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Helmuth Johannes Ludwig von Moltke genannt Moltke der Jungere d J 25 Mai 1848 in Gersdorf Mecklenburg Schwerin 18 Juni 1916 in Berlin war ein preussischer Generaloberst und von 1906 bis zum 14 September 1914 Chef des Grossen Generalstabes Helmuth von Moltke um 1910 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Familie 1 2 Karriere 1 3 Moltkes Verhalten bei Kriegsausbruch 1 4 Moltkes Kriegsfuhrung 1 5 Abberufung 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseLeben BearbeitenFamilie Bearbeiten Helmuth Johannes Ludwig von Moltke wurde am 25 Mai 1848 auf dem Rittergut Gersdorf in der Gemeinde Biendorf damals Grossherzogtum Mecklenburg Schwerin geboren Seine Eltern waren Adolf von Moltke 1804 1871 und Adolfine Doris Auguste geb von Krohn 1814 1902 Die Familie Moltke gehorte zum mecklenburgischen Uradel deren Stammbaum sich bis ins 13 Jahrhundert zuruckverfolgen lasst und deren Mitglieder traditionell in der Verwaltung oder der Armee dienten seine Mutter stammte aus anhalt bernburgischem Adel 1 Den Vornamen Helmuth erhielt er nach seinem Onkel dem spateren preussischen Generalfeldmarschall und Helden der Einigungskriege Helmuth von Moltke Als Deputierter der Schleswig Holstein Lauenburgischen Kanzlei in Kopenhagen stand sein Vater zunachst in danischem Verwaltungsdienst spater wurde er preussischer Landrat des Kreises Pinneberg Seine Kindheit verbrachte Moltke an der Seite seiner vier Geschwister in Schloss Rantzau auf der Barmstedter Schlossinsel dem Amts und Wohnsitz des Vaters Seit 1878 war er mit der in Schweden aufgewachsenen Eliza von Moltke Huitfeldt 1859 1932 verheiratet die aus einer schwedischen Nebenlinie der Familie Moltke stammte 2 Durch seine Frau die Spiritismus praktizierte und zunachst der Christlichen Wissenschaft Frances Thurber Seal nahestand bis sie sich um 1904 der Theosophischen Gesellschaft anschloss kam der religios und spirituell interessierte Moltke in Kontakt zu Rudolf Steiner dessen esoterische Schulerin Eliza war Steiner begleitete Moltke in der Zeit nach seinem Sturz bis zu seinem Tod seelsorglich 3 Er stand der fruhen FKK Bewegung nahe war Ehrenprasident des Berliner Vereins fur Korperkultur und damit u a 1908 Schirmherr eines Maskenballs fur Nackte 4 Karriere Bearbeiten nbsp Der Kaiser begrusst Offiziere bei Manovern 1905 Moltke am rechten Bildrand zu Pferde Moltkes Herkunft zeichnete seinen weiteren Lebensweg vor Nach bestandener Fahnrichsprufung trat er im April 1869 als Portepee Fahnrich in das Fusilier Regiment Konigin Schleswig Holsteinisches Nr 86 in Flensburg ein Am 23 April 1870 folgte die Versetzung zum Grenadier Regiment Konig Wilhelm I 2 Westpreussisches Nr 7 am Standort Liegnitz mit dem er am Deutsch Franzosischen Krieg von 1870 71 teilnahm Die Sonderstellung des jungeren Moltke wurde hier sichtbar Im Krieg erhielt der junge Offizier immer wieder Sonderurlaub um seinen beruhmten Onkel bei Ausritten und Kutschfahrten zu begleiten Wahrend des Krieges erhielt Moltke das Eiserne Kreuz II Klasse und wurde am 23 September 1870 zum Sekondeleutnant ernannt Nach Kriegsende wechselte er am 16 Juli 1871 in das Potsdamer 1 Garde Regiment zu Fuss das Leibregiment der preussischen Konige 1880 wurde er Mitglied des Grossen Generalstabes und 