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Der Siedepunkt Abkurzung Sdp Verdampfungspunkt oder auch Kochpunkt Abkurzung Kp eines Reinstoffes ist ein Wertepaar in dessen Phasendiagramm und besteht aus zwei Grossen der Sattigungstemperatur speziell auch Siedetemperatur und dem Sattigungsdampfdruck speziell auch Siededruck an der Phasengrenzlinie zwischen Gas und Flussigkeit Er setzt sich also aus den beiden Zustandsgrossen Druck und Temperatur beim Ubergang eines Stoffes vom flussigen in den gasformigen Aggregatzustand zusammen Bei einer offenen Flussigkeit ist der Siedepunkt daher der Punkt auf der Temperaturskala bei der der Dampfdruck gleich dem atmospharischen Druck ist Phasendiagramm eines gewohnlichen Stoffes und des WassersDer Siedepunkt stellt die Bedingungen dar die beim Phasenubergang eines Stoffes von der flussigen in die gasformige Phase vorliegen was man als Sieden bezeichnet 1 Zudem ist er fur den umgekehrten Vorgang der Kondensation allerdings nur bei Reinstoffen identisch mit dem Kondensationspunkt Beim Verdampfen eines Stoffgemisches kommt es zu einem veranderten Siedeverhalten und man beobachtet einen Siedebereich anstatt eines einzelnen Siedepunktes Bei einem Phasenubergang von der flussigen in die gasformige Phase unterhalb des Siedepunktes spricht man von einer Verdunstung In Tabellenwerken werden die Siedetemperaturen bei Normaldruck angegeben also bei 1013 25 hPa Dieser Siedepunkt wird als Normalsiedepunkt 2 die angegebene Siedetemperatur als Normalsiedetemperatur TSied bezeichnet Ein Verfahren zu dessen Abschatzung ist die Pailhes Methode wahrend die Guldberg Regel einen Zusammenhang mit der kritischen Temperatur herstellt Der Begriff Siedepunkt wird dabei haufig als Kurzform fur die Normalsiedetemperatur verwendet und stellt daher im allgemeinen Sprachgebrauch meist deren Synonym dar was jedoch den Siedepunkt auf nur ein einziges Wertepaar reduzieren wurde und daher formal inkorrekt ist Bei einem Schnellkochtopf macht man sich beispielsweise zunutze dass die Siedetemperatur und der Siededruck voneinander abhangen Durch eine Druckerhohung von meist einem Bar 1000 hPa erreicht man auf diese Weise eine Steigerung der Siedetemperatur des Wassers von 100 C auf ungefahr 120 C Beide Temperaturen stellen Siedetemperaturen dar jedoch ist nur der Wert von 100 C auch die Siedetemperatur unter Normaldruck und somit die Normalsiedetemperatur Eine Vermischung beider Begriffe ist daher unspezifisch keineswegs selbstverstandlich und sollte vermieden werden Inhaltsverzeichnis 1 Siedevorgang 2 Siedepunktskurve 3 Gleichgewichtsanderung am Beispiel des Wassers 4 Stoffabhangigkeit des Siedepunktes 5 Beispiele fur Normalsiedepunkte von Reinstoffen 5 1 Chemische Elemente 5 2 Verbindungen 6 Homogene Mehrstoffsysteme 6 1 Siedepunkterhohung 6 2 Siedebereiche 6 2 1 Zeotrope Gemische 6 2 2 Azeotrope Gemische 7 Bedeutung fur die Lebewesen 8 Anwendungen 9 Bestimmung der Siedepunkte von organischen Stoffen 10 EinzelnachweiseSiedevorgang Bearbeiten nbsp Temperaturanderung mit der Zeit beim Erwarmen eines flussigen Reinstoffes source source source source source source source source source source source source source source Mittels Vakuumpumpe wird Wasser bei Raumtemperatur zum Sieden gebracht Hauptartikel Verdampfen Verdampfungsenthalpie