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Giovanni Sartori 13 Mai 1924 in Florenz 1 April 2017 war ein italienischer Politikwissenschaftler und Philosoph Giovanni Sartori 2009Sein Buch Homo videns uber die Beziehungen zwischen den Medien und der aktuellen Gesellschaft erreichte eine Auflage von uber 100 000 seine Schrift Democrazia e definizioni 1957 und sein politikwissenschaftliches Hauptwerk Parties and Party Systems von 1976 pragen die Parteien und Demokratieforschung bis in die Gegenwart Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Demokratietheorie 3 Medientheorie und Medienkritik 4 Sonstiges 5 Publikationen Auswahl 6 Einzelnachweise 7 WeblinksLeben BearbeitenSartori promovierte 1946 in Staats und Sozialwissenschaften an der Universitat Florenz Als Dozent der modernen Philosophie Logik und Staatslehre leitete er die Grundung der nach Cesare Alfieri benannten ersten Fakultat fur Politikwissenschaft in Italien ein 1954 habilitierte er sich fur das Fach Geschichte der modernen Philosophie 1955 fur Staatswissenschaften Von 1950 bis 1956 war er Professor fur moderne Philosophie an der Universitat Florenz anschliessend bis 1963 Professor fur Politikwissenschaft und von 1966 bis 1976 Professor fur Soziologie ebenda 1976 ging Sartori an die Stanford University in Kalifornien als Professor der Politikwissenschaft und Senior Fellow der Hoover Institution Ab 1979 war er bis zu seiner Emeritierung 1994 Albert Schweitzer Professor in the Humanities an der Columbia University in New York Daneben war Sartori unter anderem an der Harvard University und der Yale University als Dozent tatig 1993 kehrte er nach Florenz zuruck und lehrte bis 1996 ausserdem als Professor der Politikwissenschaft an der Universitat Florenz 1971 grundete er die Rivista Italiana di Scienza Politica italienische Zeitschrift der Politikwissenschaft deren Herausgeber er bis 2004 war 1973 war er Mitbegrunder der Societa italiana di scienza politica SISP und deren erster Prasident bis 1975 Sartori war Mitglied der American Academy of Arts and Sciences und der Accademia dei Lincei und schrieb fur die italienische Tageszeitung Corriere della Sera Er war Ehrendoktor der Universitat Genua der Georgetown University der Universitat Guadalajara und der Universitat Buenos Aires Seit 1988 war er Vizeprasident der Gesellschaft Societa Libera die sich dem Studium und der Forderung der liberalen Ideale der Gesellschaft widmet Seine enge Verbundenheit mit seiner Heimatstadt Florenz druckt sich auch in der Bestattung in einer Kapelle der Florentiner Basilika San Miniato al Monte aus welche die Inschrift tragen soll Giovanni Sartori per se e pei suoi Giovanni Sartori fur sich und die Seinen 1 Demokratietheorie BearbeitenMit der 1976 erschienenen Schrift Parties and Party Systems hat Sartori einen wichtigen Beitrag zur Demokratietheorie geleistet In deren Zentrum steht die Kompetitivitat von Parteiensystemen fur welche er eine in den Politikwissenschaften bis heute weit verbreitete Typologie entwickelte Diese Typologie unterscheidet in einer ersten Stufe kompetitive von nicht kompetitiven Parteiensystemen Die kompetitiven Parteiensysteme lassen sich weiter unterteilen in Systeme des polarisierten Pluralismus und des moderaten Pluralismus in ein pradominantes Parteiensystem und ein Zweiparteiensystem Die nicht kompetitiven Systeme umfassen Einparteiensysteme und hegemoniale Parteiensysteme Der polarisierte Pluralismus zeichnet sich dadurch aus dass eine grossere Zahl von Parteien besteht die kaum miteinander zusammenarbeiten wobei mindestens eine Partei das politische System prinzipiell ablehnt und die Oppositionspartei keine Verantwortung ubernimmt Dies fuhrt zu Dreiecksbeziehungen Zwei oder mehr Parteien mussen zusammenarbeiten um die Regierung zu stutzen und zugleich Angriffe auf den Staat abzuwehren Aus der Tatsache dass keine wechselnden Koalitionen moglich sind folgt eine Erstarrung des Systems Die Parteien konnen sich nicht mehr bewegen Diese Parteien besitzen meist eine starke Bindung an eine fest umschriebene Weltanschauung was die Polarisierung verstarkt Die moderate Auspragung des pluralistischen Parteiensystems ist durch wechselnde Koalitionen gepragt durch geringere Ideologisierung das Fehlen einer Fundamentalopposition und einer Konzentration des Wettstreits der Parteien auf die Regierungsubernahme Im Epilog seines 1987 erschienenen Standardwerks zur Demokratietheorie The Theory of Democracy Revisited 2 resumierte Sartori die liberale Demokratie konne sicher nicht selbstverstandlich genommen werden und zitierte Edmund Burke Sklaverei konnen man immer haben Es ist ein Unkraut das auf jedem Boden wachst Freiheit konne man andererseits immer verlieren Sie ist eine Pflanze die Pflege braucht Ob die liberale Demokratie der er anhange wo immer sie ist zum Untergang verurteilt sei brauche er nicht zu wissen Vielmehr halte er es mit Corneilles Helden Tut eure Pflicht und lasst die Gotter walten 3 Medientheorie und Medienkritik BearbeitenSartoris Werk Homo Videns Televisione