www.wikidata.de-de.nina.az
Der Kessel von Gundestrup danisch Gundestrupkarret ist ein reich verzierter silberner Kessel aus der Latenezeit 5 bis 1 Jahrhundert v Chr mit einem Durchmesser von 69 cm und einer Hohe von 42 cm Er wurde 1891 im Raevemose Fuchsmoor gefunden einem Torfmoor nahe Gundestrup nordlich des Borremose im jutlandischen Himmerland in Danemark Er befindet sich heute im Danischen Nationalmuseum in Kopenhagen Der Kessel von GundestrupDer Kessel ist ein Beispiel handwerklicher und kunstlerischer Treibkunst Der dekorative Schmuck der Platten des Kessels zeigt Darstellungen aus der keltischen Mythologie Gotterbilder und Rituale Die Arbeit selber ist eher den Thrakern zuzuordnen 1 wobei allerdings mangels unmittelbarer Vergleichsstucke die Einordnung unsicher ist 2 Aufgrund der Materialwahl und durch Analyse des Bienenwachses das an mehreren Stellen der Platten gefunden wurde nimmt man inzwischen mit gewisser Sicherheit an dass der Kessel ursprunglich aus dem Gebiet der unteren Donau oder vom oberen Balkan stammt Demnach wurde die Herstellung zwar von Kelten beauftragt aber von Thrakern durchgefuhrt Inhaltsverzeichnis 1 Entdeckung und Rekonstruktion 2 Motive 2 1 Bodenplatte 2 2 Aussenplatten 2 3 Innere Platten 3 Interpretation 4 Weiteres 5 Siehe auch 6 Weblinks 7 Literatur 8 EinzelnachweiseEntdeckung und Rekonstruktion BearbeitenDer Kessel wurde demontiert und in einem trockenen Teil eines Torfmoores abgelegt wo er 1891 wiedergefunden wurde Wahrend Sophus Muller 3 noch davon ausging dass der zerlegte Kessel sichtbar deponiert worden sei wurde dies spater aufgrund des guten Erhaltungszustandes des Eisens vom Kesselrand bezweifelt 1 Von den Platten aus denen der Kessel zusammengesetzt war sind dreizehn erhalten eine runde funf langere Rechtecke und sieben kurzere Rechtecke Ein weiteres kleineres Rechteck fehlt Die Platten bestehen aus fast reinem Silber 97 einige Teile sind vergoldet Der Kessel wurde vor der Deponierung absichtlich zerstort Die Bildplatten und ein Randfragment lagen auf dem Kesselboden Es fehlen ein Griff eine vermutete achte aussere Platte und der grosste Teil des Randes Die Platten zeigen Abnutzungsspuren und andere Beschadigungen Der danische Archaologe Sophus Muller rekonstruierte den Kessel 1892 in seiner heutigen Form mit den funf langeren Platten im Inneren den sieben kurzeren an der Aussenseite und der runden Platte als Boden Er benannte die Platten nach den Nummern der Tafeln seiner Publikation als VI bis XIV 3 Im Jahr 1950 bezeichnete Ole Klindt Jensen 1918 1980 die inneren Platten mit Grossbuchstaben A E die ausseren mit Kleinbuchstaben a g Motive BearbeitenBodenplatte Bearbeiten Die runde Bodenplatte wird von einem Stier dominiert Uber ihm befindet sich eine Frau 4 Gottin oder Priesterin mit Speer offensichtlich im Begriff den Stier zu toten Ein Hund uber dem Kopf des Stiers und ein weiterer unter seinen Hufen vervollstandigen das Ensemble Aussenplatten Bearbeiten nbsp Aussenplatte g mit Lowenkampf uber der Schulter der weiblichen BusteAuf jeder der sieben Aussenplatten findet sich eine zentral gelegene Buste die wohl eine Gottheit darstellt Die Platten a bis d zeigen bartige mannliche Figuren die anderen drei offenbar weibliche Auf Platte a halt der Bartige in jeder Hand einen viel kleiner gestalteten Mann am Arm Jeder der beiden greift nach oben zu einem kleinen Keiler Unter den Fussen der Manner also auf der Schulter des Gottes sieht man links einen Hund und rechts ein geflugeltes Pferd Der Gott auf Platte b halt in jeder Hand ein Seepferdchen oder einen Drachen Er wurde mit dem irischen Meeresgott Manannan in Verbindung gebracht Platte c zeigt einen Gott der seine leeren Fauste empor streckt