www.wikidata.de-de.nina.az
Otto Regenbogen 14 Februar 1891 in Neumarkt in Schlesien 8 November 1966 in Heidelberg war ein deutscher klassischer Philologe Er war ein entschiedener Vertreter des Dritten Humanismus und zog als Professor fur Klassische Philologie an der Ruprecht Karls Universitat Heidelberg ab 1925 eine grosse Schulerschaft an sich Da er die judische Abstammung seiner Ehefrau verspatet gemeldet hatte wurde er 1935 von den Nationalsozialisten zwangsweise beurlaubt Nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligte er sich rege am Wiederaufbau der Universitat Heidelberg und erhielt seine Professur zuruck Seine Forschungsarbeit bezog sich besonders auf die antike Naturwissenschaft und Medizin die Tragodien Senecas den Schriftsteller Lukrez sowie auf Einzelfragen zu Aischylos Homer und Platon In der Lukrezforschung nimmt er eine Aussenseiterrolle ein 1 seine Interpretation der Seneca Tragodien fuhrte dagegen im Vergleich zu seinen Vorgangern zu einer positiveren Bewertung des Dichters die bis heute fortwirkt 2 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Gymnasiallehrer und ausserordentlicher Professor in Berlin 1 2 Professor in Heidelberg 1 2 1 Disziplinarverfahren und Verbannung vom Lehramt 1935 1945 1 2 2 Nachkriegszeit 2 Leistungen 2 1 Geschichte der antiken Medizin und Naturwissenschaft 2 2 Lukrez und Seneca Interpretation 2 3 Aischylos und Homer Interpretation 2 4 Geschichtsschreibung Herodot und Thukydides 2 5 Platon Interpretation und Wissenschaftsgeschichte der Antike 3 Schriften Auswahl 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenOtto Regenbogen wurde am 14 Februar 1891 in der schlesischen Kreisstadt Neumarkt als Sohn des Tiermediziners Otto Regenbogen und seiner Frau Karoline geb Spies geboren Sein Vater wurde 1898 als ordentlicher Professor an die Tierarztliche Hochschule Berlin berufen Otto Regenbogen besuchte ab 1900 das Berliner Friedrichs Gymnasium wo ihn nach eigenem Bekunden 3 besonders die altsprachlichen Lehrer Heinrich Buermann 4 Johannes Fischer 5 und Adolf Trendelenburg beeinflussten Darum ging Regenbogen nach der Reifeprufung zum Sommersemester 1909 an die Berliner Friedrich Wilhelms Universitat um Klassische Philologie und Germanistik zu studieren Das Sommersemester 1910 verbrachte er in Gottingen wo er unter anderem Mitglied des philologischen Seminars unter Paul Wendlands Leitung war und sprachwissenschaftliche Ubungen bei Jacob Wackernagel besuchte 6 Am meisten beeinflussten ihn seine Berliner Lehrer Hermann Diels und Ulrich von Wilamowitz Moellendorff 7 die ihn auch zu seiner Dissertation anregten Am 20 Mai 1914 wurde Regenbogen mit der Doktorarbeit Symbola Hippocratea zum Dr phil promoviert in der er sich mit den Schriften des Arztes Hippokrates von Kos beschaftigte Diese Arbeit war der Beginn seiner lebenslangen Beschaftigung mit der Medizingeschichte Gymnasiallehrer und ausserordentlicher Professor in Berlin Bearbeiten Wahrend er sich auf das Staatsexamen vorbereitete brach der Erste Weltkrieg aus Regenbogen meldete sich zum Jahresende 1914 freiwillig als Krankenpfleger und trat den Dienst im Januar 1915 an Am 15 Juni 1915 bestand Regenbogen mit Auszeichnung das Erste Staatsexamen fur die Facher Latein Griechisch und Deutsch 8 das Probejahr wurde ihm erlassen Fur seinen Einsatz als Krankenpfleger erhielt er am 27 Januar 1916 das Rote Kreuz fur Mediziner 3 Klasse 8 Im Februar beendete er den Dienst und kehrte nach Berlin zuruck wo er im