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Der Osterreichische Staatsvertrag Langtitel Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung eines unabhangigen und demokratischen Osterreich gegeben zu Wien am 15 Mai 1955 juristisch kurz Staatsvertrag von Wien StV wurde am 15 Mai 1955 in Wien im Schloss Belvedere von Vertretern der alliierten Besatzungsmachte USA Sowjetunion Frankreich und Grossbritannien sowie der osterreichischen Bundesregierung unterzeichnet und trat am 27 Juli 1955 offiziell in Kraft 1 Faksimile des StaatsvertragsGemalde der Unterzeichnung des StaatsvertragsGegenstand des Vertrages ist die Wiederherstellung Osterreichs als souveraner unabhangiger und demokratischer Staat nach der nationalsozialistischen Herrschaft in Osterreich 1938 1945 dem Ende des Zweiten Weltkrieges VE Day und der darauf folgenden Besatzungszeit 1945 1955 Bereits mit dem Verfassungsgesetz vom 1 Mai 1945 2 war Osterreich wieder als Republik eingerichtet worden deren Rechtsvorschriften im Einklang mit den Grundsatzen der Staatsform einer demokratischen Republik zu gestalten und im Sinne dieser massgebenden Grundsatze auszulegen sind In Art 10 Abs 2 StV hat sich Osterreich zudem verpflichtet das Gesetz vom 3 April 1919 betreffend das Haus Habsburg Lothringen aufrechtzuerhalten mit dem samtliche Herrschaftsrechte der Habsburger Dynastie fur alle Zeiten aufgehoben worden waren Der Staatsvertrag gilt auch als wesentlich fur die Entwicklung eines eigenstandigen Osterreichbewusstseins 3 Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines und Struktur 1 1 Wesentliche Punkte des Vertrages 1 2 Obsolete Bestimmungen 1 3 Anspruch auf Rechtsnachfolge 2 Entstehung 2 1 Moskauer Deklaration 2 2 Verhandlungen 2 3 Moskauer Memorandum 2 4 Vertragsunterzeichnung 3 Nachwirkung und Mythisierung des Staatsvertrags 3 1 Wunsch nach Freiheit 3 2 Positiver Wert Neutralitat 3 3 d Reblaus 3 4 Brasiliens Initiativen 1952 1954 3 5 Osterreich ist frei 3 6 Original des Vertrags 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseAllgemeines und Struktur Bearbeiten nbsp Bundesgesetzblatt Nr 152 vom 30 Juli 1955 Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung eines unabhangigen und demokratischen Osterreich Der Staatsvertrag besteht aus einer Praambel und neun Teilen Politische und territoriale Bestimmungen Militarische und Luftfahrt Bestimmungen Zuruckziehung der Alliierten Streitkrafte Aus dem Krieg herruhrende Anspruche Eigentum Rechte und Interessen Allgemeine Wirtschaftsbeziehungen Regelung bei Streitfallen Verschiedene wirtschaftliche Bestimmungen SchlussbestimmungenWesentliche Punkte des Vertrages Bearbeiten Osterreich verpflichtete sich im Vertrag keine wie immer geartete politische oder wirtschaftliche Vereinigung mit Deutschland ein zu gehen Art 4 Verbot des Anschlusses Diese Verpflichtung wurde von der Sowjetunion aber auch von Grossbritannien lange dazu genutzt den Beitritt Osterreichs zur EWG zu beeinspruchen Osterreichs Gegenargument bestand darin dass dieser Beitritt nicht allein eine politische und wirtschaftliche Verbindung zu Deutschland bewirke sondern zu allen Mitgliedstaaten der Europaischen Union 4 die Minderheitenrechte der Slowenen und Kroaten zu gewahrleisten Art 7 Abs 2 und 3 Mediale Prasenz erreichte hierbei vor allem der sogenannte Ortstafelstreit andere Punkte bezuglich der Minderheitenrechte wie im Staatsvertrag festgeschrieben sind bis dato nicht erfullt eine demokratische auf geheimen Wahlen gegrundete Regierung zu unterhalten Art 8 Dies war bereits seit der Nationalratswahl vom 25 November 1945 und der Ernennung der Bundesregierung Figl I am 20 