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Freier Markt ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel Zum Begriff speziell in Europa siehe Europaischer Binnenmarkt Die Marktwirtschaft ist ein zentraler Begriff der okonomischen Theorie und der Wirtschaftsgeschichte In der Theorie der Wirtschaftsordnungen bezeichnet Marktwirtschaft fruher auch Verkehrswirtschaft ein Wirtschaftssystem 1 in dem die Verteilung der Entscheidungs und Handlungsrechte durch das Rechtsinstitut des privaten Eigentums an Produktionsmitteln erfolgt Planung und Koordination der Wirtschaftsprozesse erfolgen dezentral Die einzelnen Verwendungsplane der Haushalte und Unternehmen Einkommen und Gewinnverwendung und der Entstehungsplane Gewinnbildung und Einkommensentstehung werden durch Marktpreise koordiniert 2 Diese Koordination umfasst einerseits die Allokation und Verteilung individueller Guter durch Marktpreise und andererseits die Allokation und Verteilung offentlicher Guter durch politische Entscheidungen Uber Marktpreise werden die Einzelplane der Wirtschaftssubjekte aufeinander abgestimmt und uber die Verknupfung der Markte in einen gesamtwirtschaftlichen Rechnungszusammenhang gestellt Dies bezieht sich ebenfalls auf offentliche und meritorische Guter trotz fehlender Markte fur diese da zur Herstellung des Angebotes von offentlichen Gutern der Einsatz von Gutern oder Produktionsfaktoren die selbst in einem marktkoordinierenden Prozess hergestellt werden Voraussetzung ist 3 Marktwirtschaft wird in der okonomischen Theorie als ein selbstregulierendes und selbstoptimierendes System unter der angenommenen Voraussetzung einer Entscheidungs und Handlungsfreiheit der Wirtschaftssubjekte aufgefasst Daher wird die idealisierte Marktwirtschaft auch per se als freie Marktwirtschaft begriffen 4 Reale Markte weichen allerdings teils erheblich von dieser idealisierten Modellvorstellung ab 5 Unter den Wirtschaftshistorikern hat insbesondere Fernand Braudel und unter anderem auch Alfred Preussler auf der Unterscheidung zwischen der historisch alteren Marktwirtschaft und dem sich daraus entwickelnden Kapitalismus bestanden Inhaltsverzeichnis 1 Theorie und Realgeschichte 2 Formen 2 1 Modelle 2 1 1 Freie Marktwirtschaft 2 1 2 Soziale Marktwirtschaft 2 1 3 Sozialistische Marktwirtschaft 2 1 4 Weitere Modelle 2 2 Reale Wirtschaftsordnungen 3 Marktwirtschaft und Kapitalismus 4 Marktmechanismus und Effizienz 5 Marktversagen 6 Marktwirtschaft und soziale Gerechtigkeit 7 Marktwirtschaft und Akzeptanz in der Bevolkerung 8 Unterschiede zwischen den Wirtschaftsordnungen 9 Kritik 10 Siehe auch 11 Literatur 12 Weblinks 13 EinzelnachweiseTheorie und Realgeschichte BearbeitenDer Begriff Marktwirtschaft taucht in der deutschen Nationalokonomie erst in den fruhen 1930er Jahren auf im Umkreis der Freiburger Schule Hans Ritschl 1931 und Franz Bohm 1933 und der historischen Schule Arthur Spiethoff 1934 Er ist jungeren Datums als der bedeutungsgleiche Begriff der Verkehrswirtschaft der sich schon in Max Webers Werk Wirtschaft und Gesellschaft findet und den Walter Eucken weiter verwendete 6 Laut Walter Eucken gibt es bei der Analyse von Wirtschaftssystemen zwei grundsatzlich kontrare Denkstile die er als Denken in Ordnungen und als Denken in geschichtlichen Entwicklungen bezeichnet Dabei ist laut Egon Tuchtfeldt die Frage welche