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Die Gewohnliche Osterluzei oder Aufrechte Osterluzei Aristolochia clematitis ist eine Pflanzenart die zur Familie der Osterluzeigewachse Aristolochiaceae gehort Gewohnliche OsterluzeiGewohnliche Osterluzei Aristolochia clematitis SystematikMagnoliidsOrdnung Pfefferartige Piperales Familie Osterluzeigewachse Aristolochiaceae Unterfamilie AristolochioideaeGattung Pfeifenblumen Aristolochia Art Gewohnliche OsterluzeiWissenschaftlicher NameAristolochia clematitisL Inhaltsverzeichnis 1 Wortherkunft 2 Beschreibung 3 Okologie 4 Vorkommen und Gefahrdung 5 Medizinische Bedeutung 5 1 Historische Verwendung als Heilpflanze 5 2 Frauengold 5 3 Inhaltsstoffe 5 4 Vergiftungen 6 Brauchtum 7 Trivialnamen 8 Bilder 9 Quellen 9 1 Einzelnachweise 9 2 Literatur 10 WeblinksWortherkunft BearbeitenDer Pflanzenname Osterluzei uber fruhneuhochdeutsch ōsterlutzye und mittelhochdeutsch ostirlucie stammt unter Anlehnung an heimisches Wortgut von althochdeutsch astrinza astrenza das sich aus mittellateinisch aristologie astrolocia lateinisch auch aristologia 1 entwickelte und daruber von griechisch aristolocheia bestes Gebaren herruhrt da die Pflanze gemass Dioskurides und Plinius den Wochnerinnen beim Abgang der Nachgeburt helfen soll 2 Beschreibung Bearbeiten nbsp Illustration der Blute der Osterluzei mit Langsschnitt aus Otto Wilhelm Thome Flora von Deutschland Osterreich und der Schweiz Gera 1885 nbsp Illustration der Blute der Osterluzei mit Langsschnitt aus Meyers Konversationslexikon von 1888 Die Gewohnliche Osterluzei ist eine ausdauernde krautige Pflanze die Wuchshohen von 30 bis 100 Zentimeter erreicht Die kriechende Sprossachse bricht leicht Das Rhizom ist reich verzweigt und im Boden weithin kriechend Die Pflanze verstromt einen merkwurdigen leicht fruchtigen Geruch Die Laubblatter sind langgestielt tief ausgebuchtet und herzformig Die Blutezeit erstreckt sich in Europa von Mai bis Juni In den Achseln der oberen Blatter stehen zwei bis acht Bluten zusammen Die eigenartige Blutenform ist besonders auffallend Die gestielten zygomorphen zwittrigen Bluten sind gelb Sie sind oben tutenformig gehen in eine innen mit nach unten stehenden Haaren bedeckte Blutenrohre uber die sich dann unten zu einem Blutenkessel bauchig erweitert Die Bluten sind eine Falle fur besuchende Insekten die durch die Behaarung der Blutenrohre gefangen gehalten werden Nachdem die Blute bestaubt wurde erschlaffen diese Haare und die wiederum mit Blutenstaub beladenen Insekten konnen wieder entweichen Die vielsamige Kapselfrucht ist anfangs grun spater schwarz mit einem Durchmesser von 1 bis 2 Zentimetern Die Chromosomenzahl betragt 2n 14 3 Okologie BearbeitenDie Gewohnliche Osterluzei ist ein Rhizom Geophyt Vegetative Vermehrung erfolgt reichlich durch das Rhizom 4 Blutenokologisch handelt es sich um Kesselfallen vom Typ der Gleitfallenblumen sie sind vorweiblich und haben einen widerlichen Geruch Das Perigon besteht aus dem basalen Kessel der unter der Rohre steht und der oberseits eine durch Wachs glatte Lippe tragt Besucher sind besonders kleine Zweiflugler vor allem Zuckmucken der Gattung Ceratopogon die abrutschen und uber die nach unten gerichteten Reusenhaare in den Kessel fallen Die Reusen