April am Mommsen Gymnasium in Charlottenburg sein Seminarjahr begann Am 1 April 1918 wurde er zum Oberlehrer ernannt Nebenbei bemuhte sich Regenbogen um sein akademisches Fortkommen und betrieb seine Habilitation an der Berliner Universitat die er 1920 erreichte Seine Antrittsvorlesung Hippokrates und die Hippokratische Sammlung ging auf Diels Anregung zuruck Schon damals bot Wilamowitz seinem Schuler eine Stelle an der Universitat an aber Regenbogen lehnte ab weil er zuvor seine Gymnasialklasse zum Abitur fuhren wollte 9 Als Wilamowitz 1921 emeritiert wurde ging Regenbogen als nebenamtlicher Privatdozent an die Universitat Berlin Hier lernte er Werner Jaeger kennen der zum Nachfolger von Wilamowitz berufen worden war Der Kontakt mit Jaeger war ein bestimmendes Ereignis in seinem Leben Durch die Eindrucke des Ersten Weltkriegs war Regenbogen in seiner Zeit als Gymnasiallehrer bewusst geworden dass es seiner Generation an klaren inneren Werten fehlte Die Dekonstruktion des Humanismuskonzepts aus dem 19 Jahrhundert setzte die Lernenden dem ewig Vorlaufigen aus 10 Darum schloss sich Regenbogen in den 20er Jahren dem neuen Humanismuskonzept an das von Werner Jaeger in Berlin und Julius Stenzel in Breslau vertreten wurde Die Neubesinnung bestand darin dass der Humanismus nicht mehr als absolutes Ideal klassizistisch sondern als zeitlich verankertes Beispiel historisch verstanden wurde Der Fixpunkt fur den neuen Humanismus Jaegers und seiner Anhanger war das griechische Konzept der Paideia wie sie von Platon propagiert worden war Regenbogen nahm sich vor dieses neue Konzept in der akademischen Lehre umzusetzen Am 1 April 1923 verliess er das Gymnasium und ging als ausserordentlicher Professor fur Klassische Philologie an die Berliner Universitat Professor in Heidelberg Bearbeiten Schon zwei Jahre spater erhielt Regenbogen einen Ruf auf den Lehrstuhl fur Klassische Philologie an der Universitat Heidelberg der seit dem Tode Franz Bolls 1924 vakant war Regenbogen nahm den Ruf zum 1 April 1925 an und zog nach Heidelberg wo er bis an sein Lebensende wirkte Er arbeitete auf landesweiten Kongressen daran mit Jaegers Humanismuskonzept weiterzuentwickeln 1929 wurde er zum Ersten Vorsitzenden des Deutschen Altphilologenverbandes gewahlt dem er seit seiner Grundung 1925 angehorte Er publizierte auch fachdidaktische Vortrage 11 In Anerkennung seiner Verdienste fur die Forschung wahlte ihn die Heidelberger Akademie der Wissenschaften 1929 zum ordentlichen Mitglied ihrer Philosophisch Historischen Klasse Regenbogens akademisches Wirken in Heidelberg wurde schon fruh allgemein anerkannt was sich daran zeigte dass er von vielen Universitaten als Berufungskandidat gehandelt wurde So heisst es in einem Gutachten der Universitat Freiburg von 1931 Alle seine Arbeiten bedeuten eine entschiedene sachliche wie methodische Forderung der Wissenschaft Durch die ihm eigene eindringende Kraft des geschriebenen wie gesprochenen Worts versteht R egenbogen lebendig anzuregen und sich zu fuhren Ein starkes personliches Ethos im Bunde mit einem in langer Erfahrung erprobten didaktischen Geschick macht ihn zum Lehrer von zundender Wirkung 12 Damals stand Regenbogen an zweiter Stelle hinter Eduard Fraenkel aus Gottingen der den Ruf erhielt und annahm Kurz darauf wurde Regenbogen als Nachfolgekandidat fur Fraenkel an der Universitat Gottingen gehandelt den Ruf erhielt jedoch dann Kurt Latte Einen Ruf der Universitat Basel als Nachfolger Lattes lehnte