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Die Wehrmachtakademie war eine hohere Bildungseinrichtung der deutschen Wehrmacht die von 1935 bis 1938 bestand Sie sollte Generalstabsoffiziere aller Wehrmachtteile Teilstreitkrafte an ein strategisches Fuhrungsdenken heranfuhren Fragen der Gesamtkriegfuhrung unter politischen wirtschaftlichen und technischen Aspekten erortern und die Absolventen auf eine Tatigkeit im Oberkommando der Wehrmacht vorbereiten Vorlaufer dieser Einrichtung wie die sogenannten Reinhardt Kurse existierten bereits zur Zeit der Weimarer Republik in der Reichswehr Inhaltsverzeichnis 1 Vorlaufer Reinhardt und Wachenfeld Kurse 2 Wehrmachtakademie 2 1 Ausbildung 2 2 Teilnehmer und Wirkungskreis 2 3 Schliessung der Einrichtung 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseVorlaufer Reinhardt und Wachenfeld Kurse BearbeitenDie Institution eines zentralen Generalstabes war dem Deutschen Reich durch die Bestimmungen des Friedensvertrags von Versailles untersagt worden daher war auch eine Ausbildungsstatte fur Generalstabsoffiziere verboten Die Reichswehr umging dieses Verbot jedoch indem sie innerhalb des Reichswehrministeriums das sogenannte Truppenamt einrichtete Es fuhrte getarnt die Geschafte des Grossen Generalstabes fort Ab 1920 fand die sogenannte Fuhrergehilfenausbildung dezentral bei den verschiedenen Wehrkreiskommandos spater bei den Gruppenkommandos statt Allerdings bereitete die spatere Fortbildung der Fuhrergehilfen und Generalstabsoffiziere Probleme Die dazu angedachten Fernaufgaben und Stabsreisen blieben in ihrer Wirkung beschrankt General der Infanterie Walther Reinhardt der ehemalige Chef der Heeresleitung wollte nach seiner Verabschiedung 1927 fur Abhilfe sorgen Die Ausbildung der Generalstabsoffiziere empfand er als zu fachlich und einseitig weshalb er es fur notig hielt ihren Blick fur die grossen Fragen der Gesamtkriegfuhrung Wirtschaft Logistik Geschichte zu scharfen Dazu rief er in Berlin eine Art Hochschulkurs ins Leben spater wurden diese als Reinhardt Kurse bekannt 1 Jahrlich wurden zehn Heeres und zwei Marineoffiziere nach Reinhardts Vorschlagen zum Kurs nach Berlin kommandiert und offiziell an der Berliner Universitat immatrikuliert Dort besuchten sie Seminare welche vom Truppenamt festgelegt wurden Zwei weitere Seminare nach freier Auswahl blieben optional Einmal pro Woche wurden Vortrage zu operativen kriegsgeschichtlichen und allgemeinen Themen gehalten An einem weiteren Tag behielt sich Reinhardt zunachst selbst Vortrage uber Kriegsgeschichte und operative Grundsatze vor Hinzu kam eine mehrwochige Ubungsreise zwischen den Semestern Um den Gesichtskreis und die Sprachkenntnisse der Kursteilnehmer zu fordern wurden die Offiziere zum Ende des Lehrgangs fur zwei Monate auf eine Auslandsreise geschickt Das Ziel der Reise war den Teilnehmern individuell uberlassen 2 Ziel war die Forderung des kritischen Denkens in grosseren Zusammenhangen also auch im Rahmen der gesamten Reichswehr Nachdem Reinhardt 1930 uberraschend verstarb ubernahm General Edmund Wachenfeld die Leitung des Kurses der nun Fortbildungs Kurs fur Offiziere oft auch kurz Wachenfeld Kurs genannt wurde und 1933 letztmals stattfand 3 Bekannte Teilnehmer der Kurse waren unter anderen die spateren Generalfeldmarschalle Albert Kesselring und Wilhelm List sowie die spateren Generale Hans Gustav Felber Waldemar Erfurth und Hans von Greiffenberg Eine Lehrkraft fur