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Triade oder Trias Dreiheit von altgriechisch trias trias Plural triades triades ist ein Begriff aus der antiken griechischen Philosophie der auch in modernen Systemen eine Rolle spielt Er bezeichnet eine Gruppe von drei aufeinander bezogenen Elementen die zusammen eine Einheit bilden Als Fachausdruck wurde Trias in der Antike erst im Neuplatonismus eingefuhrt wobei die Neuplatoniker an altere philosophische und religiose Dreiheitskonzepte anknupften Triadisch denkende Neuplatoniker vor allem der spatantike Philosoph Proklos vertraten ein ontologisches Konzept dem zufolge die Welt und das Denken von Dreiheiten strukturiert sind Die neuplatonischen Triaden sind ihrer Natur nach uberzeitliche Gegebenheiten doch wird ein uberzeitlicher Zusammenhang manchmal metaphorisch wie ein zeitlicher Ablauf mit drei aufeinanderfolgenden Phasen beschrieben Im Sinne dieser Darstellungsweise wird die Trias in der Fachliteratur auch als Dreischritt bezeichnet In der Neuzeit bestimmt triadisches Denken die Dialektik von Georg Wilhelm Friedrich Hegel der auf die Triadenlehre des Proklos zuruckgriff In der Semiotik von Charles S Peirce hat jedes Zeichen drei Aspekte die logisch eine triadische Relation darstellen Inhaltsverzeichnis 1 Antike 1 1 Vorsokratiker und Klassik 1 2 Mittelplatonismus 1 3 Neuplatoniker und Kirchenschriftsteller 2 Moderne 3 Literatur 4 AnmerkungenAntike BearbeitenVorsokratiker und Klassik Bearbeiten Schon bei den Pythagoreern der von Pythagoras von Samos gegrundeten religios philosophischen Schule die vom 6 bis zum 4 Jahrhundert v Chr bestand spielte in der Zahlenlehre die Drei eine bedeutende Rolle Nach einer Mitteilung des Aristoteles lehrten die Pythagoreer das All und das Alles werde durch die Dreizahl definiert Ende Mitte und Anfang bilden die Zahl des Alls namlich die der Triade 1 Aristoteles knupfte an seinen Bericht uber die Auffassung der Pythagoreer eigene Uberlegungen zur Dreizahl Er wies auf die betrachtliche religiose Bedeutung der Trias hin Deshalb haben wir diese Zahl der Natur entnommen als ob sie eines von deren Gesetzen ware und bedienen uns ihrer bei der kultischen Verehrung der Gotter 2 Auch im Sprachgebrauch meinte er ein Indiz fur eine wichtige naturgegebene Funktion der Drei gefunden zu haben Man nenne zwei Dinge beides und zwei Menschen beide aber nicht alle die Bezeichnung alle verwende man erst bei Dingen die zumindest drei seien So verfahre die Sprache weil die Natur selbst uns dazu veranlasst 3 Ausserdem stellte Aristoteles fest auch in der Geometrie zeige sich die Sonderstellung der Drei da die Welt dreidimensional sei eine weitere Grosse eine vierte Dimension gebe es nicht weil namlich die Drei dem Alles entspricht und dreimal soviel bedeutet wie ganzlich Daher sei von allen geometrischen Grossen nur der Korper vollkommen da nur er dreidimensional durch die Dreizahl bestimmt sei 4 Im ersten Buch seiner Physik untersuchte Aristoteles die Frage ob fur die prozesshaften Naturgegenstande eine Zweiheit oder eine Dreiheit von Prinzipien anzusetzen sei Er kam zum Ergebnis zwar konne man je nach Betrachtungsweise jeden der beiden Ansatze fur zutreffend halten doch unter dem hier massgeblichen Gesichtspunkt sei es notwendig den beiden Gliedern eines Gegensatzpaars die Prinzipien seien ein drittes Moment hinzuzufugen das ihnen zugrunde liegen musse Somit seien drei Prinzipien anzunehmen 5 In der platonischen Akademie der von Platon gegrundeten Philosophenschule in Athen wurde die Sonderstellung der Dreiheit schon fruh thematisiert Platons Schuler Xenokrates der von 339 338 bis 314 313 v Chr Scholarch Leiter der Akademie war hielt das Universum fur triadisch gegliedert Er lehrte es gebe drei Arten von Sein Ousia die erste sei das Sein des sinnlich Wahrnehmbaren die zweite das Sein des Intelligiblen nur geistig