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Die Stadt und Pfarrkirche St Marien in Lutherstadt Wittenberg ist als Burgerkirche die Predigtkirche der Reformatoren Martin Luther und Johannes Bugenhagen Hier wurde die Heilige Messe zum ersten Mal in deutscher Sprache gefeiert Die Kirche ist damit die Mutterkirche der Reformation Seit 1996 gehort die Stadt und Pfarrkirche St Marien zum UNESCO Welterbe 1 Stadtkirche vom Markt ausStadtkirche bei Nacht 2010 Altarbild von Lucas Cranach dem Alteren und Lucas Cranach dem Jungeren Reformationsaltar Kritzeleien auf der Ruckseite des Reformationsaltars vor der RestaurierungBodenreliefplatte an der Sudfassade unterhalb der Judensau Darstellung der Judensau an der Sudfassade Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Ausstattung 3 Orgel 4 Glocken 5 General und Superintendenten 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten1187 wurde die Pfarrkirche St Marien erstmals urkundlich erwahnt Ursprunglich soll es eine Holzkirche gewesen sein die zum Bistum Brandenburg gehorte Um 1280 entstanden der heutige Altarraum und sein sudliches Seitenschiff Zwischen 1412 und 1439 wurden das Langhaus durch die jetzt noch vorhandene dreischiffige Halle ersetzt und die Turme errichtet die zunachst mit einer steinernen Pyramide bekront waren 1522 ist wahrend des von Andreas Bodenstein initiierten Bildersturms fast die gesamte Inneneinrichtung demoliert und entfernt worden Martin Luther kehrte deswegen von der Wartburg zuruck nach Wittenberg und hielt hier seine beruhmten Invokavit Predigten Im Schmalkaldischen Krieg 1547 wurden die Holzpyramiden von den Turmen entfernt um Plattformen fur Kanonen zu schaffen 1556 wurden auf den Plattformen die achteckigen Hauben aufgesetzt sowie eine Uhr und eine bis 1945 bewohnte Turmerwohnung errichtet Danach erfolgte der Anbau des ostlichen Giebels und der daruber liegenden Stube fur die Ordinanden 1811 wurde die Inneneinrichtung der Kirche im Stile der Neugotik nach Planen des Baumeisters Carlo Ignazio Pozzi umgestaltet Eine grundliche Erneuerung schloss sich 1928 und 1980 83 an In Vorbereitung des 2017 bevorstehenden 500 jahrigen Reformationsjubilaums begannen 2010 die Arbeiten zu einer erneuten umfassenden Sanierung 2 Am 30 November 2014 wurde die Kirche nach den Bauarbeiten erneut geweiht Die Sanierung der Turme ruhte etwas aus finanziellen Grunden 3 die Turme wurden dann aber im Sommer 2015 fertig 4 Seit Anfang 2013 ist der Opernsanger und Entertainer Gunther Emmerlich Schirmherr der Spendenaktion 500 500 in der 500 Personen Vereine Familien oder Unternehmen gefunden werden sollen die jeweils 500 Euro oder mehr fur die Sanierung der Kirche spenden 5 Ausstattung BearbeitenIn der Kirche befindet sich der von Lucas Cranach d A und seinem Sohn Lucas Cranach d J gemalte Altar allgemein als Reformations Altar bezeichnet 6 Cranach d A konzipierte den Altar und malte den Grossteil der Schauseite Cranach d J malte die Tafeln der Ruckseite und vervollstandigte die Vorderseite 7 Der Altar wurde 1547 vollendet und im selben Jahr in der Kirche aufgestellt Der Uberlieferung nach weihte Johannes Bugenhagen den Altar 8 Die Mitteltafel der Schauseite stellt das Letzte Abendmahl dar mit Martin Luther als Junker Jorg als einem der Junger Auch die Predella zeigt Luther wie er der Wittenberger Gemeinde den Gekreuzigten predigt In der Darstellung des Sakramentes der Taufe auf der linken Tafel hebt Philipp Melanchthon das Kind aus der Taufe Die rechte Tafel zeigt u a Johannes Bugenhagen Im Jahre 2016 wurde der Altar restauriert 9 Das Epitaph fur Paul