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Der vermutlich um 500 n Chr erbaute und vergleichsweise gut erhaltene Dashavatara Tempel auch Gupta Tempel genannt in der Nahe des Dorfes Deogarh Hindi द ओगढ im Distrikt Lalitpur des heutigen Bundesstaates Uttar Pradesh Nordindien gehort zu den fruhesten freistehenden Tempelbauten Indiens Deogarh der ursprunglich wohl von einer umlaufenden holzernen Dachkonstruktion umgebene Dashavatara Tempel erhebt sich auf einer grossen nach aussen leicht abfallenden und vollkommen symmetrisch gestalteten Plattform jagati die sowohl Regenwasser ableitet als auch vor herumlaufenden Tieren schutzt daneben dient sie naturlich auch der Erhohung des Tempels im ubertragenen Sinn Vor den Ecken der Plattform sind noch die Fundamente von vier kleinen Nebenschreinen zu erkennen Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Weihe 3 Architektur 4 Rekonstruktion 5 Baudekor 5 1 Turportal 5 2 Wandnischen 6 Bedeutung 7 Siehe auch 8 Literatur 9 WeblinksLage BearbeitenVon der Stadt Lalitpur aus ist der ca 32 km sudwestlich gelegene kleine Ort der sich oberhalb einer von Felsen gesaumten Biegung des Flusses Betwa befindet und ehemals eine bedeutende Pilgerstatte fur Jainas und Hindus war per Bus oder Taxi zu erreichen Weihe BearbeitenDer Name Dashavatara von dasa zehn und avatara Inkarnation bezieht sich auf die zehn Avataras des Gottes Vishnu dem dieser Tempel geweiht ist Zwar ist im Sanktum garbhagriha Mutterschoss Kammer kein Kultbild des verehrten Gottes mehr zu finden jedoch lasst sich der Sakralbau vor allem anhand der Aussenwandreliefs eindeutig als Vishnu Tempel identifizieren Architektur BearbeitenDer aus rotem Sandstein errichtete Tempel steht in der Mitte einer quadratischen ca 16 90 m breiten Plattform jagati die auf allen vier Seiten uber breite vor der Terrasse liegende und durch seitliche Mauern gesicherte Treppen zuganglich ist Vom Tempel selbst ist nur die nicht durch Jali Fenster belichtete quadratische Cella garbhagriha erhalten Sie ist nach Westen geoffnet und aussen ca 5 60 m breit innen dagegen nur etwa 3 10 m die Wandstarke des Tempelbaus betragt folglich etwa 1 25 m An drei Aussenseiten der Cella befinden sich fensterartige Nischen mit figurlichen Reliefs Vom kaum noch erhaltenen Turmaufbau ragt nur noch der Kern aus teilweise unbehauenen Natursteinen ca 3 50 m in die Hohe Vor den vier Ecken der Plattform befanden sich einst vier ca 3 30 m breite quadratische Nebenschreine von denen lediglich die Grundmauern erhalten sind In architektonischer Hinsicht ist dieser Tempel von grosser Bedeutung Er stellt nicht nur eines der ersten Beispiele fur einen Ideal Aufbau eines nordindischen Tempels bestehend aus einem Haupttempel und vier Nebenschreinen panchayatana dar sondern ist auch einer der ersten Tempelbauten welche einen fur den spateren indischen Nagara Stil charakteristischen Turmaufbau besitzen Auch die vertikale Dreiteilung der Tempelseiten ist bei fruheren indischen Steintempeln unbekannt die Existenz holzerner Vorbilder ist jedoch wahrscheinlich Rekonstruktion BearbeitenAufgrund des ruinosen Zustands des Tempeldachs ist es schwierig den Dachaufbau Pyramide oder Turm exakt zu rekonstruieren die Steilheit der Proportionen weist jedoch eher auf die Fruhform eines Shikhara Turms als auf ein Pyramidendach hin Das Sanktum war ursprunglich wahrscheinlich von einem auf Holzstutzen ruhenden uberdachten Umwandlungsgang umgeben der wie der Tempel selbst auf allen Seiten durch einen vorspringenden Mittelteil in drei Teile gegliedert wurde Der Umwandlungsgang selbst ist nicht mehr erhalten sein Vorhandensein erklart aber sehr gut die Terrassengrosse welche sonst uberdimensioniert