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Der Begriff Gupta Tempel bezeichnet eine Gruppe von etwa 30 steinernen nordindischen Tempelbauten aus der Zeit von etwa 400 bis 600 n Chr der Blutezeit des Gupta Reichs Obwohl keine originalen Kultbilder mehr erhalten sind Ausnahmen evtl Bhumara und Nachna kann man davon ausgehen dass alle Bauten mit Ausnahme des buddhistischen Tempels Nr 17 in Sanchi mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Hinduismus zuzuordnen sind Sie umfassen sowohl in den naturlichen Fels getriebene Hohlentempel als auch die ersten erhaltenen freistehenden Steintempel Indiens Von mehr als der Halfte der bekannten Gupta Tempel sind nach den Zerstorungen in der Zeit der islamischen Dominanz uber Nordindien nur noch Fundamentreste und oder einige wenige Reliefbruchstucke erhalten Tigawa Madhya Pradesh Der aus einer geschlossenen und vollkommen schmucklosen und ungegliederten Cella garbhagriha mit etwa 1 m dicken Aussenwanden und einer etwas niedrigeren ehemals auch seitlich offenen Saulenvorhalle mandapa bestehende Kankali Devi Tempel ca 420 steht nicht auf einer Plattform jagati sondern in ebenem aber mit Steinplatten ausgelegten Gelande Die Saulen bestehen jeweils aus einem quadratischen Sockel ohne Basis einem oktogonalen Mittelstuck einem runden topfartigen Element kalasha einem wurfelformigen Blockaufsatz einer mit Fensternischen chandrasalas geschmuckten Kampferplatte und einem Aufsatz aus beinahe vollplastisch gearbeiteten Lowen die sowohl hoheitliche als auch unheilabwehrende apotropaische Bedeutungen haben konnen Bei den seitlich an der Vorhalle angebrachten Reliefplatten handelt es sich um spatere Zutaten Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Geschichte 3 Datierung 4 Architektur 4 1 Fruhphase ca 400 450 4 2 Spatphase ab ca 450 5 Bauschmuck 6 Liste erhaltener Gupta Tempel 6 1 Hohlentempel 6 2 Steintempel 6 3 Ziegelsteintempel 7 Bedeutung 8 Siehe auch 9 Literatur 10 WeblinksLage BearbeitenDie im Folgenden genannten Tempelbauten liegen im Wesentlichen im heutigen Bundesstaat Madhya Pradesh dem ehemaligen Machtzentrum der Gupta Dynastie aber auch in anderen Regionen Nordindiens von Gujarat bis hin nach Bengalen finden sich einige wenige Bauten die der Gupta Zeit zugerechnet werden konnen Kein einziger der Gupta Tempel liegt heute im Zentrum oder auch nur in der Nahe einer Stadt vielmehr befinden sich alle in der Nahe kleinerer Dorfer Ungeklart ist ob die Gupta Tempelstatten vergleichbar den meist buddhistischen Hohlentempeln z B Ajanta Ellora Karli Bhaja von vornherein als reine Wallfahrts oder Pilgerzentren fernab grosserer Ansiedlungen konzipiert waren oder ob ehemals vielleicht vorhandene wohl aus Lehm und Reisig Wande sowie Stroh und Schilf Dacher errichtete Wohnhauser im Lauf der Jahrhunderte verschwunden sind Die in den Dorfern der Umgebung ansassige Bevolkerung konnte derart solide und aufwendige Bauten weder planen noch finanzieren dafur kamen nur die jeweiligen Herrscher selbst bzw deren engste Familienangehorige oder hochgestellte Hofbeamte infrage Die aufwendige Steinbearbeitung lag in den Handen von spezialisierten von Ort zu Ort wandernden Handwerkern bzw Kunstlern Geschichte BearbeitenUnter der Herrschaft der seit Beginn des 4 Jahrhunderts in Nordindien regierenden und dem Hinduismus insbesondere dem Vishnuismus zugewandten Gupta Dynastie v a unter Chandragupta II reg ca 375 415 der den Beinamen Vikramaditya Welteroberer trug und seinem Sohn Kumaragupta I reg ca 415 455 gab es deutliche Bestrebungen zur Vereinheitlichung der uberaus vielfaltigen und potentiell separatistischen religiosen Vorstellungen in ihrem weitraumigen Herrschaftsgebiet Wahrscheinlich als integraler Bestandteil ihrer Machtpolitik wurden religiose Zentren neu geschaffen und bereits bestehende mit neuen Bauten und oder Skulpturen ausgestattet Das im 5 Jahrhundert im Inneren weitgehend gefestigte