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Hans Johannes Wilhelm Stille 8 Oktober 1876 in Hannover 26 Dezember 1966 ebenda zahlt zu den bedeutendsten Geologen des 20 Jahrhunderts Er war Professor der Geologie an mehreren Universitaten 1946 grundete er in Ost Berlin das Geotektonische Institut aus dem spater das geophysikalische Zentralinstitut ZIPE hervorging Hans Stille 1941Das Grab von Hans Stille und seiner Ehefrau Hanna geborene Touraine auf dem Neuen St Nikolai Friedhof in HannoverStilles Forschungen insbesondere zur Gebirgsbildung trugen wesentlich dazu bei dass sich die Geologie zum Mobilismus weiterentwickelte Als Vertreter der Kontraktionstheorie der Erde war er ein Gegner von Alfred Wegeners Hypothese der Kontinentalverschiebung und trug zur verzogerten Akzeptanz der Plattentektonik in Deutschland bei Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Entdeckung neuer Phanomene 3 Magmatisch tektonischer Zyklus 4 Rolle als Gegenspieler von Alfred Wegener 5 Ehrungen 6 Schriften 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseLeben BearbeitenSeine Eltern waren der Spielkartenfabrikant Eduard Stille und Meta geb Hanckes 1 Seine Sohne waren die deutschen Diplomaten Wilhelm und Hans Stille 2 Er legte 1895 das Abitur am Leibniz Gymnasium in Hannover ab und begann mit dem Studium der Chemie in Hannover 3 wo er sich dem Corps Macaro Visurgia anschloss 4 Nach drei Semestern wechselte Stille zur Geologie an die Universitat Gottingen Sein Doktorvater war Adolf von Koenen 1837 1915 der ihn zu prazisem Arbeiten in Fossilienkunde und Geologie anleitete Auch Stille erforschte fortan die Feinschichtung von Gesteinen und ihre genaue Datierung in der Erdgeschichte Seine Dissertation schrieb er 1898 uber den Aufbau des Teutoburger Waldes Danach arbeitete er als kartierender Geologe in Berlin an der Preussischen Geologischen Landesanstalt Als Koenens Schuler war er durch seine prazisen geologischen Karten in der Lage globale Prozesse in alten geologischen Komplexen nachzuvollziehen was seinen spateren Weltruhm begrundete Er habilitierte sich 1904 und folgte 1908 einem Ruf auf den Lehrstuhl fur Geologie und Mineralogie der Technischen Hochschule Hannover 1912 wechselte er an die Universitat Leipzig und 1913 als Ordinarius fur Geologie und Palaontologie an die Universitat Gottingen berufen 1932 folgte er einem Ruf an die Berliner Universitat und 1933 an die Preussische Akademie der Wissenschaften 5 In Ost Berlin grundete er 1946 das Geotektonische Institut und wurde zum Wegbereiter der horizontalen Tektonik Nach seiner Emeritierung ging er 1950 nach Hannover zuruck stand aber dem Institut weiterhin als Berater zur Verfugung Entdeckung neuer Phanomene BearbeitenAls neues Phanomen entdeckte er 1910 12 in Niedersachsen die jurassisch saxonische Tektonik mit Ineinandergreifen von Pressung und Zerrung So gelangte er als Anhanger der Kontraktionstheorie zur Ansicht die Erdrinde musse trotz langsamer Verkurzung auch Perioden der Ausweitung haben Das Bruchfaltengebirge erklarte er mit der Biegsamkeit der Geosynklinalen Bereiche gegen ihr steifes Vorland Im Teutoburger Wald erkannte er vom Mesozoikum abweichende Faltenrichtungen woraus er die variszische Orogenphase datieren konnte 6 An plutonischem Magma erkannte er basisch saure Unterschiede je nach orogenetischer Phase des Aufstiegs An