www.wikidata.de-de.nina.az
Das Pulkowo Observatorium russisch Pu lkovskaya astronomi cheskaya observato riya englisch Pulkovo Space Observatory ist die bekannteste Sternwarte Russlands und seit langem das Hauptobservatorium der Russischen Akademie der Wissenschaften Es befindet sich auf dem Pulkowo Hugel 18 Kilometer sudlich des Zentrums von Sankt Petersburg Pulkowo Observatorium Inhaltsverzeichnis 1 Instrumentierung 2 Grundungsgeschichte 3 Geschichte bis zum Zweiten Weltkrieg 4 Jungere Geschichte 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseInstrumentierung Bearbeiten nbsp 30 Zoll RefraktorDie Sternwarte wurde 1839 unter Zar Nikolaus I gegrundet und erhielt ein damals als Riesenteleskop geltendes Hauptinstrument mit 38 cm Objektiv einer Weiterentwicklung der beruhmten Munchner Fraunhofer Objektive 1886 uberflugelte sie mit dem 30 Zoll grossen Refraktor 1 das bis dahin grosste Linsenfernrohr der Welt in der Universitatssternwarte Wien Die hohe geografische Breite wie Oslo nur 6 vom Polarkreis entfernt erlaubte Beobachtungen die von sudlicheren Sternwarten wie dem Royal Greenwich Observatory nicht durchgefuhrt werden konnten Pulkowo war Standpunkt der Weltlangenbestimmung 1933 Ortszeitdifferenz zu Greenwich 2h 01m 18 57s und wurde 1990 von der UNESCO in die Liste des Weltkultur und Naturerbes der Menschheit aufgenommen Das Pulkowo Observatorium ist eine historisch wichtige Forschungsstatte die nach 1945 teilweise neu ausgestattet wurde u a mit einem Radioteleskop An ihren meist in Deutschland hergestellten Instrumenten arbeiteten bedeutende Astronomen wie der deutsche Friedrich Georg Wilhelm Struve sein Sohn Otto Wilhelm Struve und Paul Harzer Grundungsgeschichte Bearbeiten nbsp Pulkowo Sternwarte 1839Das Observatorium wurde 1839 auf einer bewaldeten Anhohe mit oben freier Rundsicht erbaut Der Hugel mit dem Dorf Pulkawa zu Fussen wurde als Park ausgestaltet um durch liebevollste Fursorge fur alle Bedurfnisse der Astronomen deren Einsamkeit in 15 km Distanz zur Hauptstadt moglichst unfuhlbar zu machen Das Sternwartenareal samt Park umfasst etwa 0 7 1 km und wird durch die in einem ostlichen Bogen ausweichende Fernstrasse nach Moskau Pulkowskoje bzw Moskowskij Prospekt erschlossen Als kunftige Hauptsternwarte Russlands wurde Pulkowo schon 1839 mit den damals modernsten Geraten ausgestattet Der grosse Refraktor war mit 38 cm Offnung fur etwa 10 Jahre das lichtstarkste Linsenfernrohr der Welt Erster Direktor wurde der Deutschbalte Friedrich Wilhelm Struve der zuvor die Sternwarte Dorpat aufgebaut hatte Architekt war Alexander Brjullow Die Hauptaufgabe des Observatoriums bestand in der Positionsbestimmung der Sterne Astrometrie der Untersuchung von Doppelsternen und der exakten Bestimmung von astronomischen Konstanten wie der Prazessionsbewegung der Erde der Nutation und der stellaren Aberration In den Jahren 1845 1865 1885 1905 und 1930 wurden eigene Sternkataloge herausgegeben Daruber hinaus dienten die in Pulkowo gewonnenen Daten der Landesvermessung von Russland sowie fur Zwecke der Navigation und der geografischen Forschung So war man an der exakten Bestimmung der Langen und Breitengrade von der Donau bis zum Nordlichen Eismeer bis 1851 und der Vermessung der Insel Spitzbergen 1899 1901 beteiligt Der Meridian von Pulkowo der durchs Zentrum des Hauptgebaudes verlauft war der Ausgangspunkt samtlicher alterer Landkarten Russlands Die Russische Geographische Gesellschaft verdankt ihre Grundung 1845 massgeblich dem Observatorium Von Pulkowo aus organisierte Wilhelm v Struve auch die Fertigstellung des Struve Bogens eine 3000 km lange Vermessungslinie zur osteuropaischen Geoidbestimmung 1816 bis 1852 deren Planung er noch an der Sternwarte Dorpat begonnen hatte Im Observatorium befindet sich das bekannteste Portrat von Carl Friedrich Gauss das der danische Maler Christian Albrecht Jensen im Sommer 1840 im Auftrag des Zaren in Gottingen anfertigte und von dem eine Anzahl Kopien existieren Geschichte bis zum Zweiten Weltkrieg Bearbeiten nbsp Mitglieder des Observatoriums1862 ubernahm Struves Sohn Otto Wilhelm die Leitung des Instituts 1888 wechselte Aristarch Belopolski ein Experte auf dem Gebiet der Spektroskopie und der Sonnenforschung von der Moskauer Sternwarte nach Pulkowo 1889 anlasslich des 50 jahrigen Bestehens wurde ein astrophysikalisches Labor eingerichtet und ein Refraktor mit 76 cm Offnung aufgestellt wiederum das weltgrosste Linsenfernrohr 1890 wurde Fjodor Bredichin Direktor Unter seiner Leitung wurde die Astrophysik zum Forschungsschwerpunkt Mit der Installation eines Astrografen begann man 1894 in Pukowo mit der Astrofotografie 1904 erfolgte die Aufstellung eines Zenitteleskop zur Messung der Bewegung des Himmelspols Ab 1920 sandte das Observatorium mittels Radiowellen genaue