Grossreich der Guptas kam durch seit langem bestehende Handelswege in Kontakt mit ausserindischen Kulturen darunter auch mit dem persischen und dem romischen Kulturkreis Letztere kannten keine Hohlenarchitektur und errichteten ihre steinernen Tempelbauten freistehend Datierung BearbeitenKeiner der freistehenden Gupta Tempel ist durch Stifter oder andere Bauinschriften oder durch Urkunden datiert Die im Folgenden genannten ungefahren Datierungen beruhen daher allesamt auf bauhistorischen und stilistischen Vergleichen Architektur Bearbeiten nbsp Nachna Parvati Tempel Der Tempel steht auf einer als kunstliche Felslandschaft gestalteten Plattform jagati auf welcher eine Umschreitung pradakshina moglich ist Das Portal oberhalb des Tempels fuhrte moglicherweise in einen Schatzraum Mit Ausnahme der Tempelbauten in Nachna waren alle Gupta Tempel wie wohl auch die meisten Wohnbauten der damaligen Zeit fensterlos Belichtung und Beluftung des Raumes erfolgten uber das stets offenstehende Portal Das Kultbild oder der Lingam konnte zusatzlich durch Kerzen oder Ollampchen beleuchtet werden Als Baumaterial wurde wohl in Anlehnung an die fruheren Hohlentempel Naturstein bevorzugt in einigen Fallen wurden jedoch auch vor Ort gebrannte Ziegelsteine verwendet wobei sich bei der Verwendung von Ziegelstein geradezu die Notwendigkeit eines pyramidenformigen Dachaufbaus ergab welcher bei den spateren Tempeln in Haustein nachgebildet wurde Die meisten Ziegelbauten sind jedoch weitgehend zerstort Fruhphase ca 400 450 Bearbeiten Die Fruhphase der freistehenden Gupta Tempel ist gekennzeichnet durch kleine Tempelbauten bestehend aus einer geschlossenen und ungegliederten Cella garbhagriha Mutterschosskammer sowie einer offenen Saulenvorhalle mandapa die sich in ihrer Konzeption und baulichen Gestalt an romischen Kleintempeln zu orientieren scheinen auf einen Giebel bzw ein Satteldach wurde jedoch verzichtet Die aus handwerklich perfekt behauenen Steinen erbaute Cella mit Innenmassen von nur etwa 2 50 m im Quadrat diente zur Aufnahme des Gotterbildes bzw des Lingams und dessen kultischer Verehrung durch die Brahmanen die vor Witterungseinflussen schutzende Vorhalle diente dem Aufenthalt und der Darbringung von Opfergaben durch Glaubige und Pilger Beide Bauteile waren mit Steinplatten uberdacht hatten keinerlei Dachaufbauten und standen nicht auf einer gegenuber dem umgebenden Gelande deutlich erhohten Plattform jagati Einen interessanten architektonischen Sonderfall stellt der nur noch in Teilen erhaltene Tempel in Darra dar bei dem nicht nur das Dach der Vorhalle sondern auch das der relativ grossen Cella ca 5 5 m auf Pfeilern ruhte eine Bauweise die sich erst Jahrhunderte spater beim Kalika Mata Tempel in Chittorgarh ca 700 und dann auch beim Lakshmana Tempel in Khajuraho ca 930 950 voll entfalten sollte Spatphase ab ca 450 Bearbeiten Die Tempel der Spatphase losen sich in hohem Masse von der baulichen Konzeption der fruhen Bauten und damit auch von ausserindischen Vorbildern die ursprunglich eher kleine Mandapa Vorhalle wird regelmassig durch eine bereits vor Jahrhunderten zerstorte umlaufende holzerne Dachkonstruktionen ersetzt diese ermoglichte den Glaubigen und Pilgern die gewohnte Umschreitung pradakshina des nunmehr auf einem hohen Sockelpodest jagati stehenden und teilweise turmartig aufragenden Sanktuariums Zu beiden Seiten der Aufstiegstreppe oder in den Ecken der erhohten Plattform wurden vereinzelt Deogarh Dashavatara Tempel Bhumara Shiva Tempel kleinere Nebenschreine errichtet so dass sich das spater in Nordindien vgl Khajuraho Lakshmana Tempel haufiger zu sehende 5 teilige Tempelschema panchayatana herausbildete Bauschmuck BearbeitenWahrend bei den ungegliederten und flachgedeckten fruhen Gupta Tempeln nur die Saulen der Vorhalle und die Einfassungen der Turportale mit Ornamenten und figurlichen Darstellungen Wachterfiguren Ganga und Yamuna