den vielen Salzdomen im norddeutschen Untergrund wies er Injektivfaltungen durch Salzfluss nach die er vulkanischem Glutfluss gegenuberstellte 7 Diese und andere Entdeckungen brachten ihn schliesslich zur Erkenntnis dass jede Gebirgsbildung in typischen Phasen ablaufen musse Magmatisch tektonischer Zyklus BearbeitenWegweisend beschrieb Stille die geologische Geschichte Europas durch wiederholte tektonische und magmatische Stadien was spater als Zyklentheorie bezeichnet wurde Diese tektonischen Stadien benannte er geosynklinal orogen quasikratonisch und kratonisch In der geosynklinalen Phase offnet sich ein Ozean basaltischer Vulkanismus ist dominierend In der orogenen Phase faltet sich ein Gebirge auf und durch die Interaktion mit den nun zunehmend dickeren Schichten entsteht felsischer oder intermediarer Vulkanismus Spater in der quasikratonischen Phase dringt kein Magma mehr an die Oberflache sondern bleibt in der Kruste stecken Es bilden sich Intrusionen Schliesslich in der kratonischen Phase hort der Vulkanismus zunachst komplett auf oder einzelne neue basaltische Vulkane ragen empor Diese Phasen sind heute noch namengebend fur die Prozesse der Gebirgsbildung Orogenese der kontinentalen Mikroplatten Kratone und ausgedehnter Riftzonen Geosynklinalen Hans Stille glaubte vier solcher sich wiederholender Phasen in Europa ausmachen zu konnen die fennosarmatische Bildung Ur Europas im Prakambrium die kaledonische Konsolidierung Palao Europas im Altpalaozoikum die Bildung der Varisziden heutige Mittelgebirge und damit Meso Europas im Jungpalaozoikum und schliesslich die alpidische Konsolidierung Neo Europas die bis ins Quartar Geologie andauert Siehe auch Stille ZyklusRolle als Gegenspieler von Alfred Wegener BearbeitenAlfred Wegeners heute allgemein anerkannte Theorie von der Kontinentalverschiebung war zu dessen Lebzeiten heftig umstritten und geriet nach Wegeners Tod zunachst sogar in Vergessenheit In Deutschland war besonders die Ablehnung durch die Geologen Hans Stille und Hans Cloos und deren einflussreiche Schuler entscheidend Hans Stille blieb bis zu seinem Tod 1966 ein entschiedener Gegner der Kontinentaldrift auch wenn sich die Theorie der Plattentektonik international bereits weitgehend durchgesetzt hatte Seine Vorliebe fur die Kontraktionshypothese als moglichen Motor der Erdkrustenbewegungen relativierte Stille in hoherem Alter allerdings selbst indem er sich u a um eine Synthese mit dem Modell der Isostasie bemuhte Ehrungen Bearbeiten1946 erste Leopold von Buch Plakette 1948 Geologische Gesellschaft Widmung der Hans Stille Medaille 1950 bis 1966 zahlreiche Ehrungen und Festschriften 1953 Grosses Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland 1956 benannte Paul Ramdohr das von ihm gefundene seltene Mineral Stilleit nach Hans Stille 1976 Dorsa Stille auf dem Erdmond nach ihm benannt 1980 Stillekette ein Gebirgszug in der Antarktis nach ihm benanntSeit 1956 war Stille Ehrenvorsitzender der Deutschen Geologischen Gesellschaft bei der er seit 1898 Mitglied war In Westdeutschland wurde Stille zum Namensgeber der Hans Stille Medaille welche die Deutsche Gesellschaft fur Geowissenschaften DGG seit 1950 jahrlich fur herausragende Verdienste in den Geowissenschaften verleiht 1912 wurde er zum Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina gewahlt 8 1932 wurde er