Regenbogen ab 1933 wurde er hinter Wolfgang Schadewaldt als Nachfolger von Alfred Korte in Leipzig gehandelt Gemeinsam mit Schadewaldt und Werner Jaeger wurde Regenbogen 1934 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen 13 Disziplinarverfahren und Verbannung vom Lehramt 1935 1945 Bearbeiten Wahrend der Zeit des Nationalsozialismus wahrte Regenbogen Distanz zur nationalsozialistischen Ideologie der Machthaber und trat keiner parteinahen Organisation bei In seinem Amt verhielt er sich moglichst unparteiisch Trotz seiner politischen Distanz unterstutzte er aus fachlichen Grunden die Berufung des ideologienahen Padagogen Ernst Krieck 1934 14 und die seines Schulers Hans Oppermann 1935 eines bekennenden Nationalsozialisten durch positive Gutachten 15 Im selben Jahr geriet Regenbogen selbst in Bedrangnis Seit 1929 war er mit Dora Scholl 1880 1967 verheiratet der Tochter des Heidelberger Philologen Fritz Scholl deren Grossmutter eine konvertierte Judin war 16 In seinem Ariernachweis vom 18 Juni 1935 hatte Regenbogen die Herkunft seiner Frau mit arisch angegeben Spater erklarte er er habe nicht gewusst dass die Grossmutter seiner Frau erst im Alter von vier oder funf Jahren getauft worden war und seine Frau somit als judischer Mischling galt Ungeachtet dieser Erklarung leitete der Rektor der Universitat Heidelberg Wilhelm Groh am 19 September 1935 ein Disziplinarverfahren gegen Regenbogen ein 17 Gleichzeitig enthob er ihn seines Amtes und kurzte seine Bezuge um 20 weil er die ihm als Beamten obliegende Pflicht sich durch sein Verhalten in und ausser dem Amte der Achtung und des Vertrauens die sein Beruf erfordert wurdig zu erweisen verletzt hat 18 Der Rektor empfahl Regenbogen die beim Ministerium gefuhrten Akten zu berichtigen Regenbogens Anwalt Leonhard wandte sich an den Dekan Hermann Guntert um Unterstutzung der jedoch dieses dreiste Schreiben an den Rektor weiterreichte Unter wachsendem Druck trat Regenbogen 1936 vom Vorsitz des Gymnasialvereins und des damit verbundenen Deutschen Altphilologenverbandes zuruck 19 Im Januar 1937 bat er um eine Reiseerlaubnis nach Uppsala die der Dekan unter Hinweis auf das immer noch schwebende Disziplinarverfahren ablehnte In erster Instanz wurde Regenbogen zu funf Jahren Dienstentlassung bei 75 des Ruhegehalts verurteilt dieses Urteil wurde jedoch revidiert Als Regenbogen eine Einladung nach Basel erhielt empfahl ihm der damalige Rektor Krieck freiwillig abzusagen 20 Am 22 Juni erhielt Regenbogen einen Verweis und wurde zu einer Geldstrafe von 300 Mark etwa 30 eines Monatsgehalts verurteilt Das Ministerium erwog ihn an eine andere Universitat zu versetzen 21 Diese Plane erubrigten sich als ihn der Reichsstatthalter am 24 September 1937 gemass 6 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums in den Ruhestand versetzte 22 Regenbogen unternahm keine weiteren Schritte gegen dieses Urteil weil er das wie er dem Rektor Krieck schrieb fur nutzlos hielt Zu Regenbogens Nachfolger auf dem Lehrstuhl wurde 1937 Hildebrecht Hommel berufen der 1945 von der US amerikanischen Besatzungsbehorde abgesetzt wurde 23 Uber Regenbogens Tatigkeiten von 1937 bis 1945 gibt es keine Untersuchungen Er war von der akademischen Lehre ausgeschlossen erhielt jedoch kein Publikationsverbot und veroffentlichte auch in dieser Zeit verschiedene Schriften darunter den umfangreichen Artikel in Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft zu Theophrastos von Eresos 1940 und eine