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Der Gleichheitssatz lateinisch ius respicit aequitatem Das Recht achtet auf Gleichheit ist ein Grundsatz im Verfassungsrecht der in seiner allgemeinen Auspragung besagt dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind Hauptgleichheitsrecht Er bildet ein Erbe der europaischen politischen Philosophie und findet sich heute in den meisten demokratischen Rechtssystemen Polizeiprasidium Dusseldorf Das dem Reichsadler vorangesetzte Dreieck weist auf die Rechtspflicht des Staates zur Einhaltung des Gleichheitssatzes hin In der deutschen Verfassung finden sich daruber hinaus besondere Gleichheitsverburgungen so etwa die Chancengleichheit die Gleichbehandlung oder die Gleichberechtigung Inhaltsverzeichnis 1 Einfuhrung 2 Deutschland 2 1 Uberblick 2 2 Prufung von Gleichheitsrechten im Unterschied zu den Freiheitsrechten 2 3 Allgemeiner Gleichheitssatz 2 3 1 Vergleichspaar 2 3 2 Gleich Ungleichbehandlung 2 3 3 Verfassungsrechtliche Rechtfertigung 2 3 3 1 Ungleichbehandlung von Sachverhalten Willkurverbot 2 3 3 2 Selbstbindung der Verwaltung 2 3 3 3 Ungleichbehandlung von Personengruppen Neue Formel 2 3 4 Insbesondere typisierende Regelungen 2 3 5 Die Anwendung von Art 3 Abs 1 GG zwischen Privaten 2 4 Spezielle Gleichheitssatze 2 5 Wirkungen des Verstosses gegen ein Gleichheitsrecht 3 Osterreich 4 Schweiz 5 Liechtenstein 6 Vereinigte Staaten 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseEinfuhrung Bearbeiten nbsp Egalite Die Gleichheit Allegorie von Jean Guillaume Moitte 1793 im deutschen historischen Museum BerlinDie Allgemeine Erklarung der Menschenrechte der Vereinten Nationen verkundet in Art 1 Satz 1 Alle Menschen sind frei und gleich an Wurde und Rechten geboren Der Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz findet seinen Ursprung in dem von Kleisthenes im 6 Jahrhundert v Chr definierten Prinzip der Isonomie welches eine der Grundlagen der attischen Demokratie bildete Nach diesem Prinzip fuhrte Kleisthenes 508 und 507 v Chr Reformen durch die neue Wahlkreise und eine Volksversammlung die Bule schufen Diese war mit Befugnissen ausgestattet um die Macht der Burger zunachst der Macht der Aristokraten anzugleichen und die aristokratischen Privilegien spater zu uberwinden und abzuschaffen 1 Der Gleichheitssatz wurde in der abendlandischen politischen Philosophie zunachst von Aristoteles weiterentwickelt In seinem Werk uber Politik aber auch in der Nikomachischen Ethik postulierte der griechische Philosoph als Grundlage der Demokratie eine auf Gleichheit beruhende Freiheit 2 3 Im 18 Jahrhundert wird dann in der politischen Philosophie die Idee des Naturzustands des Menschen entwickelt und die mit diesem Zustand verbundenen Naturrechte Als Gleichheitsprinzip bezeichnet man den naturrechtlichen Grundsatz alle Menschen gleich zu behandeln wenn eine Ungleichbehandlung sich nicht durch einen sachlichen Grund rechtfertigen lasst In der Tradition des englischen Liberalismus werden bestimmte theologische Einflusse aus dem judischen und christlichen Glauben wie der Gleichheit vor Gott und dem Konzept der Gottebenbildlichkeit des Menschen Genesis 1 26 28 EU verwendet etwa in der Idee der Gleichheit bei John Locke 4 Auf dem europaischen Festland entwickelt die politische Philosophie den Gleichheitssatz aus dem griechischen Erbe und damit atheistisch weiter Der franzosische Philosoph Jean Jacques