und Siedeverzug Unterhalb und oberhalb des Siedepunktes fuhrt eine Erwarmung der Flussigkeit bzw des Gases nur zu einer Erhohung der Temperatur Die zugefuhrte Energie wird in Bewegungsenergie der Teilchen umgewandelt Wahrend des Phasenubergangs der Flussigkeit zum Gas jedoch bleibt die Temperatur konstant sofern auch der Druck konstant bleibt Samtliche zugefuhrte thermische Energie wird in die Zustandsanderung investiert Ist der Siedepunkt erreicht so werden bei weiterer Zufuhr von Energie die chemisch physikalischen Wechselwirkungen zwischen den Teilchen gelost die Teilchen treten in die Gasphase uber Die Temperatur der Flussigkeit stagniert da die zugefuhrte thermische Energie vollstandig fur die Losung der zwischenmolekularen Bindungen eingesetzt wird Die Energie die fur ein Mol des Stoffes benotigt wird bezeichnet man auch als molare Verdampfungsenthalpie und die nicht stoffmengenbezogene Energie als Verdampfungsenthalpie Erst wenn alle Teilchen in der Gasphase sind steigt die Temperatur des Systems wieder an Wasser Wasserstoffperoxid oder Laugen zum Beispiel Natronlauge ohne Staubpartikel oder Gasblaschen lassen sich in reinen Gefassen auch uber die Siedetemperatur hinaus erwarmen ohne dass es zum Sieden kommt Kleinste Storungen wie zum Beispiel Erschutterungen die eine Durchmischung nach sich ziehen konnen zu einer explosionsartigen Trennung der flussigen von der Dampfphase fuhren was man als Siedeverzug bezeichnet Zu dessen Vermeidung fugt man bei chemischen Arbeiten Flussigkeiten die zu einem Siedeverzug neigen sogenannte Siedesteinchen aus Ton oder Bimsstein hinzu die durch die Chemikalie nicht angegriffen werden aber durch ihre porose Struktur die Bildung kleiner Blasen erleichtern sodass es nicht zum Siedeverzug kommt Siehe auch Verdunstung Vergasen Evaporation Transpiration Pictet Trouton RegelSiedepunktskurve Bearbeiten nbsp Phasendiagramm von Kohlenstoffdioxid nicht massstabsgerecht Alle Temperatur Druck Wertepaare an der Phasengrenzlinie Gas Flussigkeit in einem Phasendiagramm ergeben zusammengenommen die Siedepunktskurve wobei auf ihr ein thermodynamisches Gleichgewicht herrscht Man bezeichnet die Siedepunktskurve hierbei haufig auch als Siedekurve Siedelinie Siededruckkurve oder Siedepunktkurve Diese Kurve wird dabei von zwei Punkten begrenzt Tripelpunkt Pt Ist das Druck Temperatur Wertepaar niedriger als die Tripel Temperatur beziehungsweise der Tripel Druck so ist nur noch ein Ubergang zwischen festem und gasformigem Zustand also eine Sublimation bzw Resublimation moglich Kritischer Punkt Pc Ist das Druck Temperatur Wertepaar hoher als die kritische Temperatur beziehungsweise der kritische Druck so besteht zwischen der Dichte des flussigen und der des gasformigen Zustands kein Unterschied mehr weshalb man sie auch nicht mehr durch eine Phasengrenzlinie trennt und den Stoff daher in diesem Zustand als uberkritisches Fluid bezeichnet Das Gleichgewicht der Siedepunktskurve ist ein dynamisches Gleichgewicht Aus einer Flussigkeit treten bestandig Teilchen in die Gasphase uber sie verdampfen Andererseits treten diese Teilchen auch wieder in die flussige Phase ein sie kondensieren Das Zahlenverhaltnis der aus der flussigen Phase austretenden Teilchen und der wieder in sie eintretenden Teilchen ist hierbei sowohl von der Temperatur