welken erst nach Bestaubung der Narben etwa nach zwei Tagen Bis dahin werden die Insekten durch bereitgestellten Nektar am Leben gehalten Auch spontane Selbstbestaubung ist moglich 4 Die im reifen Zustand uberhangenden sich mit Langsrissen offnenden Kapselfruchte fungieren als Windstreuer Die schwammigen Samen haben eine hautige Aussenschicht die als schirmartiges Flugorgan zur Windausbreitung als Ballonflieger dient Fruchtreife ist von September bis Oktober aber der Fruchtansatz ist nur gering 4 Spezialisiert auf die Osterluzei als Futter ist die Raupe des Osterluzeifalters 4 Vorkommen und Gefahrdung BearbeitenDas Verbreitungsgebiet der Gewohnlichen Osterluzei umfasst die Lander Spanien Portugal Frankreich Belgien die Niederlande Deutschland Danemark Tschechien Polen die Schweiz Osterreich Liechtenstein Italien Korsika Sizilien Kroatien Slowenien Serbien Ungarn Slowakei Moldawien Bosnien Herzegowina Montenegro Albanien Mazedonien Bulgarien Griechenland Rumanien Ukraine die europaische und asiatische Turkei Aserbaidschan und Georgien 5 Die Gewohnliche Osterluzei ist ursprunglich im Mittelmeerraum beheimatet und findet sich heute durch Verwilderungen in ganz Mitteleuropa an warmeren Standorten zum Beispiel im Bereich von Weinbergen Boschungen und Auwaldern 6 Sie ist in Europa ziemlich weit verbreitet aber wahrscheinlich nicht ursprunglich moglicherweise durch Weinbau eingeschleppt und tritt stellenweise sehr haufig auf Weinberge Gebusche Hecken Zaune Feldrander In Mitteleuropa kommt sie in Gesellschaft des Urtico Aegopodietum aus dem Verband Aegopodion vor aber auch im Querco Ulmetum des Verbands Alno Ulmion und in Gesellschaften der Verbande Berberidion oder Fumario Euphorbion 3 In Osterreich gilt die Gewohnliche Osterluzei in den Bundeslandern Burgenland Wien Niederosterreich der Steiermark Karnten Oberosterreich und Vorarlberg in letzteren beiden nur sehr selten anzutreffen als alteingeburgert Im Rheintal den Karntner Bergen und dem nordlichen Alpenvorland gilt sie als gefahrdet 6 Die Gewohnliche Osterluzei steht in mehreren Bundeslandern in Deutschland auf der Roten Liste gefahrdeter Arten Die okologischen Zeigerwerte nach Landolt et al 2010 sind in der Schweiz Feuchtezahl F 3 feucht Lichtzahl L 3 halbschattig Reaktionszahl R 4 neutral bis basisch Temperaturzahl T 4 warm kollin Nahrstoffzahl N 4 nahrstoffreich Kontinentalitatszahl K 4 subkontinental 7 Medizinische Bedeutung BearbeitenHistorische Verwendung als Heilpflanze Bearbeiten Die Osterluzei Arten Aristolochia spec dienten seit dem Altertum als Heilpflanzen zum Beispiel zur Behandlung von Wunden So empfahlen griechische und romische Arzte unterschiedliche Aristolochia Arten auch als Mittel gegen Schlangenbisse 8 Auch die nordamerikanischen Indianer sollen diese Pflanzenarten zu diesem Zweck eingesetzt haben Der Gattungsname Aristolochia geht auf die griechischen Worte aristos sehr gut das Beste und locheios zum Gebaren gehorig zuruck und deutet auf die Anwendung im Altertum hin Die Wirkstoffe der Pflanze sollen die Geburt erleichtern und beschleunigen So schreibt der griechische Arzt Pedanios Dioscurides im 1 Jahrhundert in seiner Arzneimittellehre Die Aristolochia tragt ihren Namen daher weil sie Wochnerinnen helfen soll Aufgrund der Wehen