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Die Rektifikation auch Gegenstromdestillation genannt ist ein thermisches Trennverfahren zum Auftrennen einer homogenen Losung aus zwei oder mehr Stoffen Inhaltsverzeichnis 1 Prinzip 2 Beispiel einer idealen Kolonne 3 Reale Kolonnen 4 Trennung azeotroper Mischungen 5 Betriebsweise von Kolonnen 6 Spezielle Verfahren 7 Auswerteverfahren 7 1 Das McCabe Thiele Verfahren 7 2 Das Ponchon Savarit Verfahren 8 Industrielle Anwendungen 9 Anwendung im Labor 10 EinzelnachweisePrinzip BearbeitenDie Rektifikation ist ein thermisches Trennverfahren und stellt eine Erweiterung der Destillation oder eine Hintereinanderschaltung vieler Destillationsschritte dar 1 Die wesentlichen Vorteile der Rektifikation sind dass die Anlage kontinuierlich betrieben werden kann und dass der Trenneffekt im Vergleich zur Destillation um ein Vielfaches grosser ist da der Dampf im Gegenstrom mit der Flussigkeit mehrfach hintereinander in Kontakt steht Die Kolonne arbeitet energetisch gunstiger technisch weniger aufwandig und platzsparender als eine Hintereinanderschaltung von Einfachdestillationen Die Kontaktflache zwischen der Dampf und Flussigphase wird durch Einbauten z B Glockenboden Fullkorper Packungen bereitgestellt Zum Aufbau siehe Rektifikationskolonne An jeder dieser zusatzlichen Kontaktflachen kondensiert aus dem Dampfgemisch ein Gemisch mit veranderter Konzentration entsprechend dem Phasengleichgewicht wahrend infolge der frei werdenden Kondensationsenthalpie sukzessiv ein Gemisch mit hoherer Konzentration des leichterfluchtigen Bestandteils aus der Flussigphase verdampft Wird ein Flussigkeitsgemisch verdampft so sind die Konzentrationen der einzelnen Stoffe im Gas und in der Flussigphase durch die Temperatur und den Druck festgelegt Bei ausreichend langem Kontakt stellt sich ein Gleichgewicht ein Nur im Fall des Reinstoffes und einer azeotropen Mischung ist die Gleichgewichtszusammensetzung in der Gasphase und in der Flussigphase gleich In allen anderen Fallen ist die Konzentration des Leichtsieders in der Gasphase hoher als in der Flussigphase Wenn sich als Modellvorstellung das Gleichgewicht auf einem Kolonnenboden einstellen kann so spricht man von einem theoretischen Boden bzw einer theoretischen Stufe eine Kolonne aus solchen Stufen ist eine ideale Kolonne Glockenboden Siebboden Ventilboden nbsp nbsp nbsp nbsp nbsp nbsp 1 Glockenhals 2 Uberlauf um die Schichthohe auf dem Boden zu begrenzen Uberlaufe sind manchmal hohenverstellbar 3 Glockenverdeckelung mit Verschraubungen 1 Schlichter Siebboden vergleichbar mit denen aus der Wirbelschichttechnik glatt 1 Ventilkappen 2 Uberlauf um die Schichthohe auf dem Boden zu begrenzen Uberlaufe sind manchmal hohenverstellbar Beispiel einer idealen Kolonne BearbeitenBeispielhaft sollen die Verhaltnisse in einer idealen Kolonne mit zwei Boden die in idealem Gleichgewicht stehen betrachtet werden Die zu trennenden Stoffe ein Leichtsieder A und ein Schwersieder B sollen gleiche Verdampfungsenthalpie haben Im Sumpf sorgt ein Verdampfer fur eine vollstandige Verdampfung Im Kopf findet eine Totalkondensation statt Hieraus folgt Zu und abgefuhrte Stoffstrome sind nicht zu berucksichtigen Der Gasstrom nach oben und der Flussigkeitsstrom nach unten sind immer gleich gross die Kolonne wird mit sog unendlichem Rucklauf und zwei sog theoretischen Boden betrieben Auf dem ersten Boden treffen sich der Gasstrom aus dem Verdampfer und der Flussigkeitsstrom aus dem zweiten Boden Der Gasstrom kondensiert teilweise wobei ein grosserer Anteil des Kondensates auf den Schwersieder entfallt und ein kleinerer auf den Leichtsieder sodass sich im verbleibenden Gasstrom der Anteil des Leichtsieders erhoht wahrend der des Schwersieders abnimmt Die