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Chinoiserie von franzosisch chinois chinesisch ist die Bezeichnung fur eine Richtung der europaischen Kunst die sich an chinesischen oder anderen ostasiatischen 1 Vorbildern orientierte und besonders im spaten 17 und im 18 Jahrhundert popular war Die China Begeisterung speiste sich sowohl aus Interesse am Exotismus als auch aus der Vorstellung eines friedlichen und kultivierten Riesenreiches dessen grosse Bevolkerung bis in einfache Schichten literarisch und philosophisch gebildet war Landschaft mit Mandarinenbaum 1757 Fresko von Giovanni Domenico Tiepolo Villa Valmarana ai Nani Vicenza ItalienPagode von William Chambers 1762 in Kew GardensBedeutende Elemente der Chinamode waren vor allem die jahrhundertelange Begeisterung fur chinesisches Porzellan und Lackarbeiten gross in Mode waren ausserdem Seide und Papiertapeten All diese Produkte wurden vor allem durch den gesteigerten Uberseehandel in Europa bekannt 1 Inhaltsverzeichnis 1 Definition 2 China aus europaischer Sicht 3 Porzellan und Fayencen 4 Chinoise Lackmobel 5 Innendekoration 6 Architektur 7 Bedeutende Personen der Chinoiserie 8 Siehe auch 9 Literatur 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseDefinition BearbeitenDer Begriff Chinoiserie umfasst im weitesten Sinne Gestaltungsformen in Kunst Kunsthandwerk und Architektur die von chinesischer Kunst inspiriert sind aber auch von anderen exotischen Landern wie Japan Indien oder Amerika 1 Im 17 18 Jahrhundert begegnet auch zuweilen der Begriff indianisch fur Chinoiserien Dabei wurden einerseits echte und sehr wertvolle Objekte aus China oder Japan wie z B Porzellan Lack oder Seide verwendet und mit europaischen Kunsten kombiniert Andererseits entstanden auch Kopien oder den Originalen in einem weiteren Sinne nachempfundene Objekte oder Bauwerke Grundsatzlich lassen sich drei Perioden unterscheiden die sich aber uberschneiden 1 Die erste Phase von etwa 1650 1670 bis ca 1730 ist die kopierende oder imitierende Chinoiserie 1 Von etwa 1720 bis 1760 also in der Epoche des Spatbarock und Rokoko entstand die frei fantasierende Chinoiserie die mit der chinesischen Realitat nur wenig oder nichts zu tun hat sondern stattdessen humorvoll bizarr und dezent karikierend ist z B Meissner Porzellan 1 Die dritte Phase von etwa 1760 bis ca 1820 wird als romantisierende Chinoiserie bezeichnet und deckt sich in etwa mit der Epoche des Klassizismus 2 Zu dieser Zeit kam die Chinoiserie beim Porzellan aus der Mode Landschaftsdarstellungen wurden modern und chinesische Garten entstanden ausserdem wurde chinesische Architektur nachgeahmt wie z B Pagoden und Pavillons 2 China aus europaischer Sicht Bearbeiten nbsp Fliesenmalerei mit chinesischer Landschaft 63 92 cm Fayence aus Delft ca 1680 1700Fur die Menschen in Europa waren China und andere Lander Ostasiens lange Zeit ein weit entfernter beinahe unerreichbarer Ort den nur die allerwenigsten jemals zu Gesicht bekamen Dies und die exquisite teilweise fragile Schonheit und enorme Qualitat der in Europa bekannten hochverfeinerten Luxusgegenstande wie Seide Porzellan oder Lack deren Herstellung noch dazu lange Zeit ein Ratsel war nahrte die Vorstellung von einem marchenhaften exotischen Reich Erste konkretere Kenntnisse uber China vermittelten die Reiseberichte Marco Polos die ebenfalls teilweise marchenhaft gefarbt waren oder aus Sicht der Europaer so wirkten Nach der Entdeckung