Rousseau hat eine lange Reflexion uber die Gleichheit in seiner 1755 erschienenen Abhandlung uber den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen worin er seine Praferenzen fur die Demokratie in Regierungsangelegenheiten zum Ausdruck bringt und 1762 in seinem Werk Vom Gesellschaftsvertrag Rousseaus Philosophie hatte in der Folge eine lange Nachwirkung in vielen Landern der Welt In der Tradition des deutschen Idealismus haben sich vor allem Kant und Hegel mit der Gleichheit der Menschen auseinandergesetzt Besonders Kant betont Freiheit Gleichheit und Selbstandigkeit als Kriterien der Gerechtigkeit die in der Vernunft des Menschen gegeben sind 5 Die Unabhangigkeitserklarung der Vereinigten Staaten fasste den Gedanken der Gleichheit in die Worte all men are created equal und bestritt damit das Gottesgnadentum der britischen Krone Die Beseitigung des Feudalismus und ungerechtfertigter sozialer Hierarchien sollte dadurch befordert werden In der Franzosischen Revolution wurde das Ideal der Gleichheit ein Teil des politischen Wahlspruchs Freiheit Gleichheit Bruderlichkeit Die Deutsche Revolution 1848 1849 forderte auch die Gleichheit aller vor dem Gesetz und legte mit der Paulskirchenverfassung die Grundlagen fur die spateren demokratischen Verfassungen Deutschlands 6 Heute ist der Gleichheitssatz auf Ebene der Europaischen Union in den Art 18 Abs 1 und Art 157 des AEU Vertrags verankert Zudem enthalt Titel III der EU Grundrechtecharta Gleichheit mehrere Artikel insbesondere Art 20 zur Gewahrleistung des Gleichheitssatzes Deutschland BearbeitenUberblick Bearbeiten nbsp Im deutschen Grundgesetz ist der Gleichheitsgrundsatz im Art 3 Abs 1 verankert Es gibt im deutschen Verfassungsrecht einen allgemeinen Gleichheitssatz und verschiedene spezielle Gleichheitssatze Der allgemeine Gleichheitssatz gemass Art 3 Abs 1 GG verpflichtet die offentliche Gewalt tatbestandlich vergleichbare Falle auf der Rechtsfolgenseite gleich zu behandeln Der Artikel 3 des Grundgesetzes fur die Bundesrepublik Deutschland lautet 1 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich 2 Manner und Frauen sind gleichberechtigt Der Staat fordert die tatsachliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Mannern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin 3 Niemand darf wegen seines Geschlechtes seiner Abstammung seiner Rasse seiner Sprache seiner Heimat und Herkunft seines Glaubens seiner religiosen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden Gleiche Falle sollen gleiche Regeln treffen Konrad Hesse oder wesentlich Gleiches sei rechtlich gleich und wesentlich Ungleiches seiner Eigenart entsprechend rechtlich ungleich zu behandeln Bundesverfassungsgericht Die speziellen Gleichheitssatze legen fest in welchen Fallen wesensgemass Verschiedenes dennoch rechtlich gleich zu behandeln ist z B die Gleichheitssatze in Artikel 3 des Grundgesetzes fur die Bundesrepublik Deutschland Gleichheitssatze verbieten also nicht die Ungleichbehandlung oder Diskriminierung uberhaupt Sie fordern lediglich dass eine Ungleichbehandlung durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sein muss Nach der Rechtsprechung ist zur Prufung der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung eine abgestufte Verhaltnismassigkeitsprufung vorzunehmen die von dem Verbot evidenter Willkur bis zur strengen Bindung an Verhaltnismassigkeitserfordernisse reicht s u In diesem Rahmen