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Der Begriff Linke Opposition bezeichnet diejenigen Gruppierungen innerhalb der KPdSU B die in den 1920er Jahren im linksideologischen Gegensatz zu Josef Stalins Doktrin und dem damit verbundenen Aufstieg der Burokratie im sowjetischen Partei und Staatsapparat standen Im Unterschied dazu existierten Gruppierungen um Nikolai Bucharin Alexei Rykow und Michail Tomski die von Stalin als Rechtsabweichler Rechte Opposition bezeichnet wurden Zur sogenannten Linken Opposition zahlten zunachst vor allem die Anhanger des Grunders und Oberbefehlshabers der Roten Armee Leo Trotzki Trotzkisten Im April 1926 1 vereinigten sie sich mit den Anhangern des Vorsitzenden der Kommunistischen Internationale Grigori Sinowjew und des Vorsitzenden des Politburos Lew Kamenew unter dem Namen Vereinigte Opposition Spater wurde noch Timofei Sapronows radikale Gruppe der Demokratischen Zentralisten dazugezahlt Nachdem die Vereinigte Opposition Ende 1927 organisatorisch weitgehend zerschlagen wurde ging der sozialistisch motivierte Widerstand gegen das Stalin Regime in der Folgezeit meist von konspirativ arbeitenden Gruppierungen im Untergrund und von den sibirischen Verbannungsorten der Oppositionellen aus wo sie sich in den Lagern des Gulag organisierten Bis auf wenige Ausnahmen wurden samtliche Anhanger der marxistisch ausgerichteten antistalinistischen Opposition im Zuge des Grossen Terrors 1936 1938 ermordet Mitglieder der Linken Opposition 1927 darunter Leo Trotzki vordere Reihe Mitte Jewgeni Preobraschenski vordere Reihe ganz rechts und Jakob Drobnis hintere Reihe zweiter von links Inhaltsverzeichnis 1 Lenins Tod und das Testament 2 Stalins Macht und der Aufstieg der Burokratie 3 Die Linke Opposition 1923 1927 4 Unterdruckung und Wirken nach 1927 5 Fuhrungsfiguren der Linken Opposition 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Einzelnachweise 9 WeblinksLenins Tod und das Testament BearbeitenNach dem Tod Wladimir Iljitsch Lenins der unumstrittenen Fuhrungsfigur der bolschewistischen Bewegung und des Initiators der Oktoberrevolution von 1917 am 21 Januar 1924 spielte sich ein Kampf um die politische Macht im sowjetischen Staatsapparat ab Neben Lenin galt der Volkskommissar fur Kriegswesen und Burgerkriegsheld Leo Trotzki als bekanntester und popularster Sowjetfuhrer zumal er schon in der Revolution 1905 als Vorsitzender des Petrograder Sowjets fungiert und im Oktober 1917 den Sturz der Provisorischen Regierung durch die Bolschewiki vorbereitet hatte Die Ubernahme der Nachfolge Lenins durch Trotzki galt deshalb in weiten Teilen der sowjetischen Partei sowie der kommunistischen Weltbewegung als wahrscheinlichste Option Misstrauen schlug Trotzki allerdings wegen seiner fruheren Zugehorigkeit zur mit den Bolschewiki rivalisierenden Gruppe der Menschewiki sowie seiner langjahrigen und oft erbittert gefuhrten Auseinandersetzungen mit Lenin vor 1917 entgegen Zudem hatten sich bereits in den letzten Lebensjahren Lenins Konflikte zwischen Trotzki und anderen Parteifuhrern hinsichtlich inhaltlicher Differenzen angebahnt Wahrend Trotzki mit seinem konsequenten Internationalismus und der Theorie der permanenten Revolution fur eine moglichst schnelle Ausbreitung revolutionarer Erhebungen und Machteroberungen durch kommunistische Bewegungen im Rahmen der sich ab 1917 in verschiedenen europaischen Landern vollziehenden Weltrevolution stand vertraten beispielsweise Stalin und Bucharin deutlich gemassigtere Positionen und zogen eine umfassende Konsolidierung der Sowjetmacht in Russland einer internationalen Revolutionsstrategie vor Nicht zuletzt deshalb ging die faktische Nachfolge Lenins im Fruhjahr 1924 an ein Kollegium aus Sinowjew dem Vorsitzenden des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale und Leiter des Petrograder Sowjets Kamenew einem engen Mitarbeiter Lenins und Stalin der sich bis dato immer im Hintergrund gehalten hatte Letzterer sicherte sich rasch die fuhrende Rolle in