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Jali von Sanskrit ज ल jala Netz Gitter ist in der indischen Architektur ein den Raum begrenzendes oder teilendes senkrechtes Bauelement mit einer durchbrochenen gitterartigen Struktur Jali aus Sandstein in einer der funf Lunetten in der Westwand der Sidi Saiyad Moschee 1 aus dem 16 Jahrhundert in Ahmedabad Die Moschee ist wegen der seltenen vegetabilen Formen zweier Jalis beruhmt Der Erbauer Sidi Saiyad stammte von schwarzafrikanischen Sklaven ab die ungefahr seit dem 12 Jahrhundert von arabischen Sklavenhandlern nach Indien gebracht wurden und deren Nachkommen als kleine Sidis genannte Minderheit in Gujarat leben 2 Jalis fungieren als Fenster Fensterladen Balkonbrustung oder Raumteiler und bestehen in etwa dem gotischen Masswerk vergleichbar haufig aus fein gearbeiteten geometrischen Ornamenten oder aus floralen Motiven die in bewegten gerundeten Formen Baume oder Blumen zeigen Sie konnen aus Gesteinen wie Marmor und Sandstein 3 Holz und seltener aus Ziegeln oder Zement hergestellt sein Inhaltsverzeichnis 1 Entwicklung und Funktion 1 1 Indische Tempel 1 2 Jalis aus Stein an islamischen Kultbauten und Palasten 1 3 Jalis aus Holz und Stein an indischen Palasten und Stadthausern 1 4 Moderne Verwendung von Jalis 2 Weitere Bezeichnungen 3 Herstellung der Stein Jalis 3 1 Historische Herstellung 3 2 Herstellung mit Wasserstrahlschneidetechnik 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseEntwicklung und Funktion BearbeitenIndische Tempel Bearbeiten nbsp Steingitterfenster dem holzerne Vorbilder anzumerken sind Bhaja Hohle 18 aus dem 2 Jahrhundert v Chr Gestaltung des Fensters moglicherweise spater zwei ahnliche Fenster finden sich in der Hohle 5 der Mahakali Hohlen bei Mumbai nbsp Durga Tempel in Aihole einfache Jalis in der Vorhalle mandapa Die ungewohnliche Rundform ist von einem buddhistischen Hohlentempel chaitya abgeleitet Anfang 8 Jahrhundert nbsp Nachna Parvati Tempel Zwei der altesten erhaltenen Jali Fenster Indiens sind in die Aussenwande der Cella eingelassen Der untere Bereich zeigt musizierende und tanzende Ganas nbsp Der Shiva gewidmete Hoysaleshwara Tempel in Halebid ist ein Hohepunkt der indischen Baukunst im 12 Jahrhundert Die hohlenartige Wirkung in den halbdunklen Raumen wird durch machtige gedrechselte Steinsaulen verstarkt nbsp Jali Fenster im Humayun Mausoleum in Neu DelhiDie Gitterfenster in Indien hangen mit der Entwicklung des gemauerten hinduistischen Freibautempels zusammen der im Kern und in seiner Grundform aus einer quadratischen Cella garbhagriha besteht Dieser fensterlose dunkle Altarraum enthalt das Gotterstandbild oder einen Lingam Er geht in seinem Bedurfnis nach Weltabgeschiedenheit auf fruhere Hohlentempel zuruck Die Sanskrit Worter garbha und griha bedeuten Mutterleib auch Welthohle bzw Haus indische Tempel sind eine abbildende Kunst In der Abgeschiedenheit schufen Monchsgemeinschaften der Jains Buddhisten und Ajivikas Hohlentempel chaityas und Hohlenwohnungen viharas Ab dem 2 Jahrhundert v Chr sind solche fruhen Hohlenkloster erhalten Die Monche ubertrugen wahrscheinlich konstruktive Elemente einer fruheren Holzarchitektur Gebalk und Gestaltungsdetails aus dem Holzbau wie Balkongelander und Gitterfenster in eine zeitlos versteinerte Form 4 Der Gupta zeitliche Tempel 17 in Sanchi Zentralindien mit einer kurzen Saulenvorhalle mandapa stammt aus dem 4 Anfang 5 Jahrhundert und gilt als der alteste erhaltene Freibautempel Indiens vgl auch Gupta Tempel Eine von hier ausgehende Grundrisserweiterung fuhrte im 5 Jahrhundert Vor