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Die Mannheimer Sternwarte befand sich in dem von 1772 bis 1774 gebauten Sternwartenturm und blieb bis 1880 in Betrieb Danach wurde die Sternwarte nach Karlsruhe und 1898 schliesslich auf den Konigstuhl bei Heidelberg verlegt wo das Nachfolgeinstitut bis heute als Landessternwarte Heidelberg Konigstuhl besteht Ehemaliger Sternwartenturm in Mannheim Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte der Sternwarte in Schwetzingen 2 Kurpfalzische Zeit 2 1 Die Grundungszeit der Mannheimer Sternwarte 2 2 Die Nachfolger Christian Mayers 3 Badische Zeit 3 1 Von den napoleonischen Kriegen bis zur deutschen Revolution 3 2 Umzug nach Karlsruhe 3 3 Bergsternwarte Heidelberg 4 Geschichte der Mannheimer Sternwarte nach 1880 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseVorgeschichte der Sternwarte in Schwetzingen Bearbeiten nbsp Ein Quadrant von Canivet wie ihn Mayer in Paris kaufteDer pfalzische Kurfurst Carl Theodor stand den Impulsen der Aufklarung aufgeschlossen gegenuber Mehrfach war der franzosische Denker Voltaire an seinem Hof zu Gast Der Kurfurst vollzog zahlreiche Reformen in seinem Herrschaftsgebiet und grundete wissenschaftliche Einrichtungen Eine davon das physikalische Kabinett baute der seit 1751 in Heidelberg tatige Professor fur Experimentalphysik und Mathematik der Jesuitenpater Christian Mayer auf Als Mayer 1756 nach Paris gesandt wurde um die dortige Wasserversorgung zu studieren lernte er dort auch eines der zeitgenossischen Zentren der Astronomie kennen Beim Instrumentenbauer Canivet erwarb er ein astronomisches Instrument einen Quadranten Mit ihm beobachtete er 1759 in der Kurpfalz die von Edmond Halley vorhergesagte Wiederkehr des Kometen Carl Theodor liess 1761 aus Holz eine provisorische Sternwarte in der Orangerie des Schwetzinger Schlossparks errichten von der aus Mayer den Durchgang der Venus vor der Sonne am 6 Juni beobachtete Die Beobachtungen mussen den Kurfursten uberzeugt haben denn schon im Juli begannen die Arbeiten fur ein Observationsgebaude auf dem Schlossdach das 1764 eingeweiht wurde Einige Jahre spater reiste Mayer fur ein Jahr nach Sankt Petersburg und beobachtete dort unter anderem den Venustransit am 3 Juni 1769 Die Schwetzinger Sternwarte blieb indes nicht ungenutzt Carl Theodor und sein Gast Prinz Franz Xaver von Sachsen wollten das Naturschauspiel ebenfalls beobachten was aber an schlechtem Wetter scheiterte Noch in Sankt Petersburg veroffentlichte Mayer seine Ergebnisse aus den Venusdurchgangen und berechnete mithilfe aller ihm bekannten Beobachtungen der beiden Transits die mittlere Distanz Erde Sonne auf 146 2 Millionen Kilometer was nur drei Millionen Kilometer weniger ist als der tatsachliche Wert allerdings mit einer betrachtlichen Messunsicherheit Kurpfalzische Zeit BearbeitenDie Grundungszeit der Mannheimer Sternwarte Bearbeiten nbsp Der Mannheimer SternwartenturmAm Silvestertag 1771 schliesslich legte Mayer eine Denkschrift uber den Bau einer Sternwarte in der Nahe des Mannheimer Hofes vor und 1772 beauftragte der Kurfurst die Hofkammer mit dem Neubau der Sternwarte Noch im selben Jahr wurde der Grundstein des Turmes neben dem Schloss Mannheim in der Nahe des Jesuitenkollegs gelegt Mithilfe der in den folgenden Jahren erworbenen Instrumente und der zahlreichen aus der kurfurstlichen Bibliothek uberlassenen Bucher machte Mayer die Mannheimer Sternwarte zu einer bekannten und international ebenburtigen Forschungseinrichtung So finden sich im Gastebuch der Mannheimer Sternwarte nicht nur die Eintragungen zahlreicher namhafter Kollegen sondern auch die illustrer Gaste wie Wolfgang Amadeus Mozart der sich als Hofkapellmeister bewarb Benjamin Franklin als Abgesandter der jungen Vereinigten Staaten und selbst solche in