konnen mithin durchaus Differenzierungen und Unterscheidungen vorgenommen werden Historisch ist es eine relativ neue Entwicklung dass die Gleichheit vor dem Gesetz auch die Gleichheit vor dem Gesetzgeber umfasst der Gleichheitssatz also nicht nur die Verwaltung sondern auch den Gesetzgeber verpflichtet Eine solche umfassende Bindung war zwar in der Paulskirchenverfassung bereits vorgesehen 7 wurde nach deren Scheitern aber jahrzehntelang von der herrschenden Meinung in der Wissenschaft und von der Staatspraxis verneint Noch der Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee sah sich zur Klarung der alten Streitfrage veranlasst in den Grundgesetzentwurf den Absatz Der Grundsatz der Gleichheit bindet auch den Gesetzgeber aufzunehmen Art 14 Abs 2 ChE Heute ergibt sich die Bindung des Gesetzgebers aus Art 1 Abs 3 GG Uber die sogenannte Drittwirkung der Grundrechte ist der allgemeine Gleichheitssatz daruber hinaus ausnahmsweise auch zwischen Privaten anwendbar so insbesondere im Arbeitsrecht Prufung von Gleichheitsrechten im Unterschied zu den Freiheitsrechten Bearbeiten Grundrechte werden in Freiheitsrechte Teilhabe und Gleichheitsrechte eingeteilt Letztere werden im Unterschied zu den Freiheitsrechten nicht in drei Schritten gepruft Schutzbereich Eingriff Verfassungsrechtliche Rechtfertigung sondern nur in zwei Schritten Zunachst ist festzustellen ob bei einem bestimmten Sachverhalt durch denselben Trager der offentlichen Gewalt zwei miteinander vergleichbare Falle ungleich bzw gleich behandelt worden sind Hierauf ist danach zu fragen wie diese Un Gleichbehandlung verfassungsrechtlich zu rechtfertigen sei Die Bezeichnung Schutzbereich fur den ersten der beiden Prufungsschritte die in der Literatur teilweise hierfur verwendet worden ist 8 hat sich bisher nicht durchgesetzt Allgemeiner Gleichheitssatz Bearbeiten Vergleichspaar Bearbeiten Fur die Anwendbarkeit des allgemeinen Gleichheitssatzes Art 3 Abs 1 GG muss zunachst uberhaupt ein Vergleichspaar vorliegen Dies ist dann der Fall wenn die zu vergleichenden Dinge einen gemeinsamen nachsten Oberbegriff haben genus proximum und miteinander vergleichbare Dritte tertium comparationis sind 9 Beispiel Apfel und Birne Beide sind Obst nachster Oberbegriff Die Birne unterscheidet sich vom Apfel Drittes ist aber zu ihm vergleichbar weil beide Obst sind 9 Gleich Ungleichbehandlung Bearbeiten Der allgemeine Gleichheitssatz ist einschlagig in Fallen der Gleich oder Ungleichbehandlung von Sachverhalten oder von Personen gruppen Ungleichbehandlung liegt vor wenn die offentliche Gewalt miteinander vergleichbare Falle in dem Bereich in dem die Falle gleich sind ungleich behandelt Eine Ungleichbehandlung liegt auch vor wenn vergleichbare Falle in dem Bereich wo sie ungleich sind gleich behandelt werden oder in der Weise ungleich behandelt werden dass mit der Behandlung den Unterschieden nicht angemessen Rechnung getragen wird Beispiele hierfur waren etwa die Heranziehung Pflichtversicherter in der Gesetzlichen Krankenversicherung nach ihrem Einkommen zu unterschiedlich hohen Beitragen die Regelungen zur Selbstanzeige und zum Eintrag des akademischen Grad Dr gemass Pass bzw Personalausweisgesetz 1 und 4 Verfassungsrechtliche Rechtfertigung BearbeitenDas Bundesverfassungsgericht arbeitete im Arbeitslosenhilfeurteil vom 17 November 1992 10 heraus Der Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG verbietet es dass eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen konnten 11 Die rechtliche Unterscheidung muss also in sachlichen Unterschieden eine ausreichende Stutze finden Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung erfolgt der neueren Rechtsprechung zufolge nach unterschiedlichen Kriterien je nachdem ob es sich um die schlichte Ungleichbehandlung von Sachverhalten oder um die Ungleichbehandlung von Personen oder von Personengruppen handelt In jedem Fall muss es einen sachlichen Grund fur die Ungleichbehandlung geben In dem eingangs erwahnten Fall der Erhebung von Sozialversicherungsbeitragen nach dem Einkommen des Versicherten ware das beispielsweise die unterschiedliche Leistungsfahigkeit des Betroffenen wobei auch soziale Gesichtspunkte etwa die Zahl der Kinder des Betroffenen eine Rolle spielen konnen Die neuere Rechtsprechung differenziert aber weitergehend nach der Art der Ungleichbehandlung Es werden unterschiedliche Kriterien herangezogen je nachdem ob es sich um eine schlichte Ungleichbehandlung von Sachverhalten oder von Personen nach personenbezogenen Kriterien handelt Ungleichbehandlung von Sachverhalten Willkurverbot Bearbeiten Bei der schlichten Ungleichbehandlung von Sachverhalten gilt das allgemeine Willkurverbot Art 3 Abs 1 GG Der Staat darf nicht willkurlich wesentlich Gleiches ungleich beziehungsweise wesentlich Ungleiches gleich behandeln Es muss hierfur ein Differenzierungskriterium vorliegen Dieses fehlt nach einer vielfach verwandten Formel der Rechtsprechung wenn sich ein vernunftiger sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst sachlich einleuchtender Grund fur die staatliche Massnahme nicht finden lasst So ist es willkurlich wenn die Behorde bei der Anwendung einer Norm von selbst gesetzten Entscheidungskriterien aus der Vergangenheit in einem Einzelfall abrucken will Die Verwaltungspraxis der Vergangenheit bei der Ausfullung von Handlungsspielraumen Ermessen bindet die Verwaltung auch fur die Zukunft Aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz resultiert fur den einzelnen Burger ein Anspruch auf gleiche Behandlungsweise gemass diesen Entscheidungskriterien Sein Fall darf nicht anders gehandhabt werden als der bzw die vorherigen Falle Dabei ist zu bedenken dass der Gesetzgeber in weitem Umfang politische Spielraume hat gesetzgeberisches Ermessen Der Gesetzgeber hat zunachst eine Zwecksetzungskompetenz bei der Wahl des zu verfolgenden Ziels und er hat eine Einschatzungsprarogative bei der Auswahl des richtigen Mittels zur Verfolgung des von ihm angestrebten Ziels Auch der Satzungsgeber hat ein Satzungsermessen 12 das aber viel enger gefasst ist weil der formelle Gesetzgeber gemass Art 20 Abs 3 GG an die verfassungsmassige Ordnung gebunden ist wahrend der Satzungsgeber das Recht vollzieht Die Satzung muss sich immer im Rahmen der Satzungsermachtigung halten die der formliche Gesetzgeber vorgegeben hat Weitere Bindungen des formlichen Gesetzgebers ergeben sich bei der untergesetzlichen Rechtsetzung aus der sogenannten Wesentlichkeitstheorie Soweit die jeweiligen Ermessens und Einschatzungsspielraume reichen pruft das Gericht die Entscheidungen des Gesetz oder des Satzungsgebers nicht mehr nach Insoweit ist also die gerichtliche Kontrolldichte beschrankt Selbstbindung der Verwaltung Bearbeiten Besteht fur die staatliche Verwaltung ein Ermessensspielraum oder ein Beurteilungsspielraum so erstreckt sich der