des Seeweges nach Indien durch die Portugiesen im 15 Jahrhundert gelangten weitere Kenntnisse uber China Indien und Japan uber Kaufleute und Gesandte nach Europa seit Mitte des 17 Jahrhunderts vor allem uber jesuitische Missionare Sie konkretisierten das Chinabild und stellten das chinesische Reich in einer Idealform dar als hochkultiviert und hochzivilisiert Davon beeinflusst war China z B fur Leibniz ein Reich das gleichsam wie ein Europa des Ostens das entgegengesetzte Ende der Erde ziert Novissima Sinica 1735 veroffentlichte Pater Jean Baptiste Du Halde die vierbandige China Enzyklopadie Description de la Chine in der du Halde ein bluhendes Reich beschreibt dessen innerer Handelsaustausch entwickelter sei als der innerhalb Europas Das Buch war ein Jahrhundert lang Pflichtlekture fur jedes Gesprach uber China und animierte auch Voltaire zu begeisterten Kommentaren Dieser schrieb 1756 uber China als ein von aufgeklarten Gelehrtenbeamten regiertes Utopia Den franzosischen Physiokraten Francois Quesnay beeindruckte 1767 die angebliche Harmonie zwischen agrarischer Produktion und staatlicher Herrschaft in China so sehr dass er sich den Despotisme de la Chine als Gesellschaftsmodell auch fur Europa wunschte Dass in China die Vergabe offentlicher Amter nach einem Prufungssystem erfolgte ubte auch eine grosse Faszination auf das Bildungsburgertum Europas aus das sich gegen feudale Erbstrukturen durchsetzen wollte Erst in der zweiten Halfte des 18 Jahrhunderts setzte auch eine Gegenbewegung ein die die bedingungslose Chinamode und verehrung in Zweifel zog ja verspottete Aber noch bis ins 19 Jahrhundert hinein galt das konfuzianische Staatswesen als vorbildlich Porzellan und Fayencen Bearbeiten nbsp Asiatische Porzellanelefanten die mithilfe von vergoldeten Monturen zu einer Uhr und Leuchtern umfunktioniert wurden Spiegelkabinett der Residenz MunchenNeben und jenseits konkreten Wissens uber China stellte seit dem 16 Jahrhundert vor allem chinesisches Porzellan und Fayencen ein grosses Faszinosum fur die kultivierte Welt Europas dar Es wurde fur seine Schonheit und als kostbare und exotische Raritat geschatzt und von reichen Personen die es sich leisten konnten gesammelt und zierte die Schlosser Palaste und Villen der Aristokratie in ganz Europa Kleine Statuetten oder auch Vasen und Teller wurden manchmal mit vergoldeten Monturen im europaischen Stil verziert um sie noch kostbarer zu gestalten auf diese Weise wurden Figuren gelegentlich auch umfunktioniert und aus einem originalen chinesischen Porzellan Elefanten wurde dann z B ein Kerzenleuchter oder eine Uhr siehe Abbildung Die Originalprodukte waren jedoch so teuer und die Nachfrage so gross dass man besonders das blau weisse Porzellan in Europa zu imitieren versuchte was zuerst den Niederlandern etwa um die Mitte des 17 Jahrhunderts in der Delfter Fayence Manufaktur mit kunstlerisch uberzeugenden Losungen gelang 3 Es wurde nicht nur blau weisses Chinaporzellan imitiert sondern auch japanisches Imari Porzellan Es wurden auch ganze Kachelbilder im chinoisen Stil hergestellt nicht nur in blau weiss sondern auch mehrfarbig Blau Grun Rot Gelb und Schwarz auf weissem Grund dabei konnten durchaus auch chinesische oder ostasiatische Figuren mit schwarz afrikanischen durchmischt werden 4 In der Folge entstanden auch in Deutschland zahlreiche Fayence Manufakturen die sich ebenfalls in Form und Dekor oft an chinesischen Vorbildern