e Post Pensiero von 1997 ist ein popularwissenschaftlicher Essay den man der Medienkritik und der Medienphilosophie zuordnen kann Sartori geht aus von dem kulturphilosophischen Hauptwerk Philosophie der symbolischen Formen des Neukantianers Ernst Cassirer in dem der Mensch anthropologisch zugleich als Homo sapiens wie als animal symbolicum bestimmt wird Sartori charakterisiert demgemass die Wirkung der Massenmedien als Ersetzung des abstrakten analytischen logischen systematischen und zugleich wirklichkeitsbezogenen Denkens durch die visuelle Wahrnehmung manipulierter oder virtueller Bilder In Anlehnung an Leibniz und Vico vor allem aber aufgrund der Unterscheidung Immanuel Kants zwischen mundus intelligibilis und mundus sensibilis in der Kritik der reinen Vernunft vertritt Sartori seine Hauptthese dass die Entwicklung des Menschen durch den Einfluss des Fernsehens umgekehrt wurde der homo videns habe den Homo sapiens ersetzt es finde eine Regression zur vorkulturellen Fruhzeit der Menschheit statt Sartoris Theorie schliesst sich in vieler Hinsicht an die Arbeiten Allan Blooms Jurgen Habermas und Neil Postmans an Sein Hauptgegner ist der nach Nicholas Negroponte benannte Negropontismus der in den neuen Medien nur die Instrumente einer uberlegenen demokratischen und fortschrittlichen Zivilisation sieht Weiterhin steht Sartori in Gegnerschaft zu allen Richtungen der Postmoderne und des Dekonstruktivismus die Rationalitat und Ich Identitat als Ausdruck von Zwang bekampfen Das Hauptargument Sartoris ist die Unterscheidung zwischen Sehen und Verstehen bzw Erkennen oder Begreifen und die Bestimmung ihres Verhaltnisses Wahrend die Sinne uns passiv bildliche Vorstellungen vermitteln die fur sich ohne Struktur und Sinn sind bringt der Verstand durch Begriffsbildung erst Sinnzusammenhange hervor Daruber hinaus ist das Denken auch fahig sich ganz von Erfahrungen zu losen Die Sprache ist das Medium dieses diskursiven analytischen Denkprozesses der zugleich Reflexion ist Wirklichkeits und Selbsterfahrung finden nicht auf dem Wege von Sinnesreizen statt sondern sind Ergebnis einer aktiven semantischen logischen und systematischen Organisation der Inhalte des Bewusstseins Der homo videns dagegen verliert in den digitalen virtuellen und manipulierten Bildwelten jeden Kontakt zur Wirklichkeit und zu sich selbst Das zirkulare Herumirren in Hypertexten und das spielerische Sichverlieren in virtuellen Scheinwelten fuhrt zum Verlust der Selbststeuerung zur chaotischen Desorientierung zur Aufspaltung des neurotischen Ichs in multiple Personlichkeiten Im Anschluss an Leibniz der Denken und freie Entscheidung in ihrem inneren Zusammenhang dargestellt hat kommt Sartori zu dem Ergebnis dass der moderne homo ludens zugleich unfrei fremdgesteuert und politisch inkompetent ist was den Bestand der reprasentativen Demokratie in Frage stellt oder durch falschverstandene Partizipation Demokratie zerstort und durch Mediokratie ersetzt Sonstiges BearbeitenSartori veroffentlichte im Marz 2009 ein Buch mit dem Titel Il sultanato deutsch Das Sultanat Damit analysierte er das Italien das Silvio Berlusconi mit seiner Medienmacht als Eigentumer des Konzerns Mediaset gepragt hatte Berlusconismus 4 Sartori pragte die Begriffe Porcellum und Mattarellum fur Wahlrechtsreformen der Zweiten Republik Publikationen Auswahl BearbeitenDemocrazia e Definizioni Bologna 1957 Parties and Party Systems A Framework for Analysis New York 1976 La politica Logica e metodo in scienze sociali Mailand 1979 als Herausgeber Social Science Concepts A Systematic Analysis London 1984 Demokratietheorie Darmstadt 1997 englischsprachige Originalausgabe The Theory of Democracy Revisited New York 1987 Comparative Constitutional Engineering New York 1994 Homo Videns televisione e post pensiero Rom und Bari 1997 Pluralismo multiculturalismo e estranei Saggio sulla societa multietnica Mailand 2000 Concepts and Method in Social Science The Tradition of Giovanni Sartori Herausgegeben von David Collier und John Gerring New York und London 2009 Il sultanato Rom und Bari 2009 Il paese degli struzzi Clima ambiente sovrappopolazione Mailand 2011 Einzelnachweise Bearbeiten http corrierefiorentino corriere it firenze notizie editoriali e opinioni 17 aprile 05 scienziato quasi profeta de1cf7ae 19d4 11e7 b3fa 21a56a023b72 shtml The Theory of Democracy Revisited New York 1987 Rezension Demokratietheorie 1997 S 488 Giovanni Sartori Il sultanato Verlag Laterza ISBN 978 88 420 8914 8Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Giovanni Sartori im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Homepage http www giovannisartori it Normdaten Person GND 120953587 lobid OGND AKS LCCN n80028532 VIAF 90149341 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Sartori GiovanniKURZBESCHREIBUNG italienischer Politikwissenschaftler AutorGEBURTSDATUM 13 Mai 1924GEBURTSORT FlorenzSTERBEDATUM 1 April 2017STERBEORT Rom Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Giovanni Sartori Politikwissenschaftler amp oldid 228906421