Koordinaten: 38° 22âČ 55âłÂ N, 38° 21âČ 40âłÂ O
Arslan Tepe | |
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UNESCO-Welterbe | |
Teil des SiedlungshĂŒgels | |
Vertragsstaat(en): | Â TĂŒrkei |
Typ: | Kultur |
Kriterien: | (iii) |
FlÀche: | 4,85 ha |
Pufferzone: | 74,07Â ha |
Referenz-Nr.: | 1622 |
UNESCO-Region: | Europa und Nordamerika |
Geschichte der Einschreibung | |
Einschreibung: | 2021 (Sitzung 44) |
Arslantepe, auch Arslan Tepe, Aslantepe, âLöwenhĂŒgelâ, war eine seit dem 3. Jahrtausend v. Chr. befestigte Siedlung in Kleinasien. Den tĂŒrkischen Namen hat der HĂŒgel nach den hier gefundenen Löwenskulpturen. Der heutige Tell (GrabungshĂŒgel) mit Funden vor allem aus der Bronze- bis in die neo-hethitische Zeit liegt in Ostanatolien, sechs Kilometer nordöstlich der Stadt Malatya. Der SiedlungshĂŒgel hat eine ovale Form, die sich von SĂŒdwesten nach Nordosten erstreckt. Er hat eine OberflĂ€che von etwa 4,5 Hektar und erhebt sich etwa 30 Meter ĂŒber der Umgebung. Der Ort war seit dem 6. Jahrtausend v. Chr. besiedelt, im 2. Jahrtausend v. Chr. gehörte er zum hethitischen GroĂreich und ab dem spĂ€ten 1. Jahrtausend v. Chr. befand sich hier das Zentrum des spĂ€thethitischen Königreichs von Melid.
Funde aus Arslantepe sind seit dem spĂ€ten 19. Jahrhundert bekannt. Ausgrabungen fanden in den 1930er Jahren statt, wobei vor allem die hethitischen Hinterlassenschaften erforscht wurden, sowie seit den 1960er Jahren durch ein italienisches Team, das auch die vor- und frĂŒhgeschichtliche Architektur zum Vorschein brachte. In einer der spĂ€teren Schichten wurden die Skulpturen von Malatya gefunden. Seit Juli 2021 zĂ€hlt der HĂŒgel von Arslantepe zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Geschichte Bearbeiten
Die AusgrabungsstĂ€tte wird in acht ĂŒbereinanderliegende Schichten VIIIâI eingeteilt, wobei Schicht VIII die unterste, Ă€lteste darstellt.
Periode VIII Bearbeiten
Scherben von Keramik vom Halaf- und Ubeid-Typus deuten auf eine Besiedlung bereits im 6. Jahrtausend v. Chr., die Ă€ltesten architektonischen Spuren entstammen jedoch der spĂ€ten Kupfersteinzeit 1â2, den Jahren 4300â3900 v. Chr. Es handelt sich um drei ĂŒbereinanderliegende Schichten von WohnhĂ€usern mit verschiedenen Herdstellen. Die gefundene Keramik ist von einem lokalen Typus, der Ăhnlichkeiten mit derjenigen aus SĂŒdostanatolien (z. B. Oylum HöyĂŒk) zeigt, aber auch auf Verbindungen nach dem oberen Mesopotamien hinweist.
Periode VII Bearbeiten
Diese Phase wird zwischen 3000 und 3400 v. Chr., die spĂ€te Kupfersteinzeit 3â4, datiert. Im Nordosten des HĂŒgels wurden in den 1960er und 1970er Jahren einfache LehmziegelhĂ€user sowie Herdstellen auĂerhalb der GebĂ€ude ergraben. In einem der HĂ€user war eine Wand mit schwarz-weiĂen Dreiecken bemalt. Erwachsene waren in Hockerstellung begraben mit Muscheln und Perlen als Beigaben, Kinder wurden in Töpfen unter den FuĂböden bestattet. Bei neueren Ausgrabungen kam im Westteil der StĂ€tte ein monumentales GebĂ€ude mit 1,2 Meter starken WĂ€nden aus Lehmziegeln zutage, das vermutlich eine Herrscherresidenz darstellt. Es hatte einen groĂen Saal mit vier gemauerten SĂ€ulen und Wandmalereien. SĂŒdwestlich davon befand sich auf einer kĂŒnstlich angelegten Terrasse ein TempelgebĂ€ude (Tempel C). Sein Hauptraum hatte MaĂe von 18 Ă 7,2 Metern und verfĂŒgte ĂŒber eine zentrale Plattform fĂŒr rituelle Mahlzeiten, mehrere Nischen an den Schmalseiten sowie ebenfalls ĂŒber Wandmalereien. Dort und in den umliegenden RĂ€umen wurden groĂe Mengen von industriell gefertigter Keramik und von SiegelabdrĂŒcken gefunden. Die Art der Fertigung weist auf Verbindungen zum Gebiet westlich des Euphrat und der Amuq-Ebene.