Gedenkschrift fur den Bibliothekar Otto Kunzer 1942 Zwei Vortrage uber Johann Wolfgang von Goethes Verhaltnis zum Griechentum veroffentlichte er ebenfalls 1942 Nachkriegszeit Bearbeiten Nach Kriegsende bemuhte sich Regenbogen sofort um seinen Wiedereintritt in die akademische Lehre Bereits im April 1945 kurz nach dem Einmarsch der Amerikaner in Heidelberg beriet er in der Wohnung des SPD Politikers Emil Henk mit den Professoren Alfred Weber Else Jaffe Karl Jaspers und Alexander Mitscherlich die Zukunft der Universitat Heidelberg Auf Initiative des Counter Intelligence Corps wurde nach kurzer Zeit der sogenannte Dreizehnerausschuss gebildet der unter der Leitung von Martin Dibelius den Wiederaufbau der universitaren Selbstverwaltung organisierte Im August wurde Regenbogen zum Dekan der Philosophischen Fakultat ernannt Ein Unterausschuss des Dreizehnerausschusses dem auch Otto Regenbogen angehorte sollte die NS treuen Professoren und Dozenten politisch bewerten Diese Arbeit wurde jedoch durch die Entlassungsmassnahmen der amerikanischen Besatzungsmacht im Zuge der Entnazifizierung von 1945 1946 zunichtegemacht 24 Regenbogen setzte sich damals fur eine differenzierte Behandlung der Dozenten ein Er wollte nur diejenigen die sich aktiv fur das Naziregime eingesetzt hatten von der Universitat verbannt wissen Hier nannte er in einem Memorandum an die Besatzungsmacht ausdrucklich den Historiker Paul Schmitthenner den Volkskundler Eugen Fehrle und den Padagogen Ernst Krieck denen er grossen Anteil an der destruction of the old scientific spirit of the university deutsch Zerstorung des alten wissenschaftlichen Geistes der Universitat zuschrieb 25 Die ubrigen Dozenten wollte er nach Moglichkeit im Lehrbetrieb belassen auch wenn sie in die NSDAP oder in die SS eingetreten waren 26 Am 7 September 1945 wurde Regenbogen wieder in sein Amt als Professor eingesetzt Er erhielt dafur die Planstelle von Eugen Fehrle der von den Amerikanern seines Amtes enthoben worden war Der Lehrstuhl fur Volkskunde wurde zum Lehrstuhl fur Klassische und Germanische Philologie umgestaltet Als Dekan wurde Regenbogen 1946 durch Wahl fur ein Jahr bestatigt Am 12 September 1946 wahlte ihn die Berliner Akademie der Wissenschaften zum korrespondierenden Mitglied Einen Ruf an die Humboldt Universitat zu Berlin 1947 lehnte er ab Nach dem Ende seines Dekanats fungierte Regenbogen von 1948 bis 1949 als Sekretar der Philosophisch Historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften Von 1951 bis 1954 gehorte er dem Vorstand des Deutschen Altphilologenverbandes an dessen Ehrenmitglied er spater wurde Im Fruhjahr 1953 hielt er sich als Gastprofessor an der Universitat Uppsala auf und wurde zum Auslandischen Mitglied der Koniglich Schwedischen Akademie der Wissenschaften ernannt 1959 wurde Regenbogen im Alter von 68 Jahren emeritiert Zu seinem Nachfolger wurde Franz Dirlmeier berufen der nach seiner Entlassung in Munchen 1945 als Professor in Mainz und Wurzburg gewirkt hatte Er gab 1961 die Kleinen Schriften seines Vorgangers mit einem Portrat und einem Schriftenverzeichnis heraus In seinen letzten Jahren wurden Regenbogen hohe offentliche Ehren zuteil 1962 erhielt er den Koniglichen Griechischen Georgsorden am 25 Mai 1966 das Grosse Bundesverdienstkreuz In den letzten Lebensjahren machte Regenbogen ein Nervenleiden zu schaffen das ihn motorisch einschrankte 27 Am 8 November 1966 starb Otto Regenbogen im Alter von 75 Jahren Die Philosophische