einleitenden Wirkung galt diese Pflanzenart auch als Abtreibungsmittel jedoch war hierbei die Gefahr einer Vergiftung gross In der Homoopathie wurden Praparate aus der Pflanze nicht nur fur verschiedene gynakologische Indikationen sondern auch als innerliches und ausserliches Wundheilmittel eingesetzt Weiters wurden damit chronische Geschwure behandelt 9 In Deutschland wurden im Zuge eines Stufenplanverfahrens vom 3 Juni 1981 alle Human und Tierarzneimittel die unter Verwendung Aristolochiasaure haltiger Pflanzen hergestellt werden als bedenklich eingestuft und deren arzneimittelrechtliche Zulassung wurde widerrufen Dies gilt auch fur Registrierungen Homoopathischer Arzneimittel bis zur Potenzstufe D10 Damit sind Arzneimittel mit Osterluzei nicht mehr verkehrsfahig 10 Frauengold Bearbeiten Wirkstoffe der Osterluzei namentlich Aristolochiasauren fuhrten zum Verbot des Tonikums Frauengold des Karlsruher Unternehmens Homoia durch das Bundesgesundheitsministerium 1981 Inhaltsstoffe Bearbeiten Die Wurzeln der Osterluzei enthalten bis zu einem Prozent fluchtiger wasserunloslicher giftiger Aristolochiasauren der Gehalt in den Blattern liegt bei maximal 0 03 Wesentlich hoher ist ihr Anteil im Rhizom und den Wurzeln bis zu 0 7 und in den Samen bis zu 0 43 11 Die Aristolochiasauren gelten als nierenschadigend und krebserzeugend 12 Weitere Inhaltsstoffe sind 0 4 atherische Ole Gerbstoffe und Clematinin Alkaloide und Saponine sind nicht vorhanden Vergiftungen Bearbeiten In Labor und epidemiologische Studien konnte die Giftigkeit pflanzlicher Zubereitungen die Pflanzenbestandteile von Aristolochia Arten enthalten nachgewiesen werden So hat die Internationale Agentur fur Krebsforschung IARC solche Praparate als fur den Menschen karzinogen krebserregend eingestuft 13 Karzinogen der Kategorie 1 Daruber hinaus konstatierte die IARC eine nierenschadigende Wirkung von Aristolochia Mixturen die nicht unerhebliche Mengen der giftigen Aristolochiasauren enthalten konnen In Tierversuchen bei denen hohe Dosen dieser Substanzen verabreicht wurden erlitten die Tiere neben schwerwiegenden Nephrosen auch Atrophien der Milz und des Thymus Magengeschwure gefolgt von Hyperplasien und Hyperkeratosen Ausserdem ist Aristolochiasaure ein ausgesprochenes Kapillargift und verursacht im Magendarmkanal und zwar auch nach parenteraler Zufuhr ahnliche Wirkungen wie Colchicin Zudem fuhrt es zu Hyperamie im kleinen Becken zu Menorrhagie und es kann bei Trachtigkeit bzw Schwangerschaft auch Abort herbeifuhren Resoptiv wirkt Aristolochiasaure zentral erst erregend dann lahmend Vergiftungserscheinungen bei Tieren beobachtet sind Erbrechen Gastroenteritis Krampfe Pulsbeschleunigung Blutdrucksenkung Tod im Koma durch Atemlahmung Mit Aristolochiasaure verunreinigtes Mehl gilt heute als der seit vielen Jahren gesuchte Ausloser der 1956 in Bulgarien erstmals beschriebenen Balkan Nephropathie einer ausschliesslich in landlichen Gegenden des Balkans vorkommenden Krankheit die zu einer typischen Form des Nierenversagens fuhrt In den betroffenen Regionen findet sich die Osterluzei als haufiges Unkraut in den Getreidefeldern Vermutlich werden die ebenfalls giftigen Samen der Pflanze zusammen mit den Getreidekornern geerntet und gemeinsam mit diesen zu Mehl