orientierten zu den bedeutendsten gehorten diejenigen in Hanau 1661 gegr und in Frankfurt am Main 1666 gegr 3 Die 1709 gegrundete Manufaktur in Ansbach versuchte auch Geschirre der sogenannten Famille verte und japanisches Imari Porzellan nachzuahmen 5 Auch in Bayreuth versuchte man ab 1719 Meissner Porzellan mit Chinoiserien nachzuahmen 5 nbsp Das Trianon de Porcelaine im Park von Versailles 1670 1687Die Mode der chinoisen Fayencen und Delfter Kacheln erreichte einen Hohepunkt als Ludwig XIV von Frankreich ab 1670 fur seine Maitresse Madame de Montespan im Park von Versailles ein kleines Lustschloss errichten liess das komplett mit Porzellan verkleidet und ausgestattet war das sogenannte Trianon de porcelaine Die Wanddekorationen waren vollstandig nach turkischen und chinesischen Motiven gestaltet und wurden in einer Fayence Manufaktur in Saint Cloud hergestellt 6 Das Porzellan Trianon wurde zwar 1687 aus diversen Grunden abgerissen der Konig wollte inzwischen nichts mehr mit der Montespan zu tun haben und durch das Marmortrianon ersetzt wurde aber nichtsdestotrotz zu einem grossen Vorbild fur ahnliche Schlosschen und Raumkreationen in ganz Frankreich und Europa 6 Der Mercure galant schrieb schon 1673 Das Trianon bei Versailles hat bei allen Privatleuten den Wunsch erweckt auch so etwas zu haben Fast alle grossen Herren denen Landsitze gehoren haben sich etwas Ahnliches in ihren Parks errichten lassen 7 Ein weiterer Schritt war der im 18 Jahrhundert gelungene Versuch der Porzellanherstellung durch Joh Fr Bottger in Meissen wo man zahlreiche Kreationen von Services oder Zierfiguren erfand die nun keine direkte Imitation ostasiatischer Vorbilder mehr waren sondern eigene Erfindungen nicht selten mit humorvollem Unterton was jedoch grundsatzlich fur die Kleinkunst des Rokoko gilt Ahnliches gilt fur die Erzeugnisse anderer Manufakturen in Europa wie z B in Nymphenburg oder Sevres Fayence und Porzellan kopierende oder imitierende Chinoiserie 1 Periode nbsp Teller mit chinoisem Dekor aus Delfter Fayence Adriaen Kocks zugeschr 1686 1701 aus der Manufaktur grieksche A nbsp Delfter Fayence Vase in Imari Stil genannt Delft dore 1700 1720 aus der Manufaktur Griekse A Museum Geelvinck Hinlopen Huis nbsp Fayence Teller mit Kakiemon Dekor Delft ca 1722 1750 nbsp Vase im Kakiemon Stil mit vergoldetem Rokoko Fuss Meissen ca 1730 Gardiner Museum Toronto nbsp Teller in Blattform Meissen um 1735 Johann David Kretschmar Cleveland Museum of ArtFayence und Porzellan fantasierende Chinoiserie 2 Periode nbsp Meissner Porzellankannen ca 1720 mit Chinoiserien dekoriert in den Niederlanden ca 1735 nbsp Becher Meissen ca 1728 Busch Reisinger Museum Harvard University nbsp Groteske Chinoiseriefigur auf einem Hahn reitend J J Kandler Meissen ca 1737 Art Institute of Chicago nbsp Chinesischer Tee Handler und Dame J J Kandler amp Friedrich Elias Meyer Meissen ca 1745 Wadsworth Atheneum HartfordChinoise Lackmobel Bearbeiten nbsp Rokoko Secretaire Bernard II van Risamburgh ca 1737 Munchner ResidenzIm spaten 17 und 18 Jahrhundert waren Mobel mit aus China und Japan importierter Seide oder Lack sehr in Mode Oft wurden originale Gegenstande aus Asien von europaischen Kunstlern und Handwerkern erganzt spater auch eigene Einrichtungsgegenstande und Interieurs kreiert Gelegentlich wurde auch Mobiliar auf Bestellung fur europaische Kunden in China selber angefertigt Im einfachsten Fall fertigte man z