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Johann Heinrich Graf von Bernstorff 14 November 1862 in London Vereinigtes Konigreich 6 Oktober 1939 in Genf Schweiz war ein deutscher Diplomat Der einflussreichen deutsch danischen Politiker und Diplomatenfamilie Bernstorff entstammend machte er ebenfalls Karriere im diplomatischen Dienst Johann Heinrich Graf von Bernstorff Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Auszeichnungen 3 Schriften 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenBernstorff der in London als Sohn des damaligen preussischen Gesandten Albrecht von Bernstorff und jungerer Bruder von Percy von Bernstorff geboren wurde durchlief mehrere Stationen im diplomatischen Dienst des Deutschen Reiches Konstantinopel Belgrad Sankt Petersburg Munchen und London wo er von 1902 bis 1906 als Botschaftsrat amtierte Weltpolitische Bedeutung erlangte er erstmals 1906 als er von seinem Dienstort Kairo aus versuchte die Marokkokrise zu entscharfen Von 1908 bis 1917 war Bernstorff deutscher Botschafter in den USA Nach dem Beginn des Ersten Weltkrieges versuchte er den Kriegseintritt der USA zu verhindern was ihm im Zusammenwirken mit US Prasident Woodrow Wilson trotz mehrerer antideutscher Krisen in der offentlichen Meinung der USA z B Lusitania Versenkung bis zur Wiederaufnahme des unbeschrankten U Boot Krieges durch Deutschland und die folgende Kriegserklarung der USA im April 1917 fur langere Zeit gelang Zu diesem Zweck opponierte Bernstorff heftig gegen die Plane seines eigenen Landes zum uneingeschrankten U Boot Krieg und unterstutzte die Friedenspolitik von Prasident Wilson auf dessen ernsthafte Vermittlungsvorschlage an beide kriegfuhrenden Bundnisse er Hoffnungen setzte Umso eifriger betrieben die Alldeutschen und die Oberste Heeresleitung seine Kaltstellung die 1917 nach dem Kriegseintritt der USA mit der Versetzung als Botschafter nach Konstantinopel erfolgte Dort sah sich Bernstorff nicht immer glucklich agierend mit den Folgen des Volkermords an den Armeniern von 1915 16 konfrontiert die wahrend der osmanischen Besetzung von Baku 1918 erneute Pogrome an Armeniern auslosten Anders als der fruhere deutsche Botschafter Graf Wolff Metternich hat Bernstorff das heikle Thema eher zu umgehen versucht Zu diesem wenig ruhmlichen Kapitel seiner Karriere schwieg er spater in seinen Memoiren Intensiv hingegen hat Botschafter Bernstorff damals mit der verbundeten osmanischen Regierung uber die Errichtung einer Heimstatte fur auswanderungswillige europaische Juden in Palastina verhandelt Dabei sorgte Bernstorff im Zusammenspiel mit dem in der Turkei tatigen deutschen General Erich von Falkenhayn dafur dass Uberlegungen der Jungturken die als politisch unzuverlassig eingestufte judische Bevolkerung Palastinas ahnlich brutal wie die Armenier in Todesmarschen zu deportieren nicht ausgefuhrt wurden Der damalige osmanische Grosswesir Talat Pascha erklarte gegenuber Bernstorff ausdrucklich Nous avons fait beaucoup de mal aux armeniens mais nous ne ferons rien aux juifs Wir haben den Armeniern viel Boses angetan aber wir werden den Juden nichts tun nbsp von Bernstorff 1930 Nach Kriegsende lehnte Bernstorff den angebotenen Aussenministerposten ab und quittierte den aktiven Dienst Fur die liberale Deutsche Demokratische Partei DDP zog er kurz darauf in den Reichstag ein dem er von 1921 bis 1928 angehorte und sich insbesondere fur den Volkerbund einsetzte 1922 wurde er Prasident der Deutschen Liga fur den Volkerbund und setzte sich fur den Eintritt Deutschlands in diese von vielen Deutschen als Organisation der Siegermachte abgelehnte Staatengemeinschaft ein 1929 wurde er zum Prasidenten des internationalen Verbands der Volkerbundligen gewahlt Zwischen 1926 und 1931 vertrat er Deutschland als Delegierter bei der Abrustungskonferenz fur internationale Verstandigung 1923 wurde Bernstorff Vorsitzender des Aufsichtsrats der Richard Pflaum Verlag Aktiengesellschaft in Munchen In diesem Gremium sassen mehrere DDP Politiker Bei dieser Firma lag die eigentliche Steuerung der Allgemeinen Zeitung die DDP Kreise aus politischen Grunden wieder von einer Wochenzeitung