Herangehensweise der Gesamtproblematik von Wirtschaftssystemen besser entspricht bis heute offen Tatsachlich brauche sich das Denken in geschichtlichen Entwicklungen und das Denken in Ordnungen keineswegs gegenseitig auszuschliessen Richtig verstanden wurden beide Vorgehensweisen vielmehr eine ebenso notwendige wie fruchtbare Erganzung bilden 7 Als fruher Wirtschaftswissenschaftler beschrieb der schottische Moralphilosoph Adam Smith in seinem Hauptwerk Der Wohlstand der Nationen den Markt als Anreiz und Sanktionsmechanismus der das eigennutzige Verhalten der arbeitsteilig wirtschaftenden Menschen so koordiniert dass die Bedurfnisse des Einzelnen bestmoglich befriedigt werden 8 Walter Eucken verstand Marktwirtschaft Verkehrswirtschaft als reinen Idealtypus der in allen Epochen der Menschheitsgeschichte zu finden sei 9 10 Idealtypen dienten bei Eucken dem Verstandnis der Wirklichkeit Eine reine Marktwirtschaft hingegen kommt laut Eucken in der Realitat nicht vor 11 Franz Xaver Kaufmann fasste in den 1980er Jahren die wirtschaftssoziologische Diskussion so zusammen dass die herrschende Wirtschaftslehre die geschichtliche und sozio kulturelle Bedingtheit des modernen Wirtschaftssystems vernachlassige 12 Aus historischer Sicht stelle die Marktwirtschaft als relativ autonomes Wirtschaftssystem einen Sonderfall mit bestimmten nicht selbstverstandlich gegebenen Voraussetzungen und Grenzen dar 13 Der Wohlstand einer Gesellschaft hangt aber nicht nur von Faktoren wie Bildungsstand Industrialisierungsgrad oder Ausstattung mit naturlichen Ressourcen ab sondern beruht auch auf dem institutionellen Rahmen der Wirtschaft der aus ausdrucklichen und ungeschriebenen Regeln besteht 14 In den Wirtschaftswissenschaften wird die Bedeutung von Institutionen als Spielregeln fur die Marktwirtschaft vor allem von Douglass North betont 15 der 1993 zusammen mit Robert Fogel fur wirtschaftshistorische Studien den Nobelpreis bekam Eine Beschaftigung mit den historischen und gesellschaftlichen Voraussetzungen der Marktwirtschaft bzw Verkehrswirtschaft findet sich bereits bei Max Weber und anderen Klassikern der Wirtschaftssoziologie Die Marktgemeinschaft charakterisiert Weber als eine unpersonliche praktische Beziehung die in Gegensatz zur Stammeszugehorigkeiten oder Verwandtschaft tritt Nach Weber setzt eine marktwirtschaftliche Vergesellschaftung des Wirtschaftens Appropriation und Marktfreiheit voraus etwa die Abwesenheit standischer Monopole Der Wirtschaftshistoriker Karl Polanyi stellte die These von Smith und Spencer in Frage dass fruhe Formen der Okonomie auf Tauschhandel beruht haben Er schloss dabei an wirtschaftsethnologische Studien v a von Bronislaw Malinowski Marcel Mauss und Raymond Firth an die in Stammesgesellschaften besondere auf generalisierter Reziprozitat beruhende Wirtschaftsformen siehe etwa Schenkokonomie untersucht haben 16 Polanyi konnte in allen von ihm untersuchten historisch vorkommenden Okonomien Elemente von Reziprozitat Umverteilung und direktem Austausch feststellen 17 Daran anknupfend wird auch heute in der Kulturanthropologie die Marktwirtschaft als Realtyp gegen andere Formen des Wirtschaftens insbesondere der Subsistenzwirtschaft abgegrenzt 18 19 In seinem Werk The Great Transformation von 1944 verwendet Polanyi einen engen Begriff von Marktwirtschaft eigentliche Marktwirtschaft