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Geschwisterehe oder Geschwisterheirat bezeichnet die Verwandtenheirat zwischen leiblichen Geschwistern oder Halbgeschwistern Sie ist eine seltene Sonderform der Endogamie der Heirat innerhalb der eigenen sozialen Gruppe Geschwisterehen sind weltweit verboten auch in den Landern in denen Inzest also Geschlechtsverkehr zwischen nahen Blutsverwandten nicht strafbar ist Einzige Ausnahme ist Schweden wo Halbgeschwister nach genetischer Beratung heiraten durfen der Inzest zwischen Vollgeschwistern ist dort strafbar Sexueller Kontakt eines Bruders mit seiner leiblichen Schwester unterliegt bei den weitaus meisten Volkern seit Beginn der einschlagigen historischen Aufzeichnungen einem Tabu und wird gewohnlich als widernaturlich betrachtet Allerdings gibt es eine Reihe von Ausnahmen Sie stehen der in anthropologischer soziologischer und ethnologischer Fachliteratur verbreiteten Annahme einer universellen Geltung des Inzestverbots in allen Gesellschaften entgegen In manchen historischen Kulturen wurde die Geschwisterehe innerhalb der Herrscherfamilie als legitim betrachtet oder sogar als geheiligte Sitte praktiziert und in die religiose Sphare erhoben In Agypten war sie im Altertum zeitweilig auch in der Bevolkerung verbreitet Im antiken Athen durften Halbgeschwister heiraten wenn sie verschiedene Mutter hatten Strenge Verbote bestanden hingegen im Mittelalter und in der Fruhen Neuzeit aufgrund kirchlicher Vorschriften uber Blutsverwandtschaft als Ehehindernis Einige Mythen polytheistischer Religionen bieten Erzahlungen uber Geschwisterehen von Gottheiten die bekanntesten Beispiele sind Zeus Jupiter und Hera Juno sowie Osiris und Isis Inhaltsverzeichnis 1 Altorientalische Kulturen 1 1 Hethiter 1 2 Elam 1 3 Altes Agypten 1 4 Judentum 1 5 Lydien 1 6 Perserreich 2 Griechischer Kulturraum 2 1 Archaische und klassische Zeit 2 2 Hellenismus 2 2 1 Fruhe Ptolemaer 2 2 2 Dynastische Verwicklungen im Ptolemaerreich 2 2 3 Spate Ptolemaer 2 2 4 Seleukiden 2 2 5 Pontos 2 2 6 Epirus 3 Romische Kaiserzeit 4 Moderne Forschung 5 Literatur 6 Weblinks 7 AnmerkungenAltorientalische Kulturen BearbeitenHethiter Bearbeiten Bei den Hethitern war die Geschwisterehe im 14 Jahrhundert v Chr streng verboten auf Zuwiderhandlung stand die Todesstrafe Dies geht aus dem Vertrag hervor den der Grosskonig Suppiluliuma I mit seinem Schwager Ḫukkana dem Machthaber in Ḫajasa schloss In der alteren Forschung glaubte man dem Vertragstext entnehmen zu konnen dass in Ḫajasa einer Gegend im Nordosten Anatoliens die Schwester als mogliche Geschlechtspartnerin und auch als Ehefrau in Betracht gekommen sei die Hethiter hatten davon Kenntnis gehabt und diese Sitte als barbarisch abgelehnt 1 Nach heutigem Forschungsstand ist diese Annahme jedoch auf eine falsche Interpretation des Textes zuruckzufuhren in Wirklichkeit ist dort von gesellschaftlich akzeptierten sexuellen Beziehungen unter Geschwistern in Ḫajasa nicht die Rede 2 Auch ein mutmasslicher Beleg fur Geschwisterehe bei den Hethitern hat sich als nicht beweiskraftig erwiesen In der alteren Forschung glaubte man aufgrund von genealogischen Angaben der Siegellegende einer Landschenkungsurkunde das hethitische Inzestverbot sei zeitweilig im Herrscherhaus nicht beachtet worden Auf dem Siegel bezeichnet sich der Grosskonig Arnuwanda I als Sohn seines Vorgangers Tutḫalija wahrend seine Ehefrau Asmunikkal als Tochter Tutḫalijas erscheint 3 Eine Reihe von Forschern interpretierte dies als Beispiel fur Geschwisterehe in der Fruhgeschichte Anatoliens In der neueren Fachliteratur sieht man aber in Arnuwanda nur den Schwiegersohn seines Vorgangers vermutlich wurde er von ihm adoptiert und konnte sich daher als sein Sohn bezeichnen 4 Elam Bearbeiten Im Reich Elam wurde nach einer alteren Forschungsmeinung im Herrscherhaus die Geschwisterehe praktiziert Sie ist aber in den Quellen nirgends direkt bezeugt sondern wird nur aus dem Umstand erschlossen dass sich manchmal der Nachfolger eines Konigs als Sohn der Schwester elamisch ruhusak seines Vorgangers bezeichnete und auch die Bezeichnung Gattin Schwester fur eine Konigin inschriftlich vorkommt 5 Diese Ausdrucke sind allerdings kein zwingender Beweis fur die Ehe mit einer leiblichen Schwester denn es kann auch sein dass eine familienfremde Konigin nach ihrer Heirat mit dem Herrscher als dessen Schwester in die Familie aufgenommen und auch rechtlich zur Schwester ernannt wurde 6 Altes Agypten Bearbeiten Nach dem Osirismythos einem der wichtigsten Mythen der altagyptischen Religion ist der wohlwollende Gott Osiris mit seiner Schwester Isis verheiratet Der bosartige Bruder des Osiris Seth lebt ebenfalls in einer Geschwisterehe seine Gattin ist Nephthys die Schwester der Isis Nach dem Vorbild von Osiris wahlten manche Pharaonen Schwestern als Hauptfrauen Im Volk hingegen scheint die Geschwisterehe selten gewesen zu sein Ein eindeutiger Beleg fur eine Ehe unter Vollgeschwistern fehlt Bei Liebespaaren und Eheleuten war die Anrede mein Bruder bzw meine Schwester gelaufig sie sollte das familiare