staatsrechtliche und geschichtliche Vorlesungen war der spatere erste Bundesprasident Theodor Heuss der daruber auch spater noch positiv berichtete 4 Wehrmachtakademie Bearbeiten nbsp General der Infanterie Wilhelm Adam 1938 Leiter der WehrmachtakademieNach der Machtubernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die umfassende Aufrustung der Wehrmacht Heer Kriegsmarine und bald auch die neu gegrundete Luftwaffe forcierten daher die Ausbildung ihrer Offiziere was auch Generalstabsoffiziere einschloss Gleichzeitig wurde im Reichswehrministerium ab 1935 Reichskriegsministerium das Wehrmachtamt als Zentralstelle aller Wehrmachtteile ausgebaut Hinzu trat eine Abteilung Landesverteidigung L in welchem man die Keimzelle eines ubergeordneten Wehrmacht Generalstabes gesehen wurde Um fur diese Einrichtung und weitere Amter auf Ministeriumsebene gut ausgebildete Offiziere heranzubilden hatte Generalmajor Walter von Reichenau spater Generalfeldmarschall als Chef des Wehrmachtamtes die Grundung einer die Teilstreitkrafte ubergreifenden Akademie vorbereitet Die Eroffnung der neuen Wehrmachtakademie als Fuhrerschule der gesamten Wehrmacht 5 erfolgte schliesslich zum 1 Oktober 1935 6 Dabei diente das 1927 gegrundete Imperial Defence College in gewisser Weise als Vorbild 7 Moglich ist auch dass das amerikanische War College Pate stand welches den Kriegsminister Werner von Blomberg auf einer fruheren Amerika Reise im Jahre 1931 nachhaltig beeindruckt hatte 8 Ausbildung Bearbeiten Leiter der Akademie die ein eigenes Gebaude in Berlin Moabit bezog 9 wurde General der Infanterie Wilhelm Adam der zuvor Chef des Truppenamtes 1930 1933 gewesen war Das Ziel war die Heranbildung von Generalstabsoffizieren die fahig waren im Rahmen der gesamten Wehrmacht zu denken Sie sollten sich dazu intensiv mit den jeweils anderen Wehrmachtteilen vertraut machen In der Theorie sollten sich die Offiziere nach ihrer eigentlichen Generalstabsausbildung im Rahmen ihrer Teilstreitkrafte zunachst im aktiven Stabsdienst bewahren und dann mit einiger praktischer Erfahrung die Wehrmachtakademie besuchen Danach sollten sie im Reichswehrministerium ab 1938 im Oberkommando der Wehrmacht Verwendung finden 10 Da die Teilnehmer sowohl in Wissenschaft Technik Wirtschaft und Politik geschult werden sollten wurde die Ausbildung sehr vielseitig gestaltet So gab es theoretische Kriegsspiele bei denen die Wirtschafts und Kriegspotentiale der verschiedenen Staaten analysiert wurden aber auch Vortrage uber die Spitzengliederung von Streitkraften oder uber das Zusammenwirken verschiedener Teilstreitkrafte General der Infanterie Adam behielt sich selbst die Vorlesung uber Kriegfuhrung vor in der er vor allem den Bezug zur Politik betonte Erganzt wurde das Programm von Referenten aus verschiedenen Ressorts Universitatsprofessoren Militarattaches Ministern und Botschaftern Der Unterricht erfolgte auch mittels Bildungsreisen in die Rustungsindustrie sowie mittels Generalstabsreisen Daruber hinaus war jeder Teilnehmer angehalten eine Fremdsprache zu erlernen Die Teilnehmer widmeten sich allerdings auch praktischen Entwurfen So wurde an einer fiktiven Vorschrift Kriegfuhrung gearbeitet die alle moglichen Aspekte Kolonialkrieg Koalitionen Wirtschaftskrieg Fuhrung der Streitkrafte berucksichtigen sollte 11 Ein erhalten gebliebener Unterrichtsplan von Anfang 1938 sah zum Beispiel die Facher Kriegfuhrung Seetaktik Dozent Vizeadmiral Otto