Dezember 1945 der Fall alle nationalsozialistischen Organisationen aufzulosen und keine Wiederbetatigung von nationalsozialistischen und faschistischen Organisationen zuzulassen Art 9 und 10 vgl Verbotsgesetz 1947 das nach wie vor gilt das Habsburgergesetz beizubehalten Art 10 was bis heute der Fall ist Personen die in der deutschen Wehrmacht im Rang eines Obersts oder hoher tatig waren oder die als gewesene Nationalsozialisten von Osterreich nicht entlastet wurden nicht ins Bundesheer aufzunehmen Art 12 2008 vom Nationalrat als nicht mehr geltend festgestellt 5 und nicht an der Wiederbewaffnung Deutschlands mitzuwirken Art 15 Z 2 2008 vom Nationalrat als nicht mehr geltend festgestellt 5 Diese Bestimmungen stehen soweit sie noch gelten auf Grund eines am 4 Marz 1964 beschlossenen Bundesverfassungsgesetzes 6 in Verfassungsrang Von Osterreich wurden keine Reparationen verlangt die sich aus dem Bestehen eines Kriegszustandes in Europa nach dem 1 September 1939 ergaben Art 21 StV Osterreich verpflichtete sich aber der Sowjetunion das bis dahin von ihr verwaltete deutsche Eigentum abzulosen und es nicht an die fruheren deutschen Eigentumer zuruckzustellen Innerhalb von sechs Jahren waren an die UdSSR rund 150 Millionen Dollar zu zahlen Die Alliierten verpflichteten sich binnen 90 Tagen nach Inkrafttreten des Vertrags ihre Truppen von osterreichischem Staatsgebiet abzuziehen Die vom Nationalrat am 26 Oktober 1955 verfassungsgesetzlich beschlossene immerwahrende Neutralitat wird oft falschlich als Teil des Staatsvertrages betrachtet steht mit diesem aber in keinem rechtlichen Zusammenhang Es bestand jedoch ein heute nicht mehr relevanter politischer Zusammenhang der unter Moskauer Memorandum naher beschrieben wird Obsolete Bestimmungen Bearbeiten In Hinblick auf die veranderte Weltlage hat die osterreichische Bundesregierung in einer Erklarung vom 20 November 1990 an die vier anderen Signatarstaaten des Staatsvertrages die militarischen und Luftfahrtbestimmungen Art 12 16 fur obsolet erklart 7 Die Art 12 und 15 Z 2 wurden ausserdem 2008 als nicht mehr geltend festgestellt Anspruch auf Rechtsnachfolge Bearbeiten Ein Signatarstaat des Staatsvertrages die Sowjetunion und das dem Vertrag beigetretene Jugoslawien bestehen nicht mehr Bundesprasident Klestil betonte 1992 fur zerfallene Staaten gebe es keine automatische Rechtsnachfolge 8 1993 hielten die Russische Foderation und Osterreich in einem 1994 vom Nationalrat als Staatsvertrag beschlossenen Notenwechsel der drittletzte Absatz wurde durch 7 Z 78 des 1 BVRBG 2008 9 in einfachgesetzlichen Rang zuruckgestuft fest wie mit den aus der Zeit der Sowjetunion stammenden Vereinbarungen umzugehen sei Der Staatsvertrag zu dem damals mit Russland keine offenen Fragen mehr bestanden wurde in diesem Notenwechsel der Vertrage von 1927 bis 1990 nannte nicht erwahnt 10 Die von Slowenien betreffend Art 7 des Staatsvertrags politisch in Anspruch genommene aber bis dato formell nicht notifizierte Rechtsnachfolge nach Jugoslawien wurde von Osterreich 2009 und 2010 bestritten 11 12 Nach der Losung der Karntner Ortstafelfrage 2011 mass Ministerprasident Borut Pahor der Notifizierung derzeit keinen Bedarf zu 13 Entstehung BearbeitenMoskauer Deklaration Bearbeiten Infolge der Moskauer Konferenz vom 19 Oktober bis 1 November 1943 wurde am 1 November von den Aussenministern der Sowjetunion Grossbritanniens und der USA die Moskauer Deklaration beschlossen Darin erklarten sie einerseits dass Osterreich das erste freie Land das der typischen Angriffspolitik Hitlers zum Opfer fallen sollte von deutscher Herrschaft befreit werden soll und die Besetzung