Periode VI A Bearbeiten
In dieser Periode, die etwa der spĂ€ten Kupferzeit 5 und der Uruk-Zeit (3350â3000 v. Chr.) entsprach, konzentrierte sich auf dem Arslantepe die politische und ökonomische Macht ĂŒber die Malatya-Ebene. SĂŒdlich von Tempel C, der aufgegeben wurde, entstand ein als Palast bezeichneter Komplex aus mehreren, sich ĂŒber verschiedene Terrassen erstreckenden monumentalen GebĂ€uden, die ĂŒber Korridore und Höfe untereinander verbunden waren. In dem Komplex waren religiöse wie auch administrative Funktionen vereinigt. Dazu gehörten die Tempel A und B, die zwar kleiner als der frĂŒhere Tempel C waren, deren Bedeutung aber durch ihre Lage auf der höchsten Terrasse hervorgehoben wurde. Ein weiterer Teil war ein LagergebĂ€ude, bestehend aus zwei ZentralrĂ€umen und mehreren Seitenkammern. In den seitlichen RĂ€umen wurden zahlreiche Pithoi, KrĂŒge, Schalen und Flaschen gefunden, die der Lagerung gröĂerer Mengen von Waren, hauptsĂ€chlich wohl Nahrungsmittel, dienten. In dem gröĂeren der HauptrĂ€ume fand sich dagegen eine groĂe Zahl von massengefertigten Schalen, die vermutlich zur Verteilung der gelagerten GĂŒter genutzt wurden. Ebenfalls fanden die AusgrĂ€ber SiegelabdrĂŒcke (Bullae), zum Teil von den entsprechenden BehĂ€ltern abgefallen, teilweise auch gestapelt an den WĂ€nden oder in den Ecken, wohl zur Wiederverwendung. Die Verteilung der Waren war also nicht mehr, wie in den vorherigen Perioden, an den Tempel gebunden, sondern wurde nun getrennt davon von einer profanen Instanz vorgenommen. Die SiegelabdrĂŒcke zeigen, dass es schon möglich war, groĂe Warenbewegungen zu organisieren und festzuhalten, auch wenn der Gebrauch der Schrift noch nicht bekannt war.
Bei den TĂŒren, die vom Eingangskorridor in die GebĂ€udetrakte fĂŒhren, sind Figuren in rotem Ocker und Holzkohle an die WĂ€nde gemalt. Die am besten erhaltenen sind zwei Gestalten beiderseits des Lagereingangs, eine mĂ€nnlich, die andere vielleicht weiblich. Die AusgrĂ€berin Marcella Frangipane schlĂ€gt als Deutung Götter oder Schamanen vor. Eine weitere Malerei zeigt ein stilisiertes Ochsengespann.
Die in dem Palastkomplex gefundene Keramik ist gröĂtenteils auf der Töpferscheibe erstellt, in blassen Farben und von guter QualitĂ€t und zeigt nun deutliche EinflĂŒsse aus Mesopotamien beziehungsweise Uruk. Daneben erscheint aber auch handgefertigte rotschwarze Ware, die nach Form, Aussehen und Technik auf anatolische Vorbilder hinweist. Der Ort scheint demnach zu dieser Zeit eine zentrale Rolle im interregionalen Netzwerk zwischen Mesopotamien, Syrien und Anatolien gespielt zu haben.