dabei freigesetzte Kondensationsenthalpie tragt ihrerseits dazu bei dass auf diesem ersten Boden vorzugsweise der Leichtsieder in die Gasphase ubergeht und somit eine Anreicherung des Leichtsieders im Gasstrom stattfindet Dieses Gleichgewicht an Schwersieder und Leichtsieder im Gasstrom steigt weiter zum zweiten Boden auf und unterliegt erneut in derselben Weise dem Abreicherungsprozess des Schwersieders im Gasstrom bzw der Anreicherung des Leichtsieders sodass eine weitere Trennung des Schwersieders vom Leichtsieder erfolgt Die Trennleistung dieses Prinzips erhoht sich in dem Masse je weiter die Siedepunkte der betreffenden Komponenten auseinanderliegen und je mehr theoretische Boden eine solche Kolonne aufweist Dies lasst sich auch anhand eines sogenannten Rektifikationsdiagramms veranschaulichen in dem die beiden Komponenten als Funktion ihres neuen Massengleichgewichts bei den jeweiligen theoretischen Boden dargestellt werden Reale Kolonnen BearbeitenDie Beschreibung in theoretischen Stufen geht von einer vorrangig thermodynamischen Limitierung einer Kolonne mit Boden aus Naher an der physikalischen Wirklichkeit ist die Beschreibung einer Kolonne als stoffubergangslimitiert Wird von einer thermodynamischen Limitierung ausgegangen so wird in Bodenkolonnen ein Bodenwirkungsgrad von max 0 7 erreicht da der Gleichgewichtszustand nicht erreicht wird Fur Kolonnen mit Packungen besitzt die Vorstellung von Gleichgewichtsstufen gar kein reales Aquivalent mehr Hier kann nur noch die Anzahl der theoretischen Stufen pro Meter angegeben werden Eine Destillationskolonne im Labor mit einer strukturierten Gewebepackung aus Kohlenstoff erreicht bis zu 50 theoretische Mixer Settler Stufen pro Meter Eine Schlitzbodendestillationskolonne kommt hingegen nur auf 0 7 bis 2 theoretische Stufen pro Meter Eine detaillierte Modellierung und Messung des Stoffubergangs ist schwierig Die Trennleistung einer Kolonne wird von den Herstellern daher meist in theoretischen Stufen fur eine bestimmte Mischung und bei unendlichem Rucklauf angegeben Fur die Auslegung von Kolonnen mit Packungen werden stofftransportlimitierte HTU NTU Rechnungen HTU height of transfer unit NTU number of transfer units verwendet Die HTU muss dabei jedoch experimentell bestimmt werden Die Auslegungsgleichungen fur Kolonnen sind so gut dass auch grosse Kolonnen rein auf der Basis von Laborwerten gebaut werden Trennung azeotroper Mischungen BearbeitenWie auch bei der Destillation konnen unter normalen Bedingungen azeotrope Gemische nur bis zum azeotropen Punkt getrennt werden Ist es erforderlich ein azeotropes Gemisch uber diesen Punkt hinaus zu trennen muss der azeotrope Punkt verschoben werden Er darf nicht im Konzentrations und Temperaturbereich der Anlage liegen Eine Verschiebung erfolgt zum Beispiel durch Betriebsdruckanderung oder durch Zugabe eines Hilfsstoffes 2 Betriebsweise von Kolonnen BearbeitenEs wird zwischen einer kontinuierlichen und einer diskontinuierlichen englisch batch Betriebsweise unterschieden Bei der kontinuierlichen Betriebsweise erfolgt ein standiger Zulauf engl feed an zu trennendem Gemisch und eine standige Entnahme des Kopf bzw Sumpfproduktes Die Zusammensetzung an Kopf Sumpf Boden bleibt dabei gleich die Kolonne befindet sich in einem quasistationaren Gleichgewichtszustand Bei der diskontinuierlichen Betriebsweise wird eine bestimmte Menge an Gemisch vorgelegt und die Rektifikationskolonne angefahren bis sich auf allen theoretischen Boden ein Gleichgewicht eingestellt hat Dies geschieht bei unendlichem Rucklauf Dann wird das gewunschte Kopf oder Sumpfprodukt entnommen Die Zusammensetzung andert sich durch die Entnahme es gibt Gleichgewichtsverschiebung Wenn das Produkt nicht mehr den Anforderungen genugt wird die Charge