Osterreichs durch Deutschland am 15 Marz 1938 als null und nichtig angesehen wird hielten anderseits auch fest Osterreich wird aber auch daran erinnert dass es fur die Teilnahme am Kriege an der Seite Hitler Deutschlands eine Verantwortung tragt der es nicht entrinnen kann Verhandlungen Bearbeiten Die erste frei gewahlte Nachkriegsregierung Osterreichs unter der Oberaufsicht der Alliierten Kommission fur Osterreich hatte bereits im Janner 1947 in London versucht einen Friedensvertrag mit den Alliierten auszuhandeln Ab Marz 1947 wurden die weiteren Verhandlungen nach Moskau verlegt Die Verhandlungsteilnehmer aus den Reihen der OVP unter Fuhrung von Leopold Figl und Julius Raab stimmten den sowjetischen Forderungen weitgehend zu wahrend die SPO Verhandler sich auch um die Distanz zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten zu wahren den sowjetischen Forderungen nicht uneingeschrankt beugen wollten Erst Bruno Kreisky damals Staatssekretar im Aussenministerium konnte als sozialdemokratischer Delegierter seine Parteikollegen schliesslich davon uberzeugen dass ihre antisowjetische Haltung die Verhandlungen behinderte Als problematisch erwiesen sich fur die Verhandlungen zum Staatsvertrag zunachst jugoslawische Gebietsanspruche auf Teile Sudkarntens und der Sudsteiermark Durch den Konflikt zwischen dem sowjetischen Staatschef Josef Stalin und dem Ministerprasidenten der Volksrepublik Jugoslawien Josip Broz Tito im Jahr 1949 verlor dieser Aspekt fur die Sowjetunion an Bedeutung und die bestehenden Grenzen wurden beibehalten Ein schwerwiegenderes Problem stellten die Fragen zum deutschen Eigentum in Osterreich dar Das umfasste allen Grundbesitz der schon vor dem Anschluss Osterreichs an das Deutsche Reich im Marz 1938 deutschen Staatsburgern gehort hatte weiters jeden nach dem Anschluss von Deutschen nach Osterreich gebrachten Besitz sowie mit deutschem Kapital in Osterreich errichtete Industrieanlagen und auch jeden Besitz der von Deutschen in den Jahren von 1938 bis 1945 in Osterreich erworben worden war ausgenommen waren erzwungene Kaufe und Enteignungen In der sowjetischen Besatzungszone waren etwa die gesamte Erdolindustrie die Donau Dampfschifffahrts Gesellschaft und eine Reihe von Industrieunternehmen insgesamt rund 300 als deutsches Eigentum beschlagnahmt worden und standen unter Verwaltung des USIA Upravlenie sovetskim imushestvom v Avstrii Verwaltung des sowjetischen Eigentums in Osterreich Auf der politischen Ebene war die vor allem von der Sowjetunion geforderte Verknupfung der Verhandlungen mit Osterreich mit einem Friedensvertrag zwischen den Alliierten und Deutschland ein Hindernis auf dem Weg zu einer raschen Einigung Mit der Verscharfung des Kalten Krieges wurde auch ein vorgezogener Staatsvertrag mit Osterreich immer unwahrscheinlicher Auf Initiative Brasiliens beschloss die UNO Vollversammlung am 20 Dezember 1952 eine Resolution mit der ernsthaften Aufforderung an die Regierungen der Signatarstaaten der Moskauer Deklaration von 1943 unter den Aspekten der baldigen Beendigung der Besetzung des Landes und der vollen Ausubung der Souveranitat durch Osterreich erneute und dringende Bemuhungen zur Erreichung einer Ubereinkunft uber die Bedingungen eines Vertrages mit Osterreich zu unternehmen 14 Erst als Dwight D Eisenhower Harry S Truman als Prasident der USA abgelost hatte und Josef Stalin 1953 verstorben war wurde das Verhandlungsklima zusehends besser Nachdem Julius Raab im selben Jahr neuer osterreichischer Bundeskanzler geworden war anderte sich auch der Verhandlungsstil auf osterreichischer Seite An der Berliner Aussenministerkonferenz