Einen bemerkenswerten Fund stellen neun Schwerter und zwölf Speerspitzen dar, die aus arsenhaltigem Kupfer hergestellt wurden. Sie zeigen den hohen Stand der Metallverarbeitung in Arslantepe. Bei den Schwertern, deren Griffe zum Teil mit Silbereinlagen verziert sind, handelt es sich um die Àltesten heute bekannten Schwerter.
Periode VI B Bearbeiten
Um 3000 v. Chr. wurde der Palast in einem verheerenden Feuer zerstört, was zum Ende der bisherigen Machtstrukturen fĂŒhrte. In der folgenden Phase der frĂŒhen Bronzezeit 1 (3000â2800 v. Chr.) war der HĂŒgel zunĂ€chst von Gruppen von nomadischen Viehhaltern aus dem ostanatolischen bis transkaukasischen Raum bewohnt. Sie bauten HĂŒtten aus mit Lehm beworfenem Flechtwerk, die Keramik beschrĂ€nkte sich auf handgemachte rot-schwarze Ware. Gelegentlich werden die neuen Bewohner der sĂŒdkaukasischen Kura-Araxes-Kultur zugerechnet. Nach einer Ăbergangszeit zeigt sich jedoch eine erneute Machtkonzentration durch den Bau einer vier Meter dicken Befestigungsmauer um den höchsten Teil, die aus Lehmziegeln auf Steinfundamenten errichtet war. Auch die Siedlung auĂerhalb der Mauern an den HĂ€ngen bestand jetzt wieder aus LehmziegelhĂ€usern mit bis zu drei RĂ€umen. In den RĂ€umen und auf den dazwischenliegenden Höfen konnten landwirtschaftliche TĂ€tigkeiten nachgewiesen werden, aber auch Spuren von Metallverarbeitung. In dieser Zeit taucht auch vermehrt wieder die auf der Töpferscheibe erstellte, helle Keramik der Uruk-Art auf.
Am Anfang dieser Periode, zwischen 3000 und 2900 v. Chr., wurde auĂerhalb der Befestigung das sogenannte Königsgrab angelegt. Es liegt auf der Sohle einer fĂŒnf Meter durchmessenden Grube, die ursprĂŒngliche Tiefe lĂ€sst sich auf Grund von spĂ€teren Ănderungen nicht rekonstruieren. Es handelt sich um ein Steinkistengrab mit einer SeitenlĂ€nge von etwa zwei Metern. Die Kiste enthielt den Leichnam eines Erwachsenen, mit angezogenen Knien auf der rechten Seite liegend. Das Grab war mit reichen Beigaben ausgestattet. Dazu gehörten TongefĂ€Ăe und Schmuck aus Karneol, Bergkristall, Silber und Gold sowie eine Ansammlung von MetallgegenstĂ€nden hinter seinem RĂŒcken. Sie besteht aus Waffen, Werkzeugen und Schmuck aus Arsenkupfer, Kupfer-Silber-Legierungen, Gold und Silber. Im Unterschied zu den Schwertern der Periode VI A handelt es sich bei diesen nicht um ReprĂ€sentationsobjekte, sondern um verwendbare Waffen. Auf der Deckplatte des Grabes wurden vier Skelette von Jugendlichen gefunden. Zwei davon, ein mĂ€nnliches und ein weibliches, lagen am Kopfende des Grabes und waren mit SchmuckstĂŒcken ausgestattet, Kupfernadeln, einem Diadem und einer Haarspirale aus einer Kupfer-Silber-Legierung Ă€hnlich den Grabbeigaben. Möglicherweise handelt es sich hier um Verwandte des Bestatteten. Die anderen beiden, die am FuĂende lagen, waren beide weiblich und trugen keinen Schmuck, vielleicht waren es Bedienstete. Die reiche Ausstattung des Bestatteten sowie die offensichtliche Anwesenheit von Menschenopfern deuten darauf hin, dass es sich um eine hochgestellte Persönlichkeit, wohl einen Herrscher, gehandelt hat.