fur einen sich selbst regulierenden Markt Dessen realgeschichtliche Existenz beschrankte er auf die historische Periode von 1834 bis Ende des 19 Jahrhunderts Ihre Anfange machte er an der Entwicklung des Arbeitsmarktes fest Erst die Reform des englischen Armengesetzes von 1834 das jede geldwerte Unterstutzung an arbeitslose aber arbeitsfahige Bedurftige abschaffte die menschliche Arbeitskraft musste zur Ware gemacht werden 20 hatte die Logik des Marktsystems freigesetzt und damit die Gesellschaft als Anhangsel des Marktes sprich zur Marktgesellschaft gemacht 21 Bereits die Sozialgesetze und die Anerkennung der Gewerkschaften Ende des 19 Jahrhunderts hatten dem Marktmechanismus wieder entgegengewirkt obwohl die Idee der Selbst Regulierung dominant geblieben sei Aus der begrenzten historischen Sicht von 1944 markierten fur Polanyi die staatlichen Regulierungen der sozialdemokratischen kommunistischen und faschistischen Regulierungen zwischen den beiden Weltkriegen das Ende der eigentlichen Marktwirtschaft die entscheidende Abkehr von der Idee oder dem Mythos eines sich selbst regulierenden Marktes Politisch befurwortete Polanyi die sozialdemokratischen Regulierungen wahrend er die kommunistischen und faschistischen als Freiheitsgefahrdung ablehnte 22 Laut Fernand Braudel habe sich hingegen die Marktwirtschaft im europaischen Raum Schritt fur Schritt herausgebildet 23 Historisch betrachtet haben wir es m E von dem Augenblick an mit Marktwirtschaft zu tun in dem die Markte einer bestimmten Zone gemeinsame Preisschwankungen und Preisubereinstimmungen aufweisen eine insofern besonders charakteristische Erscheinung als sie uber die verschiedenen Gerichtsbezirke und Herrschaftsbereiche hinausgreift In diesem Sinne besteht die Marktwirtschaft lange vor dem 19 und 20 Jahrhundert Fernand Braudel Sozialgeschichte des 15 18 Jahrhunderts Zweiter Band Der Handel 1980 S 243 Wahrend fur Polanyi die Marktwirtschaft ein Synonym fur Kapitalismus ist differenziert Braudel zwischen Marktwirtschaft und Kapitalismus Ahnlich wie zuvor Weber der in einer anderen Terminologie zwischen Erwerbs und Bedarfswirtschaft unterschieden hatte sieht Niklas Luhmann die Marktwirtschaft nicht im Gegensatz zur Planwirtschaft sondern im Gegensatz zur Subsistenzwirtschaft In dieser gibt es in der Regel kein Geld als Steuerungsmedium und das Wirtschaftssystem hat sich noch nicht als eigenstandiges Teilsystem der Gesellschaft ausdifferenziert siehe Autopoiesis 24 Formen BearbeitenModelle Bearbeiten Freie Marktwirtschaft Bearbeiten Im Modell der Freien Marktwirtschaft wird allein durch den Markt bestimmt was produziert und konsumiert wird in welcher Menge und zu welchem Preis Eine freie Marktwirtschaft besteht nach George Nikolaus Halm dann wenn 25 die Produktionsfaktoren Arbeit Boden Kapital in privater Hand liegen und die Produktion auf Initiative privater Unternehmen erfolgt also Privateigentum an den Produktionsmitteln und freier Wettbewerb Einkommen nur durch Dienstleistungen und die Gewinne privater Unternehmen erwirtschaftet wird keine Planwirtschaft besteht keine staatliche Kontrolle oder Marktregulierung besteht die Marktteilnehmer Wahlfreiheit hinsichtlich Konsum Berufstatigkeit Sparen und Investieren haben also freie Preisbildung Gewerbefreiheit und Konsumfreiheit die freie Preisbildung verschiedenster Unternehmen insbesondere