Himmlische Liebespaare mithunas etc verziert wurden zeigen die spateren Tempel meist einen reichhaltigeren Bauschmuck in dem figurliche Reliefs in den nunmehr vorhandenen Nischen der Aussenwande vgl Dashavatara Tempel oder das Dekor des Pyramidendachs vgl Gop eine zunehmend wichtige Rolle spielen Bei vielen Tempeln ragt der steinerne Balken des Tursturzes Lintel oft uber die seitlichen Turpfosten hinaus so dass sich eine T Form ergibt vgl Nachna eine Erinnerung an die traditionelle Holzbauweise und ein charakteristisches Merkmal fruher indischer Tempel Liste erhaltener Gupta Tempel Bearbeiten nbsp Gop Tempel Zinavari Gujarat der hochaufragende Kern des Shiva Tempels ca 600 steht auf einer hohen Plattform jagati und war ursprunglich von einem umlaufenden holzernen Pultdach umgeben das auf seitlichen Stutzpfosten aufruhte und die Besucher sowohl vor Sonne als auch vor Regen schutzte und ausserdem die rituelle Umschreitung des Tempels pradakshina ermoglichte die Locher zur Aufnahme der Dachsparren sind noch im oberen Teil des vollig dekorlosen Turmschafts erkennbar Das pyramidenformig aufgebaute Dach ist geschmuckt mit einer Vielzahl von fensterformigen Nischen chandrasalas einem typischen Dekorelement der fruhen indischen Tempelbaukunst und zeigt erstmals eine Art hangender Lotosblute als Abschluss Die im Folgenden genannten Tempelnamen sind zumeist nicht ursprunglich sondern entweder spatere volkstumliche Bezeichnungen oder aber von Forschern gewahlte Nummerierungen Wegen des Fehlens eines Kultbildes oder Lingams wird heutzutage kaum noch einer der Tempel fur kultisch religiose Zwecke benutzt Hohlentempel Bearbeiten Udayagiri ca 400 mehrere Hohlen stammen aus der Gupta Zeit den Hohlentempeln Nr 1 und Nr 19 wurde sogar eine freistehende steinerne Vorhalle mandapa vorgebaut Steintempel Bearbeiten Darra ca 400 Sanchi Tempel Nr 17 ca 400 Tigawa Kankali Devi Tempel ca 420 Kunda bei Tigawa ca 420 Nachna Parvati Tempel ca 460 Bhumara Shiva Tempel ca 480 Deori Madhia Vamana Tempel ca 490 Deogarh Dashavatara Tempel ca 500 Sakor Shiva Tempel ca 520 Gop Tempel Zinavari Shiva Tempel ca 580 Ziegelsteintempel Bearbeiten Bhitargaon ca 550 Bedeutung BearbeitenWenngleich der Bau von Hohlentempeln in Indien vereinzelt noch bis ins 10 Jahrhundert hinein fortgefuhrt wurde so dokumentieren insbesondere die freistehenden Gupta Tempel eine Phase der Neuorientierung indischer Tempelbaukunst wobei moglicherweise Kenntnisse oder mundliche Beschreibungen spatantiker romischer Tempel z B Garni Armenien anregend gewirkt haben Die Saulen Pfeiler mit ihrem mehrstufigen Aufbau zeigen dagegen deutliche persische Einflusse z B Persepolis In anderen Regionen Zentralindiens entstanden ab dem 5 Jahrhundert ebenfalls freistehende Tempel die sich in Teilen ihrer Architektur oder ihres Bauschmucks an Gupta Tempel anlehnen z B in Ramtek Maharashtra Kevala Narasimha Tempel ca 500 oder in Rajim Chhattisgarh Rajivalocana Tempel ca 600 Auch der moglicherweise noch altere Pranaveshwara Tempel von Talagunda und die fruhen Tempel von Aihole Karnataka sind in diesem Zusammenhang zu erwahnen Siehe auch BearbeitenEran Indien Literatur BearbeitenJoanna Gottfried Williams The Art of Gupta India Empire and Province Princeton University Press Princeton 1982 ISBN 0 691 03988 7 Michael W Meister u a Hrsg Encyclopaedia of Indian Temple Architecture North India Foundations of North Indian Style Princeton University Press Princeton 1988 S 19ff ISBN 0 691 04053 2 George Michell Der Hindu Tempel Baukunst einer Weltreligion DuMont Koln 1991 S 120 ff ISBN 3 7701 2770 6 S R Goyal Shankar Goyal Hrsg Indian Art of the Gupta Age From Pre Classical Roots to the Emergence of Medieval Trends Kusumanjali Book World Jodhpur 2000Weblinks BearbeitenNeuentdeckter Gupta Tempel in Behti engl PDF 4 8 MB Gupta Tempel engl Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gupta Tempel amp oldid 229085308