Periode VI C Bearbeiten
Nachdem die Bauten der letzten Periode durch ein erneutes Feuer zerstört worden waren, war der Siedlungsort zunĂ€chst fĂŒr einige Zeit verlassen. WĂ€hrend der frĂŒhen Bronzezeit II, zwischen 2750 und 2500 v. Chr., siedelten erneut Nomaden auf dem HĂŒgel. Ăhnlich der frĂŒhen Periode VI B hinterlieĂen sie schnell vergĂ€ngliche Bauten. Daneben bauten sie wenige runde LehmhĂŒtten oder, noch seltener, halb unterirdische HĂ€user mit Vorbauten und Abfallgruben. In einer etwas spĂ€teren Phase entstand im höheren Teil ein mehrrĂ€umiges TerrassengebĂ€ude, in dessen rechteckigen RĂ€umen unter anderem hufeisenförmige Herdstellen vorhanden waren. Das GebĂ€ude zeigt auch Spuren von Reparaturarbeiten, sodass es wahrscheinlich ĂŒber lĂ€ngere Zeit von einer Familie oder Sippe bewohnt war, wĂ€hrend auĂerhalb saisonweise die nomadischen Bewohner lebten. Die Keramik war ausschlieĂlich handgemacht, Ă€hnlich der vorherigen rot-schwarzen Ware. Daneben gab es einen Typ von heller, polierter Ware, die mit roten und braunen geometrischen Motiven bemalt war. Mit dieser Periode endete zunĂ€chst die Vormachtstellung des Ortes, die Verbindungen nach Mesopotamien und Syrien wurden aufgegeben zugunsten von Beziehungen nach Ostanatolien.
Periode VI D Bearbeiten
In der frĂŒhen Bronzezeit III, zwischen 2500 und 2000 v. Chr., nahm der Umfang der Siedlung wieder zu. Die HĂ€nge waren bewohnt, und es wurde planvoller und dichter gebaut. Auch AnsĂ€tze von StraĂen, Höfen und KanĂ€len können nachgewiesen werden, ebenso wie WerkstĂ€tten. Die nomadischen Erbauer der halb-unterirdischen RundhĂ€user blieben im Laufe der Zeit fern. Langsam nahm Arslantepe wieder die Rolle der gröĂten und machtvollsten Siedlung der Malatyaebene ein. Ob allerdings auch politische Macht damit verbunden war, ist unklar. Zahlreiche kleinere, autonome Siedlungen auf den HĂŒgeln im Umkreis sprechen eher dagegen. Dies war möglicherweise auch der Grund, dass um die HĂŒgeloberflĂ€che wieder eine mĂ€chtige Befestigungsmauer mit einer starken, halbkreisförmigen Bastion errichtet wurde. Die weiterhin handgemachte Keramik dieser Periode Ă€hnelt in der Herstellung stark der vorherigen. In der Bemalung entwickelte sich ein eigener Stil, der an Objekte aus der Provinz ElazÄ±Ä erinnert. Möglicherweise wurden sie von einer dort ansĂ€ssigen Werkstatt erstellt, die ihre Objekte weitrĂ€umig verteilte.
Periode V Bearbeiten
Diese Periode wird in die mittlere Bronzezeit von 2000 bis 1500 v. Chr. datiert. Aus der ersten Phase (V A1, bis etwa 1750) sind nur wenige Architekturzeugnisse erhalten, da sie bei der spĂ€teren Terrassierung der HĂŒgelkuppe stark zerstört wurden. Erkennbar ist lediglich ein Wohnhaus mit einem groĂen viereckigen Raum, in dem eine hufeisenförmige Herdstelle gefunden wurde. Zahlreiche Webgewichte lassen vermuten, dass auch ein Webstuhl vorhanden war.
In der zweiten Phase (V A2, 1750â1500) machte sich bereits der Einfluss des entstehenden und nach Osten expandierenden hethitischen Reichs bemerkbar. Er Ă€uĂerte sich darin, dass in dem bestehenden Befestigungswall ein imposantes Stadttor mit zwei flankierenden TĂŒrmen entstand, das groĂe Ăhnlichkeiten mit denen von AliĆar und ážȘattuĆĄa aufweist. Der Stadteingang, der frĂŒher im sĂŒdlichen Teil lag, war jetzt nach Nordosten ausgerichtet.