B fur eine originale asiatische Lacktruhe oder einen Schrank ein passendes Gestell in der gerade aktuellen europaischen Stilrichtung das heisst in den Formen des Barock Rokoko oder des Klassizismus Wesentlich komplizierter waren Lackmobel im Rokokostil ca 1720 1765 da wegen der geschwungenen Oberflachen auch die originalen Lackeinlagen bis zu einem gewissen Grad gebogen werden mussten was sehr viel Geschick und grosse Handwerkskunst erforderte Solche Mobel erhielten ausserdem raffinierte Fassungen mit reich ornamentierten vergoldeten Bronzebeschlagen Genau wie beim Porzellan versuchte man auch den asiatischen Lack zu kopieren was auf besondere Schwierigkeiten stiess u a weil in Europa der ostasiatische Lackbaum Rhus vernicifera nicht gedeiht 8 Dies fuhrte zur Ubernahme von persischen Techniken und zur Erfindung eigener Rezepturen auf der Basis von alkohol und terpentinloslichen Harzen wie Sandarak Schellack und Terpentin die jedoch auch in der Weiterverarbeitung andere Techniken erforderten 8 In einer ersten Periode von ca 1670 bis 1730 wurden vor allem Mobelstucke gefertigt deren Design stark an die ostasiatischen Vorbilder angelehnt war 9 Fuhrend war zunachst die Familie Dagly aus Spa Belgien von denen es einige weit brachten Gerard Dagly 1660 bis ca 1715 arbeitete fur Friedrich I von Preussen und Jacques Dagly 1665 1729 fur Ludwig XIV in Frankreich Im 18 Jahrhundert gelang den Brudern Martin die Entwicklung des sogenannten Vernis Martin Martin Lack der meistens Grun oder Rot ist jedoch nicht unbedingt fur Chinoiserien verwendet wurde nbsp Das sogenannte weisse Cembalo von Michael Mietke mit Chinoiserie Lackdekor von Gerard Dagly 1702 04 Schloss Charlottenburg BerlinIn Frankreich und Deutschland wurden nicht nur Mobel mit Lack verziert sondern auch Cembali die bekanntesten sind Instrumente von Vaudry 1681 schwarzer und roter Lack mit Gold Victoria and Albert Museum London J Chr Fleischer 1710 Musikinstrumentenmuseum Berlin Christian Zell 1728 Chinoiserie auf grunem Grund Museum f Kunst amp Gewerbe Hamburg und Pascal Taskin 1787 Schwarz Gold Lack Museum f Kunst amp Gewerbe Hamburg 10 Zu den beruhmtesten Cembali mit Chinoiserie Lackdekor zahlen ausserdem zwei Instrumente von Michael Mietke mit Lackdekorationen von Gerard Dagly die fur den Berliner Hof entstanden und noch heute in Schloss Charlottenburg stehen eines ganz in Weiss d h eigentlich in Imitation von chinesischem Porzellan 1702 04 das andere in Schwarz wie schwarz goldener Lack 1703 1713 11 Chinoise Lackmobel nbsp Truhe aus Chinesischem Koromandellack auf europaischem Barockgestell mit Keramik Chatsworth House Derbyshire England nbsp Japanischer Kabinettschrank aus Schwarz Goldlack ca 1690 auf einem vergoldeten Chippendale Gestell 1720er Jahre Shugborough Hall Staffordshire England nbsp Lackstuhl aus Warwick Castle hergestellt in China fur den Englischen Markt ca 1725 California Palace of the Legion of Honor San Francisco Kalifornien nbsp Sachsischer Kabinettschrank aus rotem Lack im Stil Gerard Daglys Chinoise Vasen und Tapeten Palastmuseum Wilanow Warschau nbsp Rokoko Kommode mit Einlagen aus japanischem Schwarz Goldlack gebogen in einem Eichengestell vergoldete Bronze Marmor Bernard II Vanrisamburgh Paris ca 1750 1760 Victoria and Albert Museum London nbsp Rokoko Kommode aus Strawberry Hill House Pierre Langlois London 1763 Chinesischer Lack vergoldete Bronze Marmor California Palace of the Legion of