Eber enthalt das Gemalde Die Arbeiter im Weinberg des Herrn von Lucas Cranach dem Jungeren An der sudlichen Aussenwand sichtbar ist die aus dem Hochmittelalter datierte plastisch bildhafte Darstellung einer zeitgenossischen Judensau 10 Dieses antijudaische Motiv wurde im Mittelalter popular Es zierte teilweise bis heute offentliche Gebaude und Kirchen und sollte damals Juden verunglimpfen und verspotten 11 1988 wurde im Auftrag der Stadtkirchengemeinde unterhalb der Judensau Darstellung eine Gedenkplatte des Bildhauers Wieland Schmiedel in den Boden eingelassen um auf die historischen Folgen des Judenhasses aufmerksam zu machen Das Landgericht Dessau Rosslau entschied 2019 das Relief sei keine strafbare Beleidigung 12 13 Im Februar 2020 bestatigte das Oberlandesgericht Naumburg dass dieses Relief erhalten bleiben darf 14 15 Das offentlich sichtbare Vorhalten des Reliefs verwirkliche weder den objektiven Tatbestand der Beleidigung des 185 StGB noch verletze es das allgemeine Personlichkeitsrecht des Klagers Zwar habe das Relief ursprunglich dazu gedient Juden verachtlich zu machen zu verhohnen und herabzuwurdigen Bei isolierter Betrachtung ware es deshalb als Beleidigung von Juden zu werten Unter Berucksichtigung der konkreten Umstande sei ihm ein rechtsverletzender Sinngehalt aber nicht mehr zu entnehmen Es sei inzwischen Teil eines nach den ortlichen Verhaltnissen nicht zu ubersehenden Ensembles von Exponaten die die Zielrichtung der Beklagten erkennen liessen es als Teil einer Gedenk und Erinnerungskultur zu erhalten Der Informationstext auf dem Schragaufsteller bringe unmissverstandlich zum Ausdruck dass sich die Beklagte von Judenverfolgungen den antijudaistischen Schriften Luthers und insbesondere auch von der verhohnenden und verspottenden Zielrichtung der Schmahplastik distanziere 16 Am 14 Juni 2022 wies der VI Zivilsenat des Bundesgerichtshofes die Revision des Klagers zuruck 17 Orgel BearbeitenDie Orgel der Stadtkirche wurde 1983 von der Orgelbaufirma Sauer Frankfurt Oder erbaut Dabei wurden Teile der vorherigen Orgeln verwendet Das grosse Mittelfeld des Prospektes wurde aus der Orgel von 1811 ubernommen einige Register der Orgel von 1928 wurden ebenfalls wiederverwendet Das Instrument hat 53 Register Schleifladen auf drei Manualen und Pedal Die Spieltrakturen sind mit Ausnahme der elektrischen Koppeln mechanisch die Registertrakturen elektrisch 18 Die Orgel verfugt uber eine moderne Setzeranlage mit 4 000 Kombinationen sowie eine fest programmierte Walze I Hauptwerk C c433 Flotenprinzipal 16 34 Prinzipal 8 35 Gedackt 8 36 Spitzgambe 8 37 Oktave 4 38 Spitzflote 4 39 Quinte 2 2 3 40 Oktave 2 41 Kornett ab g0 5fach42 Mixtur I 5fach43 4fach44 Trompete 16 45 Trompete 8 46 Koppel III I47 Koppel II I II Positiv C c418 Koppel Sub II20 Holzgedackt 8 21 Quintadena 8 22 Prinzipal 4 23 Rohrflote 4 24 Oktave 2 25 Waldflote 2 26 Sifflote 1 1 3 27 Sesquialtera 2fach28 Scharff 4fach29 Zimbel 3fach30 Krummhorn 8 31 Tremulant32 Koppel III II III Schwellwerk C c419 Koppel Super III1 Liebl Gedackt 16 2 Holzprinzipal 8 3 Rohrflote 8 4 Salizional 8 5 Schwebung 8 6 Oktave 4 7 Blockflote 4 8 Rohrnasat 2 2 3 9 Ital Prinzipal 2 10 Terz 1 3 5 11 Oktave 1 12 Septquart 2fach13 Mixtur 5 7fach14 Cor anglais 16 15 Hautbois 8 16 Clairon 4 17 Tremulant Pedal C f148 Prinzipal 16 49 Subbass 16 50 Zartbass 16 51 Quintbass 10 2 3 52 Oktavbass 8 53 Gedacktbass 8 54 Choralbass 4 55 Hohlflote 4 56 Flachflote 2 57 Hintersatz 4fach58 Posaune 16 59 Trompete 8 60 Clarine 4 61 Koppel III P62 Koppel II P63 Koppel I PFerner stand auf der Empore sudlich