Erfassbaren die dritte sei aus der ersten und der zweiten zusammengesetzt Das Intelligible sei wissenschaftlich erfassbar das sinnlich Wahrnehmbare durch Wahrnehmung erfahrbar das Gemischte sei der Gegenstand von Meinungen die teils wahr und teils falsch seien 6 Mittelplatonismus Bearbeiten In der Zeit des Mittelplatonismus 1 Jahrhundert v Chr bis 3 Jahrhundert n Chr wurde der Triadengedanke aufgegriffen Im 1 Jahrhundert n Chr nahm der judische Platoniker Philon von Alexandria drei Schopfungsakte an die Erschaffung der intelligiblen Welt die des sinnlich wahrnehmbaren Himmels und die der sublunaren unterhalb der Mondsphare befindlichen Dinge einschliesslich aller materiellen irdischen Objekte Fur die Erzeugung der intelligiblen Welt sei Gott selbst die unmittelbare Ursache den Himmel habe er mittelbar durch seine Erzeugermacht hervorgebracht und den Bereich der materiellen Objekte ebenfalls mittelbar durch seine konigliche Macht Dabei nahm Philon auf die Dreiheitslehre der Pythagoreer Bezug 7 Auch der Mittelplatoniker Plutarch ging auf die Sonderstellung der Dreiheit ein Er befand die Dreizahl sei ihrem Wesen nach vollkommen Sie sei die erste der ungeraden Zahlen die 1 wurde damals in diese Klassifikation nicht einbezogen und der Anfang der Vielheit Sie enthalte ineinander gemischt und zur Einheit verschmolzen die ersten Verschiedenheiten und die Elemente jeder weiteren Zahl 8 Der im 2 Jahrhundert lebende Mittelplatoniker Numenios nahm drei Gotter oder anders betrachtet drei Aspekte der Gottheit an Den ersten obersten Gott stellte er sich als nur seiend und nicht handelnd vor ganz fern von der Materie einfach und unbewegt Dem hochsten Gott ist im System des Numenios der zweite untergeordnet der Schopfergott Demiurg er ist bewegt und bringt die Idee des Kosmos hervor Auf ihn ist das Werden zuruckzufuhren auf den ersten Gott das Sein Indem der Demiurg nicht nur Intelligibles sondern auch die sinnlich wahrnehmbare Welt erzeugt ordnet und lenkt also sich mit der Materie abgibt erscheint er als dritter Gott 9 Auch der Mittelplatoniker und Neupythagoreer Nikomachos von Gerasa hat anscheinend eine triadische Struktur der Welt angenommen 10 Neuplatoniker und Kirchenschriftsteller Bearbeiten Schon Plotin 205 270 der Begrunder des Neuplatonismus und sein Schuler Porphyrios nahmen in ihren metaphysischen Modellen triadische Strukturen an So brachte Plotin mit der Trias Denkendes Denken Gedachtes oder Intellekt Nous Denkakt Denkobjekt die dynamische Einheit des Geistes zum Ausdruck 11 Eine systematisch ausgearbeitete Triadenlehre ist aber erst bei dem spatantiken Neuplatoniker Proklos 485 fassbar Proklos ubte als langjahriger Leiter der Philosophenschule von Athen einen starken Einfluss auf die letzten paganen Denker der Antike aus Den Ausgangspunkt bildete fur Proklos die Auseinandersetzung mit einem im Neuplatonismus zentralen Problem der Frage nach den Grunden dafur dass in der Vielheit Einheit in der Einheit Vielheit bestehen kann Diese Grunde liegen nach der proklischen Theorie in der triadischen Gestalt schḗma triadikon des Seienden Das triadische Prinzip ermoglicht ein Zugleich von Einheit und Unterschiedenheit die Trias ist Einheit in der Differenz Ihre Besonderheit besteht darin dass sie in sich Einheit und Zweiheit umfasst und selbst die Mischung mikton beider ist womit das dritte Element hinzutritt Bei den drei Elementen die in einer Trias vereinigt sind handelt es sich sowohl um drei Aspekte einer einzigen Realitat als auch um drei Teile eines Verursachungsprozesses Als Prinzip begrundet die Trias alles Sein und damit auch alles Denken Da alles Seiende triadisch strukturiert ist muss sich auch die Bewegung des Denkens das dem Sein nachgeht triadisch vollziehen Diese Struktur zeigt sich in einer Vielzahl von Triaden Dreiheiten sind uberall dort erkennbar wo die Prinzipien der Identitat und der