Honor San Francisco KalifornienInnendekoration Bearbeiten nbsp Spiegel oder Porzellankabinett 1705 1708 in Schloss Charlottenburg BerlinPorzellan Fayencen und Lackmobel konnten im Grunde in jedem Raum eines Schlosses aufgestellt werden haufig auch in Kombination d h auf einer Lackkommode wurden oft Objekte aus Porzellan prasentiert Daneben entstanden jedoch auch ganze Raumkreationen bei denen Chinoiserien verwendet wurden Nicht selten wurde in die geschnitzten Ornamente von Kabinetten oder Salons Konsolen eingefugt auf denen man chinesisches Porzellan oder Imitationen aufstellte wie in den Spiegelkabinetten von Schloss Pommersfelden ca 1715 1720 in der Munchner Residenz oder in Schloss Charlottenburg 1705 1708 12 siehe Abb Einen vollig anderen Effekt erhielt man wenn man schwarz goldene Lacktafeln die man nicht selten aus Teilen von asiatischen Wandschirmen zurechtschnitt in die Vertafelung von Kabinetten oder Salons einliess und mit vergoldeten Schnitzereien umrahmte Ein sehr beruhmtes Beispiel dafur ist das Vieux Laque Zimmer in Schloss Schonbrunn 1767 1770 wo die originalen schwarzgoldenen Lack Tafeln aus China mit Erzeugnissen aus einer Wiener Manufaktur erganzt werden mussten 13 Andere Beispiele sind das Chinesische Zimmer in Schloss Hetzendorf Wien das Gabinetto cinese im Palazzo Reale von Turin und das Chinesische Kabinett in Schloss Nymphenburg siehe Abbildungen unten nbsp Chinesische Tapete im Gabinetto cinese der Palazzina Stupinigi TurinEbenfalls beliebt waren Chinesische Papier oder Seidentapeten Im uppigsten Falle zeigten die Papiertapeten ganze Landschaften die meist mit zahlreichen chinesischen Figuren bevolkert sind Bekannte Beispiele finden sich in mehreren Raumen der Palazzina Stupinigi bei Turin 14 und auf Schloss Huis ten Bosch bei Den Haag 15 Zuweilen wurden auch nur kleinere original chinesische Malereien in die Vertafelung eingelassen wie z B im Chinesischen Zimmer von Schloss Lichtenwalde In Schloss Schonbrunn in Wien gibt es eine sehr spezielle Raumschopfung das sogenannte Millionenzimmer wurde ursprunglich 1752 1757 fur das Belvedere geschaffen und verwendet in Wirklichkeit kleine indo persische Miniaturen in Rocaille Rahmen die in eine asiatische Rosenholz Vertafelung eingelassen sind 16 nbsp Chinesische Tapete Schloss Hellbrunn SalzburgAuch Seidentapeten konnten mit Szenen bemalt sein doch ofters handelte es sich um einen Dekor mit Pflanzen Blumen und Vogeln wie in Schloss Hellbrunn bei Salzburg oder im Chinesischen Salon von Zar Alexander I im Katharinen Palast von Zarskoje Selo Abb unten Zuweilen wurden originale chinesische Motive einfach kopiert oder imitiert Beispielsweise bemalte Christian Wehrlin die Vertafelungen im Spielzimmer der Palazzina Stupinigi mit asiatischen Motiven von bluhenden Baumen Reihern Enten anderen Vogeln und Affen Singerie 17 In Schloss Pillnitz bemalte man die Wande mit chinesischen Figuren Abb unten Manchmal wurden auch Lack und Chinatapeten miteinander kombiniert z B in Nymphenburg und Huis ten Bosch Daneben gab es reine Fantasie Dekorationen die nur sehr frei von chinesischen oder asiatischen Motiven inspiriert sind und weniger teuer Hierzu gehoren bereits einige Dekorations Entwurfe von Jean Berain d A der z B in die Grotesken Umrahmung einiger Gobelins mit Motiven aus der romischen Mythologie auch chinesische Figuren einfugt mit Vorliebe mit Sonnenschirm Zu den beliebtesten Motiven der Chinoiserie gehoren