Chalukya Periode am Lad Khan der zu einer Gruppe von Tempeln im sudindischen Aihole gehort zu einem Raum mit einem Nandi im Zentrum der nun von einer doppelten Pfeilerreihe umgeben ist Der schwer und felsenartig wirkende Bau ist an der westlichen Ruckseite fensterlos da hier die Kultikone fur Shiva steht besitzt an der Eingangsseite im Osten eine pfeilergetragene Vorhalle und an den beiden anderen Seiten jeweils drei Fensteroffnungen mit den wohl altesten sorgfaltig gearbeiteten Fenstergittern an indischen Tempeln Entsprechend diesen geometrischen Mustern lassen sich die Jalis an den ab dem Ende des 6 Jahrhunderts gebauten aber teilweise schlechter erhaltenen Tempeln vorstellen deren Cella in der weiteren Entwicklung von einem Umwandlungspfad pradakshinapatha umgeben ist 5 Zu den fruhesten erhaltenen Tempeln der Gupta Zeit gehort der in der 2 Halfte des 5 Jahrhunderts entstandene Mahadeva Tempel im nordindischen Nachna Distrikt Panna Madhya Pradesh Der aus groben Steinquadern aufgeschichtete Tempel mit einem Shikhara Turmaufbau hat an drei Seiten Fenster mit in drei Streifen gegliederten reliefierten Laibungen Die Fensteroffnung ist senkrecht unterteilt durch zwei Steinsaulchen und hinter diesen gefullt mit Jalis die ein einfaches rechtwinkliges Flechtmuster bilden Vom ausseren Rahmen bis zum Jali Gitter ergibt sich so eine mehrfache Tiefenstaffelung 6 Auch der etwa gleichzeitig erbaute und versetzt gegenuber stehende Parvati Tempel verfugt uber zwei fruhe Jali Fenster die in die Aussenwande der Cella eingepasst sind Gegen Mitte des 7 Jahrhunderts und zu Beginn des 8 Jahrhunderts finden Jali Fenster Eingang in sudindische Tempel Vor allem die Baumeister der in Badami ansassigen Chalukyas ubernahmen die in Nordindien entwickelten Formen wandelten sie nur geringfugig ab und verwendeten sie fur ihre Tempelbauten Hierzu gehoren der Kumara Brahma Tempel und der Vira Brahma Tempel in Alampur der Sivanandisvara Tempel in Kadamarakalava sowie der Sangamesvara Tempel in Kudaveli Um diese Zeit traten Jalis als Spiel mit Licht und Schatten an den Cella Aussenwanden und auch an den Vorhallen mandapas der fruhen Chalukya Tempel von Aihole Pattadakal und Mahakuta auf 7 Vor der Hohle 15 der Dasavatara Hohle in Ellora aus dem zweiten Viertel des 8 Jahrhunderts steht ein megalithischer Pavillon mit grossformatigen geometrischen Jali Mustern Auf dem Hugel oberhalb von Shravanabelagola wurden ab dem 8 Jahrhundert eine Reihe von kleinen Jain Tempeln Basti Basadi mit dravidischem Dachaufbau errichtet Der Chandragupta Basti enthalt zwei Jalis mit plastischen figurlichen Reliefs die Szenen aus dem Leben des Jain Heiligen Acharya Bhadrabahu 433 um 357 v Chr und des Maurya Herrschers Chandragupta Maurya darstellen 8 Jalis an indischen Tempeln erfullen nicht nur eine dekorative Aufgabe und sorgen fur einen gewissen Lichteinfall der die mystische Erfahrung der Dunkelheit nicht beeintrachtigt sie sollen auch die innere sakrale Sphare des Tempels von der ausseren Welt trennen Beim Gang durch die Portale der Vorhalle und der Cella geht der Glaubige an seitlichen Wachterfiguren vorbei die symbolisch dieselbe abschirmende Funktion ubernehmen Mit der Ausbreitung der indischen Kultur nach Sudostasien blieb die Baukunst der indischen Tempel im Prinzip erhalten und wurde regional weiterentwickelt Bei den Khmer Tempeln die uberwiegend im heutigen Kambodscha liegen und den Cham Tempeln in Vietnam ubernahmen meist in die Fensterrahmen gestellte gedrechselte Steinsaulen die Funktion der Jalis Dagegen erlebten Jalis an Mandapas und den ausseren Umgangen