Groos Luftwaffenfuhrung europaisches Paktsystem Dozent Ministerialdirektor Friedrich Gaus Psychologie und Technik der Propaganda Dozent Emil Dovifat aussenpolitische Lage Dozent Ministerialdirektor Freiherr von Weizsacker Kriegswirtschaft Kriegs und Volkerrecht Dozent Oberst Alfons Fonck vor 12 Teilnehmer und Wirkungskreis Bearbeiten Die Akademie litt von Beginn an unter der Tatsache dass ihr von den Teilstreitkraften wenig geeignete Offiziere geschickt wurden In der Regel entschieden die verschiedenen Personalamter uber die Kommandierung der Kandidaten 9 aber da gerade in der Aufbauphase der Streitkrafte die qualifiziertesten Offiziere unabkommlich waren wurden eben nicht die besten Kandidaten geschickt Da es weder eine Aufnahme noch eine Abschlussprufung gab sondern am Ende des Lehrgangs lediglich eine allgemeine Beurteilung erfolgte konnte auch auf diese Weise keine Auslese stattfinden 10 Selbst General der Infanterie Adam bezeichnete die Lehrgangsteilnehmer daher als Mittelmass 13 Insgesamt wurden nur drei einjahrige Lehrgange abgeschlossen In jedem waren je zwei Luftwaffen und Marineoffiziere sowie sechs Offiziere des Heeres Die Gesamtzahl der Teilnehmer lag also bei 30 Generalstabsoffizieren Am letzten Lehrgang nahmen auch sechs Beamte aus verschiedenen Ministerien teil 11 Die einzelnen Teilnehmer sind aus den Quellen nicht mehr zu ermitteln bekannte Absolventen der Wehrmachtakademie waren Ulrich Kessler spater General der Flieger Gunther Korten spater Generaloberst und Chef des Generalstabes der Luftwaffe Walter Schwabedissen spater Generalleutnant der Luftwaffe Hans Detlef Herhudt von Rohden spater Generalmajor und Chef der Kriegswissenschaftlichen Abteilung des Generalstabes der Luftwaffe Alfred Schlemm spater General der Fallschirmtruppe und Chef des Generalstabes des XI Fliegerkorps Enno von Rintelen spater General der Infanterie des Heeres Hans von Greiffenberg spater General der Infanterie und Chef des Generalstabes verschiedener Heeresgruppen Vincenz Muller spater Generalleutnant und dann Generalstabschef der Nationalen Volksarmee Otto Wohler spater General der Infanterie und Oberbefehlshaber einer Heeresgruppe Walther Nehring spater General der Panzertruppe und Oberbefehlshaber verschiedener Armeen Kurt Fricke spater Admiral und Chef des Stabes der Seekriegsleitung im Oberkommando der Marine Wilhelm Meendsen Bohlken spater Vizeadmiral und Kommandant des Schweren Kreuzers Admiral ScheerDer Wirkungskreis der Akademie blieb dementsprechend beschrankt sodass es keine nachhaltigen Impulse zur Entwicklung eines gesamtstrategischen Fuhrungsdenkens geben konnte Dass dies ein Defizit darstellte wurde wahrend des Zweiten Weltkrieges offensichtlich als Heer Luftwaffe und Marine wiederholt eng zusammenarbeiten mussten 14 Offiziere wie General der Infanterie Waldemar Erfurth bedauerten im Nachhinein das Fehlen einer die Teilstreitkrafte ubergreifenden Einrichtung wie der Wehrmacht Akademie die er in modernen Streitkrafte fur ebenso selbstverstandlich hielt wie einen zentralen Generalstab 15 Schliessung der Einrichtung Bearbeiten Bereits die Grundung der Wehrmachtakademie erfolgte in einer Phase des Antagonismus zwischen dem Wehrmachtamt im Reichskriegsministerium einerseits und den drei Teilstreitkraften andererseits Ersteres beanspruchte die Fuhrung der gesamten Streitkrafte und bereitete die Einrichtung eines Wehrmacht Generalstabes vor der geeignet war die Kompetenzen der