Verhaltnis ausdrucken und bezog sich in der Regel nicht auf wirkliche Blutsverwandtschaft Einwandfrei belegt ist eine Geschwisterehe in der Familie eines Kommandeurs libyscher Soldner aus der Zeit der 22 Dynastie Somit kam diese Praxis auch bei Auslandern vor 7 Judentum Bearbeiten Im fruhen Judentum unterlag die Beurteilung der Geschwisterehe einem fundamentalen Wandel Diese Entwicklung spiegelt sich in gegensatzlichen Bewertungen in verschiedenen Buchern des Tanach Eine altere Tradition beschreibt billigend die familien und sippenzentrierten Verhaltnisse einer vorstaatlichen Fruhzeit in der manche spater verbotenen Verwandtenheiraten nicht beanstandet wurden So geht aus dem Buch Genesis hervor dass es eine alte Tradition legitimer Eheschliessung von Halbgeschwistern gab die vom selben Vater stammten Im 20 Kapitel des Genesisbuchs wird erzahlt dass der Erzvater Abraham seine Frau Sarah als seine Schwester ausgab und spater zur Erklarung sagte Ubrigens ist sie wirklich meine Schwester eine Tochter meines Vaters nur nicht eine Tochter meiner Mutter So konnte sie meine Frau werden Gen 20 12 EU Einen Beleg fur die fruhe Konigszeit liefert die Geschichte von der Vergewaltigung der Konigstochter Tamar durch ihren Halbbruder Amnon 2 Samuel 13 1 22 Diese Tat erzurnte zwar Konig David den Vater der Geschwister wurde aber von ihm nicht geahndet Sie konnte also straflos bleiben weil das Familienoberhaupt es so wollte Nur weil die Vergewaltigung als solche entehrte nicht wegen der nahen Verwandtschaft galt Amnons Frevel als schandlich Vor der Tat versuchte Tamar ihren Halbbruder von seinem Vorhaben abzubringen indem sie ihm vorschlug mit dem Konig zu reden dann werde dieser sie ihm nicht verweigern also einer Ehe zustimmen Offenbar war zur Entstehungszeit dieser Erzahlung eine Heirat von Halbgeschwistern noch legal wenn sie verschiedene Mutter hatten Spater anderte sich die Bewertung durch massgebliche Kreise vollig die herkommliche Tolerierung wurde ins Gegenteil verkehrt Im Buch Deuteronomium wird feierlich verkundet Verflucht wer sich mit seiner Schwester hinlegt mit der Tochter seines Vaters oder mit der Tochter seiner Mutter Dtn 27 22 EU Auch im Rahmen der Inzestverbote des nachexilischen Heiligkeitsgesetzes die auch fur nichtjudische Mitburger galten wurde der Geschlechtsverkehr zwischen Geschwistern prinzipiell untersagt Halbgeschwister wurden ausdrucklich in das Verbot einbezogen Lev 18 9 EU und 18 11 Auf Zuwiderhandlung stand die Todesstrafe die Schuldigen sollten vor den Augen der Sohne ihres Volkes ausgetilgt werden Wer die Scham seiner Schwester entblosst das heisst ihre Nacktheit aufgedeckt habe musse die Folgen seiner Schuld tragen Lev 20 17 EU 8 In der fruhen romischen Kaiserzeit kommentierte und verteidigte der judische Philosoph Philon von Alexandria die Inzestverbote des Heiligkeitsgesetzes Er meinte diese Vorschriften seien nicht als blosse Besonderheit des Judentums zu betrachten sondern konnten universale Geltung beanspruchen denn ihre Missachtung habe uble Folgen Das Verbot der Geschwisterehe erziehe zu Selbstbeherrschung und guter Sitte Philon verband seine grundsatzliche Befurwortung der Exogamie der Wahl von familienfremden Ehepartnern mit Kritik an der griechischen und agyptischen Neigung zu Heiraten mit nahen Verwandten 9 Lydien Bearbeiten In der lydischen Dynastie der Mermnaden ist die Geschwisterehe im 7 Jahrhundert v Chr wiederholt bezeugt Konig Sadyattes II heiratete seine Schwester Nur der Sohn aus dieser Ehe Alyattes II war zur Nachfolge berechtigt denn die Kinder des Sadyattes von anderen Frauen galten als Bastarde Alyattes heiratete ebenfalls seine Schwester Perserreich Bearbeiten In der Dynastie der persischen Grosskonige der Achameniden wurden mehrere Ehen zwischen Halbgeschwistern geschlossen Der Grosskonig Kambyses II 522 v Chr fuhrte diesen Brauch ein Nach der Darstellung des Geschichtsschreibers Herodot liess Kambyses zunachst klaren ob seinem Vorhaben ein rechtliches Hindernis entgegenstehe Als seine Juristen ihm in einem Gutachten bescheinigten dass er tun durfe was er wolle heiratete er seine Halbschwestern Atossa und Roxane Beide waren Tochter seines Vaters Kyros II 10 Der Grosskonig Dareios II 423 404 v Chr heiratete seine Halbschwester Parysatis die Tochter seines Vaters Artaxerxes I Ein weiterer bekannter Fall ist die Ehe des Arsames eines Angehorigen des Achamenidengeschlechts im 4 Jahrhundert v Chr Er war mit seiner Schwester Sisygambis verheiratet Aus dieser Ehe ging Dareios III der letzte achamenidische Herrscher hervor Dieser schloss ebenfalls eine Geschwisterehe Ob seine Gattin Stateira eine Voll oder Halbschwester war ist unklar Bei den Hekatomniden der relativ eigenstandigen Dynastie der persischen Satrapen von Karien wurde im 4 Jahrhundert v Chr die Geschwisterehe praktiziert Der Satrap Maussolos II 377 353 v Chr heiratete seine Schwester Artemisia II die nach seinem Tod die Herrschaft ubernahm und zwei Jahre lang allein regierte 353 351 v Chr Danach ubernahm Maussolos Bruder Idrieus 351 344 v Chr die Herrschaft Er war mit seiner Schwester