ware Vor den Relieffeldern in der Aussenwand befanden sich vermutlich Vorbauten die von quadratischen Saulen getragen wurden Am Eingang des Tempels ist eine ahnliche Konstruktion fur den kleinen Eingangsportikus denkbar dieser wurde von den zwei runden Saulen getragen die auf der Terrasse gefunden wurden Baudekor BearbeitenDas Dekor des Tempels lasst sich im Wesentlichen zweiteilen zum einen gibt es die Westseite mit dem mit Ornamentbandern und kleineren Reliefs reich verzierten Turportal zum anderen die drei ubrigen Seiten die jeweils ein grosses Fensterrelief aufweisen Turportal Bearbeiten Der Eingang zum Hauptschrein ist 2 10 m hoch und ca 1 m breit und stand immer offen holzerne Turen waren bei indischen Tempeln unbekannt Der Rahmen hat die fur fruhe indische Tempel typische T Form die altere Holzkonstruktionen zum Vorbild hat und besteht aus vier Ornamentbandern an deren unteren Enden jeweils eine Figur steht Von innen nach aussen betrachtet steht auf beiden Seiten zuerst eine grossere mannliche Figur mit Nimbus hinter dem Kopf gefolgt von zwei kleineren Begleiterinnen An den ausseren Seiten steht jeweils ein kleines dickbauchiges himmlisches Wesen ein gana der mit beiden Handen einen verzierten Topf hochhalt Die Bander werden im Folgenden von aussen nach innen beschrieben nbsp Deogarh Dashavatara Tempel mehrfach abgestuftes PortalgewandeBand 1Aus dem Topf des gana ragt ein dickes Band auf welchem ein kunstvolles Rankengewachs mit Fruchten abgebildet ist Etwa auf der Hohe des Tursturzes erweitert sich dieses Band der T Form folgend um etwa 25 cm nach aussen um in diesen oberen Ecken die stehenden Flussgottinnen ganga rechts und yamuna links zu bergen Beide sind von einem Schirm geschutzt bzw uberhoht und auf ihren Vahanas Krokodil makara und Schildkrote kurma stehend abgebildet Band 2Auf den drei sichtbaren Seiten des nachstinneren stark herausragenden pilasterartigen Bandes sind zwei verschiedene Tempelfassaden jeweils ubereinander dargestellt Weiter oben sind die Pilaster zu einem mit floralen Motiven geschmuckten Halb Oktogon und dann zu einem halbierten Sechzehneck angeschragt Sie werden gekront von einem verzierten Kapitell Der obere Bereich des Tursturzes ist mit Fenster Motiven chandrasalas geschmuckt welche auf einem Zahnfries aufliegen er hat insgesamt architekturahnlichen Charakter Daruber befindet sich ein Fries auf dem Zwerge und Lowenkopfe abwechselnd mit fensterformigen Paneelen abgebildet sind Band 3Das nachste Band besteht abwechselnd aus drei kleinen und drei grossen Paneelen auf den kleinen befinden sich Zwergenpaare auf den grossen Liebespaare mithunas in verschiedenen Haltungen In den oberen Ecken befindet sich jeweils ein Gesicht mit unheilabwehrender Funktion Daneben ist eine Reihe von Figuren im Knieflug abgebildet die von beiden Seiten in Verehrung zur zentralen Figur Vishnu blicken In der Mitte dieses dritten Bandes also genau uber dem Eingang befindet sich ein hervorgehobenes Relief auf welchem ein vierarmiger Vishnu auf der Weltenschlange shesha oder ananta sitzend abgebildet ist Er halt in den hinteren Handen auf jeder Seite zwei seiner Attribute rechts ein Rad links ein Muschelhorn Wahrend die vordere rechte Hand die Abhayamudra die zur Furchtlosigkeit auffordernde Geste bildet liegt die linke Hand auf seinem Oberschenkel auf Die Gottin Lakshmi beruhrt seinen herabhangenden Fuss Vishnu selbst flankiert diese Hauptgruppe in seiner anthropomorphen Lowen Manifestation Narasimha in verehrender Haltung und in einer Figur die moglicherweise Vamana darstellt die kleinwuchsige Manifestation des Gottes Band 4Das innerste Band uber den mannlichen Figuren ist zweigeteilt der aussere Teil wird von