Periode IV Bearbeiten
Diese Periode umfasst die Zeit des hethitischen GroĂreichs in der spĂ€ten Bronzezeit von 1500 bis zu dessen Ende nach 1200 v. Chr. Der Ort war unter dem Namen Mal(i)dija Zentrum eines hethitischen Vasallenstaates, der an der Grenze der assyrischen EinflusssphĂ€re lag. Eine Toranlage blieb etwa an der gleichen Stelle durchgĂ€ngig bestehen. Im Nordosten wurde eine Palastanlage erbaut. Auch eine Galerie mit falschem Gewölbe konnte ergraben werden, Ă€hnlich den Poternen in AliĆar, Alaca und ážȘattuĆĄa. Das Stadttor war ein monumentales GebĂ€ude etwas östlich des vorherigen Eingangs, mit einem rechteckigen Raum mit zwei gegenĂŒberliegenden EingĂ€ngen an seinen LĂ€ngsseiten. Es schloss an eine Lehmziegelmauer auf einem soliden Steinsockel an und erinnerte an die anatolischen Anlagen von AliĆar, ážȘattuĆĄa und Alaca. Die Keramik dieser Periode ist scheibengedreht, poliert und zeigt unterschiedliche Ritzmuster und Bemalungen, die wiederum deutlich auf die zentralanatolische Herkunft verweisen.
Periode IIIâII Bearbeiten
Die hethitische Festung wurde nach dem Ende des GroĂreichs zerstört, wiederaufgebaut und fiel gegen Ende des 2. Jahrtausend v. Chr. nochmals einem Brand zum Opfer. Danach war der Ort fĂŒr einige Zeit zumindest teilweise aufgegeben und nur von durchziehenden Nomaden bewohnt. Ab 1100 v. Chr. wird in assyrischen, babylonischen und urartĂ€ischen Quellen das spĂ€thethitische Reich Melid erwĂ€hnt, das hier sein gleichnamiges Zentrum hatte. In assyrischen Quellen werden sowohl das Land als auch die Stadt gelegentlich als Kammanu bezeichnet. Um 1100 erreichte Tiglat-Pileser I. (1114â1076 v. Chr.) die Unterwerfung Melids, er nahm Geiseln und verlangte einen jĂ€hrlichen Tribut. Nach einer SchwĂ€chephase des assyrischen Reichs wird Melid als nĂ€chstes unter Assurnasirpal II. (883â869 v. Chr.) erwĂ€hnt, der Gesandte in Nimrud empfing. Auch unter Schalmaneser III. (858â824 v. Chr.) war Melid noch tributpflichtig, bis im spĂ€ten 9. Jahrhundert v. Chr. das UrartĂ€ische Reich an Einfluss gewann. Mit dem urartĂ€ischen König Sarduri II. (764â735 v. Chr.) ging ážȘilaruada von Melid eine Allianz gegen Assyrien ein, die jedoch vernichtend geschlagen wurde. Damit begann die Phase der Unterwerfung der spĂ€thethitischen Stadtstaaten unter das assyrische Reich. Mit der Zerstörung der Stadt durch Sargon II. (722â705 v. Chr.) gehörte das Reich Melid nun direkt zum assyrischen Herrschaftsgebiet. König Taráž«unazi von Melid wurde nach Assyrien deportiert und die Stadt an Mutallu von Kummuáž« ĂŒbergeben. Ob Sargons Nachfolger Melid halten konnten und ob eine assyrische Provinz Melid existierte, ist jedoch nicht belegbar.
Architektonisch sind aus dieser Periode mehrere, aufeinander folgende monumentale Toranlagen nachgewiesen, die im Norden des HĂŒgels ĂŒbereinander etwa an der Stelle des frĂŒheren hethitischen Stadttors lagen. Zur jĂŒngsten Anlage gehört das bekannte Löwentor, von dem bei den frĂŒhen Ausgrabungen zwei Löwenskulpturen und zahlreiche Orthostaten mit Reliefs und Inschriften ans Licht kamen. Ein Teil davon war bereits in frĂŒheren Torbauten verwendet worden. Auch die Statue eines Herrschers wurde im Torbereich gefunden, die wahrscheinlich Mutallu von Kummuh darstellt. Auch drei sich ĂŒberlagernde assyrische PalĂ€ste mit einer Entstehungszeit ab 708 v. Chr. konnten ergraben werden.