der zahlreichen burmesischen Tempel von Bagan eine landestypische Gestaltung Die aus dicken Ziegelwanden bestehenden Bagan Tempel datieren in das 11 bis Anfang 13 Jahrhundert Die dunklen Umgange um die Cella mit Kraggewolbe und Nischen fur Buddhafiguren erhalten wie beim Abeyadana und beim Nagayon Tempel durch steinerne Jalis etwas Licht Jalis aus Stein an islamischen Kultbauten und Palasten Bearbeiten nbsp Akbar Mausoleum in Sikandra Kenotaph von Akbars Tochter und Jali Trennwand aus MarmorZwischen den mittelalterlichen Hindutempeln und den Bauten der islamischen Herrscher gab es in der Konstruktion und Ornamentierung auf beiden Seiten architektonische Ubernahmen Von den Profanbauten der indo islamischen Architektur in dieser Zeit ist wenig erhalten Am etwa 1450 erbauten Badal Mahal Tor in Chanderi im damaligen Sultanat Malwa ist ein fur islamische Spitzbogen sehr ungewohnlicher Einsatz eines Jalis zu sehen 9 Am oberen der beiden Bogen hangt ein vierteiliges Jali in der Form eines aufklappbaren Fensters und fullt die gesamte Bogenflache aus Dieses Jali kann in seiner Funktion einen Zwischenraum dekorativ auszufullen als Vorstufe fur das um 1591 92 erbaute Charminar 10 in Hyderabad gesehen werden Der Torbau mit vier Kielbogen im Zentrum sich kreuzender Strassenachsen erhalt seine dominierende Erscheinung durch Minarette an den Ecken die das zur Durchfahrt vorgesehene Gebaude weit uberragen Um die Hohe der schlanken Turme optisch zu reduzieren wurden sie durch auskragende uberdachte Balkone jharokhas gegliedert Der zentrale Baukorper wurde hingegen durch zwei Etagen einer Fensterwand erhoht die einen Raum zwischen den Turmen ausfullen und durch die eingefugten Jalis zugleich transparent erscheinen lassen Am Charminar wurden erstmals Brustungswande am Dach die bisher mit Zinnen abschlossen durch Jalis gestaltet An nachfolgenden Gebauden in Hyderabad finden sich Zinnen und bevorzugt Jalis oft in Kombination Die Mausoleen der Qutub Schahi Dynastie aus dem 16 Jahrhundert sind uberkuppelte Zentralbauten Einige haben von Zinnen bekronte umlaufende Balkonbrustungen mit Jali Feldern darin 11 ebenso die im Laufe des 17 Jahrhunderts in Hyderabad fertiggestellte Mecca Masjid 12 Mekka Moschee 13 Einen Hohepunkt in der Gestaltung von Jalis kurz vor Beginn oder am Anfang des Mogulreichs stellt die Sidi Saiyad Moschee in Ahmedabad dar die 1515 14 oder 1572 15 beendet wurde Die nach ihrem Erbauer Scheich Sayid Sultani benannte kleine Hofmoschee ist an drei Seiten von Sandsteinmauern umgeben deren Spitzbogenfenster durch kunstvolle Jalis aus Marmor geschlossen sind In dem filigranen Jali Gitterwerk ranken sich Blumen und die Aste eines Baumes nbsp Mausoleum des Salim Chishti in Fatehpur SikriIn der ehemaligen Hauptstadt des Mogulreichs Fatehpur Sikri sticht unter den aus rotbraunem Sandstein errichteten Palastanlagen das eingeschossige kleine Mausoleum des Salim Chishti im Innenhof der Jama Masjid hervor das rein aus weissem Marmor besteht Das pavillonartige quadratische Gebaude mit 15 Meter Seitenlange liess Akbar zu Ehren des Sufi Heiligen Scheich Salim zwischen 1571 und 1580 errichten 16 Auf allen vier Seiten und durch einen ausladenden Dachvorsprung geschutzt bestehen die Wande fast ausschliesslich aus raumhohen Jali Gittern deren feinste Netzstruktur im Innern vom Tageslicht zu winzigen weissen Punkten aufgelost wird 17 Das Akbar Mausoleum in Sikandra einem Vorort von Agra wurde um 1600 begonnen und inschriftlich 1612 1614 fertiggestellt 18 Im Mausoleum aus rotem Sandstein und am breiten mehrstufigen Torbau sind grosse