als auch vom Druck abhangig Je hoher die Temperatur ist desto mehr Teilchen verdampfen aufgrund ihrer hoheren Geschwindigkeit siehe Maxwell Boltzmann Verteilung Je mehr Teilchen verdampfen desto hoher wird aber auch der Dampfdruck und desto mehr Teilchen kondensieren auch wieder Ein Gleichgewicht stellt sich dann ein wenn genauso viel Teilchen in die Gasphase ubertreten wie wieder in die flussige Phase zurucktreten Da in diesem Zustand die Gasphase gesattigt ist spricht man dann auch vom Sattigungsdampfdruck Die thermodynamische Gesetzmassigkeit aus der sich die Siedepunktskurve quantitativ ableitet bezeichnet man als Clausius Clapeyron Gleichung Fur Wasser lasst sich dieser Zusammenhang zwischen Sattigungsdampfdruck und Sattigungstemperatur auch uber die Naherungsgleichungen vom Typ der Magnus Formel bestimmen Gleichgewichtsanderung am Beispiel des Wassers Bearbeiten nbsp Gleichgewichtsanderung am Beispiel des WassersBeispielhafter Ausgangspunkt Wasser befindet sich im Gleichgewicht mit seiner Gasphase beim Siedepunkt 80 C und einem Druck von 474 hPa H 2 O g H 2 O l displaystyle mathrm H 2 O g leftrightharpoons H 2 O l nbsp Die Reaktionen des Systems auf die Anderungen einzelner Zustandsgrossen laufen auf eine Verschiebung der Gleichgewichtslage hinaus Es lauft derjenige Phasenubergang verstarkt ab der die Storung wieder ruckgangig macht siehe Prinzip vom kleinsten Zwang Wird das System auf 70 C abgekuhlt so ist der Dampfdruck der Gasphase zu hoch und Wasserdampf kondensiert so lange bis der Dampfdruck den neuen Gleichgewichtswert von 312 hPa aufweist oder kein gasformiges Wasser mehr ubrig ist Wird das System auf 90 C erwarmt so ist der Dampfdruck der Gasphase zu niedrig und Wasser verdampft so lange bis der Dampfdruck den neuen Gleichgewichtswert von 702 hPa aufweist oder kein flussiges Wasser mehr ubrig ist Wird der Druck bei gleichbleibender Temperatur von 474 auf 700 hPa erhoht so ist der Dampfdruck der Gasphase zu hoch und gasformiges Wasser kondensiert so lange bis der Dampfdruck den alten Gleichgewichtswert von 474 hPa aufweist oder kein Wasserdampf mehr ubrig ist Wird der Druck bei gleichbleibender Temperatur von 474 auf 250 hPa erniedrigt so ist der Dampfdruck der Gasphase zu niedrig und Wasser verdampft so lange bis der Dampfdruck den alten Gleichgewichtswert von 474 hPa aufweist oder kein flussiges Wasser mehr ubrig ist Stoffabhangigkeit des Siedepunktes Bearbeiten nbsp Siedepunkte einiger WasserstoffverbindungenDer Siedepunkt ist von der Starke der Bindungskrafte zwischen den kleinsten Teilchen der flussigen Phase abhangig Je starker die Bindungskrafte sind desto hoher ist der Siedepunkt da diese zunachst uberwunden werden mussten Dies wird deutlich wenn man beispielsweise HF und HCl vergleicht Im flussigen Fluorwasserstoff Siedepunkt 20 C bilden die Molekule Wasserstoffbruckenbindungen aus wahrend im flussigen Chlorwasserstoff Siedepunkt 85 C die schwacheren Dipol Dipol Wechselwirkungen vorherrschen Gleiches gilt fur den vergleichsweise sehr hohen Siedepunkt des Wassers was deutlich wird wenn man diesen mit Kohlenstoffdioxid vergleicht und den Einfluss der Molmassen mitberucksichtigt Eine Abhangigkeit des Siedepunktes von der molaren Masse bzw Molekulmasse des Stoffes spielt allenfalls eine untergeordnete Rolle Haufig