diesem Triumvirat dessen Hauptziel einzig und allein die Verhinderung Trotzkis an der Parteispitze war Lenin selbst hatte ein Testament hinterlassen das im Mai 1924 erstmals in den Fuhrungsgremien der Partei verlesen wurde Obwohl auch hier kein Nachfolger personlich genannt wurde musste Trotzki nach wie vor als Favorit gehandelt werden zumal Lenins Urteil uber ihn als insgesamt positiver aufgefasst wurde fahigster Mann im gegenwartigen ZK als jenes uber Stalin Genosse Stalin hat nachdem er Generalsekretar geworden ist eine unermessliche Macht in seinen Handen konzentriert und ich bin nicht uberzeugt dass er es immer verstehen wird von dieser Macht vorsichtig genug Gebrauch zu machen Anderseits zeichnet sich Genosse Trotzki wie schon sein Kampf gegen das ZK in der Frage des Volkskommissariats fur Verkehrswesen bewiesen hat nicht nur durch hervorragende Fahigkeiten aus Personlich ist er wohl der fahigste Mann im gegenwartigen ZK aber auch ein Mensch der ein Ubermass von Selbstbewusstsein und eine ubermassige Vorliebe fur rein administrative Massnahmen hat Wladimir Iljitsch Lenin Gesammelte Werke Band 36 Moskau 1966 S 595 Nicht zuletzt wegen der negativen Beurteilung Stalins und der Kritik an anderen hochrangigen Parteifuhrern zum Beispiel dem Wirtschaftstheoretiker Bucharin Seine theoretischen Anschauungen konnen nur mit sehr grossen Bedenken zu den vollig marxistischen gerechnet werden denn in ihm steckt etwas Scholastisches er hat die Dialektik nie studiert und glaube ich nie vollstandig begriffen wurde das Testament unter Verschluss gehalten und nicht parteioffentlich zuganglich gemacht Fur Trotzkis Position im Machtkampf um Lenins Nachfolge bedeutete dies einen herben Ruckschlag Stalins Macht und der Aufstieg der Burokratie BearbeitenStalins wachsende Macht beruhte vordergrundig auf der Informationsfulle die ihm sein Amt in der Arbeiter und Bauerninspektion gab Stalin konnte so in samtliche Dienststellen und Verwaltungszweige hineinblicken und Informationen sammeln die er gegen seine Gegner verwendete Hinzu kam der zunachst eher unbedeutende Posten als Generalsekretar der Partei der auf dem XI Parteitag im Jahre 1922 geschaffen wurde und der bald ein Bindeglied zwischen der Zentralen Kontrollkommission ZKK und dem Zentralkomitee ZK beziehungsweise dem Politburo des Zentralkomitees darstellte Dies verschaffte Stalin zudem Einfluss auf die zunachst noch harmlosen und fur die Parteimitglieder ungefahrlichen Parteisauberungen Die sozialen Ursachen fur den Aufstieg Stalins und der Burokratie als gesellschaftliche Schicht im postrevolutionaren Russland wurden von Trotzki und der Linken Opposition allerdings wesentlich tiefgrundiger analysiert wenn auch nur in Ansatzen der spateren vollstandigen Stalinismus Analyse Trotzkis aus den 1930er Jahren Trotzki machte vor allem die Verwustung des Landes durch insgesamt sieben Jahre Krieg die okonomische Ruckstandigkeit Russlands im Vergleich zu den hochentwickelten kapitalistischen Staaten West und Mitteleuropas oder Nordamerikas und die imperialistische Umkreisung des vorerst einzigen Arbeiterstaates weltweit fur eine allgemeine Notsituation verantwortlich in deren Folge die politische Herrschaft nicht mehr von der Arbeiterklasse und ihren Vertretern sondern von einer neuen Schicht aus Burokraten aus dem Funktionarsapparat der Partei der Leitungsebene der Betriebe und der Armee ausgeubt werde Wahrend so Trotzki also die sozialen Grundlagen der Oktoberrevolution weiterhin erhalten bleiben Verstaatlichung der Industrie Ansatze einer Planwirtschaft und staatliches Aussenhandelsmonopol findet auf politischer Ebene ein konterrevolutionarer Vorgang statt der seinen Ausdruck in der Machtverschiebung von der Masse der Arbeiter und Bauern auf die kleine Kaste der Burokratie findet 2 Dementsprechend vertreten die Reprasentanten der Burokratie in der Parteifuhrung auch keine revolutionare Politik auf internationalistischer und klassenkampferischer Grundlage sondern sind in erster Linie an der