vom 25 Janner bis 28 Februar 1954 nahmen auch Vertreter Osterreichs teil Die Sowjets wollten hier weiterhin nur unter der Auflage einem Vertrag mit Osterreich zustimmen dass sowjetische Truppen bis zum Abschluss eines Friedensvertrages mit Deutschland im Land stationiert blieben Dem stimmten die Westmachte nicht zu und auch Osterreich war dagegen Als weitere Bedingung nannte der sowjetische Aussenminister Wjatscheslaw Molotow dass Osterreich ein neutraler Staat sein musse 15 Die Westalliierten befurchteten dass dadurch ihre Truppen in Italien durch die neutrale Schweiz und ein neutrales Osterreich vom Hauptkontingent ihrer Streitkrafte in Europa abgeschnitten werden konnten Eine Neutralitat nach Schweizer Vorbild war bereits von Karl Renner SPO von 1945 bis 1950 erster Bundesprasident der Republik nach dem Zweiten Weltkrieg vorgeschlagen worden und wurde auch von seiner Partei unterstutzt Moskauer Memorandum Bearbeiten Wahrend die Bundesrepublik Deutschland 1954 der NATO beitrat wurden die Verhandlungen uber die volle Souveranitat Osterreichs in Moskau weitergefuhrt Im April 1955 traf auf Einladung der sowjetischen Regierung unter Georgi Malenkow eine osterreichische Delegation in Moskau ein Teilnehmer waren Vizekanzler Adolf Scharf SPO Aussenminister Leopold Figl OVP und Staatssekretar Bruno Kreisky SPO Verhandlungsleiter war Bundeskanzler Julius Raab OVP Die Gesprache von 12 bis 15 April fuhrten zum Durchbruch und gelten auch als Geburtsstunde der osterreichischen Neutralitat Die Sowjets verlangten die Neutralitat direkt im Vertrag zu verankern Sie betrachteten die immerwahrende Neutralitat als Vorbedingung fur die Wiedererlangung der Souveranitat Osterreichs wahrend die Verhandler aus Osterreich sie davon zu uberzeugen suchten dass nur ein souveraner Staat seine rechtlich verbindliche Neutralitat beschliessen kann Schliesslich fuhrten die Gesprache zu dem Ergebnis dass das Neutralitatsgesetz vom freien und souveranen Staat Osterreich beschlossen werden sollte Im Abschlussdokument dem Moskauer Memorandum wurde festgehalten dass Osterreich ein neutraler Staat sein wurde und die vier alliierten Siegermachte des Zweiten Weltkrieges die Unversehrtheit und Unverletzlichkeit des Staatsgebietes garantieren wurden So konnte Raab bei der Ruckkehr der Verhandler am Flugplatz Bad Voslau am 15 April verkunden Osterreich wird frei sein Vertragsunterzeichnung Bearbeiten nbsp Der Vertrag bei der Ausstellung auf der Schallaburg Niederosterreich 2005 16 Am Tag vor der Unterzeichnung des Staatsvertrages gelang es Aussenminister Figl in den Schlussverhandlungen in Wien noch die Nennung der Mitschuld Osterreichs am Zweiten Weltkrieg aus der Praambel des Vertrages zu streichen wobei in erster Linie die sowjetische Seite davon uberzeugt werden musste Am 15 Mai 1955 wurde schliesslich der Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung eines unabhangigen und demokratischen Osterreich im Marmorsaal des Schlosses Belvedere in Wien unterzeichnet Der Staatsvertrag tragt die Unterschriften folgender neun Personen 16 Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow Aussenminister der Sowjetunion Iwan Iwanowitsch Iljitschow Hochkommissar und Gesandter der Sowjetunion Harold Macmillan Aussenminister von Grossbritannien Geoffrey Arnold Wallinger Hochkommissar und Botschafter von Grossbritannien John Foster Dulles Aussenminister der USA Llewellyn E Thompson Jr Hochkommissar und Botschafter der USA Antoine Pinay Aussenminister von Frankreich Roger Lalouette Stellvertretender Hochkommissar und Gesandter von Frankreich Leopold Figl Aussenminister von Osterreich Der Vertrag wurde