korrelieren grossere molare Massen mit hoheren Siedepunkten etwa aufgrund des damit verbundenen Volumen Die molare Masse hat jedoch anders als haufig behauptet keinen direkten Einfluss auf die kinetische Energie 3 welche benotigt wird um die zwischenmolekularen Anziehungskrafte zu uberwinden 4 Ein direkter Einfluss der molaren Masse auf die zwischenmolekularen Anziehungskrafte lasst sich schwer widerlegen da andere Einflussfaktoren schwer ausgeschlossen werden konnen Empirische Ergebnisse legen einen geringfugigen Einfluss nahe 5 Als vereinfachter Anhaltspunkt um den Siedepunkt einzuschatzen wird es dennoch verwendet So wird die Beobachtung dass Stoffe einen hoheren Siedepunkt haben als ahnliche Stoffe mit hoherer molaren Masse als Siedepunktanomalie bezeichnet Noch schwacher als Dipol Dipol Wechselwirkungen sind Londonsche Dispersionswechselwirkungen Aus diesem Grund haben beim Vergleich alle Wasserstoffverbindungen der Elemente der IV Hauptgruppe die niedrigsten Siedepunkte Die Starke der zwischenmolekularen Bindungskrafte hangt auch von der Geometrie der Molekule ab Siehe dazu die Siedepunkte der Homologen Reihe der Kohlenwasserstoffe oder der Alkohole Beispiele fur Normalsiedepunkte von Reinstoffen BearbeitenChemische Elemente Bearbeiten Die niedrigste Normalsiedetemperatur aller Elemente mit 269 C hat Helium obwohl es eine grossere molare Masse als Wasserstoff die Isotope Deuterium und Tritium in Reinform haben jedoch hohere molare Massen als das monoatomische Gas Helium mit einer Normalsiedetemperatur von 253 C hat Dies liegt darin begrundet dass das Wasserstoffmolekul etwas leichter zu polarisieren ist als Helium und daher auch etwas starkere Van der Waals Wechselwirkungen ausbildet Die hochste Normalsiedetemperatur wird in der Literatur uneinheitlich angegeben Wolfram und Rhenium liegen beide uber 5000 C Die Siedetemperaturen einiger Transurane sind nicht bekannt da bisher keine hinreichenden Mengen von ihnen hergestellt werden konnten Periodische Trends konnten fur hohere Siedepunkte sprechen wenn nicht relativistische Effekte diese wiederum egalisieren Ein Gruppenvergleich von Edelgasen Nichtmetallen Halbmetallen und Metallen zeigt dass Metalle einen deutlich hoheren Siedepunkt als Nichtmetalle haben da die Metallbindung neben der Ionen und Atombindung die starkste Bindung darstellt Ausnahmen Quecksilber hat mit 357 C eine fur Metalle ungewohnlich niedrige Normalsiedetemperatur Ahnliches gilt fur die Alkalimetalle wobei hier mit hoheren Atomgewicht tendenziell niedrigere Siedetemperatur einher geht Caesium siedet bereits bei 671 C Kohlenstoff weist einen fur Nichtmetalle extrem hohen Siedepunkt von 4827 C auf Siedepunkte C Minimum Maximum Durchschnitt Grafische VeranschaulichungEdelgase 269 62 170 5 nbsp Normalsiedetemperaturen in C von Edelgasen Nichtmetallen Halbmetallen und Metallen von oben nach unten Minimum Durchschnitt MaximumNichtmetalle 253 4827 414 1Halbmetalle 335 3900 1741 5Metalle 357 gt 5000 2755 9Verbindungen Bearbeiten Eine der niedrigsten Normalsiedetemperaturen hat Kohlenstoffmonoxid mit 191 6 C die hochsten weisen Metallcarbide wie Titan IV carbid TiC 4820 C und Wolfram IV carbid WC 6000 C auf Dies ist neben ihrer Harte einer der Grunde warum Wolfram und Titancarbid vielfaltige industrielle Anwendungen haben obwohl