Aus römisch-byzantinischer Zeit wurden lediglich Reste eines Wohnviertels im Nordosten und stark gestörte Terrassenstrukturen im SĂŒdwesten gefunden. Einzige spĂ€tere Funde sind ein möglicherweise mittelalterlicher Friedhof im sĂŒdwestlichen Bereich und eine Plattform aus Lehmziegeln ĂŒber den assyrischen PalĂ€sten, wahrscheinlich Basis fĂŒr einen tĂŒrkischen Bau des 9. bis 10. Jahrhunderts.
Forschungsgeschichte Bearbeiten
Bereits 1894 beschrieb der britische ArchĂ€ologe David George Hogarth in einem Artikel mehrere reliefierte Steine, von denen einer mit Sicherheit vom HĂŒgel von Arslantepe stammte. 1907 besuchte die Cornell Expedition to Asia Minor der US-amerikanischen Cornell University Malatya, wo sie im Serail Orthostaten mit Inschriften und Reliefs photographierte. Auf dem HĂŒgel fanden sie eine Löwenskulptur. Auch die britische Reisende Gertrude Bell lieferte Bilder der Reliefs. 1927â1928 bereiste der deutsche vorderasiatische ArchĂ€ologe Hans Henning von der Osten im Auftrag des Oriental Institute at Chicago Kleinasien, wobei er sich auch in Malatya aufhielt und die erste topographische Zeichnung der StĂ€tte erstellte, in der er auch den Fundort des Löwen vermerkte. Somit waren von 1894 bis 1932 fĂŒnfzehn reliefierte Orthostaten bekannt geworden, was das Interesse der Wissenschaft auf den Ort lenkte. 1932 bis 1938 fĂŒhrte daraufhin der französische ArchĂ€ologe Louis-Joseph Delaporte die ersten Ausgrabungen auf dem Arslantepe durch. Er untersuchte vorwiegend den Nordostteil des HĂŒgels um die Fundstellen der bekannten Reliefsteine. Dabei legte er das bekannte Löwentor frei, zu dem in situ befindliche Löwenskulpturen sowie zahlreiche weitere bearbeitete Orthostaten gehörten. Den Löwenskulpturen, die zum Teil offen lagen, verdankt der Ort seinen tĂŒrkischen Namen. Unter Zuhilfenahme der bereits bekannten StĂŒcke rekonstruierte er das gesamte ikonographische Programm des Bauwerks. Mit dem Zweiten Weltkrieg kamen die Ausgrabungen zum Erliegen. Nach Kriegsende nahm Claude Schaeffer die Grabungen fĂŒr kurze Zeit (1949â1951) wieder auf. Bei seinen unveröffentlichten Arbeiten legte er unter dem Löwentor eine weitere, Ă€ltere Toranlage frei.
1961 nahm ein italienisches Team der römischen UniversitĂ€t La Sapienza erneut die Ausgrabungen auf, die bis heute (2020) andauern. Die Grabungsleitung hatten zunĂ€chst Salvatore M. Puglisi und Piero Meriggi, dann Puglisi allein. Ihm folgten Alba Palmieri und 1990 schlieĂlich Marcella Frangipane, die die Arbeiten bis heute leitet. ZunĂ€chst wurde in Fortsetzung der französischen Grabungen der Nordostbereich untersucht, wo Schichten bis ins 2. Jahrtausend v. Chr. ans Licht kamen sowie einzelne GebĂ€ude der frĂŒhen Bronzezeit. Von 1968 bis 2006 konzentrierten sich die Grabungsarbeiten dann auf den westlichen und sĂŒdlichen Teil des HĂŒgels, wo unter anderem die Palastanlage des 4. Jahrtausends v. Chr. zutage kam. Seit 2006 werden auch wieder die Nordostbereiche weiter erforscht.
Funde aus Arslantepe wurden bis in die 1970er Jahre in das Museum fĂŒr anatolische Zivilisationen in Ankara gebracht, spĂ€ter ins ArchĂ€ologische Museum Malatya.
Weltkulturerbe Bearbeiten
Seit 2014 stand Arslantepe auf der Tentativliste der UNESCO zur Anerkennung als Weltkulturerbe. Die Aufnahme erfolgte am 26. Juli 2021.
Literatur Bearbeiten
- Louis Delaporte: Malatya: Fouilles de la Mission Archéologique Française. Tome 1,1: Arslantepe, La porte des lions Paris 1940. Digitalisat.