ausserdem Reiher Vogel und Drachen Kirschblutenzweige und Chrysanthemen sowie abenteuerliche Landschaften mit hohen Bergen Gewassern Hauser und Menschen im asiatischen Stil Da die meisten Europaer naturlich nie einen echten Chinesen oder andere Menschen aus Ostasien gesehen hatten wurden diese Motive meistens von den importierten Waren ubernommen manchmal vor allem ab etwa 1720 aber auch von den Designern nach eigenen Vorstellungen umgesetzt Die Dekorationsentwurfe von Berain waren sehr einflussreich und inspirierten u a auch Meissener Porzellanfiguren und einige Malereien in der Pagodenburg von Nymphenburg welche blauweisse Porzellanmalerei imitieren ansonsten ist dieses Schlosschen nach dem Vorbild des Trianon de porcelaine mit gar nicht chinesischen aber beinahe unvermeidlichen blauweissen Kacheln aus Delft und Chinatapeten ausgestattet Der Fantasie waren keine Grenzen gesetzt so sind die Wande eines Kabinetts in Schloss Favorite bei Rastatt mit asiatischen Figuren aus Pappmache geschmuckt und fur Friedrich den Grossen wurden in Sanssouci ebenfalls einige Raume mit einem fantasievollen Chinoiseriedekor ausgestattet neben chinesischen Tapeten im 1 Gastezimmer u a auch geschnitzte und lackierte Ranken Fruchte und Tiere im sogenannten Voltairezimmer In den Fresken der Sala terrena von Stift Altenburg fliegen bizarr fantastische Chinesen mit Reihern durch die Lufte Abb unten und 1757 malte Giovanni Domenico Tiepolo Fresken in der Villa Valmarana ai Nani Vicenza die besonders interessant sind weil sie ein weniger susses Bild als normal zeichnen neben dem unvermeidlichen Chinesen mit Schirm frei nach Berain sieht man da gerissene chinesische Handler und aberglaubische Chinesen bei Wahrsagern oder vor dem Opferaltar einer Gottin mit riesigen Ohren Abb unten In Grossbritannien trifft man vor allem in Schlaf und Ankleidezimmern auf Chinoiserien Ein spektakulares Beispiel aus der Spatzeit ist das sogenannte Badminton Bed von William und John Linnell heute Victoria and Albert Museum London das einen pagodenartigen Betthimmel mit Drachen besitzt Der romantisierenden dritten Periode gehort das Chinesische Zimmer auf Schloss Weesenstein an mit Wandmalereien die eine Chinesische Landschaft mit europaischen Personen der Zeit kombiniert Chinoiserie Interieurs mit Lack nbsp Chinesisches Zimmer Schloss Hetzendorf Wien Originaler Schwarzgoldener Lack Facher und Figurinen in einem kostbaren und sehr fantasievollen barocken Boiseriedekor nbsp Gabinetto cinese mit Tafeln aus echtem asiatischem Schwarz Goldlack in rotgoldener europaischer Lackvertafelung Palazzo reale TurinChinesische Malerei und Tapeten nbsp Chinesisches Zimmer Schloss Lichtenwalde Sachsen Chinesische Malereien und Porzellan in einem sehr feinen Rokoko Boiserierahmen nbsp Chinesische Papier Tapete Schloss Hellbrunn Salzburg nbsp Chinesischer Salon von Alexander I mit Seiden Tapeten im chinesischen Stil Katharinen Palast Zarskoje Selo nbsp China Tapete Detail in Schloss Eszterhazy Eisenstadt nbsp Chinesisches Kabinett Schloss Nymphenburg Munchen Echte Chinesische Malereien umrahmt von kleinen Feldern mit europaischen schwarzen Lackarbeiten nbsp Chinoiseriedekor mit dem Badminton Bed Bettvorhange nicht original William amp John Linnell Victoria and Albert Museum LondonFantasie Chinoiserie nbsp Chinese auf dem Gobelin Das Opfer des Bacchus von Jean Berain Metropolitan Museum New York nbsp Wandmalereien mit chinesischen Grotesken