Gleichheitssatz auf die sogenannte Selbstbindung der Verwaltung Eine Behorde muss demnach soweit sich eine Verwaltungspraxis gebildet hat tatsachlich gleiche Falle auch rechtlich gleich behandeln Eine allgemeine Anderung der Verwaltungspraxis generell fur die Zukunft bleibt dabei moglich Um uberhaupt von Gleichbehandlung in der Verwaltungspraxis sprechen zu konnen sind entweder mindestens zwei Vergleichsfalle 13 14 oder eine entsprechende Verwaltungsvorschrift notwendig welche haufig im Rahmen unbestimmter Rechtsbegriffe erlassen werden Eine Verwaltungsvorschrift entfaltet nur dann keine faktische Aussenwirkung wenn die Verwaltungspraxis von ihr abweicht Ebenso ist keine Aussenwirkung eingetreten wenn die Verwaltungsvorschrift rechtswidrig ist Ist auch die von der Behorde geubte Verwaltungspraxis rechtswidrig so ist aufgrund der aus Art 20 Abs 3 GG folgenden Verpflichtung der Behorde zu richtiger Rechtsanwendung eine Gleichbehandlung im Unrecht nicht rechtmassig und die Behorde nicht gebunden Der Burger kann sich niemals erfolgreich darauf berufen dass in anderen Fallen auch unrechtmassig gehandelt worden sei Ungleichbehandlung von Personengruppen Neue Formel Bearbeiten Bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen hingegen wendet das Bundesverfassungsgericht seit der Entscheidung zur Praklusion im Zivilprozess 11 die sogenannte Neue Formel an nach dem Berichterstatter in dem Verfahren auch Katzenstein Formel genannt Danach muss fur die Ungleichbehandlung ein Grund von solcher Art und von solchem Gewicht vorhanden sein dass er die Ungleichbehandlung rechtfertigen kann Dabei wird eine strenge Bindung an das Verhaltnismassigkeitsprinzip angenommen Der Betroffene hat sich zunachst einmal auf eine Differenzierung die der Gesetzgeber allgemein vorgibt einzustellen er hat sich den herrschenden Verhaltnissen die die Rechtsordnung generell abstrakt fur alle formuliert anzupassen Je intensiver aber der Eingriff in seine Grundrechte ist je weniger ihm das Ausweichen also moglich ist desto strenger ist hier die Bindung des Staates an das Verhaltnismassigkeitsprinzip Das Bundesverfassungsgericht spricht insoweit von einer abgestuften gerichtlichen Kontrolldichte Bei personenbezogenen Differenzierungen ist regelmassig von einer strengen Bindung des Gesetzgebers und der Verwaltung auszugehen Beispiele aus der Rechtsprechung sind das Urteil zum Transsexuellengesetz 15 oder die Entscheidung zum Nachtarbeitsverbot 16 Insbesondere typisierende Regelungen Bearbeiten Typisierende und pauschalierende Regelungen sind solche Normen die eine Differenzierung zwischen Normadressaten nur auf ein Merkmal stutzen beispielsweise die Besteuerung nach einem bestimmten pauschalen Steuersatz Solche Regelungen sind grundsatzlich zulassig Harten im Einzelfall sind dabei grundsatzlich hinzunehmen Die Grenze sieht das Bundesverfassungsgericht erreicht wenn Harten nicht nur in vereinzelten sondern typischerweise in bestimmten Fallen eintreten und wenn sie nicht nur von unerheblichem Umfang sind Die Anwendung von Art 3 Abs 1 GG zwischen Privaten Bearbeiten Im Normalfall ist der allgemeine Gleichheitssatz nach allgemeiner Ansicht zwischen Privaten nicht anwendbar So kann sich beispielsweise ein Mieter gegenuber dem Vermieter nicht auf Art 3 Abs 1 GG berufen wenn er wie der Nachbar ein Haustier halten mochte was ihm der Vermieter verweigert hat Allgemein lasst sich sagen dass die