korrespondierendes Mitglied der Mathematisch naturwissenschaftlichen Klasse der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 9 Er war ordentliches korrespondierendes bzw Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften zu Berlin Gottingen Halle Oslo Paris Madrid Wien Barcelona Athen und Bukarest 10 Von 1937 bis 1946 war er Mitglied des Senats der Kaiser Wilhelm Gesellschaft Hans Stille wurde an funf Hochschulen der Humboldt Universitat zu Berlin der Universitat Sofia der Eberhard Karls Universitat Tubingen Friedrich Schiller Universitat Jena und der Gottfried Wilhelm Leibniz Universitat Hannover mit der Ehrendoktorwurde ausgezeichnet Schriften BearbeitenDer Gebirgsbau des Teutoburger Waldes zwischen Altenbecken und Detmold Berlin 1900 Dissertation Geologische Studien im Gebiete des Rio Magdalena Stuttgart 1907 Tektonische Evolutionen und Revolutionen in der Erdrinde Leipzig 1913 Die Begriffe Orogenese und Epirogenese Leipzig 1919 Grundfragen der vergleichenden Tektonik Berlin 1924 Present Tectonic State of the Earth Bulletin of American Petroleum Geologists Band 20 1936 S 847 880 Die Entwicklung des amerikanischen Kordillerensystems in Zeit und Raum Sitzungsberichte Preuss Akad Wiss Math Phys Klasse 1936 S 134 155 Einfuhrung in den Bau Amerikas Berlin 1941 Die saxonische Tektonik im Bild Europas Hannover 1949 Der Geotektonische Werdegang der Karpaten Hannover 1953Literatur BearbeitenPaul Trommsdorff Der Lehrkorper der Technischen Hochschule Hannover 1831 1931 Hannover 1931 S 35 Walter Eduard Hermann Carle Werner Beyrich von Koenen Stille Ein geistiger Stammbaum wegweisender Geologen Geologisches Jahrbuch Reihe A Allgemeine und regionale Geologie Bundesrepublik Deutschland und Nachbargebiete Tektonik Stratigraphie Palaontologie Heft 108 Schweizerbart Stuttgart 1988 H J Martini Abschied von Hans Stille am 30 12 1966 Geol Jb 84 Hannover 1967 S XX XXI A Pilger Geologisches Jahrbuch Band 84 1967 S I VII zum 90 Geburtstag Roland Brinkmann Nachruf in Proc Geolog Soc America Jahrgang 1967 erschienen 1970 S 263 267 Marshall Kay Stille Wilhelm Hans In Charles Coulston Gillispie Hrsg Dictionary of Scientific Biography Band 13 Hermann Staudinger Giuseppe Veronese Charles Scribner s Sons New York 1976 S 63 65 Franz Lotze Hrsg Geotektonisches Symposium zu Ehren von Hans Stille Stuttgart 1956 mit Publikationsliste Barbara Sperling Stille Hans Johannes Wilhelm In Neue Deutsche Biographie NDB Band 25 Duncker amp Humblot Berlin 2013 ISBN 978 3 428 11206 7 S 346 f Digitalisat Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Hans Stille im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Biographische Daten und Foto Wissenschaftliche Sammlungen der Humboldt Universitat zu Berlin Andreas Pilger 1977 Laudatio auf Hans Stille zur Wiederkehr seines 100 Geburtstages PDF 79 kB Hans Stille im Professorenkatalog der Universitat LeipzigEinzelnachweise Bearbeiten Lebenslauf in der Dissertation Der Gebirgsbau des Teutoburger Waldes zwischen Altenbeken und Detmold Berlin 1900 Biographisches Handbuch des deutschen Auswartigen Dienstes 1871 1945 Band 4 S Herausgegeben vom Auswartigen Amt Historischer Dienst Bearbeiter Bernd Isphording Gerhard Keiper Martin Kroger Schoningh Paderborn u a 2012 ISBN 978 3 506 71843 3 S 361ff Andreas Pilger Ansprache zur Feier des 90 Geburtstages von Professor Dr Hans