Fakultat der Universitat Heidelberg richtete ihm zu Ehren am 18 Dezember 1966 eine Gedenkfeier aus 28 Zu seinen Schulern zahlten Hermann Gundert Hans Oppermann Viktor Poschl Paul Handel Alexander Kleinlogel Christoff Neumeister und Gert Preiser Leistungen BearbeitenOtto Regenbogen war auf weiten Gebieten der Altertumswissenschaft tatig Er beschaftigte sich mit der antiken Philosophie und Naturwissenschaft besonders mit der Medizingeschichte sowie mit der griechisch romischen Geschichtsschreibung und den romischen Dichtern der Klassik und Nachklassik In seiner Forschung verbanden sich die Einflusse seiner Lehrer Diels und Wilamowitz Moellendorff Von Diels ubernahm er das Streben nach Synthese und Strukturierung der Einzelforschung von Wilamowitz die Universalitat des Wissens und die Fahigkeit das Individuelle jeder Erscheinung wahrzunehmen 29 Geschichte der antiken Medizin und Naturwissenschaft Bearbeiten Regenbogens Beschaftigung mit der antiken Medizin geht auf die Anregung von Hermann Diels zuruck der sich sein Leben lang der medizingeschichtlichen Grundlagenforschung widmete und 1907 an der Berliner Akademie das Corpus Medicorum Graecorum Latinorum begrundete Bereits Regenbogens Dissertation von 1914 war dem griechischen Arzt Hippokrates von Kos gewidmet Der Plan sie in erweiterter Form unter dem Titel Hippocratis qui fertur de morbo sacro libellus zu veroffentlichen wurde nie ausgefuhrt Sein spaterer Aufsatz Eine Forschungsmethode antiker Naturwissenschaft 1930 galt als bahnbrechend 30 In ihm untersuchte er die antike Methodik der Analogie und des Experiments Dies fuhrte ihn zur Philosophie der Peripatetiker mit der er sich in den folgenden Jahren intensiv auseinandersetzte In drei Aufsatzen 1930 1937 trug er dazu bei moderne Fehldeutungen aufzudecken und die Leistung der Aristoteles Schuler fur die antike Naturwissenschaft darzustellen Mit seinem umfassenden Artikel uber den Philosophen und Naturforscher Theophrastos von Eresos Schuler und Nachfolger des Aristoteles in Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft von 1940 31 schuf er einen bis lange nach seiner Zeit gultige Grundlage der Theophrastforschung 32 Lukrez und Seneca Interpretation Bearbeiten Ebenfalls in den dreissiger Jahren beschaftigte sich Regenbogen intensiv mit den romischen Dichtern Lukrez und Seneca Seine Schriften Lukrez seine Gestalt in seinen Gedichten 1932 Schmerz und Tod in den Tragodien Senecas 1930 und Seneca als Denker romischer Willenshaltung 1936 untersuchten das Fortleben und die Weiterentwicklung griechischer Philosophie in der romischen Welt Im Werk des Lukrez sah er eine unaufhebbare innere Spannung zwischen dem personlichen religiosen Gefuhl und dem epikureischen Dogma des Dichters Diese existenzielle Interpretation wurde zwar von anderen Fachwissenschaftlern vielfach angegriffen und hat kaum Anhanger gefunden 1 aber dennoch sorgte Regenbogens Arbeit fur eine verstarkte Beschaftigung der Wissenschaft mit Lukrez Der Altphilologe Christoph Kugelmeier nennt Regenbogens Vortrag Schmerz und Tod in den Tragodien Senecas einen Meilenstein fur die Senecaforschung 2 Bedeutend war Regenbogens neuer Interpretationsansatz Wahrend sich die Forschung bisher nur mit der schriftstellerischen Technik und der Stilistik Senecas beschaftigt und die Ergebnisse mit den klassischen griechischen Tragikern Aischylos Sophokles und Euripides verglichen hatte legte Regenbogen den Schwerpunkt auf den Gehalt der Tragodien Senecas Absicht