kielbogenformige Fenster in einzelne Felder mit geometrischen Jali Gittern aus Marmor gegliedert nbsp Itmad ud Daulah Mausoleum in Agra Jali aus Marmor Wandgestaltung mit InkrustationenDas um 1626 fertiggestellte Itmad ud Daulah Mausoleum am linken Ufer der Yamuna in Agra ist ein eingeschossiges quadratisches Gebaude mit einem kleinen aufgesetzten Pavillon mit flacher Kuppel Baradari Itimad ud Daula Mirza Ghiyas Beg war der Vater von Jahangirs Frau Nur Jahan Waren die fruhen Mogul Bauten noch uberwiegend aus rotlichem Sandstein hergestellt besteht dieses Grabmal aus weissem Marmor mit eingelegten mehrfarbigen Mosaiksteinen Pietra dura Es bildet den Ubergang zum verfeinerten mehr persisch beeinflussten Mogulstil im 17 Jahrhundert dessen Hohepunkt das Taj Mahal darstellt Das Licht tritt durch Jalis mit sternformigen und sechseckigen blutenartigen Mustern herein 19 Das Taj Mahal wurde nach dem Tod von Shah Jahans Hauptfrau Mumtaz Mahal 1632 begonnen und 1648 fertiggestellt In dem ganz aus weissem Marmor erbauten Mausoleum erfullen die floralen Muster der Jalis ihre dekorative Aufgabe der Flachengestaltung zusammen mit den Marmoreinlegearbeiten in Pietra dura Technik die in Indien Parchin kari genannt wird Wandschirme sind in Streifen abwechselnd mit Jalis und Mosaiken mit Schmucksteinen gestaltet selbst die grosseren Formen der Jalis wurden mit realistischen Blumenmosaiken ausgefullt 20 Die Beherrschung der Flache durch vollstandige ornamentale Ausgestaltung in der Kunstgeschichte als horror vacui bezeichnet ist ein Merkmal der zentralasiatischen und arabischen Architektur und Kalligraphie und symbolischer Ausdruck von Macht Jalis aus Holz und Stein an indischen Palasten und Stadthausern Bearbeiten Neben der Aufgabe einen sakralen Raum zu schaffen und als Ornament eine Architektur zu gestalten sorgen Jalis fur einen vor der Aussenwelt geschutzten nicht einsehbaren Wohnbereich und passen das Gebaude durch die Kontrolle von Sonne und Wind den klimatischen Gegebenheiten an Die an den fruhen indischen Tempeln entwickelten Jalis wurden von Muslimen und Hindus auch in der Profanarchitektur ubernommen In der nordindischen Oberschicht beider Religionsgemeinschaften gab es einen abgeschiedenen fur die Frauen reservierten Teil des Hauses der in Indien als zenana bezeichnet wird ahnlich dem Ḥaram arabischer Lander Dem System der Absonderung lag die Vorstellung von Parda wortlich Vorhang zugrunde Damit war uber die Geschlechtertrennung hinausgehend ein umfangreicher Ehrkodex fur die vornehmen Frauen verbunden die sich nur selten ausserhalb des Hauses bewegten Jalis konnten die Rolle als Vorhang ubernehmen und es ihnen ermoglichen ein offentliches Ereignis zu beobachten ohne selbst gesehen zu werden Sie dienten innerhalb des Gebaudes als Sichtblende zum Bereich der Manner mardana Hinter diesen Jalis konnten die Frauen meist in den oberen Etagen die offiziellen Veranstaltungen darbar verfolgen In den Palasten Rajasthans bestanden diese Sichtblenden aus nur funf Zentimeter dicken Sandsteinplatten die zu feinen geometrischen Gittern ausgesagt waren Haufig stellten sie Vasen dar aus denen Pflanzen herauswachsen einen Lebensbaum als das altindische Fruchtbarkeitssymbol purnaghata 21 nbsp Hawa Mahal in JaipurDas bekannteste Beispiel einer Palastanlage fur Frauen ist der Hawa Mahal Palast der Winde in Jaipur von 1799 Die Fassade zur Strassenseite besteht aus dicht nebeneinanderliegenden halbrund aus der Flache tretenden mit bengalischen Dachformen bangaldar uberkuppelten Erkern jarokas die im Gesamten eine sehr lebendige Struktur