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Steinkulte und Steinverehrung Litholatrie sind seit der Antike weit verbreitet Moglicherweise galten aufgerichtete Steine schon in der Jungsteinzeit als Reprasentanten von Gottheiten und waren somit Kultsteine 1 In diesem Sinne deuten manche Forscher auch die Obelisken im alten Agypten und die Baityloi Sardiniens und den irisch keltischen Turoe Stein in Griechenland sind es die Omphaloi Die Verehrung von Menhiren begleitet den Steinkult bis in historische Zeit Der Baitylos von Viddalba Inhaltsverzeichnis 1 Der Anfang 2 Altes Testament 3 Antike 4 Sardinien Baityloi 5 Beruhmte Kultsteine 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 AnmerkungenDer Anfang BearbeitenDie Verehrung aufgerichteter Steine beginnt im Natufien Eine kleine Steinsaule in der Nische eines Hauses von Jericho II ist nicht der einzige Hinweis darauf In Munhata sudlich des Tiberias Sees das in den 1960er Jahren von Jean Perrot 1920 2012 erforscht wurde kamen in den Nordwanden der Hauser der untersten Horizonte aus dem prakeramischen Neolithikum B mehrfach gipsverputzte Nischen zutage in denen ein Stein stand Zu Munhata gehorte eine Anlage die sich uber mehr als 300 Quadratmeter erstreckte von einer dicken Lehmziegelnmauer auf Steinfundamenten umgeben war Ein Podium aus drei grossen Basaltplatten mit breiten Abflussrinnen im Zentrum ein gepflastertes Bassin von 3 2 m Grosse und mehrere Feuerstellen legen die Vermutung nahe dass der Komplex aus dem 8 bis 7 Jahrtausend v Chr ein Heiligtum war Im umhegten ovalen Komplex von Rosh Zin einer anderen Natufiensiedlung war eine grosse rohe Steinsaule aufgerichtet worden In der Fullung um ihre Basis fand man Opfergaben die wohl anlasslich der Aufstellung der Saule dargebracht wurden Altes Testament BearbeitenMoses erhielt von JHWH den Befehl die Kultsteine in Kanaan zu zerstoren Im Alten Testament Tanach wird der heilige Stein als Mazewa hebraisch מ צ ב ה bezeichnet Im Gegensatz zur Auffassung der Kanaanaer die ihn mit der Gottheit identifizierten wird er von den Israeliten als Zeichen von Gottes Gegenwart oder als Denkmal besonderer Ereignisse als Zeugnisstein umgedeutet Der Gilgal der Bibel der Kreis aus zwolf Steinen Symbolen der zwolf Stamme Israels den Josua angeblich als Erinnerung an die Jordanuberschreitung aufrichten liess war vermutlich eine Anlage aus der Epoche der palastinensischen Megalithkultur Megalithanlagen auf dem Golan Die Geschichte von der Jakobsleiter erzahlt dass er an einem Stein schlief und erkannte dass der Herr an diesem Ort war Er stellte den Stein auf begoss ihn mit Ol und nannte ihn Bethel d h hebraisch ב ית א ל Haus des El Haus Gottes Ungeachtet der Bekampfung der Steinverehrung durch die Propheten blieben Menhire Reihen Kreise und Vierecke aus aufgerichteten langlichen Blocken in Israel und Jordanien auffallend haufig im Bereich megalithischer Nekropolen erhalten Zu den eindrucksvollsten Anlagen gehoren die Monumente von Ain es Zerka in Jordanien auf einer Felsterrasse mit etwa 50 Grosssteingrabern Auf einer Erhohung im Zentrum des Plateaus ragen drei Menhire von fast 2 0 m Hohe empor die von einem kleinen Steinkreis umschlossen sind Antike BearbeitenIn der Antike verehrten verschiedene Volker im Mittelmeerraum Steine Ein Steinkult ist in der kanaanitischen Religion im Rahmen des Ba al Kults belegt Auf Griechisch nannte man diese Steine baitylia oder baityloi lateinisch baetuli davon ist das deutsche Wort Batyle abgeleitet daneben kommen in der deutschsprachigen Literatur auch die Bezeichnungen Batylien Bathylien 2 Baitylien Baethylien 2 und Betyle vor Die griechische Bezeichnung ist abgeleitet von aramaisch bet el Haus Gottes vgl hebraisch Bet El Das Wort Batyl ist erstmals im 1 Jahrhundert bei Plinius dem Alteren bezeugt der in seiner Naturalis historia von schwarzen runden Steinen berichtet die als heilig galten und deren magische Hilfe man bei der Belagerung von Stadten und im Seekrieg in Anspruch nahm ihr Name