am 8 Juni vom osterreichischen Nationalrat ratifiziert Nach der Ratifizierung durch alle Signatarstaaten bzw nach Einlangen der zuletzt von Frankreich unterzeichneten Zustimmungserklarung in Moskau dem Aufbewahrungsort des osterreichischen Staatsvertrages im Original trat dieser schliesslich am 27 Juli 1955 in Kraft Fur den Abzug der Besatzungssoldaten und deren mittlerweile zahlreich ansassigen Angehorigen der Besatzungsmachte war im Vertrag der Zeitraum bis langstens 90 Tage nach Inkrafttreten vereinbart somit bis 25 Oktober 1955 Am 26 Oktober einen Tag nach der gesetzten Frist beschloss der Nationalrat nach Schweizer Vorbild und dem Moskauer Memorandum entsprechend die immerwahrende Neutralitat und nahm die Neutralitatserklarung in Form eines Bundesverfassungsgesetzes des Neutralitatsgesetzes in den Verfassungsrechtsbestand auf Damit erklarte Osterreich keinen militarischen Bundnissen beizutreten keine fremden militarischen Stutzpunkte auf seinem Territorium zuzulassen und seine Unabhangigkeit mit allen gebotenen Mitteln zu verteidigen Erst seit 1965 wird der 26 Oktober im Gedenken daran als osterreichischer Nationalfeiertag zuvor Tag der Fahne begangen seit 1967 ist dieser Tag arbeitsfrei Die oft verwendete Erzahlung am 25 Oktober 1955 habe der letzte sowjetische Soldat Osterreich verlassen ist irrig Dies geschah bereits am 19 September um 20 Uhr Am 29 Oktober 1955 sollen sich zumindest 20 britische Soldaten mit ihrem kommandierenden Offizier Oberst E T Roberts noch in der Kaserne Klagenfurt Lendorf befunden haben Am 14 Dezember 1955 wurde Osterreich Mitglied der Vereinten Nationen Osterreich war mit dem Staatsvertrag der einzige europaische Staat der nach 1945 bis zur samtenen Revolution 1989 auf friedlichem Weg frei von allen Besatzungsmachten wurde In der Zeit des Kalten Krieges wurden das Anschlussverbot und die immerwahrende Neutralitat dahingehend interpretiert dass Osterreich der Beitritt zur EWG nicht erlaubt sei So trat Osterreich 1959 mit Wirkung vom 1 Janner 1960 der Europaischen Freihandelsassoziation EFTA bei der damals auch Norwegen Schweden Danemark Grossbritannien Portugal und die Schweiz angehorten Erst 1995 wurde es Mitglied der Europaischen Union Nachwirkung und Mythisierung des Staatsvertrags Bearbeiten nbsp Gedenktafel im Fussboden des Marmorsaals im Oberen Belvedere WienWunsch nach Freiheit Bearbeiten Im Bewusstsein der Bevolkerung hat der Staatsvertrag bis heute ungebrochen einen hohen emotionalen Stellenwert Die Vertragsunterzeichnung gilt als Meilenstein der Zweiten Republik So war in der politischen Rhetorik mit der fast zehn Jahre wahrenden Forderung nach der Unterzeichnung des Vertrags stets eine Einforderung der Freiheit und Souveranitat Osterreichs aufs engste verbunden worden und der Begriff Freiheit fungierte als prominentes Leitvokabel jener Zeit Positiver Wert Neutralitat Bearbeiten Mit dem Erreichen dieses Ziels wandelte sich das zentrale Motiv das mit dem Staatsvertrag verbunden wurde schlagartig Ab sofort stand der schriftlich niedergelegte Vertrag als Garant fur die immerwahrende Neutralitat des Landes die in der politischen Uberzeugungsarbeit als hochst positiver Wert propagiert wurde und uber Jahrzehnte bis zum EU Beitritt Osterreichs fixer Bestandteil des osterreichischen politischen Bewusstseins war Die Neutralitat selbst ist entgegen oftmaligen Annahmen nicht Bestandteil des Vertrags war aber politische Vorbedingung der Sowjetunion siehe Abschnitt Moskauer Memorandum d Reblaus Bearbeiten Zu den Zeugnissen des besonderen Stellenwerts des Staatsvertrags zahlt nicht nur der Umstand dass Bundeskanzler Julius Raab das Attribut