sei nicht das Ubertreffen der griechischen Klassiker bezuglich der Komposition und Spannung gewesen sondern die Darstellung und Behandlung der Affekte und emotionaler Krisensituationen Aischylos und Homer Interpretation Bearbeiten Eine Entsprechung zu diesen latinistischen Arbeiten bilden auf grazistischem Gebiet Regenbogens Arbeiten zur Tragik des Aischylos 1933 33 und zum Verstandnis der Seele bei Homer 1948 In dieser Schrift DAIMONION PSYXHS FWS Erwin Rohdes Psyche und die neuere Kritik Ein Beitrag zum homerischen Seelenglauben 34 analysierte Regenbogen den Ansatz seines Heidelberger Vorgangers Erwin Rohde und die daraus resultierende Kontroverse im spaten 19 und fruhen 20 Jahrhundert Regenbogen wollte am fruhgriechischen Denken die Grenzen zwischen dem nicht hinterfragten gottlichen Wirken und der einsetzenden Reflexionshaltung aufdecken Unter Fortfuhrung von Erwin Rohdes Herangehensweise der die menschliche Psyche Seele mit dem Leiblichen verknupft sah sprach Regenbogen von der Vital Seele Geschichtsschreibung Herodot und Thukydides Bearbeiten Die starkste und fruchtbarste Leistung Regenbogens Gundert 35 konzentriert sich auf die griechischen Historiker Herodot und Thukydides Bisher hatte die allgemeine Ansicht geherrscht die Entstehung und der Aufbau ihrer Geschichtswerke sei auf aussere Entwicklungen zur Zeit der Abfassung zuruckzufuhren Regenbogen begrundete die moderne Auffassung dass die Entstehung der Werke vielmehr auf eine Struktur geschichtlichen Denkens zuruckzufuhren sei auf die jeweilige historiographische Methodik der beiden Am grundsatzlichen Gegensatz der beiden Geschichtswerke die bunte Vielfalt bei Herodot und die Konzentration bei Thukydides erkannte Regenbogen ein Prinzip das religios metaphysische und immanent politische Geschichtsdeutung gegeneinander stellt 35 Daruber hinaus veroffentlichte er eine Ubersetzung ausgewahlter Thukydides Reden Politische Reden Leipzig 1949 Platon Interpretation und Wissenschaftsgeschichte der Antike Bearbeiten Die Mitte seines Werkes zwischen archaisch fruhklassischer griechischer und hochklassisch nachklassischer lateinischer Literatur bildet eine Studie uber den platonischen Dialog Phaidros von 1950 36 Regenbogen beantwortete die alte Forschungsfrage wieso der Dialog mit Eros und Rhetorik zwei thematische Schwerpunkte hat mit der Vereinigung beider Prinzipien im Logos den Sokrates dem jungen Phaidros als Bildungstrager empfiehlt Regenbogen datierte den Phaidros aufgrund dieser komplexen Anlage im Spatwerk Platons nach dem Philebos Diese Auffassung wurde von anderen Forschern zuruckgewiesen hauptsachlich aufgrund von sprachstatistischen Untersuchungen 37 In seinem Spatwerk befasste sich Regenbogen wieder mit der griechischen Wissenschaft von der bibliothekarischen Gelehrtenarbeit bis zur Popularhistorie Er verfasste fur Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft vier umfassende Artikel Pamphila 1 Pausanias 17 Pinax 3 Theophrastos 3 die auch als Sonderdrucke erschienen Schriften Auswahl BearbeitenSymbola Hippocratea Gottingen 1914 Dissertation Universitat Berlin mit Emil Kroymann Was erwarten Schule und Universitat auf dem Gebiete des altsprachlichen Unterrichts voneinander Leipzig 1928 Denkschrift uber einige Fragen des altsprachlichen Universitatsunterrichts Berlin 1930 Schmerz und Tod in den Tragodien Senecas Leipzig 1930 Darmstadt Munchen 1963 Friedrich Gundolf zum Gedachtnis Heidelberg 1931 Lukrez Seine Gestalt in seinem Gedicht