Erhaltung des Status quo und ihrer eigenen Macht und Privilegien interessiert Stalin fungiere als idealer Fursprecher der Burokratie und sei deren bester Ausdruck in der Fuhrung der Kommunistischen Partei In diesem Kontext sei auch die These vom Aufbau des Sozialismus in einem Land zu sehen die Ausdruck eines grossrussischen Chauvinismus und nationaler Borniertheit sei und deshalb im Gegensatz zum revolutionar sozialistischen Anspruch und Programm der Bolschewiki stehe Die Linke Opposition 1923 1927 Bearbeiten nbsp Der letzte gemeinsame offentliche Auftritt der alten Garde der bolschewistischen Partei bei der Beerdigung Felix Dserschinkis am 30 April 1926 darunter Kalinin Trotzki Kamenew Stalin und Bucharin Lenins schon in seinem Testament vorgebrachten Warnungen vor einer hegemonialen Rolle Stalins innerhalb der Kommunistischen Partei wurden inhaltlich bereits am 15 Oktober 1923 vorweggenommen als 46 hochrangige sowjetische Parteifunktionare in der sogenannten Erklarung der 46 vor immer deutlicher erkennbaren Verwerfungen und Missstanden in Partei und Staat warnten die mit dem Aufstieg der Burokratie einhergingen Parteimitglieder die mit dieser oder jener Verordnung des ZK oder sogar eines Gouvernementskomitees unzufrieden sind die diese oder jene Zweifel haben diese oder jene Fehler Ungereimtheiten oder Missstande fur sich registrieren furchten sich davor hieruber auf Parteiversammlungen zu sprechen mehr noch sie haben Angst miteinander zu reden wenn der Gesprachsteilnehmer kein vollig zuverlassiger d h nicht schwatzhafter Mensch ist Die freie Diskussion innerhalb der Partei hat faktisch aufgehort die offentliche Meinung der Partei ist verstummt In unseren Tagen werden die Gouvernementskomitees und das ZK der KPR nicht von der Partei und nicht von ihren Massen aufgestellt und gewahlt Im Gegenteil In immer grosserem Masse wahlt die Sekretars Hierarchie der Partei die Teilnehmer fur Konferenzen und Parteitage die immer mehr zu Versammlungen werden auf denen diese Hierarchie bestimmt Das Regime das sich innerhalb der Partei etabliert hat ist vollig unertraglich es totet die Selbstandigkeit der Partei und setzt an Stelle der Partei einen auserwahlten burokratischen Apparat Erklarung der 46 Trotzki Schriften 3 1 Hamburg 1988 S 634 Diese Erklarung kann als Ausgangspunkt der von nun an beginnenden organisierten innerparteilichen Opposition gegen den aufkommenden Stalinismus gesehen werden Ausgehend von der in ihr geausserten Kritik bildete sich fortan um Leo Trotzki die Linksopposition innerhalb der KPdSU B die kontrar zu Stalins Wirtschafts Staats und Aussenpolitik stand Anfangs noch als eher lockere Gruppierung um Trotzki herum wurde die Opposition mit der zunehmenden Verdrangung Trotzkis aus der ersten Reihe der bolschewistischen Partei ab Anfang 1925 und dem spateren Ubertritt Sinowjews und Kamenews in ihre Reihen organisatorisch gefestigter und trat einheitlicher auf Zunehmend positionierte sie sich allgemein und offentlich zu grundlegenden Fragen der sowjetischen Politik die immer mehr von Stalin und der ihn umgebenden Riege aus Parteifunktionaren gelenkt wurde Zentrale Forderungen wurden von der Opposition bei Fragen der Wirtschaft des Umgangs mit der Bauernschaft der innerparteilichen Demokratie und der internationalen Lage aufgestellt 3 Wirtschaft Bauernschaft Partei AussenpolitikVerbesserung der Bedingungen der stadtischen Arbeiterschaft Erhohung der Lohne Abrechnung von Uberstunden Verbesserung der Wohnsituation Erhohung des Arbeitslosengeldes Gleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit fur Frauen Freie Wahl von Gewerkschaftsfunktionaren Unabhangigkeit der Fabrikkomitees und Gewerkschaften von der Betriebsleitung auf allen Ebenen Klassenkampf auf dem Lande Die Partei muss an der Spitze der Landarbeiter sowie der armen und mittleren Bauern im Kampf gegen die Ausbeutung durch die Kulaken reiche Bauern stehen Da in der Partei mehr Funktionare als Arbeiter vorhanden sind 462 000 Funktionare und 445 000 