Ada verheiratet die spater seine Nachfolgerin wurde Griechischer Kulturraum BearbeitenArchaische und klassische Zeit Bearbeiten Bei den Griechen der archaischen und der klassischen Zeit war die Ehe zwischen Vollgeschwistern verpont sie galt als barbarisch 11 Es gab aber im Adel eine allgemeine Neigung zur Verwandtenheirat die gegenuber der Verbindung mit Familienfremden tendenziell bevorzugt wurde In Athen war einer Uberlieferung zufolge die Eheschliessung von Halbgeschwistern verboten wenn sie Kinder derselben Mutter waren homomḗtrioi wenn sie jedoch von demselben Vater stammten homopatrioi durften sie heiraten 12 Angeblich beruhte diese Bestimmung auf einem von Solon eingefuhrten Gesetz In der Forschung wird jedoch die Existenz einer solchen gesetzlichen Regelung teils bestritten und die entsprechende Praxis der Athener auf eine blosse soziale Norm ohne rechtliche Verbindlichkeit zuruckgefuhrt 13 Ehen von Kindern desselben Vaters sind in Athen mehrfach bezeugt 14 Auf Sizilien vermahlte der Tyrann Dionysios I von Syrakus seinen Sohn Dionysios II nach 337 v Chr mit dessen Halbschwester Sophrosyne Hellenismus Bearbeiten In der hellenistischen Staatenwelt war bei der Gattinnenwahl der Herrscher die Verbindung mit nahen Verwandten wie Nichten oder Cousinen haufig In einigen Reichen kam es vor dass Konig und Konigin zugleich Ehe und Geschwisterpaar waren Besonders ausgepragt war die Tendenz zu solchen Heiraten in Agypten Uber die Grunde die zur Geschwisterehe in hellenistischen Dynastien gefuhrt haben sind den Quellen kaum zuverlassige Angaben zu entnehmen Als mogliches Motiv gilt in der Forschung das Bestreben fremden Einflussen und Erbanspruchen vorzubeugen In Agypten konnte die alte pharaonische Tradition Anknupfungspunkte bieten in Asien die persische familiare Endogamie Das Ausmass der Nachahmung solcher Vorbilder ist unklar Ein wesentlicher Faktor war die sakrale Uberhohung des Herrschers schon zu seinen Lebzeiten Sie konnte an vorhellenistische Vorstellungen anknupfen und wurde auf die Mitglieder der Konigsfamilie ausgedehnt Der Herrscherkult betonte den Abstand zwischen der vergottlichten Herrscherfamilie und den Untertanen Die dadurch gesteigerte Exklusivitat des Konigsgeschlechts konnte den Gedanken nahelegen die Abstammungslinie durch eindeutig ebenburtige Eheverbindungen reinzuhalten Fruhe Ptolemaer Bearbeiten nbsp Kameo mit Bildnis des Geschwister und Ehepaares Ptolemaios II und Arsinoe II Unter Griechen wurde die Heirat von Vollgeschwistern soweit bekannt erstmals in der Dynastie der Ptolemaer der Diadochenkonige von Agypten praktiziert Der Sohn und Nachfolger des Dynastiegrunders Ptolemaios I und der Konigin Berenike I Ptolemaios II heiratete 278 v Chr seine acht Jahre altere Vollschwester Arsinoe II Diese war zuvor mit ihrem Halbbruder dem Makedonenkonig Ptolemaios Keraunos einem Sohn Ptolemaios I von einer anderen Frau vermahlt gewesen Da die Agypter Ptolemaios II als Pharao betrachteten konnte seine Verbindung mit der Schwester bei der einheimischen Bevolkerung gemass der Tradition pharaonischer Endogamie als legitim gelten Sie widersprach jedoch dem herkommlichen Schicklichkeitsempfinden der Griechen Daher nahm der zeitgenossische Dichter Sotades von Maroneia den koniglichen Inzest in Spottversen aufs Korn Fur diese Verwegenheit wurde Sotades schwer bestraft nach einer Uberlieferung wurde er eingekerkert nach einer anderen sogar ertrankt Spater druckte der Geschichtsschreiber Memnon von Herakleia seine Missbilligung aus und der Geograph Pausanias konstatierte der Konig habe die makedonische Sitte verletzt indem er einem altagyptischen Brauch gefolgt sei Diese Quellen spiegeln die Sichtweise einer ptolemaerfeindlichen Uberlieferung die nicht nur den Inzest verdammte sondern die Dynastie generell als pervers darstellte 15 Fur den agyptischen Konigshof hingegen wurde die Geschwisterehe zu einem wichtigen Element der Selbstdarstellung der Dynastie Ptolemaios II schuf zielbewusst einen Herrscherkult Er liess seine verstorbenen Eltern als rettende Gotter verehren und nahm auch fur sich selbst und seine Gattin einen gottlichen Status in Anspruch Das Herrscherpaar wurde als Geschwistergotter theoi adelphoi verehrt So erhielt die Verbindung der koniglichen Geschwister eine religiose Weihe Arsinoe wurde mit dem ehrenden Beinamen Philadelphos die den Bruder Liebende ausgezeichnet Damit sollte den Untertanen der hohe moralische Wert der geschwisterlichen Zuneigung und Eintracht im Herrscherhaus vermittelt werden Der bereits von Ptolemaios I eingerichtete Reichskult fur den vergottlichten Alexander den Grossen wurde nun auf das regierende Paar ausgeweitet der Alexanderpriester hiess fortan Priester Alexanders und der Geschwistergotter 16 Am Hof scheute man sich nicht einen Bezug zu hochsten Gottheiten herzustellen Der Hofdichter Theokrit verglich die Heirat Ptolemaios II mit der Hierogamie der heiligen Hochzeit des griechischen Gottervaters Zeus mit dessen Schwester Hera Fur die einheimische Bevolkerung Agyptens lag der Vergleich mit dem gottlichen Geschwister und Ehepaar