sei baetuli 3 Auch der griechisch schreibende phonizische Gelehrte Herennios Philon Philon von Byblos verwendet den Begriff Er beruft sich auf einen wahrscheinlich fiktiven phonizischen Gelehrten namens Sanchuniathon der vor der Zeit des Trojanischen Krieges gelebt habe Nach Philons Darstellung gab es beseelte Steine baitylia die Uranos erzeugte und in seinem Kampf gegen seinen Sohn Kronos verwendete 4 Als Vertreter der Religionsdeutung des Euhemerismus welche die Gotter als von den Menschen vergottlichte Sterbliche auffasst meinte Philon dass Uranos und Kronos ursprunglich Sterbliche waren die spater zu Gottern gemacht wurden Die beseelten Steine konnten sich offenbar nach der Philon vorliegenden Version des Mythos aus eigener Kraft bewegen und so den Gegner Kronos treffen 5 Von der Beliebtheit der Batyle bei den Phoniziern zeugen zahlreiche Munzen der romischen Kaiserzeit auf denen sie abgebildet sind Solche Munzen stammen aus den Stadten Sidon Byblos und Tyros Manche Batyle waren Meteoriten Sie waren entweder den Gottern geweiht oder wurden selbst als gottlich betrachtet Die Herkunft der Meteoriten vom Himmel war bekannt 6 Unter den griechischen Gottern war Apollon am engsten mit dem Steinkult verbunden 7 Auch der Name des Gottes Hermes griechisch ἕrma herma Felsen Stein Ballast deutet auf einen Zusammenhang mit einem Steinkult Bei den Israeliten war der Stein bedeutsam auf dem Jakob laut Gen 28 11 schlief als er in einer Traumvision die Jakobsleiter sah Diesen Stein salbte er am folgenden Morgen und setzte ihn als Gedenkstein Den Ort nannte er der biblischen Erzahlung zufolge Bet El Bezeugt ist Steinkult auch in der minoischen Kultur auf Kreta wo Kultsteine als Wohnsitze von Gottheiten oder Geistern Verstorbener betrachtet wurden Auch die Hethiter hatten heilige Steine die sich in Tempeln oder Heiligtumern befanden und gesalbt wurden 8 In Zincirli in der Turkei wurde 2008 eine Stele des Kuttamuwa entdeckt die aus dem 8 Jahrhundert v Chr stammt und deren Inschrift besagt dass die Seele des auf ihr abgebildeten Kuttamuwas nach seinem Tod in dem Stein wohnte 9 Sardinien Baityloi BearbeitenWenige Meter vom Gigantengrab von Tamuli auf Sardinien stehen die etwa 1 5 Meter hohen perdas marmuradas sechs nuraghische Baityloi ital Betili drei mannliche und drei weibliche die schon im Mittelalter als sa petra uue sunt sos thithiclos der Stein mit den Brusten bezeichnet wurden und auf den sardischen Steinkult verweisen Die insbesondere als Dreierkombination an vielen Stellen Sardiniens belegten Steine kommen u a beim Gigantengrab von Perdu Pes bei Paulilatino vor Die Gigantengraber der 2 Generation wie Pradu Su Chiai aber auch einige Domus de Janas wie Molafa haben ein Zahnfries ital fregio a dentelli mit drei Ausnehmungen 10 die zur Aufnahme kleiner granatenformiger Baityloi dienten Baityloi nbsp Baityl von Golgo nbsp Baityloi von Santa Caterina di Pittinuri nbsp Die Steine mit den Brusten nbsp Gigantengrab Seleni II die drei Baitylhalter nbsp Baityloi von OragianaBeruhmte Kultsteine BearbeitenDer schwarze Stein in der Kaaba in Mekka der schon in vorislamischer Zeit verehrt wurde Der schwarze kegelformige Stein in Kouklia Zypern welchen man als Istar Astarte und spater als Aphrodite verehrte Der auf einen goldenen Sockel gestellte schwarze viereckige unbehauene Stein des Gottes Duschara den die Nabataer in Petra verehrten Der Stein von Bet El nordlich von Jerusalem den die Kanaaniter als Wohnsitz des Gottes El verehrten Bet El wird im 1 Buch Mose Gen 28 19 EU als Erscheinungsort der Jakobsleiter erwahnt Der Benben Stein in Heliopolis Agypten Der Stein des Zeus Kasios in Seleukeia Pieria Syrien Der Stein von Emesa Homs in Syrien der dem Gott Elagabal heilig war Durch den romischen Kaiser Elagabal wurde der Kult dieses Gottes 219 in Rom als Staatskult eingefuhrt und der Stein dorthin uberfuhrt Nach der Ermordung des Kaisers 222 wurde der Stein nach Emesa zuruckgebracht Der Stein des Mondgottes Sin in Harran Nordsyrien