abgebrochen und eine neue Charge gestartet Spezielle Verfahren BearbeitenUm Mehrstoffgemische zu trennen die einen azeotropen Punkt oder eine niedrige relative Fluchtigkeit aufweisen benotigt man spezielle Verfahren Das Zweidruckverfahren auch Druckwechseldestillation genannt nutzt die Druckabhangigkeit des Azeotrops Es wird beispielsweise zur Trennung von THF und Wasser oder Ethanol und Wasser angewendet Bei der Extraktivrektifikation Distex Verfahren wird die Lage des Azeotrops durch die Zugabe eines Hilfsstoffes beeinflusst Bspw kann durch Zugabe von Anilin ein Gemisch aus Benzol und Cyclohexan getrennt werden Bei der Azeotroprektifikation wird ein Hilfsstoff verwendet der bei engsiedenden Gemischen ein neues Azeotrop mit einem der Stoffe bildet und bei azeotropen Gemischen als Azeotropwandler wirkt Auswerteverfahren BearbeitenDas McCabe Thiele Verfahren Bearbeiten Die Grundlage fur das McCabe Thiele Verfahren bildet das Gleichgewichtsdiagramm der zugrundeliegenden Stoffmischung Da in der Praxis im Allgemeinen bei konstantem Druck rektifiziert wird ist das isobare Gleichgewichtsdiagramm die Grundlage des McCabe Thiele Verfahrens Es entsteht durch Auftragung der Stoffmengenanteile einer Komponente meist leichter siedend in der Flussigphase zu den entsprechenden Stoffmengenanteilen derselben Komponente in der Gasphase 3 4 Das Ponchon Savarit Verfahren Bearbeiten Im Gegensatz zum McCabe Thiele Verfahren werden die Energiebilanzen beim Ponchon Savarit Verfahren nicht vernachlassigt Die graphische Auswertung erfolgt im Enthalpie Zusammensetzungs Diagramm H x y 5 Industrielle Anwendungen BearbeitenDie mehrstufige Destillation in Kolonnen ist ein haufig verwendetes und gut beherrschtes Verfahren der thermischen Stofftrennung in der chemischen Industrie Andere Verfahren werden verwendet wenn die Stoffeigenschaften eine mehrstufige Destillation nicht zulassen Die Erdolraffination nutzt die mehrstufige Destillation in Kolonnen Erdol wird zudem in der Kolonne mit Wasserdampf gestrippt und gleichzeitig chemisch verandert nbsp Prinzip der Luftzerlegung mit Hilfe einer RektifikationskolonneIn sog Luftzerlegern wird nach dem Linde Verfahren die verflussigte Luft durch Rektifizieren in ihre Bestandteile getrennt Dabei werden Stickstoff Sauerstoff und Argon aus der Luft gewonnen In sehr grossen Anlagen wird zusatzlich ein Helium Neon Gemisch gewonnen das in einem zweiten Schritt in reines Neon und Helium aufgeteilt wird Andere Bestandteile der Luft die nur in sehr geringen Mengen in der Luft vorkommen werden im Allgemeinen nicht hergestellt da es andere gunstigere Verfahren zu deren Gewinnung gibt Alternativ zur Luftzerlegung werden besonders fur kleinere Anlagen teilweise auch Adsorptionsprozesse eingesetzt Anwendung im Labor Bearbeiten nbsp Laborapparaturen zur Rektifikation mit Vigreux KolonnenBei Synthesen von Substanzen und Isolierung bzw Reinigung von Naturstoffen im Labor mussen Mischungen von Flussigkeiten mit kleinen Siedepunktdifferenzen durch Rektifikation getrennt werden Je nach Grosse der Siededifferenz werden unterschiedliche Trennkolonnen verwendet Eine haufig verwendete Rektifikationskolonne ist die Vigreux Kolonne Einzelnachweise Bearbeiten Klaus Sattler Thermische Trennverfahren 3 Auflage Wiley VCH Weinheim 2001 ISBN 3 527 30243 3 S 124 Klaus Sattler Thermische Trennverfahren 3 Auflage Wiley VCH Weinheim 2001 ISBN 3 527 30243 3 S 156 159 Klaus Sattler Thermische Trennverfahren 3 Auflage Wiley VCH Weinheim 2001 ISBN 3 527 30243 3 S 95 97 Animation Theoretische Boden in der ChempaPedia Klaus Sattler Thermische Trennverfahren 3 Auflage Wiley VCH Weinheim 2001 ISBN 3 527 30243 3 S 198 199 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rektifikation Verfahrenstechnik amp oldid 237468854