in einer Tageszeitung ab 2 Januar 1924 verwandelten 1 Der DDP Medienpolitiker Hermann Dietrich arrangierte vermutlich Bernstorffs Wissen fur die AZ Darlehen die aus Reichsgeldern stammten uber die von Max Winkler geleitete verdeckt operierende Medienholding Konkordia Literarische Anstalt mbH Die verdeckten Staatssubventionen verhinderten allerdings nicht den raschen wirtschaftlichen und politischen Absturz des Zeitungsunternehmens aus dem ab Marz 1925 die neuen Titel AZ am Morgen und AZ am Abend hervorgingen 2 3 Bernstorff wirkte in der DDP als Herausgeber einer einflussreichen politischen Zeitschrift die von 1918 bis 1928 erschien Das demokratische Deutschland 4 1923 umbenannt in Deutsche Einheit 5 Der Hamburger Senator Peter Stubmann gab diese DDP nahe Wochenschrift nach ihrer Grundung am 14 Dezember 1918 in Berlin zunachst gemeinsam mit Ludwig Bergstrasser und Hermann Kalkoff heraus Bernstorff gehorte informell zum Grunderkreis war aber erst ab Dezember 1920 formlich Ko Herausgeber als Kalkoff ausschied 6 Auch Bergstrasser gab die Herausgeberschaft bald auf so dass Stubmann und Bernstorff die Zeitschrift fuhrten Sie erschien im parteieigenen Demokratischen Verlag in Berlin dann im Frei Werk Verlag Hamburg wurde reichsweit und im Ausland gelesen Redaktionsleiter war zunachst Hugo Frenz ab August 1920 Richard May Kurze klare pointierte Essays pragten die Zeitschrift die fur den innerparteilichen Diskurs von Programm und Regierungspraxis gedacht war Die Aussenpolitik spielte eine wichtige Rolle daher griff Herausgeber Bernstorff oft selbst zur Feder Viele Prominente wurden Autoren etwa Hans von Eckart Egbert von Frankenberg Ludwig Herz Theodor Heuss Hans Goslar Adolf Korell Heinrich Mann oder Rochus von Rheinbaben Was in der Deutschen Demokratischen Partei einen Namen hatte benutzte das Blatt als Sprachrohr hiess es in einer zeitungswissenschaftlichen Studie 1928 7 Bernstorff legte die Herausgeberschaft nach vielen eigenen Beitragen im Marz 1927 nieder um sich auf seine Volkerbundsarbeit zu konzentrieren 8 1933 emigrierte Bernstorff angesichts der Machtubernahme der Nationalsozialisten nach Genf Johann Heinrich Graf von Bernstorff war der Onkel des Widerstandskampfers Albrecht Graf von Bernstorff Auszeichnungen Bearbeiten nbsp Johann Heinrich Graf von Bernstorff in Diplomatenuniform mit Orden vor 1917 Titel Wirklicher Geheimer Rat Roter Adlerorden 2 Klasse mit Stern und Eichenlaub 9 Koniglicher Kronen Orden Preussen 2 Klasse mit Stern Eisernes Kreuz am weissen Bande Landwehrdienstauszeichnung I Klasse Johanniterorden Rechtsritter Verdienstorden der Bayerischen Krone Komtur Orden vom Heiligen Michael Komtur Albrechts Orden Komtur 2 Klasse Friedrichs Orden Komtur II Klasse Orden vom Zahringer Lowen Ritter I Klasse Herzoglich Sachsen Ernestinischer Hausorden Komtur 2 Klasse Sankt Stanislaus Orden II Klasse 10 Orden des Weissen Adlers Serbien Ritter Takovo Orden Kommandeur Osmanje Orden 4 KlasseSchriften BearbeitenDeutschland und Amerika Erinnerungen aus dem funfjahrigen Kriege Berlin Ullstein 1920 Erinnerungen und Briefe Zurich Polygraphischer Verlag 1936 Digitalisat Ubersetzungen The Memoirs London Heinemann 1936 Memoirs New York Random House 1936Literatur BearbeitenFriedrich Hermann Schubert Bernstorff Heinrich Graf von In Neue Deutsche Biographie NDB Band 2 Duncker amp Humblot Berlin 1955 ISBN 3 428 00183 4 S 141 f Digitalisat W Schmid Burkert Bernstorff als deutscher Botschafter in Washington Dissertation Tubingen 1947 Reinhard R Doerries Die Tatigkeit des Botschafters Johann Heinrich Graf von Bernstorff in Washington vor dem Eintritt der Vereinigten Staaten von Amerika in den Ersten Weltkrieg Dusseldorf 1975 ubersetzt als Imperial Challenge Ambassador Count Bernstorff and German American Relations 1908 1917 Univ of North Carolina Press 1989 Martin Schumacher Hrsg M d R Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus Politische Verfolgung Emigration und Ausburgerung 1933 1945 Eine biographische Dokumentation 3 erheblich erweiterte und uberarbeitete Auflage Droste Dusseldorf 1994 ISBN 3 7700 5183 1 Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft Das Handbuch der Personlichkeiten in Wort und Bild Erster Band Deutscher Wirtschaftsverlag Berlin 1930 ISBN 3 598 30664 4Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Johann Heinrich von Bernstorff Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Johann Heinrich von Bernstorff im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Johann Heinrich von Bernstorff in der Datenbank der ReichstagsabgeordnetenEinzelnachweise Bearbeiten Die Generalversammlung vom 28 Marz 1923 bestimmte als Aufsichtsratsmitglieder Graf Johann Heinrich Bernstorff Starnberg Vorsitzender Justizrat Dr Max Gaenssler Munchen stellvertretender Vorsitzender Direktor Ernst Eisner Munchen Heinrich Fromm Munchen August Kalbskopf Munchen Albert Messinger Munchen Prof Dr Heinrich Rheinstrom Munchen Dr Ing Fritz Rauth Berlin Ludwig Schuster Munchen Dr Otto Steinbeis Brandenburg Handelsregister Nr 9262 Richard Pflaum Verlag Akt Ges Munchen Deutscher Reichsanzeiger Nr 93 1923 04 21 S 15 Digitalisat Paul Hoser Die politischen wirtschaftlichen und sozialen Hintergrunde der Munchner Tagespresse zwischen 1914 und 1934 Peter Lang Frankfurt am Main 1990 S 110 112 Desiderius Meier Hermann Dietrich Burgertum und Liberalismus in der Weimarer Republik De Gruyter Oldenbourg Munchen 2021 S 265 ZDB ID 525870 4 ZDB ID 525871 6 Das Demokratische Deutschland Band 2 Nr 52 31 Dezember 1920 S 877 Helmut Huttig Die politischen Zeitschriften der Nachkriegszeit in Deutschland von der ersten Milderung der Pressezensur bis zum Locarnovertrag Diss Universitat Leipzig Leipzig 1928 S 50 dnb de abgerufen am 18 Marz 2022 Peter Franz Stubmann Dank an Graf Bernstorff In Deutsche Einheit Band 9 Nr 13 2 April 1927 S 286 Orden und Ehrenzeichen und ihre Reihenfolge im Wesentlichen nach dem Stand von 1918 siehe Handbuch fur das Deutsche Reich 1918 S 70 Dieser und die weiteren auslandischen Orden nach dem Handbuch fur das Deutsche Reich 1908 S 125VorgangerAmtNachfolgerHartmann von Richthofen 1878 1953Konsul des Deutschen Reichs in Kairo 1906 1908Hermann von HatzfeldRichard von KuhlmannBotschafter des Deutschen Reichs in Konstantinopel 1917 1918Rudolf Nadolny 1873 1953Deutsche Botschafter in den Vereinigten Staaten Gesandte des Norddeutschen BundesFriedrich von Gerolt 1868 1871 Gesandte und bevollmachtigte Minister des Deutschen ReichesKurd von Schlozer 1871 1882 Geschaftstrager Karl von Eisendecher 1882 1884 Friedrich Johann Graf von Alvensleben 1884 1888 Ludwig Aloys von Arco auf Valley 1888 1891 Theodor von Holleben 1891 1893 Clemens von Ketteler 1892 1896 Botschafter des Deutschen ReichesAnton Freiherr Saurma von der Jeltsch 1893 1895 Max Franz Guido Freiherr von Thielmann 1895 1897 Theodor von Holleben 1897 1903 Hermann Speck von Sternburg 1903 1908 Johann Heinrich Graf von Bernstorff 1908 1917 Karl Lang 1921 1922 Geschaftstrager Otto Wiedfeldt 1922 1925 Adolf Georg von Maltzan 1925 1927 Friedrich von Prittwitz und Gaffron 1927 1933 Hans Luther 1933 1937 Hans Heinrich Dieckhoff 1937 1938 Hans Thomsen 1938 1941 Geschaftstrager Botschafter der Bundesrepublik DeutschlandHeinz Ludwig Hermann Krekeler 1951 1953 Geschaftstrager amp 1953 1958 Wilhelm Grewe 1958 1962 Karl Heinrich Knappstein 1962 1968 Rolf Friedemann Pauls 1968 1973 Berndt von Staden 1973 1979 Peter Hermes 1979 1984 Gunther van Well 1984 1987 Jurgen Ruhfus 1987 1992 Immo Stabreit 1992 1995 Jurgen Chrobog 1995 2001 Wolfgang Ischinger 2001 2006 Klaus Scharioth 2006 2011 Peter Ammon 2011 2014 Peter Wittig 2014 2018 Emily Haber 2018 2023 Andreas Michaelis seit 2023 Botschafter der Deutschen Demokratischen RepublikRolf Sieber 1974 1978 Horst Grunert 1978 1983 Gerhard Herder 1983 1990 Normdaten Person GND 118656562 lobid OGND AKS LCCN n88026618 VIAF 37710036 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Bernstorff Johann Heinrich vonALTERNATIVNAMEN Bernstorff Johann Heinrich Graf von vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher Diplomat und Politiker DDP MdRGEBURTSDATUM 14 November 1862GEBURTSORT LondonSTERBEDATUM 6 Oktober 1939STERBEORT Genf Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Johann Heinrich von Bernstorff amp oldid 238148283