ergeben Der Name bezieht sich auf die wabenartigen Jalis in diesen jarokas die den Wind frei durchziehen lassen Der funfgeschossige Bau aus rotlichem Sandstein diente nicht als Wohnpalast sondern erlaubte den Damen sich die Feierlichkeiten auf dem zentralen Platz anzusehen Die oberen drei Geschosse bestehen nur aus den Raumen in der Fassade und dahinterliegenden Treppenaufgangen und Plattformen Fest installierte Jalis wurden in Palasten als etwa 45 Zentimeter hohe Barriere eingesetzt die den Sitz einer Autoritatsperson oder einen Thron umzaunte und sie so wahrend einer Audienz von Bittstellern abgrenzen konnte 22 Rundplastische und aufwendig gestaltete Jalis aus Holz sind im westlichen Indien vor allem in Gujarat und Rajasthan an Stadthausern von Handlern und Grossgrundbesitzern aus dem 19 Jahrhundert erhalten Dem heissen und trockenen Klima sind diese Haveli genannten Wohneinheiten durch Innenhofe Warme speichernde dicke Massivbauwande und verschattende Fenster angepasst 23 Hinzu kommen bis uber 3 5 Meter hohe Raume und Saulenvorhallen die tagsuber und bei Regen als Aufenthalt dienen Jalis und holzerne Fenstererker jarokas werden tagsuber wegen der Hitze und wegen Sandwinden durch dicke holzerne Laden verschlossen Nachts werden sie geoffnet um kuhle Luft durchzulassen 24 In der Wustenstadt Jaisalmer haben die Havelis bis zu halbmeterdicke Wande aus hellgelben fugenlos verlegten Sandsteinquadern und in den oberen Etagen aus funf Zentimeter dicken Kalksteinplatten gefertigte Jalis mit geometrischen Mustern an den Fenstern und Balkonbrustungen 25 Das spatmittelalterliche Handwerkszentrum fur die Holzbearbeitung im nordwestlichen Indien lag in Patan Gujarat Die bunt bemalten Holzschnitzereien ubernahmen islamische Motive und kopierten die Steinskulpturen an den Jain Tempeln von Gujarat besonders die des 11 Jahrhunderts Die traditionellen holzernen Jarokas der Stadthauser ragen halbrund oder vieleckig aus der Fassade und werden von Streben die von einer Konsole ausgehen getragen Zum Hausbau und fur die Dekorelemente wurde uberwiegend Zypressen oder Zedernholz verwendet Die feinsten plastisch geformten Blattranken und Blumenmotive sind an den Balkonen Turen und Fenstern des ersten Obergeschosses zu sehen wahrend fur die Offnungen im Erdgeschoss aus Sicherheitsgrunden bei jungeren Hausern Metallgitter verwendet wurden 26 Die im heutigen Pakistan gelegene Region Punjab hat einen relativ wenig bekannten regionalen Architekturstil hervorgebracht der sich in den Kulturzentren Lahore und Multan entwickelte und auch nach dem Einfall der zentralasiatischen islamischen Ghaznawiden im 11 Jahrhundert einheimische indische Formelemente beibehielt Besonders bei der Architektur von Wohngebauden und Palasten glichen sich die fremden Herrscher den indischen Stilen und Bautraditionen an wie sie in den Shilpa Shastras altindische Abhandlungen zur Baukunst festgelegt sind Ein wesentliches Stilelement waren Fenstergitter aus Holz die grundsatzlich nicht aus gedrechselten Elementen bestanden sondern vergleichbar den steinernen Jalis aus massiven Holzplatten geschnitten wurden Diese bis zum Anfang des 20 Jahrhunderts gefertigten Gitterwerke mit kleinteilig gegliederten sternformigen Grundmustern werden im Punjab Pinjra oder Mauj genannt Die andere Methode einzelne Holzleisten zusammenzustecken kam im Punjab ebenfalls zum Einsatz 27 Im waldreichen Kaschmir war Holz der traditionelle Baustoff fur Wohnhauser und Palaste Der lokale Architekturstil hat mehrgeschossige Veranden an den Hausern vorkragende Dacher und gedrechselte Jalis an den