arabischer und anderen Schriften Die astronomischen Arbeiten Mayers fanden in der Entdeckung der Doppelsterne als zusammengehorige Gebilde ihren Hohepunkt Von den in Bodes Himmelsatlas 1782 veroffentlichten Doppelsternen wurden die meisten von Mayer beobachtet Carl Theodor verliess die Kurpfalz 1778 um Bayern zu regieren Nicht zuletzt durch die Abwesenheit des sich personlich kummernden Fursten verlief die Geschichte der Sternwarte nach dem Tode Christian Mayers im Jahr 1783 weniger glucklich Die Nachfolger Christian Mayers Bearbeiten Der neue Hofastronom der Jesuit Karl Konig wurde vom Kurfurst bald nach Munchen versetzt und der nachste der Ex Jesuit Johann Nepomuck Fischer machte sich so viele Feinde dass er 1788 nach nur anderthalb Jahren wieder ging Mit dem Lazaristen Peter Ungeschick traf man wohl eine bessere Wahl aber der starb schon 1790 auf der Ruckreise von einem Studienaufenthalt in Paris Ihm folgte Roger Barry ebenfalls Mitglied des Ordens der Lazaristen nbsp Eintragung Mozarts im Gastebuch der Mannheimer SternwarteDie anfanglichen Erfolge Barrys wurden durch die Kriege der napoleonischen Zeit zunichtegemacht die auch die Sternwarte schwer in Mitleidenschaft zogen Der Turm wurde mehrfach beschossen mehrere Instrumente wurden zerstort andere beschadigt Einige verschwanden auch auf ungeklarte Weise Barry zeitweise sogar durch die Franzosen inhaftiert erhielt zwar Gelegenheit zur Beobachtung eines Merkurtransits konnte aber sonst wenig ausrichten Badische Zeit BearbeitenVon den napoleonischen Kriegen bis zur deutschen Revolution Bearbeiten nbsp Ein Mauerquadrant von John Bird war lange Hauptinstrument der Mannheimer Sternwarte nbsp Mire Prufpunkt im heutigen Kaiser Wilhelm HafenNach dem Krieg ubernahm 1806 das Grossherzogtum Baden die rechtsrheinischen Gebiete der Kurpfalz und damit auch die Sternwarte Der Hofastronom Roger Barry nahm seine Beobachtungen wieder auf erkrankte jedoch 1810 und die Sternwarte blieb bis zu seinem Tode 1813 ungenutzt Seine zahlreichen Beobachtungen mit dem Mauerquadranten nach 1800 blieben unpubliziert da sie von seinen Nachfolgern als nicht mehr zeitgemass eingestuft wurden Damit war die Zeit der katholischen Orden an der Mannheimer Sternwarte voruber In den Jahren bis zur badischen Revolution 1848 blieb die Sternwarte hinter ihren glanzenden Anfangen zuruck Beruhmte Astronomen konnten entweder nicht gehalten werden wie Heinrich Christian Schumacher 1813 1815 in Mannheim der an seiner nachfolgenden Wirkungsstatte in Altona das alteste noch existierende Fachjournal der Astronomie die Astronomischen Nachrichten grundete oder wurden trotz Interesses durch ungeschickte Personalpolitik abgeschreckt wie Friedrich Georg Wilhelm Struve der dann im Pulkowo Observatorium bei Sankt Petersburg ein renommiertes Observatorium aufbaute 1815 wurde versucht den Munchner Astronomen Johann Georg von Soldner nach Mannheim zu ziehen dieser sagte jedoch ebenfalls ab 1 Ab 1816 bis zu seinem Tode 1846 war Friedrich Bernhard Gottfried Nicolai Hofastronom der sich hauptsachlich den Bahnen der Kometen widmete In seiner Zeit wurde unter anderem ein Fernrohr mit 7 5 cm Offnungsweite von Joseph von Fraunhofer angeschafft das spater bei den Expeditionen zu Beobachtungen der Venusdurchgange 1874 und 1882 Verwendung fand Das Instrumentarium und der Sternwartenturm selbst waren in die Jahre gekommen Bereits ausgereifte Plane zum Neubau der Sternwarte konnten in der Revolutionszeit nicht mehr verwirklicht werden Am 10 Juni 1850 beschloss man sogar die Aufhebung des Instituts indem kein neuer Hofastronom mehr bestellt wurde Der Heidelberger Professor Adam Nell ubernahm 1852 die Aufsicht allerdings ohne Gehalt Wiederum wurde eine diesmal bescheidenere Institutserneuerung geplant die 1859 mit der Bestellung eines Teleskops