Arbeiter im Januar 1927 muss der Degeneration der Parteifuhrung Einhalt geboten werden Wiederherstellung der innerparteilichen Demokratie Ende der Oppositionellenhetze in der Parteierziehung Ende der Bedrohung und Unterdruckung von Dissidenten Ende der Bevormundung der KI Sektionen durch die Parteifuhrung in Moskau Beendigung der Zweckbundnisse kommunistischer Parteien mit burgerlichen Kraften zum Beispiel in China Insgesamt sollte vor allem eine rasche Industrialisierung und die schnelle Kollektivierung der Landwirtschaft bei gleichzeitig starkerer Belastung der wohlhabenderen Bauern die Situation der Bevolkerung verbessern Die zunehmende Burokratisierung des Staatsapparats wurde mit der Ruckkehr zur Ratedemokratie beantwortet Die Fehlschlage in der Aussenpolitik zum Beispiel das Scheitern der ersten chinesischen Revolution wurden dem stalinistischen Wirken in der Kommunistischen Internationale zugeschrieben Im Januar 1925 wurde Leo Trotzki vom Amt des Volkskommissars fur Kriegswesen enthoben mit dem seine Person bis dahin untrennbar verknupft war In der Folgezeit setzte sich seine zunehmende Isolierung in Partei und Staat fort War Trotzki bis Anfang 1925 noch Fuhrer von Millionen von Soldaten in der Roten Armee und weiteren Millionen in der Kommunistischen Internationale gewesen so musste er sich ab Mai dieses Jahres mit den Amtern eines Chefs der elektrotechnischen Verwaltung und des Vorsitzenden der wissenschaftlich technischen Verwaltung der Industrie abgeben vergleichsweise niedrige Tatigkeitsbereiche fur den weltweit bekannten Revolutionar Eine bedeutende Wende stellte sich erst im Fruhjahr 1926 ein Schon im Vorjahr waren die Gegensatze in dem Triumvirat Stalin Sinowjew und Kamenew offen aufgebrochen und letztere entfernten sich von Stalin Die Moglichkeit eines oppositionellen Blocks aus der Linken Opposition Trotzkis und Sinowjew und Kamenew die weitgehend die Kontrolle uber die grossten Parteigliederungen Leningrad und Moskau hatten wurde nun offener diskutiert stiess jedoch anfangs auf Ablehnung im Lager Trotzkis Dieser berichtet in seiner Autobiographie unter anderem davon dass bei internen Diskussionen uber die Frage eines Zusammengehens mit Sinowjew und Kamenew von einigen Oppositionellen sogar kurzzeitig die Bildung eines Blocks Trotzki Stalin gegen Sinowjew Kamenew erwogen wurde was jedoch aufgrund grundsatzlicher politischer Uberlegungen schnell abgelehnt worden sei 4 Im weiteren Verlauf des Jahres verscharfte sich der Kampf zwischen der Stalin Fraktion und der nun Vereinigten Opposition zusehends Am 16 Oktober 1926 musste die Opposition eine Erklarung abgeben in der sie zusicherte von Handlungen abzulassen die die Gefahr einer Spaltung der Partei erzeugen konnten Um die Jahreswende 1926 1927 war sie so Trotzki weitgehend geschwacht und Sinowjew und Kamenew befanden sich kurz vor der Kapitulation gegenuber den Stalinisten Erst die Katastrophe in China Anfang 1927 brachte den innerparteilichen Kampf auf eine neue und bis dahin ungekannte Stufe Stalin sah in China trotz der immer wieder auflodernden Arbeiterkampfe keine sozialistische Perspektive Deswegen zwang er die Kommunistische Partei Chinas zu einem antiimperialistischen Bundnis mit der burgerlichen rechten Kuomintang Im Laufe der Jahre benutzte die Kuomintang vor allem nach dem Fuhrungswechsel von Sun Yat sen zu Chiang Kai shek dieses Bundnis um entschieden gewaltsam gegen die Kommunisten vorzugehen Im April 1927 liess sie circa 2000 chinesische Kommunisten in Shanghai in einem geplanten Massaker ermorden Die Parteistrukturen der KPCh in Shanghai wurden vollstandig zerschlagen 5 Auf einer Sitzung des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale die in der zweiten Maihalfte 1927 in Moskau stattfand kam dieser Misserfolg in der sowjetischen China Politik an die Offentlichkeit Der stalinistische Apparat kam dadurch zunehmend in Bedrangnis Eine am 26 Mai 1927 ubergebene Erklarung der sich noch 83 oppositionelle Parteifunktionare anschlossen