im Immobilienbereich Eine vollig freie Marktwirtschaft ist allerdings nur eine Abstraktion In der wirtschaftspolitischen Praxis liegt in allen Landern mehr oder weniger eine staatliche Marktregulierung vor 26 Die von Adam Smith in seinem Buch Der Wohlstand der Nationen propagierten Ideen bedeuten nicht dass dem Staat jegliche Existenzberechtigung entzogen wird Ihm obliegen vielmehr weitere wichtige Funktionen Dazu gehoren die aussere Sicherheit zu garantieren Schutz der Burger vor Ungerechtigkeit und Unterdruckung durch seine Mitburger Bereitstellung offentlicher Einrichtungen fur die sich kein privater Investor findet sowie Monopolen entgegenzuwirken 27 Nach Auffassung einiger Autoren wurde die Lehre von Adam Smith einseitig und verbunden mit dem Mythos von der unsichtbaren Hand zur Vorstellung von einer freien Marktwirtschaft weiterentwickelt 28 29 Auch in einer freien Marktwirtschaft werden dem Staat regulierende Funktionen zugeschrieben Sind diese auf ein Minimum beschrankt spricht man in Anlehnung an eine ironische Wendung des Arbeiterfuhrers Ferdinand Lassalle auch von einem Nachtwachterstaat 30 Soziale Marktwirtschaft Bearbeiten Hauptartikel Soziale Marktwirtschaft Die Idee des von Alfred Muller Armack und Ludwig Erhard entworfenen Leitbilds der Sozialen Marktwirtschaft ist die Vorteile einer freien Marktwirtschaft insbesondere die wirtschaftliche Leistungsfahigkeit und die hohe Guterversorgung zu realisieren gleichzeitig aber Nachteile wie zerstorerischen Wettbewerb Ballung wirtschaftlicher Macht und unsoziale Auswirkungen von Marktprozessen zu vermeiden Ziel der Sozialen Marktwirtschaft ist grosstmoglicher Wohlstand bei bestmoglicher sozialer Absicherung Der Staat verhalt sich anders als in der freien Marktwirtschaft nicht passiv sondern greift aktiv in das Wirtschaftsgeschehen ein z B durch konjunkturpolitische wettbewerbspolitische und sozialpolitische Massnahmen 31 Fur Ludwig Erhard war der Ausdruck Soziale Marktwirtschaft ein Pleonasmus weil fur ihn der Markt an sich sozial sei Er konkretisierte diesen Gedanken indem er betonte dass die Wirtschaft umso sozialer sei je freier sie sei 32 Demgegenuber sah Muller Armack in der Sozialen Marktwirtschaft eine irenische Formel die versucht die Ideale der Gerechtigkeit der Freiheit und des wirtschaftlichen Wachstums in ein vernunftiges Gleichgewicht zu bringen 33 Sozialistische Marktwirtschaft Bearbeiten Hauptartikel Sozialistische Marktwirtschaft Eine sozialistische Marktwirtschaft zeichnet das Koordinationsprinzip dezentrale Planung und die Eigentumsordnung Gemeineigentum an den Produktionsmitteln aus Im Gegensatz hierzu stehen die kapitalistische Marktwirtschaft mit Privatbesitz an den Produktionsmitteln und sozialistische Zentralverwaltungswirtschaft mit einer zentralen Planung Weitere Modelle Bearbeiten Es gibt eine Reihe weiterer Theoriemodelle mit denen verschiedene Autoren den Anspruch erheben die Soziale Marktwirtschaft weiterzuentwickeln zum Beispiel die Okosoziale Marktwirtschaft daneben die Nachhaltige Marktwirtschaft Michael von Hauff 34 die Humane Marktwirtschaft Erwin Niesslein 35 und die Ethische Marktwirtschaft Hans Ruh 36 Eine weitere Variante ist die Zivilisierte Marktwirtschaft des St Gallener Wirtschaftsethikers Peter Ulrich auch sie ist laut ihrem Schopfer eine Weiterentwicklung der im Standortwettbewerb