1882 Adjutant seines Onkels Ab 21 September 1897 wurde er nach Wien als Militarattache an die deutsche Gesandtschaft kommandiert Diesen Posten hatte er bis 18 April 1899 inne Von 1902 bis 1904 war er Kommandeur der 1 Garde Division des Gardekorps 1904 wurde er Generalquartiermeister und 1906 Nachfolger Alfred von Schlieffens als Chef des Grossen Generalstabes in Berlin Seine Ernennung entstand aus dem Wunsch Kaiser Wilhelms II einen eigenen Moltke zu haben Zwischen Moltke vom Kaiser gern Julius genannt 5 und Wilhelm II bestand ein enges Vertrauensverhaltnis das darin gipfelte dass ihm der Kaiser 1909 den Schwarzen Adler Orden verlieh 6 Als Schlieffen 1906 aus dem Amt ausschied hinterliess er Moltke eine Denkschrift welche die Grundzuge des Schlieffen Plans enthielt Obwohl Schlieffen als Zivilist mehrfach sein Konzept aktualisierte ging die eigentliche Ausarbeitung der operativen Feldzugsplane von Moltke aus welcher anders als von Schlieffen vorgesehen den linken Heeresflugel zu Ungunsten des rechten verstarkte Wilhelm Filchner benannte 1912 wahrend der zweiten deutschen Antarktisexpedition eine Gruppe von eisfreien Felskliffs in der Antarktis Moltke Nunataks zu Ehren von Helmuth und seinem Bruder Friedrich von Moltke Moltkes Verhalten bei Kriegsausbruch Bearbeiten Bereits bei der militarpolitischen Besprechung am 8 Dezember 1912 mit dem Kaiser habe er mit den Worten je eher desto besser auf einen Kriegsbeginn gedrangt 7 Ende Mai 1914 ausserte Moltke in zwei bis drei Jahren wurde Russland aufgerustet haben dann ware Deutschland der Triple Entente Frankreich Vereinigtes Konigreich und Russland nicht mehr gewachsen Es bleibe nichts anderes ubrig als einen Praventivkrieg zu fuhren um den Gegner zu schlagen solange wir den Kampf noch einigermassen bestehen konnen Reichskanzler von Bethmann Hollweg sah dies genauso 8 Nachdem Osterreich Ungarn am 28 Juli Serbien den Krieg erklart hatte liess Russland am 28 Juli einen Teil seiner Truppen und am 30 Juli das ganze Heer mobilmachen Nun gegen Ende der Julikrise zum Zeitpunkt hochster politischer Spannung griff Moltke personlich in das Geschehen ein In der Nacht vom 30 auf den 31 Juli sandte er dem osterreichisch ungarischen Generalstabschef Franz Conrad von Hotzendorf ein Telegramm in dem er die sofortige Mobilmachung gegen Russland verlangte Ferner forderte er die Ablehnung der britischen Vermittlungsversuche und versicherte er werde Italien zur Bundnispflicht zwingen Ausdrucklich garantierte er die Unterstutzung Osterreich Ungarns im Kriegsfall durch das Deutsche Reich Fur Osterreich Ungarns Erhaltung ist Durchhalten des europaischen Krieges das letzte Mittel Deutschland geht unbedingt mit 9 Damit uberschritt er seine Kompetenzen und sicherte Wien Deutschlands militarische Unterstutzung zu Als nicht entscheidungsbefugter Militar hatte er Osterreich Ungarn gegenuber signalisiert dass Deutschland seine Bundnispflicht erfullen werde ganz gleich was Osterreich Ungarn in Bezug auf Serbien tun werde Moltke wird von einigen Historikern deshalb als Kriegstreiber gesehen der in brutaler Sprache zum Feldzug gegen die Russen geblasen habe Trotz neuer strategischer Uberlegungen erachtete Moltke den Aufmarschplan seines Vorgangers Alfred von Schlieffen weiterhin als die richtige strategische Idee Er