Osiris und Isis nahe dessen legendare gegenseitige Liebe das klassische Vorbild fur eheliche Liebe darstellte 17 Arsinoe II wurde oft mit Isis identifiziert Nach ihrem Tod intensivierte Ptolemaios II ihren Kult Ihre postume Verehrung als Gottin spiegelte ihr reales politisches Gewicht zu ihren Lebzeiten denn sie hatte sich nicht mit einer reprasentativen Rolle begnugt sondern war politisch sehr einflussreich gewesen und hatte sich auch aktiv an der Landesverteidigung beteiligt Viele Ortschaften wurden nach ihr benannt zahlreiche Statuen Reliefs und Inschriften lassen ihre grosse Bedeutung erkennen 18 Nach dem Tod Ptolemaios II ubernahm sein Sohn Ptolemaios III das Konigsamt Er war zwar kein Sohn Arsinoes II sondern entstammte einer fruheren Ehe seines Vaters doch war der Kult der Geschwistergotter schon so etabliert dass sich Ptolemaios III in seiner Titulatur als deren Sohn bezeichnete und damit seine leibliche Mutter verleugnete 19 In der Folgezeit waren fast alle Koniginnen der Ptolemaerdynastie entweder Schwestern Cousinen oder Nichten ihrer Ehemanner Konig Ptolemaios IV ein Enkel Ptolemaios II folgte dem Vorbild seines Grossvaters Er heiratete 221 220 v Chr seine Vollschwester Arsinoe III Dieses Paar wurde als Vaterliebende Gotter bereits zu Lebzeiten vergottlicht und kultisch verehrt Sein Kult wurde an den Alexanders des Grossen angeschlossen Arsinoe III erschien in Opferszenen gleichrangig neben ihrem Gatten 20 Dynastische Verwicklungen im Ptolemaerreich Bearbeiten Zur nachsten Geschwisterehe kam es wiederum in der ubernachsten Generation Ptolemaios VI ein Enkel Ptolemaios IV wurde schon als Kind 176 175 v Chr mit seiner jungeren Vollschwester Kleopatra II vermahlt die spater als Mitregentin fungierte Fur den Zeitraum von 163 bis 145 v Chr ist eine offizielle Gemeinschaftsregierung des Konigspaars dokumentiert in den Einleitungsformeln der Urkunden wurden die beiden regelmassig nebeneinander genannt Im Herrscherkult wurden sie als Mutterliebende Gotter verehrt 21 Nach dem Tod Ptolemaios VI kam 145 v Chr sein jungerer Bruder Ptolemaios VIII an die Macht Der neue Herrscher ubernahm die Witwe seines Vorgangers als seine Schwester Gattin Dies war die vierte Geschwisterehe in der Ptolemaerdynastie Den noch sehr jungen Sohn den Kleopatra II aus ihrer ersten Ehe hatte liess Ptolemaios VIII ermorden angeblich wurde der Prinz mitten in den Hochzeitsfeierlichkeiten des neuen Herrscherpaares in den Armen seiner Mutter getotet Es gelang Kleopatra II jedoch ihre Stellung als offizielle Mitherrscherin auch in ihrer neuen Ehe zu wahren Die Gleichrangigkeit von Konig und Konigin ist inschriftlich bezeugt sie erscheinen als die beiden Herrscher von Agypten Das Konigspaar erhielt den Kulttitel Wohltatige Gotter 22 Die religios untermauerte Selbstdarstellung des Konigshauses blieb in dieser Zeit jedoch in weiten Kreisen wirkungslos denn der schroffe Gegensatz zwischen der propagandistischen Uberhohung im Herrscherkult und der familiaren und politischen Wirklichkeit liess sich kaum verbergen Ptolemaios VIII machte sich durch harte Repression verhasst und wurde durch sein unkoniglich wirkendes Auftreten und Verhalten diskreditiert In der griechischen Bevolkerung der Hauptstadt Alexandria wurde sein Titel Euergetes Wohltater ins Gegenteil verkehrt man nannte ihn Ubeltater und verspottete ihn als Fettwanst Verheerend wirkte sich vor allem ein schwerer Konflikt in der Konigsfamilie aus Kleopatra II hatte aus ihrer Ehe mit ihrem verstorbenen Bruder Ptolemaios VI eine gleichnamige Tochter Kleopatra III Diese gefiel dem neuen Herrscher der ihr Onkel und Stiefvater war Ptolemaios VIII machte die Tochter seines Bruders und seiner Gattin zunachst zu seiner Matresse dann heiratete er sie 141 140 v Chr 23 als Zweitfrau und erhob sie zur ebenburtigen Konigin neben ihrer Mutter Diese Doppelehe mit der eigenen Vollschwester und deren Tochter war in der hellenistischen Welt einzigartig Staatsrechtlich wurden die beiden Frauen auf dieselbe Stufe gestellt in den offiziellen Dokumenten wurden sie neben ihrem Mann als Koniginnen angefuhrt wobei Kleopatra II als die Schwester und Kleopatra III als die Frau bezeichnet wurde Alle drei wurden nun in den Begriff Wohltatige Gotter eingeschlossen Nach aussen traten sie vereint auf doch gelang es auf die Dauer nicht Eintracht vorzutauschen Die Konstellation fuhrte zu einer erbitterten Rivalitat zwischen Mutter und Tochter und in der Folge zum Burgerkrieg 24 Der Burgerkrieg zwischen den Anhangern des Konigs und den Parteigangern Kleopatras II brach im Jahr 132 v Chr aus Etwa ein Jahr lang behielt Ptolemaios VIII in Alexandria die Oberhand dann wurde sein Palast in Brand gesteckt und er musste mit Kleopatra III nach Zypern fliehen das zu seinem Reich gehorte Dort bereitete er die Ruckeroberung vor Inzwischen liess sich Kleopatra II in Alexandria zur alleinigen Konigin ausrufen Ihr Bruder und Gatte wurde abgesetzt seine Statuen wurden beseitigt Erstmals in der Ptolemaerzeit herrschte nun eine Frau allein Das Jahr 132 131 v Chr liess sie als ihr erstes Regierungsjahr zahlen um