im Eingang der Pagodenburg 1716 19 Schlosspark Nymphenburg nbsp Fantasiemalerei in Schloss Pillnitz nbsp Fresken mit fliegenden chinoisen Figuren in der Sala terrena von Stift Altenburg Werkstatt von Paul Troger 1730er Jahre nbsp Giovanni Domenico Tiepolo Opfer von Fruchten fur die Mondgottin 1757 Villa Valmarana ai Nani VicenzaArchitektur Bearbeiten nbsp Schloss Pillnitz im chinesischen StilHaufig wurden kleinere Parkschlosser und pavillons chinesisch gestaltet so schuf etwa Joseph Effner 1716 1719 im Schlosspark Nymphenburg die Pagodenburg 18 Vollstandig im Stil der Chinoiserie liess August der Starke ab 1720 Schloss Pillnitz bei Dresden erbauen das spater noch weiter ausgebaut und vergrossert wurde Ein spates Beispiel aus der Zeit des Rokoko und im frei fantasierenden Stil der 2 Periode ist auch das unter Friedrich dem Grossen erbaute beruhmte Chinesische Teehaus 1755 1764 im sudlichen Teil des Parks von Sanssouci in Friedrichs Residenzstadt Potsdam nbsp Chinesisches Haus Park SanssouciDie klassizistische Phase 3 Periode wurde 1762 durch den Bau von William Chambers chinesischer Pagode in Kew Gardens eingeleitet die zum Vorbild diverser ahnlicher Bauten wurde darunter auch das 1770 1772 entstandene Drachenhaus im Park von Sanssouci in Potsdam und der Chinesische Turm im Englischen Garten in Munchen In der klassizistischen Chinoiserie Phase entstanden ausserdem die Pagode und das Teehaus im chinesischen Garten von Oranienbaum bei Dessau 1781 errichtete man das chinesische Dorf Mou lang im Bergpark Wilhelmshohe in Kassel Auch chinesische Garten wurden vielfach nachgeahmt Siehe auch Galerie chinesischer Pavillons in DeutschlandBedeutende Personen der Chinoiserie BearbeitenJean Baptiste Pillement der als geburtiger Franzose 1750 nach London zog war einer der einflussreichsten Designer der Chinoiserie in Britannien und die Vorlagen aus seinem Buch A New Book of Chinese Ornaments 1755 fanden Eingang in unzahlige Porzellanfiguren Pavillons und Stoffe William Chambers der lange Zeit als Kaufmann in China verbrachte hatte 1757 nach seiner Ruckkehr nach England ein Buch uber ostasiatische Baukunst verfasst Designs of Chinese buildings 1763 ein Werk uber den von ihm in Kew angelegten Park mit Kupferstichen der dortigen orientalischen Bauten Pagode Moschee Alhambra und 1772 ein Buch uber chinesische Garten in dem er den Bau chinesischer Parkbauten anregte Dadurch loste Chambers eine europaweite neue Chinoiserie Mode aus Sein Werk fand auch Verwendung bei der Gestaltung des Chinesischen Pavillons im Schlosspark Pillnitz bei Dresden Die Abbildungen seines Buches zieren das Innere dieses Pavillons Siehe auch BearbeitenChinesisches Porzellan Chinesisches Auftragsporzellan Ostindien Kompanie Sanspareil JaponismusLiteratur Bearbeitennach Autoren alphabetisch geordnet James Bartos China Chinoiserie and the English Landscape Garten Revisited In Die Gartenkunst 28 2 2016 S 244 257 Alain Gruber u a Chinoiserie der Einfluss Chinas auf die europaische Kunst 17 19 Jahrhundert Ausstellung Riggisberg 6 Mai 28 Oktober 1984 Abegg Stiftung Bern 1984 Zhengxiang Gu Zum China Bild des Zedlerschen Lexikons Bibliographie der in seinen China Artikeln besprochenen oder als Quellen genannten Werke In Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik 423 Verlag Hans Dieter Heinz Akademischer Verlag Stuttgart 2004 2005 S 477 506 ISBN 3 88099 428 5 Johannes Franz Hallinger Das Ende der Chinoiserie