sie schwer zu verarbeiten sind Eine Besonderheit liegt bei Schwefeltrioxid SO3 vor Der Schmelzpunkt einer seiner Modifikationen liegt mit 62 3 C uber der Normalsiedetemperatur von 44 8 C des flussigen Schwefeltrioxids Liegt der kritische Druck unter dem Normaldruck so kann keine Normalsiedetemperatur angegeben werden Um die Flussigkeit dennoch zum Sieden zu bringen muss dies unter niedrigerem Druck geschehen In diesem Fall muss bei der Angabe der Siedetemperatur auch der Siededruck angegeben werden was ein weiterer Grund dafur ist die Begriffe Normalsiedetemperatur und Siedepunkt strikt zu trennen Liegt der Druck des Tripelpunktes uber dem Normaldruck so wird statt der Normalsiedetemperatur die Normalsublimationstemperatur oder eine Siedetemperatur bei hoherem Siededruck angegeben Beispiel Schwefelhexafluorid SF6 sublimiert unter Normaldruck bei 63 C Viele vor allem organische und alle makromolekularen Verbindungen zersetzen sich beim Erhitzen vor Erreichen des Siedepunktes da ihre Verdampfungsenthalpie grosser ist als die einzelnen Bindungsenergien im Molekul Hier kann man keine Siedetemperatur sondern nur die Zersetzungstemperatur angeben Manche konnen allerdings unter vermindertem Druck und bei damit niedrigerer Temperatur zum Sieden gebracht werden Eine Abtrennung derartiger Substanzen aus Losungen oder Gemischen muss dann durch Vakuumdestillation oder andere Verfahren erfolgen Homogene Mehrstoffsysteme BearbeitenDie Siedepunkte homogener Gemische wie Legierungen Gasgemische oder wassrige Losungen weisen gegenuber den Reinstoffen veranderte Siedepunkte und ein verandertes Siedeverhalten auf Siedepunkterhohung Bearbeiten Wird in einem Losungsmittel ein Stoff gelost dann erhoht sich der Siedepunkt des Gemisches im Vergleich zum reinen Losungsmittel man spricht in Bezug auf den Sattigungsdampfdruck vom Losungseffekt Nach dem Raoultschen Gesetz von Francois Marie Raoult 1830 1901 ist diese Erhohung DTSdp proportional zur Stoffmenge des gelosten Stoffes Losungsmittel ebullioskopische Konstantein K kg mol 6 Wasser 0 513Methanol 0 86Ethanol 1 23Phenol 3 54Essigsaure 3 22Benzol 2 64Schwefelkohlenstoff 2 42Kohlenstofftetrachlorid 5 26Cyclohexan 2 92D T S d p K e b K n displaystyle Delta T mathrm Sdp K e cdot b K cdot n nbsp Hierbei stehen die einzelnen Formelzeichen fur folgende Grossen DTSdp Siedepunktserhohung Ke ebullioskopische Konstante b Molalitat des gelosten Stoffes K molare Siedepunktserhohung n StoffmengeDer Proportionalitatsfaktor ist wie dargelegt die ebullioskopische Konstante auch Siedepunktskonstante KS also die Anderung des Siedepunktes von einem Kilogramm der Losung gegenuber dem reinen Losungsmittel wobei die Stoffmenge des gelosten Stoffes ein Mol betragt oder die molare Siedepunktserhohung die weniger gebrauchlich ist und keine Aussage zur Masse trifft So steigt beispielsweise der Siedepunkt eines Kilogramms Wasser um 0 51 K auf 100 51 C wenn man genau ein Mol irgendeines anderen Stoffes darin auflost vorausgesetzt der Stoff lost sich in Wasser und ist nicht fluchtig Lost man zwei Mol in einem Kilogramm Wasser auf so siedet das Wasser erst bei 100 C 2 0 51 C 101 02 C Es ist dabei zu beachten dass Salze in wassriger Losung dissoziieren Natriumchlorid zerfallt zum Beispiel in die Ionen Na und Cl Die Siedepunkterhohung ist daher