heute Turkei Der in Silber gefasste schwarze Stein der Gottermutter Kybele von Pessinus in Phrygien der auf Veranlassung eines Orakels der Sibylle 205 204 v Chr nach Rom gebracht und dort in einem eigenen Tempel auf dem Palatin untergebracht wurde Der Meteor von Aigospotamoi auf der Chersonesos in Thrakien Der dem Gott Apollon heilige von einem Flechtwerk aus Wolle bedeckte Stein Omphalos im Apollon Heiligtum von Delphi Der ebenfalls in Delphi aufgestellte Stein den nach dem Mythos die Gottin Rhea dem Gott Kronos ubergab Kronos verschlang den Stein im Glauben es sei sein Sohn Zeus Spater zwang Zeus Kronos den Stein auszuspucken und stellte den Stein in Delphi auf Der Stein des Zeus in der Stadt Gythio dem Hafen von Sparta Der Stein von Scone der bei der Kronung der schottischen Monarchen eine wichtige Rolle spielte und noch heute bei der Kronung der britischen Monarchen spielt Siehe auch BearbeitenAltarabischer Steinkult Ḫuwasi Stele Statuenmenhir Tibetische ObosLiteratur BearbeitenMatthias Barmann Hrsg Das Buch vom Stein Texte aus 5 Jahrtausenden Jung amp Jung Salzburg und Wien 2005 ISBN 3 902497 02 5 S 7 58 insbesondere Kapitel I IV Milette Gaifman Aniconism and the Notion of the Primitive in Greek Antiquity In Ioannis Mylonopoulos Hrsg Divine Images and Human Imaginations in Ancient Greece and Rome Brill Leiden 2010 ISBN 978 90 04 17930 1 S 63 86 Manfred Hutter Kultstelen und Baityloi Die Ausstrahlung eines syrischen religiosen Phanomens nach Kleinasien und Israel In Bernd Janowski Klaus Koch Gernot Wilhelm Hrsg Religionsgeschichtliche Beziehungen zwischen Kleinasien Nordsyrien und dem Alten Testament Internationales Symposion Hamburg Orbis Biblicus et Orientalis 129 Freiburg CH 1993 S 87 108 Uta Kron Heilige Steine In Heide Froning Hrsg Kotinos Festschrift fur Erika Simon Von Zabern Mainz 1992 ISBN 3 8053 1425 6 S 56 70 Giovanni Lilliu Hermanfrid Schubart Fruhe Randkulturen des Mittelmeerraumes Korsika Sardinien Balearen Iberische Halbinsel Holle Baden Baden 1979 ISBN 3 87355 192 6 Nanno Marinatos Meta mythology of Baetyl Cult The Mediterranean Hypothesis of Sir Arthur Evans and Fritz Graf In Ueli Dill Christine Walde Hrsg Antike Mythen Medien Transformationen und Konstruktionen De Gruyter Berlin 2009 ISBN 978 3 11 020909 9 S 406 414 Karel van der Toorn Worshipping Stones On the Deification of Cult Symbols In Journal of Northwest Semitic Languages 23 1997 S 1 14 Emil Reisch Ἀrgoὶ li8oi In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band II 1 Stuttgart 1895 Sp 723 728 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Litholatrie Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen anthropomorpher Baitylos von Viddalba im Museo Sanna Bilder sardischer Betili Steine von San Lorenzo Sardinien Die vier Steine von Oragiana stammen vom gleichnamigen Gigantengrab Sie stehen im Innenhof der Kirche Santa Caterina d Alessandria Betili del tipo Oragiana VideoAnmerkungen Bearbeiten Detlef W Muller Menhire In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Bd 19 2001 S 532 mit Abbildung einer Ritzzeichnung der Dolmengottin auf einer jungsteinzeitlichen Menhirstele a b Friedrich Munter 1805 Ueber die vom Himmel gefallenen Steine der Alten Bathylien genannt Kopenhagen und Leipzig Johann Heinrich Schubothe Plinius Naturalis historia 37 51 135 Herennios wird zitiert von Eusebius von Caesarea Praeparatio evangelica 1 10 23 griechischer Text bei Albert I Baumgarten The Phoenician History of Philo of Byblos A Commentary Leiden 1981 S 16 englische Ubersetzung S 182 Kommentar S 202 f Albert I Baumgarten The Phoenician History of Philo of Byblos A Commentary Leiden 1981 S 202 Martin Persson Nilsson Geschichte der griechischen Religion Bd 1 3 Auflage Munchen 1967 S 201 Nilsson S 204 Marinatos 2009 S 76 79 Bericht mit Abbildung http www neroargento com page galle pradu gallery htm Bild eines ZahnfriesNormdaten Sachbegriff LCCN sh85128330 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Steinkult amp oldid 238765077