die Auflosung eines Phanomens der Kunst in der Zeit der Aufklarung Beitrage zur Kunstwissenschaft 66 Scaneg Munchen cop 1996 Bianca Maria Rinaldi The Chinese Garden in Good Taste Jesuits and Europe s Knowledge of Chinese Flora and Art of the Garden in the 17th and 18th Centuries Munchen 2006 ISBN 978 3 89975 041 6 Gerd Helge Vogel Konfuzianismus und chinoise Architekturen im Zeitalter der Aufklarung In Die Gartenkunst 8 2 1996 S 175 187 Gerd Helge Vogel Wunderland Cathay Chinoise Architekturen in Europa Teil 1 in Die Gartenkunst 16 1 2004 S 125 172 Teil 2 in Die Gartenkunst 16 2 2004 S 339 382 Teil 3 in Die Gartenkunst 17 1 2005 S 168 216 Teil 4 in Die Gartenkunst 17 2 2005 S 387 430 Bianca Maria Rinaldi Borrowing from China The Society of Jesus and the ideal of naturalness in seventeenth and eighteenth century European Gardens In Die Gartenkunst 17 2 2005 S 319 337 Martin Woesler Zwischen Exotismus Sinozentrismus und Chinoiserie Europeerie 3 Auflage uberarb und erw Neuaufl Europaischer Universitats Verlag Bochum 2006 ISBN 3 89966 107 9 Scripta Sinica Band 6 China in Schloss und Garten Chinoise Architekturen und Innenraume Hrsg Dirk Welich Anne Kleiner Staatliche Schlosser Burgen und Garten Sachsen Dresden 2010 ISBN 3 942422 21 2Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Chinoiserie Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Die Chinoiserien in Leipzigs Grassimuseum bei Monumente OnlineEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e f Chinoiserie In Lexikon der Kunst Band 3 Karl Muller Verlag Erlangen 1994 S 199 200 hier S 199 a b Chinoiserie In Lexikon der Kunst Band 3 Karl Muller Verlag Erlangen 1994 S 199 200 a b Fayence In Lexikon der Kunst Band 4 Karl Muller Verlag Erlangen 1994 S 233 237 hier S 236 Fliesenmalerei In Lexikon der Kunst Band 4 Karl Muller Verlag Erlangen 1994 S 281 Abbildung mit Kachelbild aus Delft um 1700 Rijksmuseum Amsterdam a b Fayence In Lexikon der Kunst Band 4 Karl Muller Verlag Erlangen 1994 S 233 237 hier S 237 a b Palaste Schlosser Residenzen Georg Westermann Verlag 1971 S 107 109 Palaste Schlosser Residenzen Georg Westermann Verlag 1971 S 109 a b Lackkunst In Lexikon der Kunst Band 7 Karl Muller Verlag Erlangen 1994 S 169 Lackkunst In Lexikon der Kunst Band 7 Karl Muller Verlag Erlangen 1994 S 169 170 Edward L Kottick A History of the Harpsichord Indiana University Press Bloomington IN 1994 S 168 170 Vaudry Abb zwischen S 206 und 207 S 306 Fleischer S 316 318 Zell Edward L Kottick A History of the Harpsichord Indiana University Press Bloomington IN 1994 S 324 f Abb zwischen S 206 und 207 Chinoiserie In Lexikon der Kunst Band 3 Karl Muller Verlag Erlangen 1994 S 199 200 hier S 200 Elfriede Iby Alexander Koller Schonbrunn Brandstatter Wien 2007 S 133 138 Hier Chinesisches Kabinett und Salon Andreina Griseri Das Jagdschloss Stupinigi bei Turin Atlantis Manfred Pawlak Verlag Herrsching 1989 S 13 S 33 37 Auf Huis ten Bosch gibt es sowohl ein Chinesisches als auch ein Japanisches Zimmer Palaste Schlosser Residenzen Georg Westermann Verlag 1971 S 150 f 158 Elfriede Iby Alexander Koller Schonbrunn Brandstatter Wien 2007 S 139 Andreina Griseri Das Jagdschloss Stupinigi bei Turin Atlantis Manfred Pawlak Verlag Herrsching 1989 S 28 29 Palaste Schlosser Residenzen Georg Westermann Verlag 1971 S 195 198Normdaten Sachbegriff GND 4202440 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Chinoiserie amp oldid 233516128