verstarkte den Druck auf Stalins Apparat Die oppositionelle Propaganda wurde folglich immer intensiver sie uberschwemmte die Organisationen in Gestalt von Flugblattern Broschuren und anderen Materialien und forderte den Abbau der Autoritat des ZK Nur noch die Furcht vor Sanktionen hinderte viele daran ihre Meinung auszusprechen Zu diesem Zeitpunkt bestand die Vereinigte Opposition aus bis zu 8000 Anhangern vor allem in den grossen Parteiorganisationen in Moskau und Leningrad 6 Die Starke der Opposition in der innerparteilichen Debatte fuhrte zudem zu vereinzelten Forderungen aus ihren Reihen eine neue Partei zu grunden Trotzki stellte sich allerdings gegen diese Plane da eine neue Partei keine Massenbasis hatte und die Burokratie nur ein Ubergangsregime sei Auf den Druck der Linken Opposition antworteten Stalin und seine Anhanger mit einem Linksruck um sich Zeit zu verschaffen Es folgten zudem Diffamierungen der Oppositionellen in Presse und Partei Ende Juli 1927 bezeichnete Stalin sie als Fuhrer der Faschisten Versammlungen der Opposition mussten zunehmend konspirativ abgehalten werden da offentliche Kundgebungen von der Geheimpolizei GPU regelmassig auseinandergetrieben wurden Trotzki beschrieb die Situation im Spatsommer und Herbst 1927 in seiner Autobiographie Mein Leben unter anderem so Je mehr die Partei sich dem Funfzehnten Parteitag naherte der fur Ende 1927 angesetzt war umso mehr fuhlte sie sich an einem historischen Kreuzweg Eine tiefe Unruhe durchzitterte ihre Reihen Trotz dem ungeheuren Terror erwachte in der Partei der Wunsch die Stimme der Opposition zu vernehmen Das war nur auf illegalem Wege zu erreichen An mehreren Stellen in Moskau und in Leningrad fanden geheime Versammlungen von Arbeitern Arbeiterinnen und Studenten statt wo zwanzig bis hundert und zweihundert Menschen zusammenkamen um einen Vertreter der Opposition anzuhoren Im Laufe eines Tages besuchte ich zwei drei mitunter auch vier solcher Versammlungen Sie fanden gewohnlich in Arbeiterwohnungen statt Zwei kleine Zimmerchen waren vollgestopft der Redner stand in der Ture zwischen den Zimmern Manchmal sassen alle auf dem Fussboden haufiger musste man wegen Raummangel stehend diskutieren Mitunter erschienen Vertreter der Kontrollkommission mit der Aufforderung an die Versammelten auseinanderzugehen Man lud sie ein sich an der Diskussion zu beteiligen Storten sie dann wurden sie vor die Ture gesetzt Insgesamt haben in Moskau und Leningrad etwa zwanzigtausend Menschen solche Versammlungen besucht Der Zustrom wuchs Die Opposition hatte geschickt eine grosse Versammlung im Saal der Technischen Hochschule vorbereitet der von innen besetzt wurde Der Saal war von zweitausend Menschen uberfullt Eine grosse Menge blieb noch auf der Strasse Storungsversuche der Verwaltung blieben erfolglos Ich und Kamenjew sprachen etwa zwei Stunden Nunmehr erliess das Zentralkomitee einen Aufruf an die Arbeiterschaft man musse die Versammlungen der Opposition mit Gewalt auseinandertreiben Dieser Aufruf war nur eine Maskierung fur die sorgfaltig vorbereiteten Uberfalle von Stosstrupps der GPU auf die Opposition Stalin wollte eine blutige Losung Wir gaben das Signal die grossen Versammlungen vorubergehend einzustellen Aber das war schon nach der Demonstration vom 7 November Leo Trotzki Mein Leben Versuch einer Autobiographie Berlin 1929 In einer Sitzung des Gemeinsamen Plenums des ZK und ZKK in Moskau im selben Jahr von Stalins Ausserung versuchte man die Opposition zu einer Mitarbeit im Apparat und einer offentlichen Entschuldigung zu zwingen um einen offenen Bruch vorerst zu verhindern Die Oppositionellen lehnten ein Eingehen auf diese Forderung ab Das Plenum entschied sich deshalb dafur fur den Ausschluss Trotzkis und Sinowjews aus dem ZK zu stimmen wie viele Staatsbeamte schon vorher forderten Unterdruckung und Wirken nach 1927 Bearbeiten nbsp Erste Ausgabe von Trotzkis Bulletin der Opposition das ab 1929 erschien und als Sprachrohr der Linken Opposition illegal in der