Differenz zusammenwirken wo sich Einheit entfaltet und damit Vielheit schafft und die Elemente der Vielheit zugleich in der Einheit gesammelt bleiben 12 Eine der wichtigsten proklischen Triaden ist die Dreiheit peras Grenze Abgrenzendes Umschliessendes apeiron Unbegrenztes Gestaltloses Unbestimmtes mikton Mischung von Begrenzung und Grenzenlosem Das Prinzip der Unbestimmtheit ist zeugende und gebarende Machtigkeit es bringt Leben hervor das Prinzip der Begrenzung konstituiert das Etwas als solches das Bestimmte Abgegrenzte und damit Definierbare Aus ihrem Zusammenwirken entsteht ein Gemischtes das dritte Element der Trias das Sein So erklart diese Trias die kausale uberzeitliche Erzeugung des Seins Weitere Triaden sind Seiendheit Ousia Selbigkeit Andersheit und Anfang Mitte Ende 13 Von grundlegender Bedeutung ist die Trias monḗ Verweilen Verharren proodos Hervorgang Fortschreiten epistrophḗ Ruckwendung Ruckkehr in der Proklos den allen anderen Triaden innewohnenden und sie bewegenden Grund und das Strukturprinzip des Geistes und des Denkens sah 14 Da im Christentum das Konzept der Dreifaltigkeit Gottes die Trinitatslehre eine zentrale Rolle spielt war es fur antike Kirchenschriftsteller naheliegend das triadische Denken der paganen Philosophen fur die Trinitatsspekulation fruchtbar zu machen Schon bevor Proklos sein triadisches System entwickelte hatten die Theologen Marius Victorinus und Augustinus die stark vom Platonismus beeinflusst waren in ihren Trinitatsspekulationen mit Triaden gearbeitet So fasste Marius Victorinus Gott als Einheit der drei Wirkmachtigkeiten potentiae Sein Leben und Denken auf wobei er das Sein Gottvater das Leben Jesus Christus und das Denken oder Erkennen dem Heiligen Geist zuordnete Augustinus befasste sich mit weiteren Triaden Erinnerung Einsicht Wille Gemut Erkenntnis Liebe Sein Erkennen Wollen Er lehrte die Trinitat habe in jedem Teil der Schopfung ihre Spuren hinterlassen doch wurden die drei Erscheinungsformen der Gottheit die in Gott eine unauflosbare Einheit bildeten in den geschaffenen Dingen in denen nur Abbilder der Dreifaltigkeit seien trennbar Die Vorstellung des Augustinus es gebe in der Schopfung Spuren der Trinitat vestigia trinitatis wirkte lange nach Noch in der Renaissance bemuhten sich Humanisten wie Marsilio Ficino und Giovanni Pico della Mirandola in den Triaden paganer antiker Autoren Spuren der Trinitat auszumachen 15 Moderne BearbeitenBei Immanuel Kant sind die vier Funktionen der Kategorien Quantitat Qualitat Relation und Modalitat jeweils die Zusammenfassung einer Gruppe von drei Kategorien bei denen sich jeweils der dritte Begriff aus den beiden ursprunglichen herausbildet also z B aus der Einheit und der Vielheit leitet sich die Allheit ab Auch die drei Grundfragen Kants bilden eine Dreiheit Wissen Ethik Glaube wie auch die regulativen Ideen Welt Seele Gott bzw Freiheit Unsterblichkeit und Unendlichkeit Schliesslich findet sich in der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten die Unterscheidung der praktischen Handlungsregeln als Ausformung der Kategorie der Modalitat in Imperative der Geschicklichkeit Moglichkeit der Klugheit Wirklichkeit sowie des kategorischen Imperativs Notwendigkeit Kant hat allerdings nie ein triadisches Prinzip gebildet Entsprechend hielt Hegel Kant vor dass er die Dreiheit zwar verwendet nicht aber deren Bedeutung als grundlegendes Prinzip erkannt habe Die hegelsche Triade besteht in den Elementen Sein Wesen und Begriff die ihre Entsprechung in der Wissenschaft der Logik der Naturphilosophie und der Phanomenologie des Geistes haben Aus dem Begriff ergibt sich die Triade des subjektiven Begriffs des Objekts und der Idee Der subjektive Begriff unterteilt sich wieder in den Begriff als solchen das Urteil und den Schluss Dementsprechend ist das Werden das Dritte von Sein und Nichts der Widerspruch