des Altars eine betriebsfahige Chororgel welche bei jungsten Baumassnahmen jedoch entfernt wurde Glocken BearbeitenZu Beginn der 2000er Jahre wurde der Glockenstuhl im Sudturm samt Marienglocke und Sonntagsglocke saniert Diese Glocken wurden dabei an neue Eichenholzjoche gehangt und mit neuen Kloppeln ausgestattet Bei dieser Gelegenheit wurde die Orate Glocke gegossen 19 Nr Name Gussjahr Giesser Gussort Durchmesser mm Gewicht kg Nominal 16tel Turm 1 Grosse Glocke 1635 Jacob Konig Erfurt 2000 5500 a0 5 Nord2 Sonntagsglocke 1583 Hans Oleman Magdeburg 1585 2100 cis1 2 Sud3 Marienglocke Scharnette 1422 unbekannt 1170 820 fis1 8 Sud4 Orate 2003 Kunst und Glockengiesserei Lauchhammer 860 342 h1 11 SudGeneral und Superintendenten BearbeitenVon 1533 bis 1817 waren die Pfarrer der Stadtkirche zugleich Generalsuperintendenten des sachsischen Kurkreises und damit an die obersten theologischen Lehrstuhle der Universitat Wittenberg gebunden Johannes Bugenhagen 1533 1558 Paul Eber 1558 1569 Friedrich Widebrand 1570 1574 Kaspar Eberhard 1574 1575 Polycarp Leyser der Altere 1576 1587 David Voit 1587 1589 Urbanus Pierius auch Birnbaum 1590 1591 Polykarp Leyser der Altere 1593 1594 Agidius Hunnius der Altere 1594 1603 Georg Mylius 1603 1607 Friedrich Balduin 1607 1627 Paul Rober 1627 1651 Abraham Calov 1656 1686 Balthasar Bebel 1686 Caspar Loscher 1687 1718 Gottlieb Wernsdorf der Altere 1719 1729 Johann Georg Abicht 1730 1740 Karl Gottlob Hofmann 1740 1774 Johann Friedrich Hirt 1775 1783 Karl Christian Tittmann 1784 1789 Karl Ludwig Nitzsch 1790 1817 Die Universitat Wittenberg wurde 1817 nach dem Wiener Kongress mit der Universitat Halle vereinigt und die Generalsuperintendentur in eine Superintendentur gewandelt Danach folgten die Superintendenten Karl Ludwig Nitzsch 1817 1831 Heinrich Leonhard Heubner 1832 1853 Immanuel Friedrich Emil Sander 1853 1859 Karl August Schapper 1860 1866 Karl Otto Bernhard Romberg 1867 1877 Georg Christian Rietschel 1878 1887 Carl Wilhelm Emil Quandt 1888 1908 Friedrich Wilhelm Orthmann 1908 1923 Maximilian Meichssner 1926 1954 Gerhard Bohm 1956 1976 Albrecht Steinwachs 1976 1997 Holger Herfurth 1999 2002 20 21 22 Christian Beuchel 2002 2018 Hans Jorg Heinze 2018 2019 war amtierender Superintendent der bis zur regularen Wahl eines Nachfolgers mit der Wahrnehmung der Geschafte beauftragt war 23 Gabriele MetznerDer Superintendent des Kirchenkreises Wittenberg ist seit 2002 nicht mehr Inhaber einer Pfarrstelle der Stadt und Pfarrkirche St Marien dafur wurde mit Wirkung vom 1 Juli 2002 eine Kreispfarrstelle fur Leitungsaufgaben des Kirchenkreises Wittenberg errichtet 24 Im Zuge einer Ubertragung wurde diese Kreispfarrstelle mit Wirkung vom 1 Januar 2003 erstmals besetzt 25 Die erste Pfarrstelle der Stadt und Pfarrkirche St Marien ist seitdem unbesetzt 26 Zum Reformationsjubilaum 2017 beschloss die Synode des Kirchenkreises Wittenberg dass eine Pfarrstelle der Schlosskirchengemeinde geschaffen wird die in Personalunion mit dem Superintendenten verbunden ist Literatur BearbeitenAlbrecht Steinwachs Text Jurgen Maria Pietsch Photos Evangelische Stadt und Pfarrkirche St Marien Lutherstadt Wittenberg Edition Akanthusa Sproda 2000 ISBN 3 00 006918 6 Ingrid Schulze Stadtkirche zu Wittenberg Schnell amp Steiner Regensburg 1995 ISBN 3 7954 5626 6 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Stadtkirche Wittenberg Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Stadtkirchengemeinde Wittenberg WebprasenzEinzelnachweise Bearbeiten Lutherstadt Wittenberg UNESCO Welterbe Generalsanierung 2012 2015 abgerufen