Sowjetunion verbreitet wurdeAnfang September 1927 legte die Opposition der Parteifuhrung eine Plattform der Vereinigten Opposition zur Diskussion vor Unter anderem wurde eine Reform des schwerfalligen Parteiapparats und der Wirtschaftsverwaltung gefordert Ab diesem Zeitpunkt steigerten sich die massiven Repressalien des stalinistischen Regimes Es fanden immer wieder Hausdurchsuchungen und Verhaftungen statt man hetzte in der Presse gegen die Oppositionellen oppositionelle Arbeiter wurden aus den Betrieben entlassen es kam zu Parteiausschlussen Die Verbreitung der Streitschrift vom September wurde verboten Jeder Ansatz von oppositioneller Demonstration wurde im Keim erstickt Der XV Parteitag am 2 Dezember 1927 wurde genutzt um samtliche Oppositionellen in der Parteifuhrung auszuschliessen Sie wurden schliesslich verbannt Die Sinowjewisten und Kamenewisten schlossen sich unter dem Druck massiver Repressalien den Stalinisten an Das Ende der Opposition als einheitlicher Organisation war damit besiegelt Auch die sogenannte Rechte Opposition die sich gegen die Beendigung der Neuen Okonomischen Politik NEP und die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft ausgesprochen hatte wurde Anfang 1929 von Stalin und seinen Anhangern zerschlagen obwohl ihre Protagonisten sich vorher an Stalins Kampagne gegen Trotzkis Linksopposition beteiligt hatten Mit der Kapitulation der Rechten war auch der letzte offizielle innerparteiliche Widerstand gegen Stalins unumschrankte Machtanspruche gescheitert Obwohl die organisierten oppositionellen Stromungen in der sowjetischen Kommunistischen Partei bis Ende der 1920er Jahre ausgeschaltet waren endeten ihre Aktivitaten nicht sondern verlagerten sich aufgrund der gesteigerten staatlichen Repressalien nur zunehmend in den Untergrund wobei eine Ausdifferenzierung und Zersplitterung festzustellen ist die mit den durch die illegalisierten Aktivitaten einhergehenden Begleitumstanden der politischen Arbeit erklart werden kann Die Verbindungen zwischen den oppositionellen Gruppen in den einzelnen Stadten und Regionen rissen ab ihre Fuhrer mussten entweder kapitulieren und standen deshalb fur Widerstandsarbeit nicht mehr zur Verfugung oder waren ins Exil getrieben worden so zum Beispiel Leo Trotzki selbst Die Kritiker der stalinistischen Herrschaft mussten von nun an auf sich alleine gestellt arbeiten und erhielten keine Weisungen mehr von einer politischen Fuhrung was einheitliche politische Aktionen und Analysen fast unmoglich machte Dennoch erreichten oppositionelle Aktivitaten Anfang der 1930er Jahre mit der immer spurbarer werdenden Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage in der UdSSR und Bauernaufstanden in ihren landlichen Regionen als Folge der uberhasteten Kollektivierungskampagne der stalinistischen Fuhrung ab 1929 sowie Streiks in den Industriezentren einen neuen Hohepunkt Der russische Historiker Wadim S Rogowin berichtet in diesem Zusammenhang von einem Treffen Oppositioneller in einer Moskauer Wohnung im Jahre 1932 an dem auch Grigori Sinowjew und Lew Kamenew teilgenommen und dabei zugestanden haben sollen dass ihre Kapitulation vor Stalin funf Jahre zuvor der schlimmste Fehler ihres Lebens gewesen sei und jetzt nach Moglichkeiten gesucht werden musse um mit Trotzki Kontakt aufzunehmen und Stalin zu entfernen 7 Schon 1931 hatte der ehemalige Volkskommissar fur Post und Telegraphenwesen und Trotzki Anhanger Iwan Smirnow bei einem offiziellen Termin in Berlin Kontakt mit Trotzkis Sohn Leo Sedow aufgenommen und mit ihm verschiedene Moglichkeiten einer Zusammenarbeit zwischen Trotzki und seinen im Untergrund tatigen sowjetischen Anhangern ausgelotet Diese Beispiele zeigen deutlich auf dass von einem Ende der Aktivitaten der Linken Opposition nach ihrer offiziellen Zerschlagung 1927 keine Rede sein kann Ein weiterer bedeutender Versuch der Organisierung sozialistischer Opposition gegen Stalin ist ebenfalls im Jahre 1932 zu verorten Der Parteifunktionar Martemjan Nikititsch