den Bruch mit der Vergangenheit zu verdeutlichen Ausserdem nahm sie einen neuen Kultnamen an sie nannte sich mutterliebende rettende Gottin Allerdings konnte sie sich nicht in ganz Agypten durchsetzen Zwar genoss sie die Unterstutzung der vor allem in der Hauptstadt zahlreichen griechischen und judischen Bevolkerung doch bei den einheimischen Agyptern hatte ihr Gatte betrachtlichen Ruckhalt und die Truppen im Suden blieben auf seiner Seite Uberdies verlor sie ihren altesten Sohn aus der Ehe mit Ptolemaios VIII den Kronprinzen Ptolemaios Memphites denn es gelang ihrem Mann den etwa vierzehnjahrigen Knaben nach Zypern bringen zu lassen Dort liess der geflohene Konig seinen Sohn in dem er einen potenziellen Rivalen sah vor seinen Augen ermorden und ihm Kopf Beine und Hande abhauen Den zerstuckelten Leichnam schickte er nach Alexandria wo ihn die Mutter in der Nacht vor der Feier ihres Geburtstags erhielt Darauf stellte Kleopatra II die Korperteile ihres Sohnes offentlich aus um die Wut der Massen zu steigern 25 Schon 131 130 v Chr begann von Zypern aus der Angriff der Invasionstruppen des gesturzten Konigs Seine Streitmacht machte rasche Fortschritte doch die Eroberung der stark befestigten Hauptstadt Alexandria erwies sich als sehr schwierig Schliesslich geriet jedoch Kleopatra II in eine aussichtslose Lage und fluchtete mit dem Staatsschatz nach Syrien Spatestens 126 v Chr war Alexandria wieder in der Hand Ptolemaios VIII der dort Racheaktionen vornahm und ein Gemetzel anordnete Von seinem Sieg profitierte auch Kleopatra III Sie wurde nun in der religiosen Propaganda mit der grossen Gottermutter Isis gleichgesetzt womit sie den Kultnamen ihrer Mutter ubertrumpfte 26 Trotz der Heftigkeit und Brutalitat des Konflikts kam es im Jahr 124 v Chr zu einer zumindest ausserlichen Versohnung zwischen Ptolemaios VIII und Kleopatra II Die besiegte Herrscherin kehrte nach Agypten zuruck Sie fungierte nun wieder neben Kleopatra III als Konigin setzte zumindest offiziell ihre Ehe mit ihrem regierenden Bruder fort und wurde wieder in die Dreiergruppe der Wohltatigen Gotter aufgenommen Allerdings war sie nun nicht mehr die Mutter des Thronfolgers nach der Ermordung ihres Sohnes war ein Sohn ihrer Tochter und Rivalin zum Kronprinzen aufgeruckt 27 Spate Ptolemaer Bearbeiten Die Nachfolge Ptolemaios VIII trat 116 v Chr sein Sohn Ptolemaios IX an Er war zunachst mit seiner Schwester Kleopatra IV vermahlt worden doch wurde diese Ehe 115 v Chr auf Anweisung Kleopatras III aufgelost worauf der Konig seine jungere Schwester Kleopatra V Selene zur Frau nahm Sein Sohn Ptolemaios XII schloss ebenfalls eine Geschwisterehe er heiratete 80 79 v Chr Kleopatra VI Tryphaina Nach dem Tod Ptolemaios XII bestieg sein noch unmundiger Sohn Ptolemaios XIII den Thron Dieser Herrscher soll als Kind mit seiner alteren Schwester Kleopatra VII der spateren Geliebten Caesars vermahlt worden sein Das wird aber in der neueren Forschung bestritten ebenso wie die angebliche zweite Heirat Kleopatras VII mit ihrem anderen Bruder Ptolemaios XIV dem Nachfolger Ptolemaios XIII 28 Seleukiden Bearbeiten Die in Vorderasien herrschenden Seleukiden zogen manchmal die Heirat mit einer Verwandten der Verschwagerung mit einer fremden Dynastie vor Damit wollten sie wohl Einmischungsversuchen auswartiger Herrscher vorbeugen Eine Geschwisterehe ist aber bei ihnen nur in einem einzigen Fall sicher belegt Konig Antiochos III vermahlte 196 195 v Chr seinen altesten Sohn und Mitregenten Antiochos den Jungeren mit seiner Tochter Laodike Mit seiner Schwester und seinen anderen Tochtern trieb Antiochos III eine aktive Heiratspolitik zum Aufbau eines dynastischen Systems dass er bei seinem Kronprinzen anders verfuhr ist wohl auf ein generelles Misstrauen gegenuber fremden Dynastien zuruckzufuhren die uber die kunftige Konigin Einfluss auf innere Angelegenheiten seines Reichs gewinnen konnten 29 Antiochos der Jungere starb 193 v Chr Ebenso wie seine Ehefrau hiessen auch die Gattinnen seiner beiden jungeren Bruder der Konige Seleukos IV und Antiochos IV Laodike Moglicherweise handelt es sich bei allen dreien um ein und dieselbe Frau Wenn dies der Fall ist haben die drei Sohne Antiochos III nacheinander ihre Schwester geheiratet 30 Pontos Bearbeiten Im Konigreich Pontos ist die Geschwisterehe des Herrschers in der Dynastie der Mithridatiden bei den Konigen Mithridates IV 160 155 152 151 v Chr und Mithridates VI 120 63 v Chr bezeugt Mithridates IV heiratete seine Schwester Laodike Philadelphos Mithridates VI beschuldigte seine Gattin die ebenfalls Laodike hiess des Ehebruchs und liess sie hinrichten Epirus Bearbeiten In Epirus herrschte die Dynastie der Aiakiden der Konige der Molosser Bei ihnen ist nur eine Geschwisterehe bezeugt Konig Alexander II um 272 242 v Chr heiratete seine Halbschwester Olympias die Tochter seines Vaters Pyrrhos I Romische Kaiserzeit BearbeitenNach romischem Recht war die Geschwisterehe als Inzest verboten auch bei Halbgeschwistern Die Romer neigten aber im Allgemeinen zur Rucksichtnahme auf abweichende Sitten der in ihrem Reich