einer feinen mit Rosettenmotiv verzierten Bordure gerahmt im inneren Teil des Bandes ist ein Rankengewachs abgebildet welches aus dem Nabel eines ganas herausragt Zwischen den Ranken erscheinen kleine nackte Figuren Wandnischen Bearbeiten An der Nord Ost und Sudseite des Tempels befinden sich jeweils zentral platzierte umrahmte Nischen in Fensterform von ca 1 50 m 1 20 m Grosse welche erstaunlich gut erhaltene Reliefs bergen und von reichgeschmuckten Pfeilervorlagen seitlich begrenzt werden Die beinahe freiplastische Darstellung der Figuren ist von so aussergewohnlicher handwerklicher Perfektion und kunstlerischer Ausdrucksstarke dass man annehmen muss dass sie vor nunmehr ca 1500 Jahren vom selben Kunstler geschaffen wurden nbsp Vishnu und Garuda retten einen Elefanten vor dem Schlangenkonig Naga und dessen Frau NordseiteDie Wandnische auf der Nordseite zeigt ein Relief mit der Episode der Errettung des Elefanten gajendra moksha durch Vishnu In der abgebildeten Szene steht ein Elefant in der Hindu Ikonographie oft als Trager von Tempeln dargestellt und somit als Trager der kosmisch religiosen Ordnung manchmal auch als Sinnbild der menschlichen Seele verstanden in einem Lotus Teich die Beine umschlungen von den Schlangenschwanzen eines Naga und einer Nagi Seine Rettung und damit die Bewahrung der kosmischen Ordnung kommt in Gestalt des Gottes Vishnu Dieser sitzt den Kopf leicht zur Seite geneigt und eine seiner ehemals vier Hande lassig auf sein linkes Knie gestutzt auf dem meist als Vogelmensch dargestellten Sonnenadler Garuda seinem vahana welcher in uralter Feindschaft zu Schlangen steht Vishnu tragt eine Topfkrone und halt seine typischen Attribute in Handen eine Keule gada und ein Muschelhorn shankha sind noch erhalten der bereits geworfene Diskus chakra steckt in der Brust des Schlangenkonigs Das anthropomorph dargestellte Schlangenpaar bittet die Hande in Anbetungshaltung gefaltet um Vergebung wahrend der Elefant mit seinem Russel dem Gott einen Strauss mit Lotusblumen padma seinem vierten Attribut in die Hohe reicht Oberhalb des Paneels in einer separaten Tafel halten Himmlische Paare mithunas im Knieflug eine etwas uberdimensionierte Krone direkt uber das Haupt Vishnus nbsp Vishnu als Nara Narayana Im Bogenfeld des linken Pilasters ist Gajalakshmi dargestellt wie sie von zwei Elefanten aus Krugen kalashas mit Wasser ubergossen wird in Indien ein beliebtes Fruchtbarkeits und Gluckszeichen OstseiteDie Nische auf der Ostseite zeigt die selten dargestellte Doppelinkarnation Vishnus in Form zweier Asketen Nara Narayana Beide sitzen in entspannter Sitzhaltung mit einem angewinkelten und einem herabhangenden Bein auf Felsen unter Baumen zu ihren Fussen Rehe und Lowen Sie halten eine Gebetskette und tragen als Zeichen der Askese ein Antilopenfell uber der linken Schulter sowie ein leichtes Gewand mit Huftgurtel Im Gegensatz zu Nara ist Narayana vierarmig dargestellt Er halt seine rechte untere Hand in der Argumentationsgeste vitarkamudra vor die Brust In seiner linken unteren Hand halt er eine langhalsige Flasche das Attribut in seiner linken oberen Hand ist nicht deutlich erkennbar Als Asket tragt Vishnu Narayana nicht die ubliche Topfkrone stattdessen ist sein auch uber die Schultern herabhangendes Flechtenhaar zu einer Haarkrone hochgesteckt Hinter jedem steht eine bartige Figur Uber ihnen sind Himmlische Paare im Knieflug zu sehen und im Zentrum befindet sich eine kleine fliegende weibliche Figur die als Nymphe Urvashi interpretiert wird Wie auf der Nordseite gibt es auch hier eine separate Tafel oberhalb der Szene Sie zeigt den vierkopfigen Brahma im Zentrum begleitet von einem fliegenden Paar auf jeder Seite nbsp