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Mediokratie oder Medienherrschaft ist ein politikwissenschaftlicher Begriff der Medientheorie Wie der Begriff der Mediendemokratie weist er auf die wachsende Bedeutung der Medien fur die Demokratie hin Der Politik und Medienwissenschaftler Thomas Meyer hat den Begriff der Mediokratie zu Beginn des 21 Jahrhunderts mit dem provokativen Untertitel Die Kolonisierung der Politik durch das Mediensystem verbreitet und insbesondere untersucht wie die Eigenlogik der Politik von der Eigenlogik der modernen Massenmedien verandert wird Politiker mussen wollen sie erfolgreich sein sich wie Medienstars der Medienlogik unterwerfen um in der Offentlichkeit wahrgenommen zu werden Eine ganz andere Bedeutung erhalt der Begriff Mediokratie als sozialwissenschaftlicher Fachterminus in der Soziologie wo er im Spezialgebiet der Elitesoziologie zur Beschreibung einer Herrschaft der Mittelmassigen Verwendung findet Fur diese alternative Bedeutung siehe das Stichwort Mediokratie als Herrschaft der Mittelmassigkeit Inhaltsverzeichnis 1 Begriffsverwendung 2 Einzelnachweise 3 Literatur 4 Weblinks 5 Siehe auchBegriffsverwendung BearbeitenMediokratie bedeutet nach Meyer vor allem eine Verschmelzung der Logik der Medien und der Politik Indem sich die Politik der Medienlogik unterwirft beherrscht sie auch die mediale Darstellung Politiker engagieren Journalisten als Berater zwischen der Elite der Politiker und der Elite der professionellen politischen Journalisten entwickelt sich eine grosse Nahe 1 Die Aushandlungsprozesse der Politik werden theatralisch auf der Medienbuhne inszeniert Der eigentlichen Souveran der Staatsburger nimmt als Zuschauer an dem politischen Theater teil 2 Eine theatralische Inszenierung von Politik hat es allerdings auch in vordemokratischen Regimen gegeben Die Phase der mediokratischen Dominanz die mit der Durchsetzung des Fernsehens als Massenmedium begann geht mit der neuen Medientechnologie des Internets zu Ende Einfache Burger konnen uber die sozialen Netzwerke direkt teilnehmen an der politischen Kommunikation Die Gatekeeper Funktion der etablierten Medien und der professionellen Medien Elite wird mit den sozialen Medien unterlaufen stellt der Medienwissenschaftler Klaus Wolschner fest 3 Teilweise wird die Kritik an der Mediokratie als Ablehnung der Elite von professionellen Medien und Politik aggressiv vorgetragen Medien und Politik wehren sich mit dem Vorwurf des Populismus Die Verschmelzung von Medien und politischer Macht hat in Italien in der Figur Berlusconi eine besondere Form erhalten Eine kritische italienische Sicht der Bedeutung der Medien findet sich im Werk Giovanni Sartoris einem Vertreter der Demokratietheorie In Homo videns La sociedad teledirigida kritisiert er vor allem die basisdemokratischen Vorstellungen Partizipation direkte Demokratie die in den Moglichkeiten moderner Medien gesehen wurden Seiner Meinung nach unterliegen die Medien nicht dem Konkurrenzprinzip Die Medien besonders das Privatfernsehen geben die Meinung der Geldgeber also der Werbekunden wieder nicht die der Zuschauer Der Begriff der Telekratie wurde zur Zeit der so genannten Telerevolution in Rumanien gepragt und gelangte anlasslich der Wahl des Medienunternehmers Silvio Berlusconi in Italien zum Ministerprasidenten 1994 sowie 2001 erneut in die offentliche Diskussion 4 als viele Beobachter die Demokratie in Gefahr sahen und von einer neuen Regierungsform der Telekratie sprachen 5 Selbst bei dem Medien Duell von Gerhard Schroder und Herausforderer Edmund Stoiber 2002 wurde das Gespenst einer Telekratie heraufbeschworen 6 So wird Telekratie auch als abwertendes oder scherzhaftes Schlagwort gebraucht im Sinne einer