orientierungsschwach gewordenen Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft 37 Reale Wirtschaftsordnungen Bearbeiten In der Praxis existieren sehr unterschiedliche Formen der Marktwirtschaft Diese unterscheiden sich aufgrund der unterschiedlichen wirtschafts und sozial bzw gesellschaftspolitischen Zielsetzung in der Auspragung der Eigentums und Personlichkeitsrechte und dem Ausmass und den Formen staatlicher Intervention Beispiele hierfur sind die Planification in Frankreich das schwedische Modell in Skandinavien der Austrokeynesianismus in Osterreich 38 oder die Soziale Marktwirtschaft in Deutschland Michel Albert hat mit seinem Buch Capitalisme contre Capitalisme 1991 deutsch Kapitalismus contra Kapitalismus fur die vor allem in Deutschland sowie den Alpenlandern und den Niederlanden bestehende kapitalistische Marktwirtschaft den Begriff des rheinischen Kapitalismus gepragt und ihn dem neo amerikanischen Modell entgegen gestellt 39 Peter A Hall und David Soskice haben in ihrem Buch Varieties of Capitalism 2001 zwei Varianten von Marktwirtschaften liberal market economies und coordinated market economies beschrieben 40 Marktwirtschaft und Kapitalismus BearbeitenVerschiedene Autoren machen die Existenz einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung vom Privateigentum an den Produktionsmitteln abhangig und die Marktwirtschaft von der Bedurfnisbefriedigung uber Markte 41 42 Haufig verstehen Okonomen Kapitalismus als Marktwirtschaft mit Privateigentum an Produktionsmitteln 43 Das heute vorherrschende Wirtschaftssystem der kapitalistischen Marktwirtschaft wird durch beide Begriffe bestimmt Eine Marktwirtschaft ist theoretisch jedoch ohne Kapitalismus als sozialistische Marktwirtschaft wie der Kapitalismus ohne Marktwirtschaft als kapitalistische Zentralverwaltungswirtschaft denkbar Dem franzosischen Sozialhistoriker Fernand Braudel zufolge hat sich die Marktwirtschaft Schritt fur Schritt herausgebildet und ist noch vor dem Kapitalismus mit seiner Norm der unbegrenzten Akkumulation entstanden 44 Fur andere Autoren ist der Begriff der Marktwirtschaft vom Kapitalismus kaum abzugrenzen Nach John Kenneth Galbraith wurde er vielmehr gezielt nach dem Zweiten Weltkrieg als neue Bezeichnung fur den durch die Weltwirtschaftskrise in Misskredit geratenen Kapitalismus eingefuhrt Der Ausdruck sei dabei vollkommen nichtssagend denn im Prinzip bedeute er nichts anderes als den Warenaustausch uber Markte Tatsachlich beinhalte die marktwirtschaftlich genannte Ordnung aber alle Strukturelemente des Kapitalismus und sei mit diesem gleichzusetzen Marktmechanismus und Effizienz BearbeitenDer Okonom Jurgen Patzold beschreibt den Marktmechanismus als einen Koordinationsmechanismus der keiner burokratischen Befehle bedarf Jedes Wirtschaftssubjekt erhalt in der Marktwirtschaft seine Informationen uber die Veranderung der Preissignale Die Planungen und Handlungen werden diesen veranderten Marktsignalen laufend angepasst und dadurch schrittweise aufeinander abgestimmt Das marktgesteuerte System hat daher eine im Vergleich zur Zentralverwaltungswirtschaft hohere Flexibilitat und Problemverarbeitungskapazitat Diese unbestrittenen Vorteile der marktwirtschaftlich organisierten Wirtschaft gegenuber der burokratischen Lenkung schliessen jedoch nicht aus dass die marktwirtschaftliche Realitat durch