Interpretationen Leipzig Berlin 1932 Zum Gedachtnis von Otto Kunzer Heidelberg 1942 Griechische Gegenwart Zwei Vortrage uber Goethes Griechentum Leipzig 1942 Humanismus heute Ein Vortrag Heidelberg 1947 Thukydides Politische Reden Leipzig 1949 Sophokles Oedipus rex Heidelberg 1949 Eine Forschungsmethode antiker Naturwissenschaft Kleine Schriften Munchen 1961 Franz Dirlmeier Hrsg Kleine Schriften Otto Regenbogen Munchen 1964 mit Bild Literatur BearbeitenFestschriften und SammelbandeHermeneia Festschrift Otto Regenbogen zum 60 Geburtstag am 14 Februar 1951 dargebracht von Schulern und Freunden Heidelberg 1952 Dagmar Drull Heidelberger Gelehrtenlexikon 1803 1932 Hrsg Rektorat der Ruprecht Karls Universitat Heidelberg Springer Berlin Heidelberg Tokio 2012 324 S ISBN 978 3 642 70761 2Nachrufe und ErinnerungenGundert 1967a Hermann Gundert Otto Regenbogen In Gnomon Band 39 1967 S 219 221 Gundert 1967b Hermann Gundert Otto Regenbogen In Gymnasium Band 74 1967 S 105 107 Gundert 1967c Hermann Gundert Otto Regenbogen In Heidelberger Jahrbucher Band 11 1967 S 27 39 Viktor Poschl Otto Regenbogen 1891 1966 In Eikasmos Band 4 1993 S 293 294 SpezialuntersuchungenAngelos Chaniotis Ulrich Thaler Die Altertumswissenschaften an der Universitat Heidelberg 1933 1945 In Wolfgang U Eckart Volker Sellin Eike Wolgast Hrsg Die Universitat Heidelberg im Nationalsozialismus Heidelberg 2006 S 391 434 online Dagmar Drull Heidelberger Gelehrtenlexikon Band 2 Berlin Heidelberg 1986 S 216 217 Jurgen C Hess Heidelberg 1945 Stuttgart 1996 Jurgen Malitz Klassische Philologie In Eckhard Wirbelauer Hrsg Die Freiburger Philosophische Fakultat 1920 1960 Mitglieder Strukturen Vernetzungen Freiburg Munchen 2006 S 303 364 Dorothee Mussgnug Die vertriebenen Heidelberger Dozenten Zur Geschichte der Ruprecht Karls Universitat nach 1933 Heidelberg 1988 Stephen P Remy The Heidelberg myth The nazification and denazification of a German university Cambridge Mass 2002 Birgit Vezina Die Gleichschaltung der Universitat Heidelberg im Zuge der nationalsozialistischen Machtergreifung Heidelberg 1982 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Otto Regenbogen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Personalbogen von Otto Regenbogen in der Personalkartei der Gutachterstelle des BIL in der Archivdatenbank der Bibliothek fur Bildungsgeschichtliche Forschung BBF Prasentation des Seminars fur Klassische Philologie der Universitat Heidelberg mit Foto von Otto Regenbogen Memento vom 25 Juni 2007 im Internet Archive PDF 4 98 MB Internet Archive Berliner Akademie mit FotoEinzelnachweise Bearbeiten a b Bernd Effe Dichtung und Lehre Munchen 1977 S 71 nennt Regenbogens Position besonders krass a b Christoph Kugelmeier Die innere Vergegenwartigung des Buhnenspiels in Senecas Tragodien Munchen 2007 S 11 So Regenbogen in der Vita seiner Dissertation 1914 S 79 Personalbogen von Heinrich Buermann in der Personalkartei der Gutachterstelle des BIL in der Archivdatenbank der Bibliothek fur Bildungsgeschichtliche Forschung BBF Personalbogen von Johannes Fischer in der Personalkartei der Gutachterstelle des BIL in der Archivdatenbank der Bibliothek fur Bildungsgeschichtliche Forschung BBF Regenbogen in der Vita seiner Dissertation 1914 S 79 80 In der Vita seiner Dissertation 1914 S 80 nennt Regenbogen neben Diels und Wilamowitz noch Eduard Norden unter den Lehrern denen er am meisten verdankt a b Nach den Angaben in seinem Personalbogen siehe Weblinks Gundert 1967b S 