Staatsform in der die Macht nicht vom Volk sondern vom Fernsehen beziehungsweise von dessen Besitzer ausgeht Herrschaft durch das Fernsehen 7 oder fur die Verschmelzung von politischer und Medienmacht in einer Hand 8 Der umfassendere Begriff der Medienherrschaft benennt ein wesentlich alteres Phanomen Uber Jahrhunderte waren die Medien vor allem Druckwerke Verlautbarungen die plakatiert wurden Zeitungen Journale Uber die Lizenz fur die Drucker sicherten sich die Machthaber die Loyalitat der Druckerzeugnisse notfalls ubten sie direkte Zensur aus Die am Ende des 19 Jahrhunderts entstandenen Massenmedien waren die Voraussetzung fur die Verbreitung der politischen Bildung und damit fur die Demokratie Der osterreichisch amerikanische Soziologe Paul Lazarsfeld begann sich schon in den dreissiger Jahren mit dem Einfluss der Medien auf politische Entscheidungen auseinanderzusetzen 9 Er wies insbesondere darauf hin dass die Medien die Menschen vor allem indirekt erreichen In seiner Studie The People s Choice 1940 erklarte er dass die sozialen Gemeinschaften in denen Menschen direkt eingebunden sind grosseren Einfluss auf ihre Meinungsbildung haben als Propaganda und Information durch ihnen fremde technische Medien Massenmedien so Lazarsfeld wurden vor allem dann wirken wenn sie die Aufmerksamkeit und Zustimmung von Meinungsfuhrern opinion leaders erlangen die die Nachrichten dann im Kontext ihrer weltanschaulichen Wertegemeinschaft weitergeben 10 Einzelnachweise Bearbeiten Das hat zum Beispiel der Spiegel Journalist Jurgen Leinemann als Hohenrausch beschrieben vgl Thomas Meyer Rudiger Ontrup Christian Schicha Die Inszenierung des Politischen Zur Theatralitat von Mediendiskursen Wiesbaden 2000 Klaus Wolschner 2020 S 167 Kathrin Ackermann Pojtinger Berlusconis Mediokratie und italienische Fernsehgeschichte Romanische Studien 3 2016 online Seisselberg 1996 S 716 Vgl Hamburger Abendblatt 27 August 2002 Wallisch 1997 S 11 Uesseler 1996 S 467 Wallisch 1997 S 42 Klaus Wolschner 2020 S 168Literatur BearbeitenWolfgang Hecker Hans Karl Rupp Hrsg Auf dem Weg zur Telekratie Perspektiven einer Mediengesellschaft UVK Konstanz 1997 ISBN 3 89669 213 5 Thomas Meyer Mediokratie Die Kolonisierung der Politik durch das Mediensystem Suhrkamp Frankfurt am Main 2001 ISBN 3 518 12204 5 Hans Karl Rupp Wolfgang Hecker Hrsg Auf dem Weg zur Telekratie Perspektiven der Mediengesellschaft UVK Medien Konstanz 2002 ISBN 978 3896692139 Jurgen Leinemann Hohenrausch Die wirklichkeitsleere Welt der Politiker Munchen 2004 ISBN 9783896671561 Rolf Uesseler Labor Italien In Blatter fur deutsche und internationale Politik Bonn 41 4 April 1996 S 464 473 Stefan Wallisch Aufstieg und Fall der Telekratie Silvio Berlusconi Romano Prodi und die Politik im Fernsehzeitalter Bohlau Wien 1997 ISBN 3 205 98568 0 Peter Weibel Hrsg Von der Burokratie zur Telekratie Rumanien im Fernsehen Merve Berlin 1990 ISBN 3 88396 077 2 Andrea Wolf Telekratie oder Tele Morgana Politik und Fernsehen in Italien Lang Italien in Geschichte und Gegenwart 6 Frankfurt am Main 1997 ISBN 3 631 30234 7 Klaus Wolschner Wenn der Pobel online kommt Uber traditionelle Herrschafts Kommunikation und neue Formen der Medien Demokratie Berlin 2020 ISBN 978 3 752948 72 1Weblinks BearbeitenThomas Meyer Mediokratie Auf dem Weg in eine andere Demokratie PDF Datei 60 kB Ulrich Alemann Die politischen Parteien die Medien und das Publikum Michael Schneider Die Telekratie Uber Wert und Mehrwert des Stumpfsinns in Der Freitag vom 27 Februar 2004 Siehe auch BearbeitenMediendemokratie Mediendiktatur Medienmanipulation Medienimperialismus Medientheorie Vierte Gewalt Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mediokratie Medienherrschaft amp oldid 232956066