Fehlentwicklungen gekennzeichnet sein kann Die Erfahrungen mit dem klassischen Laissez faire Liberalismus haben eindringlich gezeigt dass eine marktwirtschaftliche Ordnung der Gestaltung und Korrektur durch den Staat bedarf 42 Marktversagen BearbeitenAls Marktversagen werden Situationen in einer Marktwirtschaft bezeichnet in denen durch die Verfehlung des Ideals einer vollkommenen Konkurrenz keine volkswirtschaftlich optimale Verteilung von Gutern und Ressourcen zustande kommt 45 Beispiele fur Marktversagen Kartell und Monopolbildungen Externe Effekte Mangel bei offentlichen Gutern InformationsasymmetrienInsbesondere in der Sozialen Marktwirtschaft wird dem Staat daher die Aufgabe zugewiesen Marktversagen zu verhindern beispielsweise durch Wettbewerbspolitik Umweltpolitik oder die Bereitstellung offentlicher Guter Gelingt dies nicht im gewunschten Mass oder fuhren staatliche Massnahmen gar zu weiterem Marktversagen so spricht man von Staatsversagen Marktwirtschaft und soziale Gerechtigkeit BearbeitenDie Marktwirtschaft fuhrt in der Theorie zu einer leistungsabhangigen Einkommensverteilung da das Einkommen massgeblich von Dingen wie Bildung Berufsqualifikation sowie auch Motivation und personlicher Leistung beeinflusst wird Daraus folgt naturlich dass weniger qualifizierte Krafte vom Einkommensniveau her hoherqualifizierten unterlegen sind In der Praxis wird die Einkommensverteilung zusatzlich durch unterschiedliche Startbedingungen beeinflusst die unter dem Begriff Marktmacht zusammengefasst werden konnen Durch staatliche Regulierungen wie z B Umverteilung konnen Einkommensunterschiede verringert werden Dabei besteht aber die Gefahr dass insbesondere fallweises staatliches Eingreifen in die Marktwirtschaft meist zu Nebeneffekten fuhrt die die Absicht teilweise ins Gegenteil verkehren konnen Die Bestimmung sozialer Gerechtigkeit ist Gegenstand zentraler politischer und philosophischer Auseinandersetzungen seit dem 19 Jahrhundert Der Utilitarismus nach Jeremy Bentham hat den felicific calculus konzipiert Dieser beruht auf der Grundlage dass das grosste zu erreichende Gut dasjenige sei welches zum grosstmoglichen Gluck fur die grosstmogliche Zahl fuhrt Marxistische Kritik an der Marktwirtschaft geht vom Klassenwiderspruch zwischen Kapitalisten und Arbeiterklasse aus auf Grund dessen es keine gerechte soziale Marktwirtschaft geben konne John Rawls entwickelte die Theorie der Gerechtigkeit Aus dieser Sicht wird eine vollkommene Gleichverteilung als nicht sinnvoll empfunden da sie die Motivation Leistungen zu erbringen verringere Marktwirtschaft und Akzeptanz in der Bevolkerung BearbeitenDas Allensbach Institut erhebt turnusmassig Einstellungen der deutschen Bevolkerung zur sozialen Marktwirtschaft mit der Frage Sind die wirtschaftlichen Verhaltnisse bei uns in Deutschland ich meine was die Menschen besitzen und was sie verdienen im Grossen und Ganzen gerecht oder nicht gerecht Von 1964 bis Anfang der 1990er Jahre hielten sich die Anteile derjenigen die sagten die Verhaltnisse seien gerecht und die Zahl derer die sie fur nicht gerecht ansahen ungefahr die Waage Seitdem aber stieg der Anteil derer die die Verhaltnisse fur nicht gerecht halten kontinuierlich 2013 lag er bei 65 Prozent 46 Unterschiede zwischen den Wirtschaftsordnungen BearbeitenDie Unterschiede zwischen den verschiedenen