Balkonbrustungen und Klappladen hervorgebracht Beim Khanquah Wohnort eines Sufi Scheichs und Versammlungszentrum seiner Anhanger vergleiche Tekke von Shah Hamadan in Srinagar der nach seinem Baustil und ursprunglichen Verwendungszweck in das 15 bis 17 Jahrhundert zu datieren ist bestehen die Wande aus Lagen von unverbundenen Holzbalken deren Zwischenraume mit Ziegeln gefullt sind Die Fenster sind durch Jalis aus schmalen Holzstaben in sechseckigen und facherformigen Mustern gestaltet Letztere Formen konnten bei dem heute als Moschee genutzten Gebaude auf buddhistischen Einfluss zuruckgehen 28 Moderne Verwendung von Jalis Bearbeiten Die klimatischen Vorteile von Jalis Sonnenblenden chujjas oder Fenstererkern jarokas wurden von einigen Architekten im 20 Jahrhundert wieder aufgegriffen Die von Le Corbusier an seinem Sekretariat von Chandigarh oder am dortigen Justizpalast 1955 fertiggestellt den Fensterfassaden vorgebauten Gitterraster aus Beton ubernehmen das Prinzip der Jalis indem sie fur Verschattung sorgen und den Wind leiten 29 Eine Bewegung innerhalb der modernen Architektur in Indien verwendet seit der zweiten Halfte des 20 Jahrhunderts in einer Ruckbesinnung auf indische Traditionen nicht mehr nur indische Formelemente als Kopie zur Dekoration sondern versucht diese in ihrer ursprunglichen Funktion einzubinden Der indische Architekt Raj Rewal 30 setzte an mehreren seiner offentlichen Gebaude und Wohnsiedlungen aus lehmbraunem Sichtbeton Verschattungen in schmalen Rastern vor die Fassaden deren Funktion von Jalis abgeleitet ist Die soziale Architektur von Laurie Baker verband die Tradition mit einer kostengunstigen Bauweise bei der teilweise gebrauchte Materialien zum Einsatz kamen So entstanden Gebaude mit durchbrochenen Ziegelsteinwanden in der Manier von Jalis deren Offnungen zur Durchluftung dienen und dramatische Licht Schatten Effekte im Innern erzeugen 31 Auch ausserhalb Indiens berufen sich Architekten auf die Tradition der Jalis wenn unabhangig von den uberlieferten Formen und nur teilweise mit denselben Funktionen Grossprojekte wie ein Hotel in Dubai gestaltet werden 32 In Reprasentationsarchitektur wie bei der 2001 erbauten indischen Botschaft in Berlin werden Jalis bewusst als Symbol fur die traditionelle indische Handwerkskunst eingesetzt die mit dem Ruckgriff auf die Palastarchitektur aus der Zeit des Mogul Reiches auf eine Zeit der Stabilitat und Prosperitat Indiens verweisen 33 Weitere Bezeichnungen BearbeitenAls Roshan Rushan Rawashin wurden wahrend der Mamluken Zeit 1250 1517 in der gesamten islamischen Welt die traditionellen Holzfenster bezeichnet Spater haben sich regional unterschiedliche Namen eingeburgert So gibt es Formen von Jalis ausserhalb des indischen Kulturraumes unter dem weit verbreiteten Begriff Maschrabiyya auch im Nahen Osten und in Nordafrika Im engeren Sinn gibt es Maschrabiyyas in Agypten und im ubrigen Nordafrika wahrend mit Roshan speziell die Erkerfenster an den Handelshausern der Hafenstadte am Roten Meer wie Dschidda und Sawakin bezeichnet werden Im Irak heissen Jalis Shanashil und in Syrien Koshke Letzteres Wort ist arabisch كشك DMG kosk heisst auf turkisch kosk wovon das deutsche Wort Kiosk abstammt und meinte ursprunglich einen teilweise an den Seiten geoffneten Gartenpavillon der mit geschnitzten Holzfenstern aufwendig verziert war Der turkische Einfluss wahrend des osmanischen Reiches brachte im 16 und 17 Jahrhundert Sommerhauser kushk in denen die Frauen durch die Fenster sehen konnten ohne gesehen zu werden in die Palastgarten des Jemen Herstellung der Stein