mit 9 cm Offnungsweite begann Umzug nach Karlsruhe Bearbeiten nbsp Das grosste Fernrohr der Sternwarte Baujahr 18591860 kam mit Eduard Schonfeld wieder ein besoldeter Hofastronom nach Mannheim der sich durch seine Beobachtungen astronomischer Nebel auch schon bald einen Namen machte Fachlich trug er mit seiner Arbeit wesentlich zum noch heute benutzten Katalog der Bonner Durchmusterung bei Uberdies organisierte er mehrere astronomische Treffen Bei einem solchen Treffen am 28 August 1863 wurde in Heidelberg die Astronomische Gesellschaft Deutschlands gegrundet die noch heute besteht Schonfeld wurde in den Grundungsvorstand gewahlt Neben vielen anderen Tatigkeiten nahm er 1871 an der Beratenden Commission zur Vorbereitung des Venusdurchgange 1874 82 teil Als Schonfeld 1875 nach Bonn ging um dort Sternwartendirektor zu werden ubernahm Wilhelm Valentiner die Mannheimer Stelle Der Standort inmitten der Stadt war aber nicht mehr zeitgemass Die Sternwarte wurde nach Karlsruhe verlegt und dort 1880 in einer behelfsmassigen Hutte untergebracht von wo aus aber keine nennenswerten Beobachtungen stattfinden konnten Plane zum Bau einer dauerhaften Sternwarte in Karlsruhe wurden sehr zu Valentiners Verdruss nicht verwirklicht obwohl erste Teleskope und Instrumente angeschafft wurden In dieser Zeit erwachte auch an der Universitat in Heidelberg der Wunsch nach einer Sternwarte Der junge Heidelberger Astronom Max Wolf errichtete bereits ab 1880 eine Privatsternwarte in seinem Elternhaus Er setzte konsequent auf die Fotografie zur Beobachtung und machte sich so schnell einen Namen in der Astronomie Bergsternwarte Heidelberg Bearbeiten Hauptartikel Landessternwarte Heidelberg Konigstuhl 1892 trug eine Deputation Heidelberger Professoren unter ihnen Max Wolf dem Karlsruher Grossherzog den Wunsch nach einer forschungs und lehrtauglichen Universitatssternwarte vor Das nicht gerade finanzstarke Baden jener Zeit konnte jedoch kaum mehr als die Errichtung der Bauten leisten und die Karlsruher Instrumente waren fur Wolfs Spezialgebiet die Astrofotografie ungeeignet So suchte Wolf nach Forderern die ihm die Anschaffung neuer Teleskope ermoglichen Die Suche erwies sich als ausgesprochen glucklich Die US amerikanische Wissenschaftsmazenin Catherine Wolfe Bruce spendete 10 000 Dollar fur ein Teleskop und ihrer Stiftung folgten weitere Schliesslich wurde der Bau einer Sternwarte bei Heidelberg bewilligt an die auch die Karlsruher Instrumente uberfuhrt werden sollten Am 20 Juni 1898 wurde die Grossherzogliche Bergsternwarte auf dem Konigstuhl die heutige Landessternwarte Heidelberg Konigstuhl feierlich eingeweiht Anfangs existierten zwei konkurrierende Abteilungen Die astrometrische Abteilung wurde von Wilhelm Valentiner geleitet und beinhaltete das Karlsruher Instrumentarium Die astrophysikalische Abteilung unter Max Wolf wurde mit den Instrumenten aus seiner Privatsternwarte und den neuen Stiftungsinstrumenten ausgestattet Nach der Emeritierung Valentiners 1909 wurden beide Abteilungen vereint Wolf arbeitete auf vielen Gebieten der Astrophysik er untersuchte die Struktur der Milchstrasse spektroskopierte Sterne und Gasnebel und suchte intensiv nach Kleinplaneten von denen auf der Sternwarte insgesamt mehr als 800 entdeckt wurden Als Ehrenburger Heidelbergs wurde er 1932 auf dem Bergfriedhof beigesetzt Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es einen neuen Anfang fur das Institut das nun Landessternwarte Konigstuhl LSW hiess Die Mannheimer Instrumente wurden 1983 dem Landesmuseum fur Technik und Arbeit heute Technoseum in Mannheim gestiftet wo einige davon Teil der standigen Ausstellung sind Das Fernrohr von 1859 wurde 1957 der Stadt Karlsruhe zum Aufbau der Sternwarte Karlsruhe geschenkt ein anderes Instrument der Volkssternwarte Heppenheim