in verdunnten Losungen doppelt so hoch wie zunachst erwartet Ein praktisches Beispiel Nudelwasser hat einen typischen Kochsalzgehalt von 10 g kg Bei einer Molmasse von 58 4 g mol entspricht dies zusammen mit oben erwahnter Verdopplung 0 34 mol kg Ionen Durch den Salzgehalt ergibt sich also eine Siedepunkterhohung von nur etwa 0 17 K Das Raoultsche Gesetz gilt nur fur ideale Losungen das sind Losungen bei denen ein Stoff nur physikalisch gelost wird Bei nichtidealen Losungen treten wahrend des Mischens energetische Erscheinungen Erwarmung oder Abkuhlung auf die in der Ausbildung von Wasserstoffbruckenbindungen oder durch Protolysen hervorgerufen werden Dadurch ergeben sich Abweichungen vom Raoultschen Gesetz Nur in sehr starker Verdunnung gilt die Formel auch bei nichtidealen Losungen in Annaherung weshalb man im Falle der idealen Losung auch von einer unendlich verdunnten Losung spricht Die Siedepunktserhohung ist zudem eine kolligative Eigenschaft und hangt daher zwar von der Teilchenzahl des gelosten Stoffes nicht jedoch von dessen Art ab Uber eine Umstellung der obigen Formel kann die Siedepunktserhohung auch zur Molmassebestimmung dienen was man als Ebullioskopie bezeichnet Ebenso von der Konzentration der gelosten Stoffe abhangig ist der Schmelzpunkt weshalb man auch von einer Schmelzpunkterniedrigung spricht Ursache fur diese Effekte ist ebenfalls eine Erniedrigung des chemischen Potentials Kombiniert man Siedepunkterhohung und Schmelzpunkterniedrigung so zeigt sich insgesamt eine Ausdehnung des thermodynamischen Zustandsbereiches der Flussigkeit zu Lasten der anderen Aggregatzustande Siedebereiche Bearbeiten Zeotrope Gemische Bearbeiten nbsp SiedediagrammTL Siedetemp des LeichtsiedersTS Siedetemp des SchwersiedersRechts rot markiert Siedebereich einer 50 Mischung zwischen T1 und TSWird eine zeotrope Mischung zweier Flussigkeiten erhitzt so beginnt sie bei einer Temperatur oberhalb der Siedetemperatur des Leichtsieders also desjenigen Bestandteils mit der niedrigeren Siedetemperatur zu sieden Beim Sieden gehen gleichzeitig beide Bestandteile in die Gasphase uber Dabei hat der Leichtsieder im austretenden Dampf eine hohere Konzentration als seiner Konzentration im flussigen Gemisch entspricht Deshalb reichert sich in der Flussigkeit der Schwersieder an und die Siedetemperatur steigt kontinuierlich bis zum Siedepunkt des Schwersieders Man spricht in diesem Fall von einem Siedebereich auch Siedeintervall Siedegrenze des Gemisches und nicht mehr von einem Siedepunkt 7 Die Abhangigkeit der Siedetemperatur von dem Verhaltnis der flussigen Bestandteile und das jeweils zugehorige Verhaltnis im verdampfenden Gas werden im Siedediagramm rechts dargestellt Der freie Bereich in der Mitte in dem weder Gas noch Flussigkeit existieren konnen wird wegen seiner Form Siedelinse genannt Am rechten Rand ist der Siedebereich einer Losung mit 50 Stoffmengenanteil markiert Dieses Verhalten wird technisch genutzt um Konzentrationen von Einzelkomponenten in Gemischen durch Destillation oder Rektifikation zu erhohen Azeotrope Gemische Bearbeiten nbsp Siedediagramm azeotroper GemischeSdp 1 Siedepunkt der Reinstoffkomponente 1 Sdp 2 Siedepunkt der Reinstoffkomponente 2 x Stoffmengenanteil von Komponente 2 im azeotropen GemischBei azeotropen Stoffgemischen hat