Rjutin war noch 1927 als erbitterter Gegner der Linken Opposition und Verbundeter Stalins im Kampf gegen sie aufgetreten Dennoch geriet er in der Folgezeit in scharfe Konflikte mit der Stalin Fuhrung und begann oppositionelle Aktivitaten im Untergrund zu entfalten Am 21 August 1932 fand im in der Nahe von Moskau gelegenen Dorf Golowino eine Versammlung statt auf der Rjutin mit seinen Anhangern eine eigene Gruppierung unter dem Namen Union der Marxisten Leninisten grundete und ein Manifest verfasste das nachfolgend vor allem am Moskauer Institut der Roten Professur zirkulierte Hierin hiess es unter anderem Dem Staat ist der Maulkorb angelegt worden uberall herrscht Unrecht Willkur und Gewalt jeder Arbeiter und Bauer ist bedroht Die revolutionare Gerechtigkeit wird mit Fussen getreten Die Krise der Sowjetmacht im engeren Sinne des Wortes kommt in erster Linie in der Krise der sowjetischen Demokratie zum Ausdruck Die Sowjetdemokratie ist durch die personliche Diktatur Stalins verdrangt und ersetzt worden 8 Die GPU deckte Rjutins Organisation schnell auf und verhaftete ihn bereits am 22 September 1932 Er wurde zu zehn Jahren Gefangnis verurteilt jedoch schon 1937 erschossen Anhanger von durch die GPU aufgedeckten oppositionellen Zirkeln oder Parteimitglieder die verdachtigt wurden mit diesen in Kontakt zu stehen wurden fur gewohnlich in die Verbannung nach Sibirien oder Zentralasien geschickt Erst mit dem Beginn des Grossen Terrors burgerten sich sofortige Hinrichtungen als Standardverfahren fur oppositionelle Kommunisten ein In den sibirischen Lagern selbst herrschte Anfang der 1930er Jahre rege politische Aktivitat die vielfach dokumentiert ist So berichtet der jugoslawische Linkskommunist Ante Ciliga in seinem Buch Im Land der verwirrenden Luge das sich mit Ciligas politischen Erfahrungen und Lager Aufenthalten in der UdSSR befasst vom Gefangnis in Werchni Uralsk wo bei seiner Ankunft 1930 alleine 120 von 140 kommunistischen Haftlingen Trotzkisten also Anhanger der Linken Opposition gewesen seien Artikel und Zeitschriften von Oppositionsfuhrern wie Trotzki und Rakowski seien frei zuganglich gewesen und von den Haftlingen lebhaft diskutiert und kommentiert worden Die Trotzkisten werden von Ciliga nochmals in unterschiedliche Richtungen eingeteilt die sich mit der Zeit herausgebildet hatten Streitpunkte seien bei ihnen vor allem die richtige Interpretation des Wortlauts in Trotzkis aus dem Exil eintreffenden Schriften gewesen 9 Die deutsche Kommunistin Susanne Leonhard machte in ihrer Veroffentlichung Gestohlenes Leben Schicksal einer politischen Emigrantin in der Sowjetunion exemplarisch die sowjetische Trotzkistin Jelena Ginsburg bekannt die ebenfalls als Linksoppositionelle in verschiedenen Lagern eingesperrt war bevor sie im Winter 1937 erschossen wurde 10 Nahezu alle fuhrenden Mitglieder der ehemaligen Linken Opposition wurden in den Moskauer Prozessen wahrend des Grossen Terrors ermordet Leo Trotzki selbst entfloh den Schauprozessen nur dadurch dass er 1929 aus der UdSSR verbannt worden war In der Folgezeit entwickelte er mit dem Trotzkismus seine eigene Weiterentwicklung des Marxismus die eine soziale und politische Analyse des stalinistischen Systems in der Sowjetunion beinhaltete Im Exil versuchte er die Arbeit der Linken Opposition weiterzufuhren 1929 grundete er in Paris die Zeitschrift Byulleten oppozicii Bulletin der Opposition Seine Theorien fuhrten 1938 zur Grundung der Vierten Internationale in Paris Trotzki wurde schliesslich im August 1940 von einem Agenten Stalins in Mexiko ermordet womit auch der letzte und gleichsam bedeutendste Kopf der Linken Opposition ausgeschaltet war Antistalinistische Oppositionsgruppen auf marxistischer Basis hielten sich im Untergrund laut einigen Berichten teilweise bis zum deutschen Uberfall auf die UdSSR 1941 Der Oppositionelle Eduard Dune der im Arbeitslager Workuta eingesperrt war und wahrend des Zweiten Weltkrieges aus der Sowjetunion floh bestatigte solche oppositionellen