Jalis Bearbeiten nbsp Mausoleum von Akbar I in Sikandra Akbars Sarkophag dieselbe Jalis wie oben im GegenlichtDie Perforation der Jali erfordert wegen der hohen Bruchgefahr dunner Steinplatten eine hohe kunsthandwerkliche Fertigkeit Als Steinmaterial wurden fruher ausschliesslich Weichgesteine wie Marmore und Sandsteine verwendet Hartgesteine konnen erst verwendet werden seit der Einsatz von Wasserstrahlsystemen das Ausschneiden der Muster aus dem Gestein ermoglicht Historische Herstellung Bearbeiten Das Jali wird entweder durch Perforieren einer massiven Steinplatte oder durch Einfugen von steinernen Gitterelementen hergestellt Ublich waren bei den kostbaren Jalis aus der Zeit der Mogulherrscher auch Inkrustationen mit Schmucksteinen 34 Die ursprungliche Herstellung von Jalis war reine Handarbeit Die kunsthandwerkliche Beherrschung der Steinbearbeitung durch indische Steinmetze reizte die Moglichkeiten der mechanischen Bearbeitung des steinernen Materials bis an die Grenzen seiner Belastbarkeit aus Ein fehlerhafter Stoss oder falscher Arbeitsvorgang und das Jali konnte in Splitter zerfallen Um die Muster herauszuformen wurden handgetriebene Bohrer eingesetzt ferner Feilen und Raspeln meist sehr einfache aber speziell und individuell hergestellte Werkzeuge Zur Kuhlung und Optimierung der Werkzeugwirkung wurde teilweise Wasser hinzugegeben Die historische Anfertigung und Einpassungen der unterschiedlich farbigen Steinmaterialien und Schmucksteine die eingelegt wurden erforderte eine ebenso hohe kunsthandwerkliche Beherrschung Sollte eine Politur der Steinoberflachen erzeugt werden musste Marmor fur das Jali verwendet werden da es nur wenige Sandsteine gibt die eine Teilpolitur annehmen Herstellung mit Wasserstrahlschneidetechnik Bearbeiten Mit der Einfuhrung der Wasserstrahlschneidemaschinen Ende der 1990er Jahre konnen Jali Formen durch einen Wasserstrahl mit Drucken bis zu 6000 bar und Austrittsgeschwindigkeiten an den Dusen bis zu 1000 m s aus Natursteinplatten herausgeschnitten werden Dem Wasserstrahl werden zur Optimierung seiner Schneidwirkung Abrasivstoffe wie Granulate beigemischt Diese Maschinen sind CNC gesteuert und die Muster werden mit Unterstutzung von CAD Systemen gezeichnet Insbesondere der Bauboom in den arabischen Landern hat zu einem verstarkten Verbau von Jali Ornamentik und zum vermehrten Einsatz von Wasserstrahlsystemen gefuhrt Die exklusiven Jali Platten die mit modernster Technik hergestellt werden erreichen jedoch nicht die Lebendigkeit Originalitat und Wirkung der erhabenen und vertieften Flachen und im Querschnitt profilierten Stabe von historischen Jalis Die fruhere kunsthandwerkliche Tatigkeit schuf einmalige Artefakte Siehe auch Transenna und MaschrabiyyaLiteratur BearbeitenTim Barringer Hrsg Colonialism and the object empire material culture and the museum Routledge London 1998 ISBN 0 415 15775 7 Markus Hattstein Peter Delius Hrsg Islam Kunst und Architektur Konemann Koln 2000 ISBN 3 89508 846 3 Klaus Fischer Schopfungen indischer Kunst Von den fruhesten Bauten und Bildern bis zum mittelalterlichen Tempel DuMont Schauberg Koln 1959 Klaus Fischer Michael Jansen Jan Pieper Architektur des indischen Subkontinents Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1987 ISBN 3 534 01593 2 Paul Oliver Hrsg Encyclopedia of vernacular Architecture of the World Bd 2 Cambridge University Press Cambridge 1997 ISBN 0 521 56422 0 Joanna Gottfried Williams The Art of Gupta India Empire and Province Princeton University Press Princeton 1982 ISBN 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