Staatsvertragskanzler erhielt dazu zahlen auch volksnahe Geschichten in Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Vertrags die von einem politischen Mythos des Dokuments zeugen Aussenminister Figl der auch bei politischen Gegnern beliebt war wurde vom Volk eine gewisse Trinkfestigkeit zugeschrieben Daher war lange Zeit die Legende verbreitet worden Raab und Figl hatten den sowjetischen Aussenminister Molotow in Heurigenstimmung von der Streichung des Hinweises auf Osterreichs nationalsozialistische Vergangenheit aus der Praambel uberzeugen konnen In einer Karikatur von Hanns Erich Kohler fur die Munchner Zeitschrift Simplicissimus mit dem Titel Wiener Charme in Moskau wurde der Zither spielende Raab dargestellt dem Figl wahrend die sowjetischen Gesprachspartner bereits in Tranen ausbrechen ins Ohr flustert Und jetzt Raab jetzt noch d Reblaus dann sans waach Die Reblaus war ein beliebtes Heurigenlied sans waach sind sie weich sind sie milde gestimmt und bereit nachzugeben 17 18 Diese Zither Raabs sowie die Noten auf denen sich auch Notizen der sowjetischen Teilnehmer befinden tauchte 2011 wieder auf und wird im Julius Saal der Hypo Noe Gruppe in St Polten ausgestellt 19 Tatsachlich handelte es sich aber um das moralische Argument dass die so genannte Verantwortungsklausel ein Schuldmal fur den jungen Staat sei das als Hypothek fur die Entwicklung des jungen Staates nicht forderlich sei Die entsprechenden Textstellen der Moskauer Deklaration hinsichtlich der Wiederherstellung Osterreichs als unabhangiger Staat und die Streichung der Schuldklausel aus der Praambel des Staatsvertrags galten jahrzehntelang als wesentliche Argumente zur Aufrechterhaltung der so genannten Opferthese die oft als Lebensluge der Zweiten Republik bezeichnet wird Brasiliens Initiativen 1952 1954 Bearbeiten Der Tiroler Historiker Norbert Holzl verknupfte 2011 die erste Kaisersgattin von Brasilien Dona Leopoldina aus dem Haus Habsburg mit den fur Osterreich angeblich uberraschenden Initiativen Brasiliens fur den raschen Abschluss des Staatsvertrags 20 Der brasilianische Prasident Getulio Dornelles Vargas hatte Aussenminister Karl Gruber 1952 uberraschend nach Rio de Janeiro eingeladen und ihm mitgeteilt Brasilien als eine der Siegermachte des Zweiten Weltkriegs fuhle sich moralisch verpflichtet etwas fur Osterreich zu tun Brasilien erreichte hierauf bei der UNO mit der Bewegung der Blockfreien Staaten eine Resolution die die Alliierten aufforderte die Staatsvertragsverhandlungen ernsthaft weiter zu betreiben siehe oben Die Vertreter der Ostblockstaaten verliessen bei der Abstimmung im Dezember 1952 bei der keine Gegenstimmen abgegeben wurde den Saal 1953 und 1954 mahnte dem osterreichischen Generalkonsul in Sao Paulo Otto Heller zufolge Prasident Vargas die prominentesten Aussenpolitiker des Landes dazu an bei den Westmachten den ausstehenden Staatsvertrag einzumahnen Die Bundesregierung in Wien bedankte sich 1954 mit einer grossen Brasilien Ausstellung im Naturhistorischen Museum Wien fur die diplomatische Unterstutzung Osterreich ist frei Bearbeiten nbsp 2 Euro Munze zum 50 Jahr Jubilaum 2005Bei der Vertragsunterzeichnung im Schloss Belvedere fielen als Abschlusssatz der Dankesrede Figls auch seine beruhmten Worte Osterreich ist frei eines der bekanntesten politischen Zitate der jungeren Geschichte Osterreichs Der Satz wurde im Marmorsaal gesprochen und nicht wie oft angenommen auf dem Balkon bei der Prasentation des Vertrages Dieses bis heute festgefahrene Missverstandnis hat seinen Ursprung in der medialen Berichterstattung denn in einer Dokumentation der Austria Wochenschau