am 9 Januar 2016 Stadtkirche Wittenberg wird nach Bauarbeiten erneut geweiht In Die Welt 26 November 2014 Baustellentelegramm Juli 2015 abgerufen am 20 September 2015 Spendenaufruf auf der Website der Stadtkirchengemeinde Wittenberg Memento vom 15 Januar 2015 im Internet Archive abgerufen am 3 Dezember 2014 Albrecht Steinwachs Jurgen Maria Pietsch Der Reformations Altar von Lukas Cranach d A in der Stadtkirche St Marien Lutherstadt Wittenberg Edition Akanthus Sproda 1998 ISBN 3 00 003075 1 Aus dem Schatten des Vaters Eine Landesausstellung widmet sich dem Maler Lucas Cranach d J In Monumente Jg 24 2014 Heft 3 Albrecht Steinwachs Ich sehe dich mit Freuden an Bilder aus der Lucas Cranach Werkstatt in der Wittenberger Stadtkirche St Marien Edition Akanthus Sproda 2006 ISBN 978 3 00 017944 0 S 9 Ein Cranach Projekt Restaurierung des Reformationsaltars in Wittenberg In Monumente Jg 26 2016 Heft 3 S 18 Elias Fullenbach Die Wittenberger Judensau vor Gericht Unser Umgang mit antijudischer Kirchenkunst mp3 Audio 58 MB 63 40 Minuten In Domradio 12 Februar 2023 abgerufen am 27 Februar 2023 Der Jude als Verrater Antijudische Polemik und christliche Kunst Eine Arbeitshilfe zum Wittenberger Reformationsaltar von Lucas Cranach dem Alteren im Kontext des christlich judischen Verhaltnisses hrsg von der Evangelischen Kirche im Rheinland Dusseldorf 2014 online S 16 18 zur Judensau S 8 11 zur Judas Darstellung auf dem Reformationsaltar LG Dessau Rosslau Urteil vom 24 Mai 2019 Aktenzeichen 2 O 230 18 In landesrecht sachsen anhalt de 24 Mai 2019 abgerufen am 30 Mai 2022 Wittenberger Judensau Relief darf bleiben MDR vom 24 Mai 2019 OLG Naumburg Urteil vom 4 Februar 2020 Aktenzeichen 9 U 54 19 In landesrecht sachsen anhalt de 4 Februar 2020 abgerufen am 30 Mai 2022 Sueddeutsche de Kirchenrelief OLG weist Berufungsklage zuruck Februar 2020 Verhandlungstermin am 30 Mai 2022 um 11 00 Uhr in Sachen VI ZR 172 20 Wittenberger Sau In bundesgerichtshof de 30 Mai 2022 abgerufen am 30 Mai 2022 Urteil vom 14 Juni 2022 VI ZR 172 20 Informationen zur Sauerorgel Constanze Treuber u a Gegossene Vielfalt Glocken in Sachsen Anhalt Hinstorff Rostock 2007 S 161 Amtsblatt der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen Nr 11 1998 S 138 Verein fur Pfarrerinnen und Pfarrer in der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen e V Hrsg Pfarrerbuch der Kirchenprovinz Sachsen Band 4 Biogramme He Kl Evangelische Verlagsanstalt Leipzig 2006 S 116 Verein fur Pfarrerinnen und Pfarrer in der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen e V Hrsg Pfarrerbuch der Kirchenprovinz Sachsen Band 10 Series Pastorum Evangelische Verlagsanstalt Leipzig 2009 S 725 https www kirchenkreis wittenberg de kontakt und service nachrichten verabschiedung sup christian beuchel html Amtsblatt der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen Nr 8 2002 S 124 Amtsblatt der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen Nr 2 2003 S 30 Verein fur Pfarrerinnen und Pfarrer in der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen e V Hrsg Pfarrerbuch der Kirchenprovinz Sachsen Band 10 Series Pastorum Evangelische Verlagsanstalt Leipzig 2009 S 725 51 866497222222 12 644794444444 Koordinaten 51 51 59 4 N 12 38 41 3 O Luthergedenkstatten in Eisleben und Wittenberg Eisleben Geburtshaus SterbehausWittenberg Lutherhaus Melanchthonhaus Stadtkirche Schlosskirche Normdaten Geografikum GND 4456857 5 lobid OGND AKS LCCN nr99030167 VIAF 234402840 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Stadtkirche Lutherstadt Wittenberg amp oldid 237961898