- Federico Manuelli: Gli Hititi e Malitiya. Riflessioni e confronti sul materiale ceramico del periodo hittita imperiale di Arslantepe, in: Stefania Mazzoni (Hrsg.): Studi di archeologia del Vicino Oriente. Scritti degli allievi fiorentini per Paolo Emilio Pecorella, Firenze University Press, Florenz 2012, S. 163â183.
- C. Burney: Arslantepe as a gateway to the highland: a note on periods VI A-VI D. In: M. Frangipane, H. Hauptmann, M. Liverani, P. Matthiae & M. Mellink (Hrsg.) Between the Rivers and over the Mountains, Archaeologica Anatolica et Mesopotamica Alba Palmieri dedicata. Rom 1993, S. 311â317.
- M. Frangipane, Alba Palmieri: Urbanisation in Perimesopotamian areas, the case of Eastern Anatolia. In: L. Manzanilla (Hrsg.): Studies in the Neolithic and Urban revolutions, BAR Internat. Series 349, Oxford 1987, S. 295â318.
- Alba Palmieri, K. Sertok, E. Chernykh: From Arslantepe metalwork to arsenical copper technology in Eastern Anatolia. In: M. Frangipane, H. Hauptmann, M. Liverani, P. Matthiae & M. Mellink (Hrsg.) Between the Rivers and over the Mountains, Archaeologica Anatolica et Mesopotamica Alba Palmieri Dedicata. Rom 1993, S. 573â599.
- Alba Palmieri: Excavations at Arslantepe (Malatya). Anatolian Studies 31, XIIIâXVI, 1981, S. 101â119.
- Alba Palmieri: Excavations at Arslantepe, 1983. VI. Kazı Sonuçlari Toplantisi, TĂŒrk Tarih Kurumu Basımevi, Ankara 1984, S. 71â78.
- Alba Palmieri: Eastern Anatolia and early Mesopotamian urbanization: Remarks on changing relations. In: M. Liverani, Alba Palmieri, R. Peroni (Hrsg.): Studi di Paletnologia in Onore di Salvatore M. Puglisi. Universida di Roma La Sapienza, Roma 1985, S. 191â213.
- Marcella Frangipane: Arslantepe-Malatya: A Prehistoric and Early Historic Center in Eastern Anatolia In Sharon R. Steadman, Gregory McMahon (Hrsg.): The Oxford Handbook of Ancient Anatolia, 2011.
Weblinks Bearbeiten
Einzelnachweise Bearbeiten
- Marcella Frangipane: Arslantepe-Malatya: A Prehistoric and Early Historic Center in Eastern Anatolia In Sharon R. Steadman, Gregory McMahon (Hrsg.): The Oxford Handbook of Ancient Anatolia, 2011, S. 968
- Marcella Frangipane: Arslantepe-Malatya: A Prehistoric and Early Historic Center in Eastern Anatolia In Sharon R. Steadman, Gregory McMahon (Hrsg.): The Oxford Handbook of Ancient Anatolia, 2011, S. 971â972.
- Marcella Frangipane: Arslantepe-Malatya: A Prehistoric and Early Historic Center in Eastern Anatolia In Sharon R. Steadman, Gregory McMahon (Hrsg.): The Oxford Handbook of Ancient Anatolia, 2011, S. 972â974.
- Marcella Frangipane: Arslantepe-Malatya: A Prehistoric and Early Historic Center in Eastern Anatolia In Sharon R. Steadman, Gregory McMahon (Hrsg.): The Oxford Handbook of Ancient Anatolia, 2011, S. 974â980.
- Alba Palmieri: Excavations at Arslantepe, 1983. VI. Kazı Sonuçlari Toplantisi, TĂŒrk Tarih Kurumu Basımevi, Ankara 1984, S. 71â78.
- Marcella Frangipane: Arslantepe-Malatya: A Prehistoric and Early Historic Center in Eastern Anatolia In Sharon R. Steadman, Gregory McMahon (Hrsg.): The Oxford Handbook of Ancient Anatolia, 2011, S. 980â982.
- Marcella Frangipane: Arslantepe-Malatya: A Prehistoric and Early Historic Center in Eastern Anatolia In Sharon R. Steadman, Gregory McMahon (Hrsg.): The Oxford Handbook of Ancient Anatolia, 2011, S. 982.