die Siedetemperatur des Stoffgemisches bei einem bestimmten Stoffmengenverhaltnis einen Extremwert Dieser Wert liegt ausserhalb des Temperaturintervalles das durch die Siedetemperaturen der beiden Reinstoffe aufgespannt wird Bei diesem besonderen Mischungsverhaltnis liegt ein Siedepunkt und kein Siedebereich vor Beispiele Wasser Sdp 100 C und HCl Sdp 85 C azeotropes Gemisch mit 20 2 HCl Sdp 108 6 C Wasser Sdp 100 C und Ethanol Sdp 78 3 C azeotropes Gemisch mit 96 Ethanol Sdp 78 2 CBedeutung fur die Lebewesen BearbeitenDas Siedeverhalten des Wassers fuhrt unter den physikalischen Bedingungen auf der Erde dazu dass Wasser in grossen Mengen als Flussigkeit existiert Dies ist eine der grundlegenden Voraussetzungen fur die Entwicklung von Lebewesen Bei einem niedrigeren Luftdruck oder hoheren Temperaturen des Wassers ware dies anders und wurde dazu fuhren dass Gewasser binnen kurzester Zeit verdampfen und somit auch eine wichtige Bedingung fur das Leben uberhaupt namlich flussiges Wasser wesentlich seltener anzutreffen ware Bei einem hoheren Luftdruck bzw einer niedrigeren Temperatur wurde jedoch immer weniger Wasser verdunsten konnen und somit wurde die Voraussetzung fur Niederschlage namlich gasformiges Wasser in der Atmosphare immer seltener was beispielsweise eine Einschrankung der Susswasservorkommen nach sich ziehen wurde Anwendungen BearbeitenAnalytische Chemie Der Siedepunkt ist eine spezifische Stoffeigenschaft Somit lassen sich Reinstoffe anhand ihres Siedepunktes charakterisieren Destillation bzw fraktionierte Destillation eine Methode zur Trennung eines Stoffgemisches aufgrund unterschiedlicher Siedepunkte der Einzelkomponenten Der niedersiedende Stoff wird vom hohersiedenden Stoff durch Verdampfen abgetrennt Die Ebullioskopie lat bulla Siedeblase gr skopein betrachten ist eine Methode zur Bestimmung der molaren Massen durch Siedepunktserhohung Da Siedepunktserhohungen kleiner ausfallen als Gefrierpunktserniedrigungen wird in der Regel die Kryoskopie bevorzugt Bei beiden Methoden findet ein spezielles Thermometer seine Anwendung das 1888 von Ernst Otto Beckmann 1853 1923 entwickelt wurde das Beckmann Thermometer Es hat eine Skala die nur ungefahr 6 umfasst kann jedoch auch auf 0 01 Grad genau abgelesen werden Der Nullpunkt der Skala kann auf die jeweils gewunschte Temperatur eingestellt werden Schnellkochtopf Wird Wasser in einem luftdicht verschlossenen Topf erhitzt kann die Temperatur des flussigen Wassers uber 100 C steigen weil der Siededruck und damit auch der Siedepunkt sich erhohen Dadurch kommt es zu einer schnelleren Garung Hohenmessung Da der Luftdruck mit zunehmender Hohe sinkt sinkt auch der Siedepunkt Als Faustregel gilt Der Siedepunkt wird pro 300 m um etwa ein Grad abgesenkt So lasst sich durch die Bestimmung der Siedetemperatur von reinem Wasser die jeweilige Hohe uber dem mittleren Meeresspiegel abschatzen Bestimmung der Siedepunkte von organischen Stoffen Bearbeiten nbsp Apparatur zur Bestimmung des SiedepunktesDer Siedepunkt ist eine Stoffeigenschaft Die Kenntnis des Siedepunktes ermoglicht Ruckschlusse auf den vorliegenden Stoff In Nachschlagewerken z B CRC Handbook of Chemistry and Physics oder Taschenbuch fur Chemiker und Physiker befinden sich Tabellen uber Siedepunkte von Stoffen und Stoffgemischen Aus den