trieb die Planungen zu dessen Umsetzung weiter voran Unter anderem wollte er den Einmarsch in Belgien um eine Woche vorverlegen Von ihm stammt der Entwurf zu einem Ultimatum an Belgien der schon am 26 Juli ans Auswartige Amt ging Am Morgen des 3 August teilte er Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg mit dass am nachsten Tag deutsche Truppen in Belgien einmarschieren wurden und empfahl dies der belgischen Regierung bekanntzugeben jedoch ohne Kriegserklarung weil er hoffe es konne mit der belgischen Regierung Premierminister war Charles de Broqueville noch zu einer Verstandigung kommen Moltkes Kriegsfuhrung Bearbeiten nbsp Grab auf dem Invalidenfriedhof BerlinAls es schliesslich zum Krieg kam musste Moltke fur die Durchfuhrung der militarischen Operationen mit dem Ziel eines Sieges gegen gleich mehrere europaische Machte naturgemass entscheidende Verantwortung tragen eine ungeheure Last die von ihm deutlich als solche empfunden wurde So drangte er auf den sofortigen Kriegseintritt des Osmanischen Reiches das umgehend Russland angreifen und die islamische Welt gegen die Entente aufwiegeln sollte Im Verlauf der ersten Kriegswochen brach Moltke nervlich zusammen Entscheidenden Anteil daran hatte der Kaiser gehabt der am Vorabend der ersten Kampfhandlungen aufgrund einer unzutreffenden Meldung des deutschen Botschafters in London nach der die Briten die Neutralitat Frankreichs garantierten wenn Deutschland Belgien unbehelligt liesse den Abbruch der Militaraktionen gegen Belgien forderte und der daraufhin die planmassige Entfaltung der deutschen Krafte fur Stunden gestoppt hatte Von dem als dilettantisch empfundenen Eingreifen in entscheidender Stunde konnte sich Moltke nie wieder ganz erholen Aufgrund schlechter Verbindungen zu den Armeefuhrern verlor er im September 1914 zusehends den Uberblick uber die operative Lage im Westen So musste er den Armeefuhrern freie Hand lassen und billigte nachtraglich auch die von der 1 Armee geanderte Vormarschrichtung Nachdem durch die Klucksche Schwenkung die deutschen Truppen ohnehin nicht mehr auf der Linie des Schlieffen Plans vorgedrungen waren und ostlich von Paris standen musste er im Verlauf der Marneschlacht den Ruckzug anordnen und meldete angeblich dem Kaiser Majestat wir haben den Krieg verloren Die Korrektheit des Ausspruchs ist allerdings zweifelhaft Bezeichnenderweise begann der ubersturzte deutsche Ruckzug am 9 September auf Anordnung von Moltkes Abgesandtem Oberstleutnant Richard Hentsch wofur jedoch Moltke die Verantwortung trug Abberufung Bearbeiten Eine weitere Demutigung erfolgte nach der Marneschlacht als der Kaiser Moltke zwar im Amt beliess de facto aber bereits kaltstellte Er musste am 14 September 1914 Erich von Falkenhayn im Amt des Chefs des Generalstabes des Feldheeres weichen Der Fuhrungswechsel blieb vorerst geheim um das Eingestandnis des Misserfolges zu verschleiern Vorwurfe wurden ihm gemacht weil er den Schlieffen Plan verwassert und sich von der Front zu weit entfernt gehalten habe und Soldaten in den Osten geschickt habe als sie dort noch nicht im Westen aber noch fur den Angriff benotigt worden waren Moltke wurde im November 1914 zum Chef des Stellvertretenden Generalstabs in Berlin ernannt Im Winter 1914 15 beteiligte er sich an der Kampagne gegen