Auf seiner rechten Schulter befindet sich ein Mann in boxender Position auf der linken Schulter eine springende Figur mit einem Reiter darunter Auf Platte d befindet sich ein bartiger Gott der in jeder Hand einen Hirsch am hinteren Ende halt Die Gottin auf der Platte e ist flankiert von zwei kleineren mannlichen Figuren Auf Platte f halt die Gottin in ihrer aufgerichteten rechten Hand einen Vogel Der linke Arm ist horizontal ausgerichtet und stutzt oder tragt einen Mann und einen Hund der auf seinem Rucken liegt Flankiert wird die Gottin von zwei Raubvogeln an jeder Seite ihres Kopfes Ihr Haar wird gerade von einer kleinen Frau an ihrer rechten Seite geflochten Die Arme der Gottin auf Platte g sind gekreuzt Auf ihrer rechten Schulter findet sich eine Szene in der ein Mann gegen einen Lowen kampft auf der linken wiederum eine springende Figur analog zu Platte c Innere Platten Bearbeiten nbsp Sitzende Figur mit Gehorn Halsband und Schlange in den Handen halten Ausschnitt der InnenseiteAuf den Innenplatten werden bartige mannliche Figuren bartlose mit Brusten ausgestattete weibliche Figuren und Figuren ohne eindeutige Geschlechtsmerkmale dargestellt Platte A Gehornter GottPlatte A zeigt zentral eine Figur mit Gehorn in sitzender Position die vorzugsweise mit dem Gott Cernunnos identifiziert wird Eine weitere mogliche Interpretation ist die Darstellung eines Schamanen die man aus verschiedenen Abbildungen rezenter Volker auch mit ahnlichem Kopfschmuck kennt 5 Dafur spricht auch die rituelle Korperhaltung die fur die Vorbereitung einer schamanischen Seelenreise spricht 6 In der rechten Hand halt Cernunnos oder der Schamane einen Torques in der linken eine gehornte Schlange Links sieht man einen Hirsch mit Geweih sehr ahnlich dem des Gottes und mit dessen Geweih durch eine Blattranke verbunden Weiter findet man rechts des Gottes andere Tiere Hunde Katzen Rinder und eine menschliche Figur die auf einem delfinahnlichen Fisch reitet Die Szenerie wurde oft mit Pashupati dem Herrn der Tiere der Indus Kultur verglichen Eine ahnliche Darstellung eines Mannes mit Schlange und Torques findet sich auf der keltischen Munze Tanzendes Mannlein Delfine fanden sich auch als Wandschmuck der Minoer und der Phonizier so zum Beispiel in Qatna um 1200 v Chr wo offenbar kretische Maler engagiert wurden um die Residenz des Stadtfursten zu verschonern Die Kleidung des Delfinreiters erinnert hingegen stark an dakische Funde Die alteste Verbindung zu einer religiosen Vorstellung stellt jedoch das Grab einer Priesterin dar die aus der rund 6000 Jahre alten Ertebolle Kultur stammt Ihr priesterlicher Schmuck bestand unter anderem aus dem Kopf eines Hirschfelles mit Geweih und verweist darauf dass dieses Motiv bereits seit dem Mesolithikum in Nordeuropa bekannt war Vergleichbare Felszeichnungen sind sowohl in Nordeuropa als auch in Asien entdeckt worden Platte B Gottin mit Radern BlumenHier findet sich eine Gottin flankiert von zwei sechs speichigen Radern sowie mythischen Tieren zwei elefantenahnliche Kreaturen und zwei Greife Unter der Buste der Gottin liegt ein grosser Hund Platte C Zerbrochenes RadPlatte C zeigt einen bartigen Gott der ein zerbrochenes Rad halt Eine kleinere springende Figur mit gehorntem Helm halt ebenfalls den Rand des Rades Unter der springenden Figur befindet sich eine gehornte Schlange Die Gruppe wird von Elefanten und Greifen wie auf Platte B umgeben Der Gott wurde als der irische Dagda identifiziert Die Speichen des Rades sind asymmetrisch dargestellt aber man kann von zwolf Speichen fur das ganze Rad ausgehen das wurde Funden von Streitwagen Begrabnissen entsprechen Platte D Opferung von BullenPlatte D zeigt die Totung von Bullen Drei Bullen