Grundrechte der Art 1 bis Art 19 GG Abwehrrechte der Burger gegenuber der Staatsgewalt darstellen Aus diesem Grund kann ein Burger auch nur gegenuber der offentlichen Hand Anspruche aus diesen Artikeln erheben Insbesondere im Arbeitsrecht hat das Bundesarbeitsgericht zuruckgehend auf seinen ehemaligen Prasidenten Nipperdey fruher jedoch die unmittelbare Drittwirkung von Art 3 GG zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im bestehenden Arbeitsverhaltnis wie auch zwischen den Tarifvertragsparteien angenommen 17 Spezielle Gleichheitssatze Bearbeiten Neben dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG gibt es noch eine Reihe spezieller Gleichheitssatze die vorrangig sind Art 3 Abs 2 GG Gleichberechtigung von Mannern und Frauen Art 3 Abs 3 GG Verbot der Diskriminierung wegen des Geschlechts der Abstammung der angeblichen Zugehorigkeit zu einer Rasse der Sprache der Heimat und Herkunft des Glaubens der religiosen oder politischen Anschauungen oder einer Behinderung Ein Verbot der Diskriminierung wegen des Vermogens gemass Artikel 2 2 IPwskR wurde in Deutschland bis heute nicht umgesetzt Art 6 Abs 1 GG Schutz von Ehe und Familie Verbot der Schlechterstellung von Eltern oder alleinerziehenden Elternteilen gegenuber Kinderlosen 18 Art 6 Abs 5 GG Recht der unehelichen Kinder auf Gleichstellung mit den ehelichen Kindern Art 11 GG Freizugigkeit der Deutschen im Bundesgebiet begrundet teilweise gleichheitliche subjektive Rechte Art 21 GG Recht auf Gleichbehandlung politischer Parteien im politischen Wettbewerb und bei der politischen Arbeit Art 33 Abs 1 GG Gleiche staatsburgerliche Rechte und Pflichten fur alle Deutschen Art 33 Abs 2 GG Recht aller Deutschen auf gleichen Zugang zu jedem offentlichen Amt nach Eignung Befahigung und fachlicher Leistung Art 33 Abs 3 GG Gleiche burgerliche und staatsburgerliche Rechte unabhangig vom religiosen Bekenntnis Art 38 Abs 1 Satz 1 GG Allgemeinheit und Gleichheit der Wahlen nicht nur des Bundestags sondern aller Gebietskorperschaften In der Diskussion ist ebenfalls die Aufnahme des Merkmales der sexuellen Identitat in den Schutzkatalog des Art 3 Abs 3 GG 19 Wirkungen des Verstosses gegen ein Gleichheitsrecht Bearbeiten Wirkung des Verstosses gegen einen Gleichheitssatz ist grundsatzlich nicht die Nichtigkeit der betreffenden Rechtsnorm Nur fur die untergesetzliche Rechtsetzung besteht eine Verwerfungskompetenz bei den Fachgerichten wahrend formliche Gesetze nur durch das Bundesverfassungsgericht aufgehoben werden konnen Das Bundesverfassungsgericht kassiert ein Gesetz das gegen Artikel 3 GG verstosst aber nicht sondern es erklart das betreffende Gesetz fur mit Art 3 GG unvereinbar und uberlasst es nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung grundsatzlich dem Gesetzgeber eine andere verfassungsmassige Regelung zu treffen Dadurch respektiert das Gericht die Zwecksetzungskompetenz und die Einschatzungsprarogative des Gesetzgebers die dem Gericht nicht zusteht Das Gericht kann dem Gesetzgeber allerdings zur Neuregelung eine Frist setzen und fur die Zwischenzeit eine Ubergangsregelung setzen Problem ist hierbei wie eingehend die Vorgaben des Gerichts ausfallen durfen sog judicial self restraint Die Unvereinbarkeit der Bestimmung wird im Bundesgesetzblatt verkundet Nur ganz ausnahmsweise ist das Bundesverfassungsgericht berechtigt selbst eine Regelung anstelle der gesetzlichen Regelung zu setzen namlich