einzelnen Teilstreitkrafte Oberkommandos zu beschneiden Das Heer furchtete um seine dominante Vorrangstellung innerhalb der Wehrmacht und die Marine sorgte sich um ihre Selbstandigkeit 10 Die Luftwaffe stand der Akademie vor allem unter ihrem ersten Generalstabschef Generalleutnant Walther Wever eher aufgeschlossen gegenuber da sie naturgemass darauf angewiesen war das Heer und die Kriegsmarine zu unterstutzen und in einem strategischen Luftkrieg die Wirtschaft eines Gegners zu bekampfen Ihre Aufgabenstellung erforderte daher ohnehin ein Denken im grosseren Rahmen 13 Aber nach Wevers Tod zeigte auch Hermann Goring als Reichsluftfahrtminister und Oberbefehlshaber der Luftwaffe kein Interesse daran Kompetenzen an das Wehrmachtamt abzugeben 10 Selbst Reichskriegsminister Werner von Blomberg dem die Wehrmachtakademie unterstand besuchte die Einrichtung nur einmal jahrlich fur etwa eine halbe Stunde General Adam schrieb zudem dass er von Blomberg nie irgendwelche Anweisungen erhalten habe dieser sich also kaum um die Akademie kummerte 14 Kurz nach der Blomberg Fritsch Krise wurde die Kriegsakademie daher zum 31 Marz 1938 geschlossen 9 Literatur BearbeitenHorst Boog Die deutsche Luftwaffenfuhrung 1935 1945 Fuhrungsprobleme Spitzengliederung Generalstabsausbildung Beitrage zur Militar und Kriegsgeschichte Band 21 Deutsche Verlags Anstalt Stuttgart 1982 ISBN 3 421 01905 3 Waldemar Erfurth Die Geschichte des deutschen Generalstabes von 1918 bis 1945 Verlag Musterschmidt Gottingen 1957 Hansgeorg Model Der deutsche Generalstabsoffizier Seine Auswahl und Ausbildung in Reichswehr Wehrmacht und Bundeswehr Bernard amp Graefe Verlag fur Wehrwesen Frankfurt am Main 1968 Weblinks BearbeitenBundesarchiv Militararchiv Wehrmachtakademie auf RW 13Einzelnachweise Bearbeiten Hansgeorg Model Der deutsche Generalstabsoffizier Seine Auswahl und Ausbildung in Reichswehr Wehrmacht und Bundeswehr Frankfurt am Main 1968 S 61 f Waldemar Erfurth Die Geschichte des deutschen Generalstabes von 1918 bis 1945 Gottingen 1957 S 195 Hansgeorg Model Der deutsche Generalstabsoffizier Seine Auswahl und Ausbildung in Reichswehr Wehrmacht und Bundeswehr Frankfurt am Main 1968 S 63 Theodor Heuss Soldatentum in unserer Zeit Tubingen 1929 S 27 f Alfred Waetzig Volk Nation Staat Ein Beitrag zur staatspolitischen Schulung unserer jungen Volksgenossen Stuttgart 1936 S 83 Waldemar Erfurth Die Geschichte des deutschen Generalstabes von 1918 bis 1945 Gottingen 1957 S 63 195 Geoffrey P Megargee Hitler und die Generale Das Ringen um die Fuhrung der Wehrmacht 1933 1945 Munchen Wien 2006 S 43 f Kirstin A Schafer Werner von Blomberg Hitlers erster Feldmarschall Paderborn 2005 S 151 a b c Bundesarchiv Wehrmachtakademie Einleitung auf RW 13 a b c d Hansgeorg Model Der deutsche Generalstabsoffizier Seine Auswahl und Ausbildung in Reichswehr Wehrmacht und Bundeswehr Frankfurt am Main 1968 S 106 a b Horst Boog Die deutsche Luftwaffenfuhrung 1935 1945 Stuttgart 1982 S 406 f Andreas Toppe Militar und Kriegsvolkerrecht Rechtsnorm Fachdiskurs und Kriegspraxis in Deutschland 1899 1940 Munchen 2008 S 252 f a b Horst Boog Die deutsche Luftwaffenfuhrung 1935 1945 Stuttgart 1982 S 406 a b Horst Boog Die deutsche Luftwaffenfuhrung 1935 1945 Stuttgart 1982 S 409 Waldemar Erfurth Die Geschichte des deutschen Generalstabes von 1918 bis 1945 Gottingen 1957 S 196 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wehrmachtakademie amp oldid 230014368