das Dritte von Identitat und Unterschied oder das Mass das Dritte von Qualitat und Quantitat Dialektik ist fur Hegel nicht nur blosse Methode sondern ein die Wirklichkeit ausmachendes Prinzip das zur Universalitat der Bewegung aller Dinge fuhrt Diese dialektische Struktur spiegelt sich in dem von Schelling eingefuhrten Schema von These Antithese und Synthese wider in dem die drei Momente Allgemeines Besonderes und Einzelnes aufeinander bezogen werden Zur Dreiheit bemerkte Schelling In der neuesten Zeit nachdem durch die Philosophie eine Dreiheit von Begriffen gleichsam als notwendiger Typus der Vernunft eingefuhrt worden ist sind philosophische Deduktionen der Dreieinigkeitslehre fast konnte man sagen Mode geworden 16 Die von Charles S Peirce entwickelte Semiotik basiert auf der Triade von Objekt Zeichen und Interpretant Nach Peirce erfolgt das Denken ausschliesslich in Zeichen die zwischen dem Subjekt und dem Objekt vermitteln Jedes Zeichen verfugt uber die Grundkategorien Erstheit Individualitat an sich Fuhlen Zweitheit Differenz in Raum und Zeit Wollen sowie Drittheit Relation zu einem Anderen Denken Auf dieser Grundlage entwickelte Peirce eine Zeichentheorie die wieder von einer Struktur in Trichotomien ausging Analog strukturierte Peirce auch den Wissenschaftsprozess in den Dreischritt von Abduktion Deduktion und Induktion Eine systematische Dreiteilung findet sich auch in der Drei Welten Lehre Literatur BearbeitenWerner Beierwaltes Proklos Grundzuge seiner Metaphysik 2 durchgesehene und erweiterte Auflage Klostermann Frankfurt am Main 1979 ISBN 3 465 01353 0 S 24 164 Fritz Peter Hager Trias Triaden In Historisches Worterbuch der Philosophie Bd 10 Schwabe Basel 1998 Sp 1429 f Jens Halfwassen Hegel und der spatantike Neuplatonismus Bouvier Bonn 1999 ISBN 3 416 02845 7 S 386 462 Christoph Horn trias In Christoph Horn Christof Rapp Hrsg Worterbuch der antiken Philosophie 2 uberarbeitete Auflage Beck Munchen 2008 ISBN 978 3 406 56846 6 S 454Anmerkungen Bearbeiten Aristoteles Uber den Himmel 268a10 13 Aristoteles Uber den Himmel 268a13 15 Aristoteles Uber den Himmel 268a15 20 Aristoteles Uber den Himmel 268a6 10 268a20 24 Aristoteles Physik 189a 191a Sextus Empiricus Adversus mathematicos 7 147 149 Siehe dazu John M Dillon The Middle Platonists London 1977 S 30 f John M Dillon The Middle Platonists London 1977 S 168 f Plutarch Fabius Maximus 4 Zur Gotterlehre des Numenios siehe Charles H Kahn Pythagoras and the Pythagoreans Indianapolis 2001 S 122 130 John Peter Kenney Proschresis Revisited An Essay in Numenian Theology In Robert J Daly Hrsg Origeniana Quinta Leuven 1992 S 217 230 Eric Robertson Dodds Numenios und Ammonios In Clemens Zintzen Hrsg Der Mittelplatonismus Darmstadt 1981 S 495 499 Michael Frede Numenius In Aufstieg und Niedergang der romischen Welt Bd II 36 2 Berlin 1987 S 1034 1075 hier 1054 1070 John M Dillon The Middle Platonists London 1977 S 356 f Fritz Peter Hager Der Geist und das Eine Bern Stuttgart 1970 S 309 315 Werner Beierwaltes Proklos 2 erweiterte Auflage Frankfurt 1979 S 24 50 Veronika Maria Roth Das ewige Nun Berlin 2008 S 111 113 Werner Beierwaltes Proklos 2 erweiterte Auflage Frankfurt 1979 S 50 89 Friedemann Drews Menschliche Willensfreiheit und gottliche Vorsehung bei Augustinus Proklos Apuleius und John Milton Bd 1 Frankfurt 2009 S 262 291 Werner Beierwaltes Proklos 2 erweiterte Auflage Frankfurt 1979 S 118 164 Dirk Cursgen Henologie und Ontologie Wurzburg 2007 S 63 65 Werner Beierwaltes Proklos 2 erweiterte Auflage Frankfurt 1979 S 108 115 Edgar Wind Heidnische Mysterien in der Renaissance Frankfurt 1981 S 276 279 284 291 Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling Philosophie der Offenbarung Bd 1 Darmstadt 1990 Nachdruck der Ausgabe von 1858 S 314 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Triade Philosophie amp oldid 193958088