wenn nur eine einzige Moglichkeit der Neuregelung in Betracht kame Osterreich BearbeitenIm osterreichischen Verfassungsrecht ist der Gleichheitssatz in Art 7 des Bundes Verfassungsgesetzes B VG und Art 2 des Staatsgrundgesetzes 1867 als Staatsburgerrecht verankert Er verpflichtet den Staat grob gesprochen gleiches gleich ungleiches ungleich zu behandeln Dies bedeutet fur den einfachen Gesetzgeber das Verbot einer sachlich nicht gerechtfertigten Bevorzugung oder Benachteiligung von bestimmten Personen gruppen Die Verwaltung und die Gerichte haben die Rechtsnormen sachlich und ohne Willkur zu vollziehen Verstosse gegen den Gleichheitssatz konnen von Betroffenen in Verwaltungsangelegenheiten mittels Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof VfGH geltend gemacht werden In Angelegenheiten die von ordentlichen Gerichten erledigt werden konnen Betroffene derzeit nicht selbst den VfGH anrufen ausser in jenen Fallen in denen der Gerichtsweg unzumutbar z B wegen Strafdrohung ist Es gibt seit dem 1 Janner 2015 die Moglichkeit eines Subsidiarantrages auch Parteiantrag genannt Es kann jede Person die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung einer verfassungs bzw gesetzwidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels einen Antrag auf Prufung der betreffenden Norm beim VfGH stellen Art 139 Abs 1 Z 4 B VG und Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B VG Eine Entscheidung des VfGH in dieser Sache z B Aufhebung der verfassungswidrigen Norm bindet die Rechtsmittelinstanz dann in ihrer Entscheidung Als besondere Ausgestaltung des Gleichheitsgrundsatzes wird im Zivilprozess der Grundsatz der Waffengleichheit angesehen Er bedeutet dass beiden Parteien des Prozesses gleichwertige Moglichkeiten in der Rechtsverfolgung zur Verfugung stehen mussen 20 Schweiz BearbeitenIn der Schweiz ist die Rechtsgleichheit in Art 8 der Bundesverfassung als Grundrecht verankert Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich Allerdings gilt dieses Prinzip nicht uneingeschrankt Art 36 der Verfassung sieht auch Einschrankungen von Grundrechten im offentlichen Interesse vor sofern sie eine gesetzliche Grundlage besitzen Liechtenstein BearbeitenDer allgemeine Gleichheitssatz wird von Art 31 Abs 1 Satz 1 LV Verfassung des Furstentums Liechtenstein vom 5 Oktober 1921 gewahrleistet Er lautet Alle Landesangehorigen sind vor dem Gesetze gleich Vereinigte Staaten BearbeitenDer allgemeine Gleichheitssatz wird im 14 Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten verankert Siehe auch BearbeitenAllgemeines Gleichbehandlungsgesetz Gleichbehandlungsrichtlinie der Europaischen UnionLiteratur BearbeitenLerke Osterloh Kommentierung zu Art 3 GG In Michael Sachs Hrsg Grundgesetz Kommentar 3 Auflage Beck Munchen 2003 ISBN 3 406 49233 9 Michael Sachs Die Massstabe des allgemeinen Gleichheitssatzes Willkurverbot und sogenannte neue Formel In Juristische Schulung 1997 ISSN 0022 6939 S 124 130 Simon Kempny Philipp Reimer Die Gleichheitssatze Versuch einer ubergreifenden dogmatischen Beschreibung ihres Tatbestands und ihrer Rechtsfolgen Mohr Siebeck Tubingen 2012 ISBN 978 3 16 152230 7 Reinhold Zippelius Gerhard Muller Der Gleichheitssatz In Veroffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 1989 S 7 ff 37 ff S 7 ff auch in Zippelius Recht und Gerechtigkeit in der offenen Gesellschaft 2 Aufl 1996 Kap 26 Sebastian Glock Der Gleichheitssatz im Europaischen