106 Gundert 1967b S 105 Emil Kroymann Otto Regenbogen Was erwarten Schule und Universitat auf dem Gebiete des altsprachlichen Unterrichts voneinander 2 Vortrage geh auf d 56 Versammlung deutscher Philologen und Schulmanner in Gottingen am 29 Sept 1927 Teubner Leipzig 1928 Zitiert nach Malitz 2006 S 304 305 Anmerkung 9 Eduard Seidler Christoph J Scriba Wieland Berg Leopoldina Symposion Die Elite der Nation im Dritten Reich Das Verhaltnis von Akademien und ihrem wissenschaftlichen Umfeld zum Nationalsozialismus Halle 1995 S 162 Vezina 1982 S 133 Malitz 2006 S 315 316 Anmerkung 54 Der Vater von Fritz Scholl Adolf Scholl heiratete 1842 Johanna Henle eine Schwester des Anatomen Jakob Henle Beide waren Kinder eines judischen Kaufmanns und konvertierten mit der ganzen Familie 1821 zur evangelischen Konfession Vezina 1982 S 115 Aus der Disziplinarakte Otto Regenbogens im Universitatsarchiv Heidelberg zitiert nach Mussgnug 1988 S 102 Das Gymnasium 47 1936 Mussgnug 1988 S 102 Mussgnug 1988 S 103 Vezina 1982 S 116 Hess 1996 S 102 Hess 1996 S 103 104 Remy 2002 S 133 Remy 2002 S 155 Poschl 1994 193 Gundert 1967c S 27 Gundert 1967a S 219 und Gundert 1967b S 105 Quellen und Studien zur Geschichte der antiken Mathematik Abteilung B Band 1 1929 1930 S 130 182 Nachdruck in Kleine Schriften Munchen 1961 S 141 194 Supplementband 7 1940 Spalten 1353 1562 auch als Sonderdruck erschienen Gundert 1967a S 220 Bemerkungen zu den Sieben des Aischylos in Hermes 68 1933 S 51ff In Synopsis Festgabe fur A Weber Heidelberg 1948 S 366 396 Auch in Kleine Schriften Munchen 1961 S 1 28 a b Gundert 1967a S 221 Bemerkungen zur Deutung des Platonischen Phaidros in Miscellanea Academica Berolinensia II Berlin 1950 S 198 219 Auch in Kleine Schriften Munchen 1961 S 248ff Dorothee Hellwig Adikia in Platons Politeia Interpretationen zu den Buchern VIII und IX Amsterdam 1980 S 68 Anmerkung 159 nbsp Dieser Artikel wurde am 7 Mai 2010 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen Inhaber der Lehrstuhle fur Klassische Philologie an der Universitat Heidelberg Erster Lehrstuhl Friedrich Creuzer 1800 1845 Leonhard Spengel 1841 1847 Hermann Kochly 1864 1876 Curt Wachsmuth 1877 1886 Erwin Rohde 1886 1898 Otto Crusius 1898 1903 Albrecht Dieterich 1903 1908 Franz Boll 1908 1924 Otto Regenbogen 1925 1935 Hildebrecht Hommel 1937 1945 Otto Regenbogen 1945 1959 Franz Dirlmeier 1959 1970 Herwig Gorgemanns 1972 1997 Zweiter Lehrstuhl August Boeckh 1807 1811 Heinrich Voss 1809 1822 Johann Christian Felix Bahr 1823 1872 Uvo Holscher 1962 1970 Albrecht Dihle 1974 1989 Glenn W Most 1991 2001 Jonas Grethlein seit 2008 Dritter Lehrstuhl Karl Ludwig Kayser 1863 1872 Otto Ribbeck 1872 1877 Fritz Scholl 1877 1918 Otto Weinreich 1918 1921 Karl Meister 1921 1949 Viktor Poschl 1950 1976 Hubert Petersmann 1981 2001 Gerrit Kloss seit 2003 Vierter Lehrstuhl Michael von Albrecht 1964 1999 Jurgen Paul Schwindt seit 2000 Lehrstuhl fur Papyrologie Dieter Hagedorn 1981 2001 Andrea Jordens seit 2004 Siehe auch Liste der Klassischen Philologen an der Ruprecht Karls Universitat Heidelberg Normdaten Person GND 118743821 lobid OGND AKS LCCN no2002113661 VIAF 67260968 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Regenbogen OttoKURZBESCHREIBUNG deutscher klassischer PhilologeGEBURTSDATUM 14 Februar 1891GEBURTSORT Neumarkt in SchlesienSTERBEDATUM 8 November 1966STERBEORT Heidelberg Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Otto Regenbogen Philologe amp oldid 234395651