sind in einer Reihe dargestellt der rechten Seite zugewandt Jeweils ein Mann mit einem Schwert attackiert die Bullen Unter ihren Hufen rennt je ein Hund nach rechts uber dem Rucken der Bullen finden sich drei Katzen ebenfalls nach rechts gewandt und rennend Platte E Initiation von KriegernAuf Platte E ist offenbar ein Initiationsritus dargestellt Auf der unteren Halfte zieht ein Zug von Kriegern mit Speeren und Schildern und begleitet von Carnyx und Luren Blasern nach links An der linken Seite steht eine grosse Figur die einen Mann in einen Kessel taucht In der oberen Halfte ziehen Krieger nunmehr als Reiter und offensichtlich nach Bestehen der Initiation vom Kessel weg Interessanterweise findet sich in spateren keltischen Mythen das Motiv der Wiederauferstehung toter Krieger aus einem Kessel nbsp Darstellung des Cernunnos nbsp Initiation von KriegernInterpretation BearbeitenDer Kessel von Gundestrup ist der grosste bekannte Fund aus Silber der europaischen Eisenzeit Der Stil und die Ausfuhrung legen eine thrakische Entstehung nahe die Bilderwelt ist jedoch wahrscheinlich im ganzen indogermanischem Raum sowie im Orient verbreitet Das fuhrte zu differierenden Theorien uber den Ursprung des Kessels Anders Bergquist und Timothy Taylor nehmen an dass der Kessel von einem thrakischen Handwerker angefertigt wurde ihrer Meinung nach eventuell im Auftrag der keltischen Skordisker Der Kessel konnte dann uber die Kimbern die um 120 v Chr den mittleren Donauraum Nordwesten Bulgariens und Sudwesten Rumaniens durchzogen nach Norden gekommen sein Dagegen halt Rolf Hachmann den Kessel fur ein gallisches Produkt spataugusteischer Zeit und er wurde nach ihm in der alteren Kaiserzeit deponiert 7 Olmsted interpretiert die Ikonographie als Prototyp der irischen Mythen des Tain Bo Cuailnge dazu die gehornte Figur des Cu Chulainn anstatt des Cernunnos Peter Rocher vertritt die These dass der Kessel im Auftrag germanischer Bastarnen in einer thrakischen Werkstatt aus Silberplatten gefertigt wurde die ursprunglich gar nicht fur einen Kessel bestimmt waren 2 Weiteres BearbeitenEine Imitation des Gundestrupkessels stellt der wahrscheinlich Anfang des 20 Jahrhunderts hergestellte Chiemsee Kessel dar Der Roman Der silberne Kessel von Charlotte Fondraz 8 beschreibt eine Moglichkeit wie der Kessel an die Fundstelle im Raevemose bei Gundestrup gelangte und dort deponiert wurde Er liefert auch eine fiktive Erklarung fur das Fehlen einer Aussenplatte und mehrerer Randstucke Siehe auch BearbeitenGermanen Keltische Kunst Keltischer KesselkultWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Kessel von Gundestrup Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Gundestrup kedlen Danisches Nationalmuseum danisch Gundestrup Cauldron In Celtic Art amp Cultures University of North Carolina englisch detaillierte Beschreibung Ludwig Pauli Silberkessel In Die Kelten in Mitteleuropa Kunst Kultur Wirtschaft Katalog der Salzburger Landesausstellung im Keltenmuseum Hallein Osterreich vom 1 Mai bis 30 September 1980 Amt der Salzburger Landesregierung Abteilung Kultur Salzburg 1980 S 339 Aisling Bronach Gundestrup Cauldron Memento vom 23 Dezember 2012 im Internet Archive In House Shadow Drake englisch private Website zum Ursprung des Kessels und seinem Platz in der keltischen Kultur Cernunnos bei Eichfelder de private Website Literatur BearbeitenOle Klindt Jensen The Gundestrup Bowl A Reassessment In Antiquity Band 33 Nr 131 1959 161 169 doi 10 1017 S0003598X00027447 Garrett S Olmsted The Gundestrup version of Tain Bo Cuailnge In Antiquity Band 50 Nr 198 1976 95 103 doi 10 1017 S0003598X00070836 Jean Jacques Hatt Eine Interpretation der Bilder und Szenen auf dem Silberkessel