seinen Nachfolger Falkenhayn die massgeblich vom Stab des Oberbefehlshabers Ost unter Erich Ludendorff betrieben wurde Diese fuhrte jedoch nicht zu der angestrebten Abberufung Falkenhayns als Chef des Generalstabs sondern lediglich zur Beendigung von dessen Doppelrolle als Kriegsminister und Chef der OHL 10 Moltke starb 1916 wahrend des Staatsaktes fur Generalfeldmarschall Colmar von der Goltz in Berlin an einem Schlaganfall Literatur BearbeitenHeinrich Walle Moltke Helmuth In Neue Deutsche Biographie NDB Band 18 Duncker amp Humblot Berlin 1997 ISBN 3 428 00199 0 S 17 f Digitalisat David Fromkin Europas letzter Sommer Die scheinbar friedlichen Wochen vor dem Ersten Weltkrieg Blessing Munchen 2005 ISBN 3 89667 183 9 In seiner Betrachtung der Julikrise kommt Fromkin zu dem Schluss dass Moltke der Hauptverantwortliche fur den Beginn des Ersten Weltkriegs war Thomas Meyer Hrsg Helmuth von Moltke 1848 1916 Dokumente zu seinem Leben und Wirken Perseus 1993 ISBN 3 907564 15 4 2 Bd Band 1 enthalt Moltkes Schrift Die Schuld am Kriege Helmuth Johannes Ludwig von Moltke Erinnerungen Briefe Dokumente 1877 1916 Stuttgart 1922 https archive org details erinnerungenbrie00byumolt Annika Mombauer Helmuth von Moltke and the Origins of the First World War Cambridge University Press 2001 ISBN 0 521 79101 4 Annika Mombauer Generaloberst Helmuth von Moltke der Jungere In Lukas Grawe Hrsg Die militarische Elite des Kaiserreichs 24 Lebenslaufe wbg Theiss Darmstadt 2020 ISBN 978 3 8062 4018 4 Seite 227 238 Janusz Piekalkiewicz Der Erste Weltkrieg Weltbild Augsburg 2007 ISBN 3 8289 0560 9 Albert Steffen Der Chef des Generalstabs Dramatische Handlung in funf Akten A Steffen Dornach 1927 Neuauflage 1984 ISBN 3 85889 117 7 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Helmuth Johannes Ludwig von Moltke Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Helmuth Johannes Ludwig von Moltke im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Zeitungsartikel uber Helmuth Johannes Ludwig von Moltke in den Historischen Pressearchiven der ZBW Helmuth Johannes Ludwig von Moltke Tabellarischer Lebenslauf im LeMO DHM und HdG preussen chronik de Nachlass BArch N 78 Jorg Beuthner 18 06 1916 Todestag Johannes Ludwig von Moltke WDR ZeitZeichen vom 18 Juni 2016 mit Michael Epkenhans Podcast Einzelnachweise Bearbeiten Moltke Helmuth Graf von deutsche biographie de Thomas Meyer AAG Grafin von Moltke Huitfeldt Eliza In Biographien Forschungsstelle Kulturimpuls online Helmut Zander Der Generalstabschef Helmuth von Moltke und das theosophische Milieu In MGZ 28 2003 S 423 458 online Festschrift zum Kostumfest Berlin Kraft und Schonheit 13 Februar 1908 S 4 Vgl Arnd Kruger There Goes This Art of Manliness Naturism and Racial Hygiene in Germany In Journal of Sport History 18 Fruhjahr 1991 Heft 1 S 135 158 online Memento des Originals vom 12 September 2016 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot library la84 org Herfried Munkler Irrtumer und Illusionen im grossen Krieg Abgerufen am 3 Oktober 2022 deutsch Olaf Jessen Die 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Gersdorf Mecklenburg SchwerinSTERBEDATUM 18 Juni 1916STERBEORT Berlin Deutsches Reich Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Helmuth Johannes Ludwig von Moltke amp oldid 234094679