Das mehrfigurige Relief des traumenden oder meditierenden Vishnu auf der kosmischen Schlange Ananta oder Shesha gilt als eins der grossen Meisterwerke indischer Bildhauerkunst SudseiteAuf der Sudseite ist eines der beliebtesten Motive der Vishnu Ikonographie zu sehen welches uberdies eng verknupft ist mit einem hinduistischen Schopfungsmythos In vollkommen entspannter Haltung und sein Haupt in die Hand eines seiner vier Arme gestutzt liegt der meditierende bzw traumende Gott Vishnu auf der kosmischen Schlange Ananta Unendlichkeit oder Shesha Bleibende Ewige deren gewundener Korper wie eine Reihe von Kissen wirkt und deren sieben Kopfe eine schutzende und jegliches Unheil fernhaltende Haube uber seinem Kopf bilden Zu seinen Fussen sitzt seine Gemahlin Lakshmi und streichelt bzw massiert sein rechtes Bein Hinter ihr befinden sich zwei Figuren moglicherweise die Gottin Bhudevi Gottin die die Erde ist sowie Garuda Der vierarmige Vishnu tragt eine kunstvolle zylinderformige Topfkrone und ist reich geschmuckt Im oberen Teil des Paneels sitzt der vierkopfige Brahma im Zentrum eines bluhenden Lotus und tragt ein Antilopenfell uber seiner linken Schulter Zu seiner Rechten wird er von Indra auf dem Elefanten als vahana und von Karttikeya auf dem Pfau flankiert zu seiner Linken sind andere Gotter oder himmlische Wesen dargestellt Unterhalb der Hauptszene befindet sich eine separate Abbildung von sechs Figuren Ganz links sind die beiden Asuras Damonen Madhu und Kaitabha dargestellt die anderen vier Gestalten werden oft als die personifizierten Waffen Vishnus sowie als seine Gemahlin Lakshmi interpretiert Bedeutung BearbeitenDer Dashavatara Tempel ist von herausragender kunsthistorischer Bedeutung da die hervorragend gearbeiteten und gut erhaltenen Reliefs sowie der Portalschmuck die wichtigsten Arbeiten des spaten Gupta Stils darstellen einige Themen sind hier zum ersten Mal in der indischen Kunst in einem Steinrelief dargestellt mogliche holzerne Vorbilder sind nicht erhalten Daruber hinaus ist seine Bauweise wegweisend fur den sich entwickelnden Nagara Stil der nordindischen Tempelarchitektur Siehe auch BearbeitenNachna Gop Tempel Gupta TempelLiteratur BearbeitenKlaus Imig Recherchen uber den Gupta Tempel in Deogarh In Artibus Asiae Bd 63 2003 Heft 1 S 35 68 ISSN 0004 3648 Madho Sarup Vats The Gupta Temple at Deogarh In Memoirs of the Archaeological Survey of India Bd 70 1952 Joanna Gottfried Williams The Art of Gupta India Empire and Province University Press Princeton 1982 ISBN 0 691 03988 7 James Coffin Harle Gupta Sculpture Indian Sculpture of the Fourth to the Sixth Centuries A D Clarendon Oxford 1974 ISBN 0 19 817322 9 Anneliese und Peter Keilhauer Die Bildsprache des Hinduismus Die indische Gotterwelt und ihre Symbolik DuMont Koln 1986 S 65ff ISBN 3 7701 1347 0 Michael W Meister u a Hrsg Encyclopaedia of Indian Temple Architecture Bd 2 North India Foundations of North Indian Style Princeton University Press Princeton 1988 S 48ff ISBN 0 691 04053 2 George Michell Der Hindu Tempel Baukunst einer Weltreligion DuMont Koln 1991 S 122f ISBN 3 7701 2770 6 Alexander Lubotsky The Iconography of the Viṣṇu temple at Deogarh and the Viṣṇudharmottarapuraṇa In Ars Orientalis Bd 26 1996 S 65 80 ISSN 0571 1371 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Dashavatara Tempel Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien American Institute of Indian Studies Bilddatenbank derEncyclopaedia of Indian Temple Architecture bei Location Lalitpur eingeben ca 680 SW Fotos der dortigen Tempel24 526944444444 78 24 Koordinaten 24 31 37 N 78 14 24 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dashavatara Tempel amp oldid 233116989