lebenden Volker und duldeten deren traditionelle familienrechtliche Verhaltnisse In Agypten war die Geschwisterehe schon in der hellenistischen Epoche kein Privileg des Herrschergeschlechts gewesen auch Privatleute hatten sie nach dem Vorbild des Konigspaares praktiziert vor allem in stadtischem Milieu 31 Nach der Eingliederung Agyptens ins Romische Reich nahm die Beliebtheit dieser Praxis anscheinend noch deutlich zu auch unter Vollgeschwistern erst in der romischen Kaiserzeit scheint sie ihre starkste Verbreitung erreicht zu haben 32 Auf einem Papyrus aus dem 2 Jahrhundert erscheinen sogar Zwillinge als Ehepaar 33 Die Auswertung von romischen Steuererklarungen zeigt dass die Geschwisterehe in Stadten weitaus starker verbreitet war als auf dem Land Anscheinend hatte sie sich von Norden nach Suden und von den Stadten aufs Land verbreitet Bei jungen Mannern war sie haufiger als bei alteren 34 Als jedoch im Jahr 212 mit der Constitutio Antoniniana fast allen freien Reichsbewohnern das romische Burgerrecht verliehen wurde trat fur die Agypter zumindest theoretisch das inzestfeindliche romische Eherecht in Kraft Allerdings war eine milde strafrechtliche Behandlung vorgesehen bei Unkenntnis des juristischen Ehehindernisses sollte der Mann mit einer geringfugigen Strafe davonkommen und die Frau der man generell Rechtsunkenntnis unterstellte sollte frei ausgehen Eine konsequente Durchsetzung gelang nicht in der Folgezeit nahm die Anzahl der Geschwisterehen zwar ab doch konnte sich der Brauch weiterhin behaupten 35 Noch im spaten 3 Jahrhundert hielt Kaiser Diokletian es fur notig energisch gegen unzulassige Verbindungen zwischen Verwandten nach barbarischer Sitte einzuschreiten Mit einer Verordnung scharfte Diokletian im Jahr 295 die von der romischen Familienmoral geforderten Ehehindernisse ein Bei Zuwiderhandlung wurde Strafverfolgung angedroht Theoretisch kam sogar die Todesstrafe in Betracht doch wurde diese bei solchen Inzestvergehen wohl kaum vollzogen Die Strafandrohung galt nicht ruckwirkend sondern nur fur neue Ehen 36 Bei den Kirchenvatern erregte die angebliche Billigung inzestuoser Sitten durch heidnische Philosophen starken Anstoss Sie wurde in polemischen Schriften der christlichen Apologeten moralisch verdammt Dabei kam es zu betrachtlichen Ubertreibungen und Verzerrungen Anlass zu Emporung bot insbesondere die Ansicht stoischer Philosophen Inzestverbote seien Konventionen die sich nicht aus der Natur ableiten liessen In der apologetischen Literatur der Christen wurde den Stoikern unterstellt sie hatten die Zugellosigkeit des Tierlebens zur Nachahmung empfohlen Es wurde sogar behauptet der beruhmte Stoiker Chrysipp habe den Inzest vorgeschrieben und die Bibliotheken der Epikureer und Stoiker seien voll von Texten die unter anderem fur Geschlechtsverkehr zwischen Geschwistern pladierten In diesem Zusammenhang nahm man auch die Ehe des Gottervaters Iuppiter Zeus mit seiner Schwester Iuno Hera aufs Korn die den Menschen ein schlimmes Vorbild geboten habe 37 Ausfuhrlich setzte sich der spatantike Kirchenvater Augustinus mit dem Gegensatz zwischen Endogamie und Exogamie auseinander Dabei befasste er sich in seinem Werk De civitate dei speziell mit dem Problem der Geschwisterehe Den Ausgangspunkt bildete die biblische Aussage dass die gesamte Menschheit von dem Elternpaar Adam und Eva abstamme Nach diesem Geschichtsbild mussen zumindest in der zweiten Generation Bruder ihre Schwestern geheiratet haben Demnach muss eine Entwicklung von einer anfanglich zwangslaufigen familiaren Endogamie Not Inzest zur Exogamie stattgefunden haben Augustinus meinte die Geschwisterheirat sei von der Religion verboten worden als der ursprungliche Sachzwang der sie zunachst erfordert habe weggefallen sei Der Zwang zur Exogamie habe eine sinnvolle Entwicklung herbeigefuhrt denn der Ubergang zur Partnerwahl ausserhalb der eigenen Kernfamilie habe eine wunschenswerte Horizonterweiterung bewirkt Von da an seien familiare Verknupfungen mit Fremden auf der Basis nutzlicher und edler Eintracht zustande gekommen Die so entstandenen Bindungen hatten die Ausweitung der Liebe caritas unter den Menschen gefordert Daher sei die Exogamie gut und naturgemass Das erkenne man daran dass sogar unter den gottlosen Heiden eine naturliche Inzestscheu zu beobachten sei Sogar die Heirat zwischen Cousin und Cousine gelte seit jeher als unerwunscht und sei selten vorgekommen da Geschwisterkinder zu eng miteinander verwandt seien 38 Moderne Forschung BearbeitenIn der Moderne hat die Geschwisterehe sowohl in der Altertumswissenschaft als auch in der Ethnosoziologie viel Beachtung gefunden Ihr Vorkommen in einer Reihe von Kulturen gewohnlich nur in Herrscherfamilien im antiken Agypten und im Perserreich aber auch in der Bevolkerung widerspricht der seit langem verbreiteten Annahme der Inzest sei weltweit seit jeher in allen Kulturen geachtet und die familiare Exogamie sei ein Grundprinzip aller menschlichen Gesellschaften 39 In der modernen Altertumswissenschaft sind die hellenistischen und kaiserzeitlichen Heiraten von Vollgeschwistern