sind die Bilder die Figl auf dem Balkon bei der Prasentation des Vertrages zeigen mit den namlichen Worten seiner Rede unterlegt worden Diese offentliche Prasentation auf dem Balkon soll laut Berichten von Augenzeugen im Protokoll der Unterzeichnungszeremonie nicht vorgesehen gewesen sondern von Figl spontan initiiert worden sein Anlasslich des 50 Jahrestags des Staatsvertrags wurde das Zitat als Spruch des Jahres 2005 von der Forschungsstelle fur Osterreichisches Deutsch ausgezeichnet 21 22 Er symbolisiere demnach u a 50 Jahre Unabhangigkeit von fremden Machten er erinnere daran dass Freiheit nicht immer so selbstverstandlich wie heute gewesen sei und der Spruch neue Relevanz im Rahmen der EU Mitgliedschaft gewonnen habe Original des Vertrags Bearbeiten Lange Zeit war der Allgemeinheit kaum bekannt dass sich das Original des Staatsvertrags im Staatsarchiv des Aussenministeriums in Moskau und nicht in Osterreich befindet Im osterreichischen Staatsarchiv ist nur eine Abschrift vorhanden Im so genannten Jubilaumsjahr 2005 wurde diese Tatsache deutlich als die Vertragsurkunde aus Moskau nach Osterreich geholt und auf der Schallaburg in Niederosterreich sowie im Wiener Belvedere der Offentlichkeit im Rahmen von Ausstellungen erstmals gezeigt werden konnte Seit 9 September 2019 ist das einzige existierende vollstandige Faksimile des Osterreichischen Staatsvertrags im Haus der Geschichte im Museum Niederosterreich ausgestellt Es ist eine Leihgabe der Landessammlungen Niederosterreich Die Russische Foderation hat diese Kopie im Mai 2017 dem Land Niederosterreich geschenkt Ebenso zu sehen ist die Fullfeder von Leopold Figl und das Gemalde von Sergius Pauser Literatur BearbeitenEwald Ehtreiber Stichwort Staatsvertrag In Oswald Panagl Peter Gerlich Hrsg Worterbuch der politischen Sprache in Osterreich obv Wien 2007 ISBN 978 3 209 05952 9 Felix Ermacora Osterreichs Staatsvertrag und Neutralitat Sammlung der wichtigsten die Rechtsstellung der Republik Osterreich und ihre Entwicklung betreffenden Rechtsakte und politischen Noten mit Einfuhrungen und Erlauterungen Frankfurt am Main 1957 ohne ISBN Michael Gehler Modellfall fur Deutschland Die Osterreichlosung mit Staatsvertrag und Neutralitat 1945 1955 Innsbruck 2015 ISBN 978 3 7065 4062 9 Rezension von Hans Jurgen Schroder Stefan Karner Gottfried Stangler Hrsg Osterreich ist frei Der Osterreichische Staatsvertrag 1955 Horn Wien 2005 ISBN 3 85460 224 3 Stefan Karner Barbara Stelzl Marx Hrsg Die Rote Armee in Osterreich Sowjetische Besatzung 1945 1955 Beitrage Graz Wien Munchen 2005 ISBN 3 901661 16 6 Manfried Rauchensteiner Robert Kriechbaumer Hrsg Die Gunst des Augenblicks Neuere Forschungen zu Staatsvertrag und Neutralitat Schriftenreihe des Forschungsinstitutes fur Politisch Historische Studien der Dr Wilfried Haslauer Bibliothek Salzburg Bd 24 Bohlau Wien u a 2005 ISBN 3 205 77323 3 Manfred Rotter Der Staatsvertrag in Reinhold Sieder u a Hrsg Osterreich 1945 1995 Gesellschaft Politik Kultur Wien 1995 ISBN 3 85115 215 8 Ernst Trost Osterreich ist frei Leopold Figl und der Weg zum Staatsvertrag Wien 2005 ISBN 3 85002 332 X Arnold Suppan Gerald Stourzh Wolfgang Muller Hrsg Der osterreichische Staatsvertrag Internationale Strategie rechtliche Relevanz nationale Identitat Archiv fur Osterreichische Geschichte 140 Wien 2005 ISBN 3 7001 3537 8 Rolf Steininger Der Staatsvertrag Osterreich im Schatten von deutscher Frage und Kaltem Krieg 1939 1955 Studienverlag Innsbruck Wien Bozen 2005 ISBN 3 7065 4017 7 Gerald Stourzh Um Einheit und Freiheit Staatsvertrag Neutralitat und das Ende der Ost West Besetzung Osterreichs 1945 1955 Wien u