- RĂŒdiger Kurth: Das âKönigsgrabâ von Arslantepe. Seminar fĂŒr Vor- und FrĂŒhgeschichte der UniversitĂ€t Marburg, Hauptseminar: FrĂŒhe HerrschergrĂ€ber im Ostmediterranen Raum, November 2003.
- Marcella Frangipane: Arslantepe-Malatya: A Prehistoric and Early Historic Center in Eastern Anatolia In Sharon R. Steadman, Gregory McMahon (Hrsg.): The Oxford Handbook of Ancient Anatolia, 2011, S. 982â984.
- Marcella Frangipane: Arslantepe-Malatya: A Prehistoric and Early Historic Center in Eastern Anatolia In Sharon R. Steadman, Gregory McMahon (Hrsg.): The Oxford Handbook of Ancient Anatolia, 2011, S. 984â985.
- â Marcella Frangipane: Arslantepe-Malatya: A Prehistoric and Early Historic Center in Eastern Anatolia In Sharon R. Steadman, Gregory McMahon (Hrsg.): The Oxford Handbook of Ancient Anatolia, 2011, S. 985â986.
- â Marcella Frangipane: MELID.B In: Bruno Meissner, Erich Ebeling, Wolfram von Soden, Dietz-Otto Edzard, Michael P. Streck (Hrsg.): Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen ArchĂ€ologie 8, Berlin, Leipzig. S. 47â48.
- John David Hawkins: Melid A In: Bruno Meissner, Erich Ebeling, Wolfram von Soden, Dietz-Otto Edzard, Michael P. Streck (Hrsg.): Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen ArchĂ€ologie 8, Berlin, Leipzig. S. 35â41.
- Corrado Alvaro: Malatya-Melid. Reconstruction of the Iron Age Architectural Remains According to Recent Excavations In: Roger Matthews, John Curtis (Hrsg.): Proceedings of the 7th International Congress on the Archaeology of the Ancient Near East, Harrassowitz, Wiesbaden 2012, ISBN 978-3-447-06686-0, S. 343â355.
- John David Hawkins: Melid A In: Bruno Meissner, Erich Ebeling, Wolfram von Soden, Dietz-Otto Edzard, Michael P. Streck (Hrsg.): Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen ArchĂ€ologie 8, Berlin, Leipzig. S. 38. Im Katalog des Museums wird dagegen ein König âTarhunzaâ angegeben.
- Winfried Orthmann: Untersuchungen zur spĂ€thethitischen Kunst. (=SaarbrĂŒcker BeitrĂ€ge zur Altertumskunde Bd. 8) Habelt, Bonn 1971 S. 90, 211 ISBN 978-3774911222
- Marcella Frangipane: MELID.B In: Bruno Meissner, Erich Ebeling, Wolfram von Soden, Dietz-Otto Edzard, Michael P. Streck (Hrsg.): Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen ArchÀologie 8, Berlin, Leipzig. S. 50.
- David George Hogarth: Note on Pre-Hellenic Finds In: Gaston Maspero (Hrsg.): Recueil des Travaux relatifs Ă la Philologie et Ă IâArchĂ©ologie Egyptiennes et Assyriennes 17 Paris 1895 S. 25â27.
- Benson Brush Charles: Hittite Inscriptions (Cornell Expedition to Asia Minor). Ithaca/New York 1911, S. 33â49.
- Bell Archive
- Louis Delaporte: Malatya: Fouilles de la Mission Archéologique Française. Tome 1,1: Arslantepe, La porte des lions Paris 1940. Digitalisat
- â Corrado Alvaro: The Topography and Architecture at Arslantepe during the Second and First Millennia B.C.: Reconsidering more than 100 Years of Researches In: ORIGINI XXXIV, 2012 S. 345â360.
- Marcella Frangipane: Arslantepe-Malatya: A Prehistoric and Early Historic Center in Eastern Anatolia In Sharon R. Steadman, Gregory McMahon (Hrsg.): The Oxford Handbook of Ancient Anatolia, 2011, S. 970â971.
- , archivierte Version vom 17. Juli 2021 (englisch)
- Four natural and three cultural sites added to UNESCOâs World Heritage List. Pressemitteilung der UNESCO vom 26. Juli 2021, abgerufen am selben Tage. (englisch)