Stille am 8 10 1966 in Hannover Buchholz Geol Jb 84 Hannover 1967 S XIV 100 Jahre Weinheimer Senioren Convent S 139 Bochum 1963 Mitgliederverzeichnis Eintrag Stille Helmut Holder Kurze Geschichte der Geologie Springer 1989 S 93 139 Helmut Holder Kurze Geschichte der Geologie Springer 1989 S 129 133 Mitgliedseintrag von Stille Hans Stille bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina abgerufen am 27 Juni 2016 Mitgliedseintrag von Prof Dr Hans Stille bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften abgerufen am 27 Juni 2016 Andreas Pilger Ansprache zur Feier des 90 Geburtstages von Professor Dr Hans Stille am 8 10 1966 in Hannover Buchholz Geol Jb 84 Hannover 1967 S XIII XIX Prasidenten der Berlin Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und ihrer Vorgangerakademien Kurfurstlich Brandenburgische Societat der Wissenschaften Koniglich Preussische Sozietat der Wissenschaften Gottfried Wilhelm Leibniz 1700 1716 Marquard Ludwig Freiherr von Printzen 1716 1718 Jakob Paul Freiherr von Gundling 1718 1731 David Fassmann 1731 Daniel Ernst Jablonski 1733 1741 Pierre Louis Moreau de Maupertuis 1718 1731 Johann Theodor Eller 1735 1760 Jakob Elsner 1742 1750 Konigliche Akademie der Wissenschaften Johann Philipp Heinius 1744 1775 Leonhard Euler 1744 1766 Jean Baptiste de Boyer Marquis d Argens 1744 1771 Andreas Sigismund Marggraf 1760 1782 Joseph Louis Comte de Lagrange 1766 1787 Johann Bernhard Merian 1771 1807 Johann Georg Sulzer 1776 1779 Franz Carl Achard 1782 1810 Nikolaus von Beguelin 1786 1789 Johann Castillon 1787 1791 Jean Henri Samuel Formey 1789 1797 Johann III Bernoulli 1791 1807 Christian Gottlieb Selle 1797 1800 Frederic de Castillon 1801 1812 Carl Abraham Gerhard 1807 1812 Georg Ludwig Spalding 1810 1811 Jean Pierre Frederic Ancillon 1810 1814 Paul Erman 1810 1841 Johann Georg Tralles 1810 1822 Philipp Buttmann 1811 1826 Koniglich Preussische Akademie der Wissenschaften zu Berlin Friedrich Schleiermacher 1815 1834 Johann Franz Encke 1825 1863 Friedrich Wilken 1830 1840 August Boeckh 1834 1861 Friedrich von Raumer 1841 1847 Christian Gottfried Ehrenberg 1842 1867 Friedrich Adolf Trendelenburg 1847 1871 Moriz Haupt 1861 1874 Ernst Eduard Kummer 1863 1878 Emil du Bois Reymond 1867 1895 Ernst Curtius 1871 1893 Theodor Mommsen 1874 1895 Arthur von Auwers 1878 1912 Hermann Diels 1895 1920 Wilhelm von Waldeyer Hartz 1896 1919 Gustav Roethe 1911 1926 Max Planck 1912 1938 Max Rubner 1919 1932 Heinrich Luders 1920 1938 Ernst Heymann 1926 1938 Deutsche Akademie der Wissenschaften Heinrich von Ficker 1932 1937 Hans Stille 1937 1938 Theodor Vahlen 1938 1943 Akademie der Wissenschaften zu Berlin West Berlin Horst Albach 1987 1990 Berlin Brandenburgische Akademie der Wissenschaften Hubert Markl 1993 1995 Dieter Simon 1995 2005 Gunter Stock 2006 2015 Martin Grotschel 2015 2020 Christoph Markschies 2020 heute Siehe auch Vorlage Navigationsleiste Prasidenten der Akademie der Wissenschaften der DDR Normdaten Person GND 118798871 lobid OGND AKS LCCN n85803767 VIAF 2621691 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Stille HansALTERNATIVNAMEN Stille Hans WilhelmKURZBESCHREIBUNG deutscher GeologeGEBURTSDATUM 8 Oktober 1876GEBURTSORT HannoverSTERBEDATUM 26 Dezember 1966STERBEORT Hannover Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hans Stille amp oldid 238039270