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Als Lenins Testament werden zwei Dokumente bezeichnet die Wladimir Iljitsch Lenin Ende 1922 und Anfang 1923 diktiert haben soll In ihnen wird ein Umbau des Zentralkomitees und der russischen Regierung vorgeschlagen die Fuhrer der Kommunistischen Partei werden kritisiert und die Ablosung Stalins als deren Generalsekretar gefordert Wladimir Iljitsch Lenin 1920 Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Inhalt 3 Unmittelbare Folgen 4 Wirkung und Authentizitat 5 Bibliographie 6 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenIm Mai 1922 erlitt Lenin den ersten von mehreren lahmenden Schlaganfallen Die Fuhrung der Partei ubernahm daraufhin der Generalsekretar Josef Stalin der auch damit beauftragt war den Kontakt zu Lenin zu halten welcher zur Erholung in Gorki residierte Die aufkommenden Konflikte und die enorme Machtkonzentration in Stalins Handen waren fur die Kommunisten des inneren Zirkels ersichtlich wurden aber noch nicht offen ausgetragen Inhalt BearbeitenNeben Vorschlagen zur Erweiterung des Zentralkomitees zur Kompetenzerweiterung des Staatlichen Plankomitee u a erhielt das Dokument durch die Kritik an Mitgliedern des Zentralkomitees eine grosse Wirkung und wurde nicht zuletzt deswegen in der Folge als politisches Testament Lenins betrachtet Genosse Stalin hat nachdem er Generalsekretar geworden ist eine unermessliche Macht in seinen Handen konzentriert und ich bin nicht uberzeugt dass er es immer verstehen wird von dieser Macht vorsichtig genug Gebrauch zu machen Andererseits zeichnet sich Genosse Trotzki wie schon sein Kampf gegen das ZK in der Frage des Volkskommissariats fur Verkehrswesen bewiesen hat nicht nur durch hervorragende Fahigkeiten aus Personlich ist er wohl der fahigste Mann im gegenwartigen ZK aber auch ein Mensch der ein Ubermass von Selbstbewusstsein und eine ubermassige Vorliebe fur rein administrative Massnahmen hat 1 Des Weiteren werden auch die ZK Mitglieder Sinowjew Kamenew Bucharin und Pjatakow eingeschatzt und mehr oder weniger stark kritisiert In einem zweiten offenbar als Erganzung zu verstehenden Dokument das im Januar 1923 angefertigt wurde wird nun unmissverstandlich gefordert Stalin ist zu rucksichtslos und wenn dieser Fehler auch in den Beziehungen unter uns Kommunisten ertraglich ist so wird er ganz unertraglich im Geschaftszimmer des Generalsekretars Darum schlage ich den Genossen vor einen Weg zu finden Stalin von dieser Stellung zu entfernen und sie einem andern Manne zu geben Unmittelbare Folgen BearbeitenDas Dokument sollte ursprunglich auf dem Parteitag 1923 verlesen werden doch wurde es von Lenins Ehefrau Nadeschda Krupskaja zuruckgehalten und erst nach Lenins Tod im Januar 1924 dem Sekretariat des Zentralkomitees ubergeben Es stellte das herrschende Triumvirat Stalin Sinowjew und Kamenew vor ein Dilemma Einerseits hatten sie das Dokument gern unterdruckt Zwar wurden auch ihre Gegner Trotzki und Bucharin kritisiert Allerdings war es Stalin der am meisten zu verlieren hatte Andererseits schien das Dokument vom unangefochtenen Fuhrer Lenin zu stammen gegen den man sich nicht stellen konnte Es wurde ein Kompromiss gefunden Den Delegierten wurde das Dokument unter folgenden Bedingungen prasentiert 1 Das Dokument wurde jeder regionalen Delegation separat vorgelesen 2 Es durften keine Notizen angefertigt werden 3 Das Dokument durfte in der Plenarsitzung nicht erwahnt werden Gegen die Stimme von Nadeschda Krupskaja die das Dokument dem Zentralkomitee ubergeben hatte wurde dieser Kompromiss angenommen Somit verfehlte das Dokument die ihm intendierte Wirkung Stalin von seinem Posten zu entfernen Wirkung und Authentizitat BearbeitenSchon kurz nach Lenins Tod wurden die Dokumente als sein politisches Testament bezeichnet Fur Josef Stalin blieben sie bis zum Erreichen seiner unangefochtenen Stellung in der Sowjetunion und der KPdSU in den 1930er Jahren ein immer wiederkehrender Stachel da hier von hochster Ebene aus seine Legitimitat bezweifelt wurde Erst 1956 drei Jahre nach Stalins Tod wurde der Inhalt samtlichen Delegierten des Parteitags verlesen und kurz darauf in der Zeitschrift Kommunist veroffentlicht Die Authentizitat wurde jahrzehntelang nur selten infrage gestellt Erst mit der Offnung der Archive kamen Zweifel an der Autorschaft Lenins auf Am pragnantesten wurden sie 2014 vom Historiker Stephen Kotkin vorgebracht Er gibt folgende Hauptgrunde an die gegen die Authentizitat sprechen 2 1 Das Testament entspricht nicht dem Muster anderer Dokumente Lenins aus dieser Zeit Es ist weder von Lenin signiert oder initialisiert noch sind stenographische Protokolle des angeblichen Diktats vorhanden 2 Lenin hatte am 15 16 Dezember einen weiteren Schlaganfall der ihm das Sprechen unmoglich machte was die Frage aufwirft wie er uberhaupt etwas diktieren konnte geschweige denn ein Testament dieses Umfanges 3 Das angeblich im Dezember 1923 diktierte Dokument klingt stellenweise wie eine Antwort auf Debatten die auf dem Parteitag im April 1924 gefuhrt wurden 4 Krupskaja war hauptverantwortlich fur die Kommunikation mit Lenin und daher zumindest Mit wenn nicht gar Allein Autorin des politischen Testaments Bibliographie BearbeitenStephen Kotkin Stalin Volume I Paradoxes of Power 1878 1928 Penguin Press 2014 ISBN 1594203792 J Donald Adams Lenin Betrayed By His Party His Testament Praising Trotsky and Attacking Stalin Zinovieff Group Was Suppressed New York Times 12 Juli 1925 Leon Trotsky On the Suppressed Testament of Lenin 1932 Einzelnachweise Bearbeiten Lenins Testament Abgerufen am 30 Dezember 2021 Stephen Kotkin Stalin Paradoxes of Power London 2014 S 498 501 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lenins Testament amp oldid 225270596