Aktivitaten aus dem Umfeld der Demokratischen Zentralisten 1947 in einer menschewistischen Exilanten Zeitschrift 11 Im Zuge der Entstalinisierung nach Stalins Tod 1953 wurde keines der Mitglieder der Linken Opposition rehabilitiert Diese Tatsache hangt damit zusammen dass die Forderungen der Trotzkisten auch nach Stalins Ableben die substanziellen Grundlagen der realsozialistischen Staaten Herrschaft der Burokratie uber Staat und Gesellschaft Unterdruckung der freien Meinungsausserung und einige weitere anruhrten und deshalb von den jeweiligen Machthabern als gefahrlich eingeschatzt wurden Fuhrungsfiguren der Linken Opposition BearbeitenLeo Trotzki 1940 russischer Revolutionar und enger Weggefahrte Lenins Grunder der Roten Armee und Anfuhrer der Linken Opposition Begrunder der marxistischen Analyse des Stalinismus und der Vierten Internationale Christian Rakowski 1941 bulgarischer Revolutionar und sowjetischer Diplomat Adolf Joffe 1927 russischer Revolutionar sowjetischer Diplomat und enger Weggefahrte Trotzkis Jewgeni Preobraschenski 1937 Wirtschaftstheoretiker und Politburomitglied Wladimir Antonow Owsejenko 1938 Politischer Hauptkommissar der Roten Armee und Diplomat Nikolai Muralow 1937 Kommandeur der Roten Armee und Kommandant der Moskauer Garnison wahrend der Revolution 1917 Jakob Drobnis 1937 Stellvertretender Vorsitzender des Kleinen Rats der Volkskommissare Timofei Sapronow 1937 Fuhrer der Gruppe Demokratische Zentralisten mit der er sich der Vereinigten Opposition anschloss Georgi Pjatakow 1937 Kommissar der Roten Armee und Parteifunktionar in verschiedenen Funktionen Iwar Smilga 1937 lettischer Revolutionar und sowjetischer Wirtschaftstheoretiker Iwan Smirnow 1936 Volkskommissar fur Post und Telegraphenwesen zwischen 1923 und 1927 versuchte bis in die fruhen 1930er Jahre hinein innerparteiliche Opposition zu organisieren Wladimir Smirnow 1937 Kommissar der Roten Armee Georgi Oppokow 1938 Volkskommissar fur Justizwesen nach der Oktoberrevolution und Kandidat des Zentralkomitees der KPdSU B Karl Radek 1939 Journalist und kommunistischer Politiker der in Polen Deutschland und der Sowjetunion wirkte Victor Serge 1947 Journalist Schriftsteller und innerparteilicher Weggefahrte TrotzkisSiehe auch BearbeitenLinke Opposition der KPD Kommunistische ParteiLiteratur BearbeitenWadim S Rogowin Gab es eine Alternative zum Stalinismus ISBN 978 3 88634 068 2 Ulf Wolter Die Linke Opposition in der Sowjetunion 5 Bande Robert V Daniels Das Gewissen der Revolution Kommunistische Opposition in der Sowjetunion ISBN 3 921241 41 3Einzelnachweise Bearbeiten Peter Taaffe Die Internationale Geschichte des Komitees fur eine Arbeiterinternationale Broschure der SAV Februar 2000 S 35 Martin Suchanek Die verratene Revolution Trotzkis Analyse des Stalinismus In Revolutionarer Marxismus 32 Winter 2001 2002 online Tariq Ali amp Phil Evans Trotzki fur Anfanger Rowohlt Taschenbuchverlag September 1987 S 117 Leo Trotzki Mein Leben Versuch einer Autobiographie Kapitel 42 Die letzte Periode des Kampfes innerhalb der Partei online Artikel uber den Aufstand der KPCh in Shanghai 1927 auf sozialismus info online Memento des Originals vom 29 August 2014 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www sozialismus info Tariq Ali amp Phil Evans Trotzki fur Anfanger Rowohlt Taschenbuchverlag September 1987 S 116 Wadim S Rogowin Gab es eine Alternative zum Stalinismus Mehring Verlag 1996 S 41 Die Heldentat von Martemjan Nikititsch Rjutin PDF 60 kB UTOPIE kreativ Nr 81 82 1997 S 105 Ante Ciliga Im Land der verwirrenden Luge S 66f online Susanne Leonhard uber Jelena Ginsburg online Bericht Eduard Dunes uber die Aktivitaten der Gruppe Demokratische Zentralisten in Sozialistitscheski Westnik 1947 online Weblinks BearbeitenDas Ende der Linken Opposition in der Sowjetunion Soziale Gleichheit die Burokratie und der Verrat des Sozialismus in der UdSSR Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Linke Opposition in der Sowjetunion amp oldid 237369540