Wirtschaftsordnungen konnen wie folgt gegenubergestellt werden 47 Zentralverwaltungswirtschaft Sozialistische Marktwirtschaft MarktwirtschaftPreis staatlich fixierte Preise Staatlich fixierte Preise und teilweise Marktpreise Marktpreise ausnahmsweise auch Mindest und HochstpreiseProduktionsmittel Produktionsmittel verstaatlicht Vergesellschaftetes Eigentum an Produktionsmitteln Privateigentum an ProduktionsmittelnFormalziel Prinzip der Planerfullung Einkommensprinzip und teilweise Gewinnprinzip Gewinnprinzip ausnahmsweise auch KostendeckungsprinzipKritik Bearbeiten Hauptartikel KapitalismuskritikSiehe auch BearbeitenKapitalismusmodelleLiteratur BearbeitenLeonhard Bauer Herbert Matis Geburt der Neuzeit Vom Feudalsystem zur Marktgesellschaft Deutscher Taschenbuch Verlag Munchen 1988 ISBN 3 423 04466 7 Franz Bohm Der Kampf des Monopolisten gegen den Aussenseiter als wettbewerbsrechtliches Problem Heymann Berlin 1933 Walter Eucken Grundsatze der Wirtschaftspolitik Mohr Tubingen 1990 ISBN 3 16 345548 4 Milton Friedman Kapitalismus und Freiheit Aus dem Amerikan von Paul C Martin Piper Munchen 2004 ISBN 3 492 23962 5 John Kenneth Galbraith Die Okonomie des unschuldigen Betrugs Vom Realitatsverlust der heutigen Wirtschaft Siedler Munchen 2005 ISBN 3 88680 821 1 Peter Gillies marktwirtschaft de Frankfurter Institut Stiftung Marktwirtschaft Bad Homburg 2000 ISBN 3 89015 073 X Werner Guth Theorie der Marktwirtschaft Springer Berlin 2007 ISBN 978 3 540 60904 9 Michael von Hauff Von der Sozialen zur Nachhaltigen Marktwirtschaft In ders Hrsg Die Zukunftsfahigkeit der Sozialen Marktwirtschaft Marburg 2007 S 349 392 Friedrich Hayek Freiburger Studien Gesammelte Aufsatze Nachdruck Mohr Tubingen 1994 ISBN 3 16 146312 9 Lisa Herzog Axel Honneth Hrsg Der Wert des Marktes Ein okonomisch philosophischer Diskurs vom 18 Jahrhundert bis zur Gegenwart Suhrkamp Berlin 2014 ISBN 978 3 518 29665 3 Walther Muller Jentsch Marktwirtschaft a la carte liberale soziale zivilisierte In Walther Muller Jentsch Wirtschaftsordnung und Sozialverfassung als mitbestimmte Institutionen Springer VS Wiesbaden 2021 ISBN 9783658339708 S 3 15 Hans Ritschl Gemeinwirtschaft und kapitalistische Marktwirtschaft J C B Mohr Tubingen 1931 Hans Ruh Ordnung von unten Die Demokratie neu erfinden Versus Zurich 2011 Adam Smith Der Wohlstand der Nationen dtv Munchen 2005 ISBN 3 423 30149 X Arthur Spiethoff Boden und Wohnung in der Marktwirtschaft insbesondere im Rheinland G Fischer Jena 1934 Ferry Stocker Logik der Marktwirtschaft Oldenbourg Munchen 2001 ISBN 3 486 27542 9 Peter Ulrich Zivilisierte Marktwirtschaft Aktualisierte und erweiterte Neuauflage Haupt Bern 2010 ISBN 978 3 258 07604 1 Ulrich van Suntum Die unsichtbare Hand Okonomisches Denken gestern und heute Springer Berlin 2005 ISBN 3 540 41003 1 Weblinks BearbeitenOrdnungspolitik und Soziale Marktwirtschaft Winfried Vogt Die Effizienz der MarkteEinzelnachweise Bearbeiten Zur ordnungstheoretischen Bestimmung und Analyse von Wirtschaftssystemen siehe K P Hensel Grundformen der Wirtschaftsordnung Marktwirtschaft und Zentralverwaltungswirtschaft 3 Auflage Munchen Beck 1978 A Eckstein Comparison of economic systems Theoretical and methodological approaches California University Berkeley 1971 H Bonus Ordnungspolitische Aspekte offentlicher Guter In E Helmstadter Neuere Entwicklungen in den