von Gundestrup In Die Kelten in Mitteleuropa Kunst Kultur Wirtschaft Salzburger Landesausstellung vom 1 Mai 30 September 1980 im Keltenmuseum Hallein Osterreich Amt der Salzburger Landesregierung Kulturabteilung Salzburg 1980 S 68 75 Rudolf Grosse Der Silberkessel von Gundestrup Ein Zeugnis des Lauterungs und Einweihungsweges bei den Kelten 2 wesentlich veranderte Auflage Philosophisch Anthroposophischer Verlag am Goetheanum Dornach 1983 ISBN 3 7235 0296 2 Richard Pittioni Wer hat wann und wo den Silberkessel von Gundestrup angefertigt Osterreichische Akademie der Wissenschaften Philosophisch Historische Klasse Denkschriften Band 178 Osterreichische Akademie der Wissenschaften Veroffentlichungen der Keltischen Kommission Nr 3 Verlag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften Wien 1984 ISBN 3 7001 0669 6 Anders Bergquist Timothy Taylor The origin of the Gundestrup Cauldron In Antiquity Band 61 Nr 231 1987 10 24 doi 10 1017 S0003598X00072446 Rolf Hachmann Gundestrup Studien Untersuchungen zu den spatkeltischen Grundlagen der fruhgermanischen Kunst In Bericht der Romisch Germanischen Kommission Band 71 1990 S 566 903 Frank Falkenstein Anmerkungen zur Herkunftsfrage des Gundestrupkessels In Prahistorische Zeitschrift Band 79 Nr 1 2004 57 88 doi 10 1515 prhz 79 1 57 Digitalisat PDF 8025 MB Svend Nielsen Jan Holme Andersen Joel A Baker Charlie Christensen Jens Glastrup Pieter M Grootes Matthias Huls Arne Jouttijarvi Erling Benner Larsen Helge Brinch Madsen Katharina Muller Marie Josee Nadeau Stefan Rohrs Heike Stege Zofia Anna Stos Tod E Waight The Gundestrup cauldron New Scientific and Technological Investigations In Acta Archaeologica Band 76 Nr 2 2005 1 58 doi 10 1111 j 1600 0390 2005 00034 x Arne Jouttijarvi The Gundestrup Cauldron Metallurgy and Manufacturing Techniques In Materials and Manufacturing Processes 24 960 966 2009 Taylor amp Francis Group LLC Einzelnachweise Bearbeiten a b S Nielsen J Andersen J Baker C Christensen J Glastrup u a The Gundestrup cauldron New scientific and technical investigations In Acta Archaeologica 76 2005 S 1 58 ISSN 0065 101X a b Heidi Peter Rocher Der Silberkessel von Gundestrup Ein Zeugnis keltischer Religion In Offa Band 69 70 Wachholtz Verlag Neumunster 2013 ISBN 978 3 529 01264 8 S 189 199 a b Sophus Muller Det Store Solvkar fra Gundestrup i Jylland In Saertryk af Nordiske Fortidsminder 1892 Meinrad Maria Grewenig Hrsg Die Kelten Druiden Fursten Krieger Das Leben der Kelten in der Eisenzeit vor 2500 Jahren Edition Volklinger Hutte im Springpunktverlag Volklingen 2010 ISBN 978 3 89857 275 0 S 270 Thomas Rolleston Druidism In Van James Hrsg Spirit and Art Pictures of the Transformation of Consciousness Anthroposophic Press Great Barrington MA 2001 ISBN 1 62151 089 1 Kapitel IV 2 Nana Nauwald Felicitas D Goodman und Freunde Ekstatische Trance Rituelle Korperhaltungen und Ekstatische Trance 4 Auflage Binkey Kok Haarlem NL 2010 ISBN 978 90 74597 81 4 S 9 11 18 Rolf Hachmann Gundestrup Studien In Bericht der Romisch Germanischen Kommission Band 71 1990 S 566 903 Jan Bemmann Gude Hahne Altereisenzeitliche Heiligtumer im nordlichen Europa nach den archaologischen Quellen In Heinrich Beck Detlev Ellmers Kurt Schier Hrsg Germanische Religionsgeschichte Quellen und Quellenprobleme Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Erganzungsbande Band 5 Gruyter Berlin u a 1992 ISBN 3 11 012872 1 S 29 68 hier S 35 f Charlotte Fondraz Der silberne Kessel Weltbild Augsburg 2022 ISBN 978 3 9850729 5 8 56 805801 9 579413 Koordinaten 56 48 20 9 N 9 34 45 9 O nbsp Dieser Artikel wurde am 3 Dezember 2005 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kessel von Gundestrup amp oldid 236604290