Die Bucher der alten Bibliothek deren altestes von 1476 stammt ubereignete das Institut der Handschriftenabteilung der Universitatsbibliothek Geschichte der Mannheimer Sternwarte nach 1880 Bearbeiten nbsp Sternwartenturm neben der JesuitenkircheDer Turm der Sternwarte wurde von 1905 bis 1906 restauriert Durch einen Erbbauvertrag zwischen dem Landesfiskus und der Stadt Mannheim im Jahr 1940 kam das Gebaude bis vorerst 31 Marz 2021 in die Obhut der Stadt Mannheim Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebaude am 20 Marz 1944 durch eine Sprengbombe stark beschadigt die die obersten Gewolbedecken durchschlug Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte zunachst eine notdurftige Reparatur Erst 1957 beschloss der Gemeinderat eine Wiederinstandsetzung und einen Umbau zum Atelierhaus Durch die nachfolgenden Sanierungsarbeiten bis Oktober 1958 erhielt die Fassade ein weitgehend originalgetreues Aussehen im Inneren entstanden Atelierraume Bis zu seinem Tod im April 2022 nutzte der Mannheimer Kunstler Walter Stallwitz von 1958 bis 2022 ein Atelier in dem Gebaude Ausser ihm und anderen hatten weitere namhafte Kunstler dort ihre Atelierraume so Edgar Schmandt von 1963 bis 2019 und Uta Dorra von 1998 bis 2014 2 Auf der oberen Plattform des Gebaudes befindet sich weiterhin der als Nullpunkt fur das badische Vermessungssystem dienende Gradmessungs Pfeilers 3 Die Denkmalstiftung Baden Wurttemberg ernannte die Sternwarte zum Denkmal des Monats Juni 2014 Im Oktober 2019 zum 300 Geburtstag Mayers wurde die historische Kuppelhaube wieder auf einen achteckigen Unterbau gesetzt 4 Literatur BearbeitenKai Budde Sternwarte Mannheim Die Geschichte der Mannheimer Sternwarte 1772 1880 Technik Arbeit 12 Schriften des Landesmuseums fur Technik und Arbeit in Mannheim Ubstadt Weiher verlag regionalkultur 2006 ISBN 978 3 89735 473 9 Alexander Moutchnik Forschung und Lehre in der zweiten Halfte des 18 Jahrhunderts Der Naturwissenschaftler und Universitatsprofessor Christian Mayer SJ 1719 1783 In Algorismus Studien zur Geschichte der Mathematik und der Naturwissenschaften Band 54 Erwin Rauner Verlag Augsburg 2006 ISBN 3 936905 16 9 523 S archive org PDF 106 kB abgerufen am 29 Januar 2022 Inhaltsverzeichnis siehe auch beim Verlag Thomas Schoch Die Sternwarte Mannheim und ihr Hofastronom Christian Mayer 1763 1783 1986 Universitat Mannheim im Marchivum nbsp Johann Jakob Rieger 1754 1811 Panorama von der Mannheimer Sternwarte aus 1790Emil Lacroix Die ehemalige Sternwarte in Mannheim Bericht uber ihre Instandsetzung im Jahre 1958 In Nachrichtenblatt der Denkmalpflege in Baden Wurttemberg Organ der Staatlichen Amter fur Denkmalpflege Band 2 Nr 2 1959 uni heidelberg de PDF 6 8 MB abgerufen am 29 Januar 2022 Besucherbuch der Mannheimer Sternwarte 1777 1810 Mannheim 1777 doi 10 11588 diglit 2740 uni heidelberg de abgerufen am 29 Januar 2022 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Mannheimer Sternwarte Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Website der Sternwarte Abgerufen am 29 Januar 2022 Beschreibung und Funktionsweise des Mannheimer Mauerquadranten Rhein Neckar Industriekultur Sternwarte Mannheim mit Mannheimer Meridian Mire im Industriehafen Kaiser Wilhelm Becken Aktionsbundnis Alte Sternwarte Einzelnachweise Bearbeiten Kai Budde Sternwarte Mannheim Geschichte der Mannheimer Sternwarte 1772 1880 Landesmuseum fur Technik und Arbeit in Mannheim verlag regionalkultur 2006 Seite 135 https sternwarte mannheim de kuenstler innen Die Wiederinstandsetzung der Sternwarte in Mannheimer Hefte 2 1958 S 14 15 Monumente Hier haben wir etwas vollendet Ausgabe 1 2020 Seite 11 49 486480555556 8 4597 Koordinaten 49 29 11 3 N 8 27 34 9 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mannheimer Sternwarte amp oldid 237499689