intensiv erforscht worden Dabei geht es vor allem darum den fur den antiken griechisch romischen Kulturkreis ungewohnlichen Brauch im ptolemaischen Konigshaus zu erklaren In zahlreichen Untersuchungen sind unterschiedliche Deutungen vorgetragen und erortert worden Erwogen werden in erster Linie drei Faktoren Beeinflussung durch eine altagyptische Tradition die durch das Gottkonigtum bedingte Abkapselung des Konigshauses und die relativ endogamiefreundliche Tradition der nach Agypten eingewanderten Griechen 40 Der Ursprung der ptolemaischen Geschwisterehe ist seit langem umstritten Die Hypothese von Ernst Kornemann der persische Herkunft vermutete hat sich nicht durchgesetzt Die in der alteren Forschung dominierende Annahme dass das Vorbild fruherer Pharaonendynastien massgeblich gewesen sei wird von manchen Gelehrten bezweifelt Joseph Modrzejewski befand 1964 die hellenistische Geschwisterehe sei nicht als Fortsetzung einer einheimischen Tradition zu betrachten Vielmehr sei sie von den eingewanderten Griechen eingefuhrt worden Ihre Wurzel sei die generelle griechische Neigung zur Endogamie insbesondere die herkommliche relativ tolerante Haltung gegenuber Ehen unter Seitenverwandten 41 Ein neuerer Befurworter der Hypothese eines altagyptischen Einflusses auf die ptolemaische Praxis ist Keith Hopkins 1980 42 Zu den Skeptikern zahlen Lucia Criscuolo 1990 43 sowie Roger S Bagnall und Bruce W Frier 1994 44 Jakob Seibert nahm 1967 zur Frage nach den Motiven fur die Einfuhrung und Fortdauer der Geschwisterheirat in Agypten Stellung Er wies darauf hin dass bei der Einfuhrung dieser Praxis durch Ptolemaios II wohl Arsinoe II die treibende Kraft war Fur den Konig war es die zweite Ehe fur seine Schwester die dritte Der Wunsch nach Nachkommen zur Sicherung der Thronfolge kann kaum eine Rolle gespielt haben denn Ptolemaios hatte bereits einen Kronprinzen aus seiner ersten Ehe und seine Verbindung mit der bereits gealterten Arsinoe blieb kinderlos Daher kommt so Seibert neben Arsinoes Herrschsucht vor allem die Exklusivitat des Gottkonigtums die gewollte Analogie zum Geschwister Ehepaar Zeus und Hera als Erklarung in Betracht Gegen ein solches prinzipielles Motiv spricht allerdings der Umstand dass Ptolemaios II seinen gleichnamigen Sohn und Thronfolger mit der Erbtochter des Konigs von Kyrene verheiratete also am Prinzip der familiaren Endogamie nicht konsequent festhielt Auch spater lehnten die ptolemaischen Konige exogame Heiraten nicht grundsatzlich ab daher scheidet Standesbewusstsein als Motiv aus 45 Wolfgang Speyer betonte 2001 den magisch religiosen Charakter des dynastischen Inzests und die Vorbildfunktion des gottlichen Geschwisterpaars das eine heilige Hochzeit feierte Die Grundlage sah er in einem Weltbild nach dem die geschlechtliche Verbindung der gottlichen Geschwister zu den Bedingungen gehorte welche die gegenwartige Weltwirklichkeit in ihrer Ordnung und in ihrem Bestand garantierten Fur die Reprasentanten und Stellvertreter der Gotter auf Erden die Konige und ihre Frauen sei das Verhalten der gottlichen Welteltern beispielgebend gewesen Die konigliche Geschwisterehe sei als Ritus zu verstehen der die heilige Hochzeit der altesten Gotter wiederholt habe man habe diese eheliche Verbindung als in der kosmischen Ordnung begrundet aufgefasst 46 Ein weiteres Thema der Forschung ist die Frage nach den Grunden fur die Ausbreitung der Geschwisterehe in der agyptischen Bevolkerung zur Kaiserzeit Oft wird auf den wirtschaftlichen Nutzen hingewiesen In Agypten wurde der Grundbesitz im Erbfall aufgeteilt wobei auch die weiblichen Nachkommen erbberechtigt waren somit blieb bei einer Geschwisterehe der Immobilienbesitz der Familie intakt was in einem Land mit wenig landwirtschaftlich nutzbarer Flache besonders wichtig war Ausserdem entfiel die Mitgift Allerdings verzichtete man damit auch auf die Mitgift die eine familienfremde Braut mitgebracht hatte 47 Eine wesentliche Rolle spielte wohl das klassische Vorbild von Isis und Osiris 48 Literatur BearbeitenHatto H Schmitt Geschwisterehe In Hatto H Schmitt Ernst Vogt Hrsg Lexikon des Hellenismus Harrassowitz Wiesbaden 2005 ISBN 3 447 04842 5 Sp 373 f Keith Hopkins Brother Sister Marriage in Roman Egypt In Comparative Studies in Society and History 22 1980 S 303 354Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Geschwisterehe Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenAnmerkungen Bearbeiten Heinrich Otten Sororat im Alten Kleinasien In Saeculum 21 1970 S 162 165 Jorg Klinger Fremde und Aussenseiter in Ḫatti In Volkert Haas Hrsg Aussenseiter und Randgruppen Konstanz 1992 S 187 212 hier 192 194 Heinrich Otten Geschwisterehe in Ḫatti In Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archaologie Bd 3 Berlin 1957 1971 S 231 Richard H Beal Studies in Hittite History In Journal of Cuneiform Studies 35 1983 S 115 126 hier 115 119 Gernot Wilhelm Tutḫalija In Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archaologie Bd 14 Berlin 2014 2016 S 224 227 hier 226 Viktor Korosec Keilschriftrecht In Orientalisches Recht Handbuch