Recht Eine rechtsvergleichende Analyse unter Berucksichtigung der Rechtsprechung in ausgewahlten Mitgliedstaaten der Europaischen Union des EGMR und des EuGH Stuttgart Univ Diss 2007 Volltext online Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Gleichheitsrecht Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Art 3 GG dejure mit Rechtsprechung Einzelnachweise Bearbeiten Kurt Raaflaub Entdeckung der Freiheit 1985 S 115 f Aristoteles Nikomachische Ethik Buch V Kap 3 S 1131 a 22 29 Aristoteles Politik Buch VI S 1317 b 16 17 Barbara Lich Die Geschichte der Gleichheit Memento vom 8 Mai 2016 im Internet Archive Artikel vom 15 Januar 2007 im Portal fluter de Magazin der Bundeszentrale fur politische Bildung abgerufen am 3 Januar 2014 Agnes Heller Freiheit Gleichheit und Bruderlichkeit in Kants Kritik der Urteilskraft In Kant und die Berliner Aufklarung De Gruyter 2014 ISBN 978 3 11 087412 9 S 300 312 doi 10 1515 9783110874129 300 html degruyter com abgerufen am 24 April 2023 Ernst Rudolf Huber Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789 Nachdruck der 2 verb Aufl mit erg W Kolhhammer Stuttgart 1975 ISBN 3 17 002501 5 S 821 Simon Kempny Die Staatsfinanzierung nach der Paulskirchenverfassung Eine Untersuchung des Finanz und Steuerverfassungsrechts der Verfassung des deutschen Reiches vom 28 Marz 1849 Tubingen 2011 ISBN 978 3 16 150814 1 S 35 ff 182 ff Jarass in Jarass Pieroth GG Kommentierung zu Art 3 GG a b Allgemeiner Gleichheitssatz Art 3 I GG Jura Online 11 Juni 2016 abgerufen am 2 April 2020 BVerfG Urteil des Ersten Senats vom 17 November 1992 Az 1 BvL 8 87 BVerfGE 87 234 255 a b BVerfG Beschluss vom 7 Oktober 1980 Az 1 BvL 50 89 79 1 BvR 240 79 BVerfGE 55 72 Praklusion I Fritz Ossenbuhl Satzung In Josef Isensee Paul Kirchhof Hrsg Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland HbStR Band 5 Rechtsquellen Organisation Finanzen 3 vollig neubearb u erw Aufl C F Muller Heidelberg 2007 ISBN 978 3 8114 5522 1 105 S 353 384 377 ff Dr Angelika Gunzel Universitat Trier Losungsskizze zur Ubungsklausur vom 27 Januar 2010 u a zu Artikel 3 I GG Selbstbindung der Verwaltung Problem der Verwaltungspraxis Seite 6 Lars Wiesehahn Das europaische Telekommunikationsrecht und seine Umsetzung in Deutschland LIT Verlag Munster 2008 ISBN 978 3 8258 1471 7 S 103 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche BVerfG Beschluss vom 26 Januar 1993 Az 1 BvL 38 40 43 92 BVerfGE 88 87 Transsexuelle II BVerfG Urteil vom 28 Januar 1992 Az 1 BvR 1025 82 1 BvL 16 83 und 10 91 BVerfGE 85 191 Nachtarbeitsverbot Dieter Fabisch Die unmittelbare Drittwirkung der Grundrechte im Arbeitsrecht Lang Frankfurt am Main 2010 ISBN 978 3 631 61288 0 S 188 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche BVerfG Beschluss vom 16 Marz 2005 Az 2 BvL 7 00 BVerfGE 112 268 279 Art 6 Abs 1 GG enthalt einen besonderen Gleichheitssatz der untersagt Eltern oder alleinerziehende Elternteile gegenuber Kinderlosen schlechter zu stellen vgl BVerfGE 99 216 232 Karl Marxen Aber doch nicht in der Offentlichkeit Schutz der sexuellen Identitat im Grundgesetz PDF 557 kB Forum Recht 2009 Heft 4 S 126 128 Deixler Hubner Klicka Zivilverfahren LexisNexis ARD Orac 4 Auflage S 10 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Normdaten Sachbegriff GND 4071878 5 lobid OGND AKS LCCN sh85044505 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gleichheitssatz amp oldid 236677214