Industriegesellschaft man spricht von einer nivellierten Mittelstandsgesellschaft Schelsky 1953 Ausgehende von gegeben und fixen d h feststehenden Wahlerpraferenzen wird nun das Verhalten der Parteien A und B im Wesentlichen durch die Wahlerverteilung bestimmt Geht man von einer vollstandigen Wahlbeteiligung aus so werden die beiden Parteien in Richtung M konvergieren Da sich definitionsgemass bei M jeweils die Halfte der Wahler links bzw rechts hiervon befindet haben bspw alle Wahler die sich links von A befinden keine andere Wahl als fur A zu stimmen da A zwangslaufig die fur sie nachstgelegene Partei ist Aus diesem Grunde kann A aber auch ungehindert weiter nach rechts Richtung M wandern um neue Wahler hinzuzugewinnen Sie riskiert dabei nicht den Verlust der links von ihr befindlichen Wahler Fur Partei B gilt diese Logik entsprechend umgekehrt Der hier genannte Zusammenhang ist als sog Medianwahlertheorem bekannt geworden Um die Wahl zu gewinnen bewegen sich rationale Parteien auf die Position des Medianwahlers zu Allerdings ist es durchaus auch vernunftig ja sogar weitaus realistischer anzunehmen dass mit steigender Distanz zwischen Partei und Wahler dessen Neigung abnimmt diese zu wahlen Ist ein bestimmter Distanz Stellenwert uberschritten reagiert der Wahler moglicherweise mit Stimmenthaltung Verlasst man also die Annahme vollstandiger Wahlbeteiligung so lasst sich im Fall der Abbildung argumentieren dass sehr weit links bzw sehr weit rechts stehende Wahler nicht mehr A bzw B wahlen wenn diese sich weiter Richtung M bewegen Dennoch ware in diesem Fall eine Konvergenz beider Parteien in Richtung M rational Da sich bei M nicht nur der Medianwahler sondern auch der einzige Gipfelpunkt der symmetrischen Wahlerverteilung befindet konnen in der Mitte mehr Wahler gewonnen werden als am Rand verloren gehen 5 Otto Kirchheimer hat bereits 1965 erkannt dass durch den wachsenden Wohlstand die traditionellen Bindungen und Beschrankungen immer lockerer wurden und so die nivellierte Mittelstandsgesellschaft zu einer Entideologisierung und Entpolitisierung der Wahler und somit auch der Parteienlandschaft fuhre Die herkommliche Massenintegrationspartei die eine lebenslange von der Wiege bis zur Bahre politische Heimat war wurde zunehmend von dem auch in den USA vorherrschenden Typus der catch all party abgelost Solche Allerweltsparteien bieten Politik fur jeden an wie ein grosses Warenhaus und nennen sich auch oft diesen Anspruch untermauernd Volksparteien Unter den Voraussetzungen dass Wahler gemass Downs ihren Nutzen maximieren wollen und dass eine entideologisierte nivellierte Mittelstandsgesellschaft vorliegt also die meisten Wahler sich mit ihren politischen Vorstellungen in der Mitte befinden fuhrt der Stimmenwettbewerb tendenziell zu zwei grossen Partien die um die Wahlerstimmen in der Mitte kampfen zentripetaler Wettbewerb Nur durch ein unideologisches Wahlprogramm kann dieser Kampf um die Mitte der Gesellschaft nicht zu verwechseln mit gemassigten Ansichten gewonnen werden Auch dieses Erklarungsmuster ist offenbar allzu einfach Im Gegensatz zur cleavage Theorie vermag es weder zu erklaren weshalb beispielsweise die FDP sich vom Anspruch eine Volkspartei zu sein verabschiedet hat noch kann es das Entstehen der Grunen erklaren die nie den Anspruch erhoben haben eine solche Allerweltspartei zu sein Ausblick und Kritik BearbeitenAus systemkritischer Sicht wird bemerkt dass die in der Politikwissenschaft zur Zeit vorherrschenden Erklarungsmodelle fur die Parteiensysteme massive Defizite bezuglich der Berucksichtigung von Werten und Interessen haben Und auch die behauptete Folgenlosigkeit des Parteienwettbewerbs und der Erhalt des Status quo d h des Kapitalismus durch die Struktur der Parteiensysteme zu wenig thematisiert werde Es musse vielmehr nach den eigentumlichen Selektivitatsmustern und Schliessungsprozessen von Parteiensystemen gefragt werden Allerdings setzt eine solche Kritik ein Wissenschaftsverstandnis voraus welches nicht rein deskriptiv sondern auch wertend sein will Gerade die Entwicklung der Parteiensysteme in den erst jungst zu liberal demokratischen Systemen gewechselten osteuropaischen Transformationsstaaten wird bezuglich der Herausbildung und Entwicklung von Parteien neue Fragen aufwerfen Aber auch in den alteingesessenen Demokratien der westlichen Industrielander bleibt abzuwarten ob sich der Trend zur entideologisierten und nivellierten Gesellschaft fortsetzt Oder ob durch die zunehmend auseinandergehende Schere zwischen Arm und Reich u a durch die immer weniger sozial abgefederte wirtschaftliche Globalisierung und durch die sich moglicherweise selbst erfullende Prophezeiung des Kampfes der Kulturen vor dem Hintergrund des Nahostkonflikts sich nicht doch wieder eine Re Ideologisierung innerhalb der westlichen Gesellschaften anbahnt Das Wiedererstarken nationalistischer Parteien in Europa und die deutlichen Wahl und Agenda Setting Erfolge der Republikaner in den USA durch Bundelung der neokonservativen Ideologie mit dem vereinfachenden Weltbild religioser Gruppen so genannte Evangelikale lassen zumindest einen gegenlaufigen Trend erkennen Siehe auch BearbeitenPolitisches System Wahlsystem Sozialstruktur Politische IdeologieEinzelnachweise Bearbeiten a b Oskar Niedermayer Die Analyse von Parteiensystemen In Oskar Niedermayer Hrsg Handbuch Parteienforschung Springer VS Wiesbaden 2013 S 83 117 Kai Arzheimer Wie entwickelt sich die Parteiidentifikation seit 1990 Joseph A Schumpeter Kapitalismus Sozialismus und Demokratie 8 Auflage A Francke Verlag Tubingen Basel 2005 S 427 450 Wolfgang Muno Die politische Dynamik okonomischer Reformen Hrsg JOHANNES GUTENBERG UNIVERSITAT MAINZ INSTITUT FUR POLITIKWISSENSCHAFT Mainz S 19 20 a b Jochen Dehling Klaus Schubert Okonomische Theorien der Politik Hrsg Hans Georg Ehrhart 1 Auflage VS Verlag fur Sozialwissenschaften Wiesbaden 2011 S 49 60 Literatur 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