a 2005 ISBN 3 205 77333 0 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Osterreichischer Staatsvertrag Quellen und Volltexte Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung eines unabhangigen und demokratischen Osterreich StF BGBl Nr 152 1955 www staatsvertrag at Eine akustische Webausstellung Osterreichische Mediathek Originalton Julius Raab nach der Moskaureise 15 April 1955 Originalton der Radioreportage zum Staatsvertrag 15 Mai 1955 Original Wochenschaubericht Mai 1955 Original Wochenschaubericht in Farbe Herbst 1955Leopold Figl zeigt einer Menschenmenge den Staatsvertrag mpg Video Leopold Figl zeigt einer Menschenmenge den Staatsvertrag Foto von Erich Lessing Jorg Fisch Adolf Hitler und das Selbstbestimmungsrecht der Volker HZ 2010 S 93 118 Einzelnachweise Bearbeiten BGBl Nr 152 1955 S 725 Verfassungsgesetz vom 1 Mai 1945 uber die vorlaufige Einrichtung der Republik Osterreich Vorlaufige Verfassung Staatsgesetzblatt fur die Republik Osterreich vom 1 Mai 1945 S 8 Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland Hg Verfreundete Nachbarn Deutschland Osterreich Kerber Verlag 2005 S 85 ff Gerhard Hafner Volker und europarechtliche Fragen des Beitritts Osterreichs zur und der Mitgliedschaft in der Europaischen Union Austrian Law Journal 2015 S 127 142 133 ff a b BGBl I Nr 2 2008 3 Z 1 des 1 Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetzes 2008 BGBl Nr 59 1964 S 623 Art II Punkt 3 Ludwig Adamovich Bernd Christian Funk Gerhart Holzinger Osterreichisches Staatsrecht Band 1 Grundlagen Springer 1887 ISBN 978 3 211 82977 6 S 96 f eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Ich schulde keiner Partei Dank In Der Spiegel Nr 23 1992 online Interview mit Thomas Klestil BGBl I Nr 2 2008 1 Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz 2008 Notenwechsel uber die vertraglichen Beziehungen zwischen Osterreich und der Russischen Foderation BGBl Nr 257 1994 in der Fassung BGBl I Nr 2 2008 Ortstafelstreit Slowenien pocht auf Rechtsnachfolge In Tageszeitung Die Presse Wien 10 September 2009 Walter Hammerle Zwischen Magna Charta und alter Geschichte 55 Jahre Staatsvertrag in Wiener Zeitung Wien 15 Mai 2010 abgerufen am 7 November 2013 Ortstafeln Konflikt uber Staatsvertrag abgewendet Meldung vom 27 Juli 2011 auf der ORF Website UNO Generalversammlung VII Session 409 Plenarsitzung Resolution Nr 613 Osterreich Schulbeispiel Sowjetischer Aussenpolitik Ost Probleme Vol 6 Nr 10 Berliner Wissenschafts Verlag 1954 S 396 f a b Diese Unterschriften finden sich auch auf der 2 Euro Gedenkmunze zum 50 Jahrestag des Osterreichischen Staatsvertrages Ausgabedatum 11 Mai 2005 siehe Munzausgaben 2005 Memento vom 17 Marz 2012 im Internet Archive OENB Abbildung in Franz Endler Osterreich zwischen den Zeilen Die Verwandlung von Land und Volk seit 1848 im Spiegel der Presse Verlag Fritz Molden Wien 1973 ISBN 3 217 00467 1 S 298 Elektronische Abbildung im Bildarchiv der Osterreichischen Nationalbibliothek Reblaus Zither Raabs gerettet in den NON vom 20 Februar 2012 abgerufen am 21 Februar 2012 Link tot Und https www tagblatt wienerzeitung at meinung leitartikel 751913 Jetzt noch dReblaus html 6 August 2022 abgerufen Norbert Holzl Weltpolitik einer Osterreicherin Von der Unabhangigkeit Brasiliens bis zum Abzug der Sowjets aus Wien Edition Tirol Tyrolia Verlag Innsbruck 2011 ISBN 978 3 85361 155 5 Der Weg zum Staatsvertrag in der Wiener Zeitung vom 13 Mai 2005 abgerufen am 26 Marz 2022 Das osterreichische Wort des Jahres 2005 Abgerufen am 23 Februar 2023 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Osterreichischer Staatsvertrag amp oldid 235210592