der Orientalistik Abteilung 1 Erganzungsband 3 Leiden Koln 1964 S 49 219 hier 137 Walther Hinz Das Reich Elam Stuttgart 1964 S 76 Friedrich Wilhelm Konig Geschwisterehe in Elam In Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archaologie Bd 3 Berlin 1957 1971 S 224 231 Schafik Allam Geschwisterehe In Lexikon der Agyptologie Bd 2 Wiesbaden 1977 Sp 568 570 hier 569 Siehe dazu Friedrich Fechter Die Familie in der Nachexilszeit Berlin 1998 S 192 198 Siehe dazu Klaus Thraede Blutschande Inzest In Reallexikon fur Antike und Christentum Supplement Lieferung 9 Stuttgart 2002 Sp 37 85 hier 51 f Herodot 3 31 1 4 Walter Erdmann Die Ehe im alten Griechenland Munchen 1934 S 185 Klaus Thraede Blutschande Inzest In Reallexikon fur Antike und Christentum Supplement Lieferung 9 Stuttgart 2002 Sp 37 85 hier 53 f Evangelos Karabelias Inceste mariage et strategies matrimoniales dans l Athenes classique In Gerhard Thur Hrsg Symposion 1985 Vortrage zur griechischen und hellenistischen Rechtsgeschichte Koln Wien 1989 S 233 251 hier 241 f Klaus Thraede Blutschande Inzest In Reallexikon fur Antike und Christentum Supplement Lieferung 9 Stuttgart 2002 Sp 37 85 hier 53 f Walter Erdmann Die Ehe im alten Griechenland Munchen 1934 S 180 185 Lucia Criscuolo Philadelphos nella dinastia lagide In Aegyptus 70 1990 S 89 96 hier S 93 f und Anm 21 Siehe zum Kult der Geschwistergotter Gunther Holbl Geschichte des Ptolemaerreiches Darmstadt 1994 S 37 f 87 89 106 Keith Hopkins Brother Sister Marriage in Roman Egypt In Comparative Studies in Society and History 22 1980 S 303 354 hier 344 f Gunter Poethke Arsinoe II In Lexikon der Agyptologie Bd 1 Wiesbaden 1975 Sp 450 f Gunther Holbl Geschichte des Ptolemaerreiches Darmstadt 1994 S 37 f 94 98 Gunther Holbl Geschichte des Ptolemaerreiches Darmstadt 1994 S 45 Gunther Holbl Geschichte des Ptolemaerreiches Darmstadt 1994 S 149 f Gunther Holbl Geschichte des Ptolemaerreiches Darmstadt 1994 S 160 Gunther Holbl Geschichte des Ptolemaerreiches Darmstadt 1994 S 172 Zur Datierung siehe Gunther Holbl Geschichte des Ptolemaerreiches Darmstadt 1994 S 321 Anm 72 Gunther Holbl Geschichte des Ptolemaerreiches Darmstadt 1994 S 172 f Gunther Holbl Geschichte des Ptolemaerreiches Darmstadt 1994 S 174 177 Gunther Holbl Geschichte des Ptolemaerreiches Darmstadt 1994 S 177 179 Gunther Holbl Geschichte des Ptolemaerreiches Darmstadt 1994 S 179 181 Bestritten werden die Heiraten Kleopatras VII von Lucia Criscuolo La successione a Tolomeo Aulete ed i pretesi matrimoni di Cleopatra VII con i fratelli In Lucia Criscuolo Giovanni Geraci Hrsg Egitto e storia antica dall ellenismo all eta araba Bologna 1989 S 325 339 Jakob Seibert Historische Beitrage zu den dynastischen Verbindungen in hellenistischer Zeit Wiesbaden 1967 S 68 Hatto H Schmitt Untersuchungen zur Geschichte Antiochos des Grossen und seiner Zeit Wiesbaden 1964 S 13 24 Schafik Allam Geschwisterehe In Lexikon der Agyptologie Bd 2 Wiesbaden 1977 Sp 568 570 hier 569 Keith Hopkins Brother Sister Marriage in Roman Egypt In Comparative Studies in Society and History 22 1980 S 303 354 hier 320 322 324 Roger S Bagnall Bruce W Frier The demography of Roman Egypt Cambridge 1994 S 127 f Dominic Montserrat Sex and Society in Graeco Roman Egypt London 1996 S 89 Naphtali Lewis Life in Egypt under Roman Rule Oxford 1983 S 43 f Nikolaos Gonis Incestuous Twins in the City of Arsinoe In Zeitschrift fur Papyrologie und Epigraphik 133 2000 S 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in Roman Egypt In Comparative Studies in Society and History 22 1980 S 303 354 hier 304 307 310 f Eine knappe Ubersicht bietet Klaus Thraede Blutschande Inzest In Reallexikon fur Antike und Christentum Supplement Lieferung 9 Stuttgart 2002 Sp 37 85 hier 45 47 Joseph Modrzejewski Die Geschwisterehe in der hellenistischen Praxis und nach romischem Recht In Zeitschrift der Savigny Stiftung fur Rechtsgeschichte Romanistische Abteilung 81 1964 S 52 82 hier 59 f 80 Keith Hopkins Brother Sister Marriage in Roman Egypt In Comparative Studies in Society and History 22 1980 S 303 354 hier 312 Lucia Criscuolo Philadelphos nella dinastia lagide In Aegyptus 70 1990 S 89 96 hier 92 f Roger S Bagnall Bruce W Frier The demography of Roman Egypt Cambridge 1994 S 130 und Anm 73 Jakob Seibert Historische Beitrage zu den dynastischen Verbindungen in hellenistischer Zeit Wiesbaden 1967 S 81 85 Wolfgang Speyer Zum magisch religiosen Inzest im Altertum In Wolfgang Speyer Fruhes Christentum im antiken Strahlungsfeld Tubingen 2007 S 137 152 hier 138 f Erstveroffentlichung 2001 Dominic Montserrat Sex and Society in Graeco Roman Egypt London 1996 S 89 f Keith Hopkins Brother Sister Marriage in Roman Egypt In Comparative Studies in Society and History 22 1980 S 303 354 hier 322 f 351 Roger S Bagnall Bruce W Frier The demography of Roman Egypt Cambridge 1994 S 130 f Siehe dazu Keith Hopkins Brother Sister Marriage in Roman Egypt In Comparative Studies in Society and History 22 1980 S 303 354 hier 344 f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Geschwisterehe amp oldid 235645713