Zeitsignale aus 1923 wurde ein Spektrograf nach Littrow aufgestellt 1940 nahm man im Suden des Areals ein Sonnenteleskop in Betrieb Um Beobachtung der sudlicheren Sterne vornehmen zu konnen wurden zwei Niederlassungen eingerichtet das Simejis Observatorium auf der Halbinsel Krim im heutigen Jaltaer Stadtteil Simejis und die Sternwarte von Nikolajew Der Grosse Terror der Stalin Ara bedeutete einen tiefen Einschnitt fur die Forschungstatigkeit Viele Mitarbeiter einschliesslich des damaligen Direktors Boris Gerassimowitsch wurden verhaftet und Ende der 1930er Jahre hingerichtet Dies wurde spater als Pulkowo Affare bekannt 2 Die Wissenschaftler wie beispielsweise Dmitri Jeropkin wurden von Troika Sondergerichten des NKWD der Beteiligung an der terroristischen faschistischen Trotzki Sinowjew Organisation beschuldigt die vom deutschen Geheimdienst zum Sturz der Regierung der Sowjetunion und Errichtung einer faschistischen Diktatur auf dem Boden der Sowjetunion 1932 gegrundet worden sei Die Zahl der Opfer dieser Pulkowo Affare konnte nicht genau festgestellt werden Zu den Opfern gehorten nicht nur Wissenschaftler des Pulkowo Observatoriums sondern auch Astronomen Geologen Geophysiker Geodaten und Mathematiker in verschiedenen wissenschaftlichen Instituten in Leningrad Moskau und anderen Stadten 3 Wahrend des Zweiten Weltkrieges wurde das Observatorium durch deutsche Luftangriffe und Artilleriebeschuss vollstandig zerstort Unter dramatischen Umstanden konnten die Hauptinstrumente der Hauptsternwarte darunter auch das grosse Linsenteleskop mit einem Objektivdurchmesser von 76 cm nach Leningrad ausgelagert werden und entgingen so der Zerstorung und Vernichtung Gleiches galt auch fur einen Grossteil der weltberuhmt gewordenen Bibliotheksbestande mit ihren ausserst seltenen Handschriften und Buchern des 15 bis 19 Jahrhunderts sowie fundamentaler Werke auf dem Gebiet der praktischen Astronomie und Geodasie Jedoch durch eine Brandstiftung am 5 Februar 1997 sind etwa 1500 der 3852 Bande vollstandig verbrannt Auch die ubrigen Bande wurden beschadigt entweder durch die Flammen oder das Loschwasser Jungere Geschichte Bearbeiten nbsp Der 65 cm Refraktor nbsp RadioteleskopNoch vor Kriegsende beschloss die sowjetische Regierung das Observatorium wieder aufzubauen und die fruhere Einrichtung um Gerate und Personal zu erweitern 1946 begannen die Bauarbeiten unter Leitung des Direktors Alexander A Michailow Direktor bis 1964 im Mai 1954 erfolgte die Wiedereroffnung Neu war der Fachbereich Radioastronomie und eine optisch mechanische Werkstatt fur den Instrumentenbau Gerate die den Krieg uberstanden hatten wurden repariert und wieder in Betrieb genommen Neue Teleskope waren ein 65 cm Refraktor ein grosses Zenitteleskop zwei Interferometer zwei Sonnenteleskope ein Koronograf und ein grosses Radioteleskop Die Sternwarte in Simejis wurde 1945 dem Krim Observatorium angegliedert ein weiteres Observatorium in Kislowodsk errichtet Derzeitiger Direktor der Hauptsternwarte ist Alexander V Stepanov Berater der Akademie Russlands bekanntester Astronom Wiktor Kusmitsch Abalakin Jahrlich publizieren die Wissenschaftler des Observatoriums 5 10 Werke ferner Fachbucher und zahlreiche Zeitschriftenartikel wozu noch aktuelle Berichte uber Entdeckungen kommen So wurde 19 20 die Explosion einer Supernova in einer fernen Galaxie gemeldet ein Phanomen das nur etwa alle 30 Jahre beobachtet wird Im Observatorium befindet sich auch ein Teil des astrophysischen Labors der Akademie und die einzige Erdbeben Forschungsstation in Nordwestrussland In den 1970ern entwickelte die Sternwarte einen fotografischen Meridiankreis zur Bestimmung hochpraziser Sternorter Siehe auch BearbeitenFriedhof am Pulkowo ObservatoriumLiteratur BearbeitenVera Ichsanova Pulkovo St Petersburg Spuren der Sterne und Zeiten Geschichte der russischen Hauptsternwarte Peter Lang Frankfurt am Main 1995 ISBN 3 631 49253 7 Amand von Schweiger Lerchenfeld Atlas der Himmelskunde und coelestischen Photographie Hartlebens Verlag Wien Pest Leipzig 1898Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Pulkowo Observatorium Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Homepage des Observatoriums englisch russisch Einzelnachweise Bearbeiten A Mikhailov in The Observatory Band 75 S 28 1955 1 P James E Peebles R Bruce Partridge Lyman A Page Jr Finding the Big Bang Cambridge University Press 2009 ISBN 978 0 521 51982 3 S 134 Loren R Graham Science in Russia and the Soviet Union A Short History Cambridge University Press 1993 ISBN 978 0 521 28789 0 S 197 Normdaten Korperschaft GND 4394733 5 lobid OGND AKS VIAF 246265430 59 771852777778 30 326341666667 Koordinaten 59 46 18 7 N 30 19 34 8 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Pulkowo Observatorium amp oldid 237619773