verarbeitet was haufig noch in den Dorfmuhlen geschieht Von diesen beziehen die meist bauerlichen Familien das mit der Aristolochiasaure kontaminierte Mehl welches sie zu Brot und Ahnlichem weiterverarbeiten Durch den Verzehr der verunreinigten Backwaren entsteht eine schleichende Vergiftung die sich schliesslich in dem beschriebenen Krankheitsbild aussert welches durch ein fortschreitendes Nierenversagen ohne den damit sonst meist einhergehenden Bluthochdruck gekennzeichnet ist Daruber hinaus haben die Betroffenen ein ungewohnlich hohes Risiko an Krebserkrankungen der oberen Harnwege zu erkranken 14 15 16 Brauchtum BearbeitenDie Osterluzei ist regional Bestandteil eines Pflanzengebindes bei der Krauterweihe die in manchen katholischen Gegenden an Maria Himmelfahrt in der Kirche gefeiert wird Trivialnamen BearbeitenFur die Osterluzei sind oder waren zum Teil nur regional auch folgende weitere Trivialnamen verwendet Bruchwurzel Fobwurz Schwaben Hynschkraut Kynschwurzel Loffelchrut St Gallen Osterloutzie mittelhochdeutsch Osterlizeiachrut St Gallen Werdenberg Osterlotzie Osterlucey Osterluceye Osterlunz Osterlutz Osterluzi Ramy Siebenburgen Rebling Sarasine Saracenkraut Wildweinranken Wolfskraut Zaunling Zeiachrut St Gallen Werdenberg 17 und Biberkraut 18 Bilder BearbeitenGewohnliche Osterluzei Aristolochia clematitis nbsp Unreife Fruchte nbsp Reife Frucht nbsp Geoffnete reife Frucht nbsp Blatt nbsp Osterluzei den Boden bedeckend nbsp Beim Austreiben am Standort im Tauberland nbsp Blutenstand nbsp Aristolochia clematitis Museum specimenQuellen BearbeitenEinzelnachweise Bearbeiten Vgl etwa Wouter S van den Berg Hrsg Eene Middelnederlandsche vertaling van het Antidotarium Nicolai Ms 15624 15641 Kon Bibl te Brussel met den latijnschen tekst der eerste gedrukte uitgave van het Antidotarium Nicolai Hrsg von Sophie J van den Berg N V Boekhandel en Drukkerij E J Brill Leiden 1917 S 201 f Friedrich Kluge Alfred Gotze Etymologisches Worterbuch der deutschen Sprache 20 Auflage Hrsg von Walther Mitzka De Gruyter Berlin New York 1967 Neudruck 21 unveranderte Auflage ebenda 1975 ISBN 3 11 005709 3 S 526 a b Erich Oberdorfer Pflanzensoziologische Exkursionsflora fur Deutschland und angrenzende Gebiete 8 Auflage Verlag Eugen Ulmer Stuttgart 2001 ISBN 3 8001 3131 5 Seite 325 a b c d Ruprecht Dull Herfried Kutzelnigg Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Lander Die haufigsten mitteleuropaischen Arten im Portrat 7 korrigierte und erweiterte Auflage Quelle amp Meyer Wiebelsheim 2011 ISBN 978 3 494 01424 1 E Nardi 2009 Aristolochiaceae In Euro Med Plantbase the information resource for Euro Mediterranean plant diversity Datenblatt Aristolochia a b Manfred A Fischer Karl Oswald Wolfgang Adler Exkursionsflora fur Osterreich Liechtenstein und Sudtirol 3 verbesserte Auflage Land Oberosterreich Biologiezentrum der Oberosterreichischen Landesmuseen Linz 2008 ISBN 978 3 85474 187 9 S 260 Aristolochia clematitisL In Info Flora dem nationalen Daten und Informationszentrum der Schweizer Flora Abgerufen am 11 Marz 2022 Heinrich Diehl Hans Moser Die Osterluzei als Wundheilmittel In Munchener medizinische Wochenschrift Band 81 1934 S 473 f Julius Metzger Homoopathische 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