Wirtschaftswissenschaften Schriften des Vereins fur Socialpolitik N F Band 98 Duncker amp Humblot Berlin 1978 ISBN 3 428 04240 9 S 49 82 Lothar Wildmann Einfuhrung in die Volkswirtschaftslehre Mikrookonomie und Wettbewerbspolitik Module der Volkswirtschaftslehre Band 1 Ausgabe 2 Oldenbourg Wissenschaftsverlag 2010 ISBN 978 3 486 59111 8 S 51 Werner Vontobel Hanspeter Guggenbuhl Urs P Gasche Das Geschwatz von der freien Marktwirtschaft Wie Unternehmen den Wettbewerb verfalschen die Natur ausbeuten und die Steuerzahler zur Kasse bitten Orell Fussli Zurich 1996 3 Aufl 1997 ISBN 3 907768 15 9 Marktwirtschaft In Historisch kritisches Worterbuch des Marxismus Band 8 II Links Rechts bis Maschinensturmer Argument Verlag Hamburg 2015 S 1826 Willi Albers Handworterbuch der Wirtschaftswissenschaften Band 9 Gustav Fischer 1982 ISBN 3 525 10260 7 S 327 329 Klaus Peter Kruber Theoriegeschichte der Marktwirtschaft Munster 2002 ISBN 3 8258 6288 7 S 12 f Heinz Albert Tritschler Begriff und Formen der Marktwirtschaft Universitat Zurich 1968 S 156 Herbert Schack Die Grundlagen der Wirtschafts und Sozialphilosophie 2 Ausgabe Verlag Duncker amp Humblot 1978 ISBN 3 428 04193 3 S 87 Heinz Dietrich Ortlieb Hamburger Jahrbuch fur Wirtschafts und Gesellschaftspolitik Band 4 Verlag J C B Mohr P Siebeck 1959 S 24 Franz Xaver Kaufmann Wirtschaftssoziologie I In Willi Albers u a Hrsg Handworterbuch der Wirtschaftswissenschaft Band 9 Stuttgart 1982 S 239 267 251 Franz Xaver Kaufmann Wirtschaftssoziologie I In Willi Albers u a Hrsg Handworterbuch der Wirtschaftswissenschaft Band 9 Stuttgart 1982 S 239 267 251 Peter Bofinger Grundzuge der Volkswirtschaftslehre Eine Einfuhrung in die Wissenschaft von Markten 3 Auflage Verlag Pearson Deutschland 2010 ISBN 978 3 8273 7354 0 S 562 Peter Bofinger Grundzuge der Volkswirtschaftslehre Eine Einfuhrung in die Wissenschaft von Markten 3 Auflage Verlag Pearson Deutschland 2010 ISBN 978 3 8273 7354 0 S 562 Robert Layton An introduction to theory in anthropology Cambridge University Press 1997 ISBN 0 521 62982 9 S 99 f Richard Swedberg Vorwort In Jens Beckert Rainer Diaz Bone Heiner Ganssmann Hrsg Markte als soziale Strukturen Campus Verlag 2007 ISBN 978 3 593 38471 9 S 12 James Peoples Garrick Bailey Humanity An Introduction to Cultural Anthropology 9 Auflage Cengage Learning 2011 ISBN 978 1 111 30152 1 S 144 f Vgl auch das komplexere Schema zur Typisierung von Koordinationformen auf der Grundlage der Unterscheidung von 1 Tausch auf Markten 2 Zwang in Hierarchien sowie 3 Geschenken personlichen Beziehungen in Kleingruppen 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entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www juergen paetzold de Exemplarisch dafur N Gregory Mankiw Grundzuge der Volkswirtschaftslehre 3 Auflage Stuttgart 2004 S 255 Luc Boltanski Eve Chiapello Der neue Geist des Kapitalismus UVK Verlagsgesellschaft Konstanz 2003 S 40 Marktversagen In wirtschaftslexikon gabler de Thomas Petersen Allensbach Analyse Stille Liebe zur Planwirtschaft In Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 27 November 2013 Heinz Josef Bontrup Volkswirtschaftslehre Grundlagen der Mikro und Makrookonomie Oldenbourg Munchen Wien 2004 ISBN 3 486 57576 7 S 99 Normdaten Sachbegriff GND 4037653 9 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Marktwirtschaft amp oldid 235887257