Tabellenwerten kann man die vermuteten Verbindungen haufig abschatzen Der Siedepunkt kann auch als ein Kriterium der Stoffreinheit eines bekannten Stoffes genutzt werden Fur destillative Stofftrennungen eignet sich eine Vigreuxkolonne Bei Stoffmischungen kann es auch vorkommen dass mehrere Stoffe bei dem gleichen Siedepunkt uberdestillieren das Stoffgemisch bildet dann ein Azeotrop Bestimmung des Siedepunktes mit einfachen MittelnFur einfache Ermittlungen der Siedetemperatur benotigt man ein Reagenzglas oder einen Kolben mit einem seitlichen Ansatzrohr mit durchbohrtem Gummistopfen und Thermometer ein Stuck Gummischlauch ein Glasrohr ein Paraffinbad eine Heizquelle und ein Becherglas mit Kuhlwanne Entsprechend der Abbildung Apparatur zur Bestimmung des Siedepunktes wird die eine entsprechende Destillationsvorrichtung aufgebaut Das Reagenzglas mit Ansatzrohr sollte zu einem Drittel mit dem zu untersuchenden Stoff gefullt werden Zur Verhinderung von Siedeverzugen fugt man noch einige Siedesteinchen hinzu Die untere Spitze des Thermometers sollte wenige Zentimeter uber der Flussigkeitsoberflache angebracht sein Fur eine genauere Temperaturermittlung kann statt eines Quecksilberthermometers auch ein digitaler Temperaturfuhler Genauigkeit 0 1 C durch den Gummistopfen eingebracht werden Fur eine sehr exakte Bestimmung des Siedepunktes mussen zwei mogliche Fehlerquellen beachtet werden Falls ein Quecksilberthermometer zur Bestimmung des Siedepunktes genutzt wird muss das Thermometer sehr weit in das Reagenzglas hineinragen Durch die deutlich kuhlere Umgebungsluft wird das Quecksilber das sich nicht im Innenraum der Dampfzone befindet abgekuhlt Der dabei entstehende Temperaturfehler wird annahernd durch die Formel DT 0 000154 n T t beschrieben n Lange cm des herausragenden Teilstuckes T beobachtete Siedetemperatur t Temperatur der Umgebungsluft 8 Falls der Luftdruck von 760 mm Quecksilbersaule abweicht so muss ein weiterer Korrekturfaktor des Siedepunktes berucksichtigt werden Uberschlagig fuhrt eine Druckabweichung von 0 36 2 4 mm Quecksilbersaule zum Normaldruck zu einer Siedepunktabweichung von mindestens 0 1 C 9 Einzelnachweise Bearbeiten ChemgaPedia Glossar Siedepunkt Pure Appl Chem Vol 54 No 6 S 1239 1250 1982 Volltext PDF Datei 227 kB Erwin Riedel Allgemeine und Anorganische Chemie 10 Auflage De gruyter Studium Berlin New York 2010 ISBN 978 3 11 022781 9 S 144 Hans Peter Latscha Helmut Alfons Klein Martin Mutz Allgemeine Chemie Springer Lehrbuch Springer Berlin Heidelberg Berlin Heidelberg 2011 ISBN 978 3 642 17522 0 S 168 doi 10 1007 978 3 642 17523 7 Michael Laing Boiling Points of the Family of Small Molecules CHwFxClyBrz How Are They Related to Molecular Mass In Journal of Chemical Education Band 78 Nr 11 2001 ISSN 0021 9584 S 1544 doi 10 1021 ed078p1544 David R Lide Hrsg CRC Handbook of Chemistry and Physics 90 Auflage Internet Version 2010 CRC Press Taylor and Francis Boca Raton FL Ebullioscopic Constants for Calculation of Boiling Point Elevation S 15 27 S Scholl Henning Foste Verfahrenstechnisches Labor Rektifikation tu bs de PDF 2 1 MB abgerufen am 9 November 2013 Ber d Deut Chem Ges 22 3072 Ber d Deut Chem Ges 20 709 Normdaten Sachbegriff GND 4181212 8 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Siedepunkt amp oldid 236961810